European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00085.24T.0925.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.384,96 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist Verteilernetzbetreiberin gemäß § 7 Abs 1 Z 76 Elektrizitätswirtschafts‑ und ‑organisationsgesetz 2010 (ElWOG). Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, dessen Betriebsgelände sich im Netzgebiet der Klägerin befindet. Sie verfügt über eigene Stromleitungen, die auf der Netzebene 4 an das Netz der Klägerin angeschlossen sind. Die Parteien haben für den Strombezug eine Anschlussleistung in bestimmter Höhe vereinbart, wofür die Beklagte ein Netzzutrittsentgelt zahlte.
[2] 2021 und 2022 errichtete die Beklagte auf ihrem Betriebsgelände zwei Photovoltaikanlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 16.704 kW. Die Anlagen wurden 2022 in Betrieb genommen. Jene Strommenge, welche die Beklagte nicht selbst verbraucht, wird in das Netz der Klägerin eingespeist. Die bestehende Leitungsanlage und der bestehende Netzanschluss können auch für die Einspeisung verwendet werden. Der Klägerin entstanden durch den Anschluss der Photovoltaikanlagen der Beklagten nur Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Netzverträglichkeits‑ und einer Rückeinspeisewirkungsprüfung sowie ein nicht näher konretisierter administrativer Aufwand in dem dem Anschlusspunkt der Beklagten vorgelagerten Netz. Ein neuer Anschluss(‑punkt) für die Stromeinspeisung der Beklagten musste nicht (physisch) hergestellt werden.
[3] Die Beklagte stellte gemäß § 22 Abs 2 Z 1 ElWOG bei der Regulierungskommission der E‑Control Austria den Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens der Zahlungspflicht des Netzzutrittsentgelts. Mit Bescheid vom 5. 10. 2022 sprach diese aus, dass keine Zahlungspflicht bestehe. Weder sei von der Klägerin erstmalig eine Leitungsanlage hergestellt, noch sei die Anschlussleistung einer bestehenden Anlage erhöht worden. Die Beklagte habe bereits über einen Netzanschluss für den Strombezug verfügt. Zusätzliche Leitungsanlagen seien für den Anschluss ihrer Photovoltaikanlagen nicht zu errichten gewesen.
[4] Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Netzzutrittsentgelts für die von ihr neu angeschlossenen Photovoltaikanlagen. Hilfsweise strebt sie die Feststellung an, dass ihr Anspruch auf Netzzutrittsentgelt für die Errichtung der beiden Photovoltaikanlagen auf dem Betriebsgelände der Beklagten zu Recht bestehe.
[5] Die Beklagte sei berechtigt, im vereinbarten Ausmaß Strom über das Verteilernetz der Klägerin zu beziehen. Sie habe dafür seinerzeit ein Netzzutrittsentgelt entrichtet. Mit ihren Photovoltaikanlagen sei sie aber nicht mehr nur Strombezieherin (Entnehmerin), sondern auch Erzeugerin und Einspeiserin. Als solche habe die Beklagte ein weiteres (pauschaliertes) Netzzutrittsentgelt gemäß § 54 Abs 3 und 4 ElWOG zu entrichten.
[6] Die Beklagte bestritt und brachte zusammengefasst vor, dass der Klägerin durch die Errichtung und Inbetriebnahme der Photovoltaikanlagen keine Kosten im Zusammenhang mit einem Netzanschluss entstanden seien. Weder habe dafür ein neuer Netzanschluss der Beklagten hergestellt, noch die bestehende Anschlussleistung erhöht werden müssen. Der Klägerin stehe daher kein Anspruch auf ein (weiteres) Netzzutrittsentgelt zu.
[7] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
[8] Es sei kein Netzzutritt im Sinn des § 54 Abs 1 ElWOG erfolgt, weil weder ein erstmaliger Netzanschluss hergestellt noch ein bestehender Anschluss durch Erhöhung der Anschlussleistung geändert worden sei. Für die Nutzung des bestehenden Anschlusses, für den die Beklagte (als Stromentnehmerin) bereits ein Netzzutrittsentgelt gezahlt habe, sei wegen der neuen Nutzungsart (Einspeisung) kein weiteres Mal ein solches Entgelt zu leisten. Gegenteiliges könne weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien entnommen werden und würde außerdem zum – nicht nachvollziehbaren – Ergebnis führen, dass für die gleichzeitige erstmalige Herstellung eines Anschlusses sowohl für einen Strombezug als auch für eine Stromeinspeisung ein doppeltes Netzzutrittsentgelt anfiele.
[9] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu.
[10] Das Netzzutrittsentgelt gelte gemäß § 54 Abs 1 ElWOG die mit der erstmaligen Herstellung eines Anschlusses eines Netzbenutzers an ein Netz (als physische Verbindung mit diesem) oder die mit der Abänderung eines bestehenden Anschlusses durch Erhöhung der Anschlussleistung unmittelbar verbundenen (tatsächlichen) Aufwendungen eines Netzbetreibers ab. Es erfordere einen „Netzzutritt“, worunter das ElWOG eben (nur) die erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses oder die Erhöhung der Anschlussleistung eines bestehenden Anschlusses verstehe. Das Netzzutrittsentgelt setze demnach die Errichtung einer zusätzlichen physischen Leitungsanlage zur erstmaligen Herstellung eines Anschlusses oder zur Erweiterung eines bestehenden Anschlusses durch den Netzbetreiber voraus. Werde an einen bestehenden, bisher aber nur zum Strombezug genutzten Netzanschlusspunkt benutzerseitig eine Stromerzeugungsanlage angeschlossen, die in der vereinbarten Leistungskapazität Deckung finde und keine technischen oder baulichen Änderungen an den (bestehenden) Leitungsanlagen erfordere, erfolge kein (weiterer) Netzzutritt.
[11] Auch das von der Klägerin begehrte pauschale Netzzutrittsentgelt für Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger auf den Netzebenen 3 bis 7 gemäß § 54 Abs 3 und Abs 4 ElWOG stünde dem Grunde nach nur zu, wenn ein solcher Netzzutritt erfolgt wäre. Dafür spreche ua, dass sonst gerade die dort genannten Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger (kostenmäßig) benachteiligt würden. Dies wäre aber mit der vom Gesetzgeber angestrebten Förderung erneuerbarer Energieträger unvereinbar. Darauf, ob die verstärkte Einspeisung von Strom aus Photovoltaikanlagen (allgemein) einen Ausbau der Netzkapazitäten (auch – aber nicht nur – der Klägerin) erforderlich mache, komme es für das Netzzutrittsentgelt nicht an, weil dieses nur die konkreten Aufwendungen für die erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses oder für eine Erweiterung von dessen Kapazität abgelte. Die Kosten für die Errichtung, den Ausbau, die Instandhaltung und den Betrieb des Netzsystems würden den Netzbetreibern hingegen (von allen Stromentnehmern) durch das Netznutzungsentgelt des § 52 ElWOG sowie (allenfalls) durch das Netzbereitstellungsentgelt nach § 55 ElWOG abgegolten.
[12] Die Revision sei zur Frage zulässig, ob dem Netzbetreiber auch dann ein Netzzutrittsentgelt zustehe, wenn ohne Erhöhung der Anschlussleistung zur bestehenden Nutzung eines Stromanschlusses, für den bereits Netzzutrittsentgelt entrichtet worden sei, eine zusätzliche Nutzungsart durch eine zuvor nicht erfolgte Einspeisung hinzutrete.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die von der beklagten Partei beantwortete Revision der Klägerin ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
1. Geltende Rechtslage:
[14] 1.1. § 51 Abs 1 und 2 ElWOG lauten:
(2) Das Systemnutzungsentgelt bestimmt sich aus dem
1. Netznutzungsentgelt;
2. Netzverlustentgelt;
3. Netzzutrittsentgelt;
4. Netzbereitstellungsentgelt
[…]
[15] 1.2. § 54 ElWOG lautet:
(1) Durch das Netzzutrittsentgelt werden dem Netzbetreiber alle angemessenen und den marktüblichen Preisen entsprechenden Aufwendungen abgegolten, die mit der erstmaligen Herstellung eines Anschlusses an ein Netz oder der Abänderung eines Anschlusses infolge Erhöhung der Anschlussleistung eines Netzbenutzers unmittelbar verbunden sind. Das Netzzutrittsentgelt ist einmalig zu entrichten und dem Netzbenutzer auf transparente und nachvollziehbare Weise darzulegen. Sofern die Kosten für den Netzanschluss vom Netzbenutzer selbst getragen werden, ist die Höhe des Netzzutrittsentgelts entsprechend zu vermindern.
(2) Das Netzzutrittsentgelt ist aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei der Netzbetreiber eine Pauschalierung für vergleichbare Netzbenutzer einer Netzebene vorsehen kann.
(3) Für den Anschluss von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger auf den Netzebenen 3 bis 7 ist ein nach der Engpassleistung gestaffeltes, pauschales Netzzutrittsentgelt nach Maßgabe des Abs. 4 zu verrechnen.
(4) Das pauschale Netzzutrittsentgelt für Erzeugungsanlagen gemäß Abs. 3 beträgt:
[…]
Sollten die tatsächlichen Kosten für den Anschluss der Erzeugungsanlage mehr als 175 Euro pro kW betragen, können die diesen Betrag überschreitenden Kosten dem Netzbenutzer gesondert in Rechnung gestellt werden. Der Netzbetreiber hat in diesem Fall dem Netzbenutzer mit der Rechnung eine detaillierte Kostenaufstellung vorzulegen und darin auch zu begründen, warum ein Anschluss zu geringeren Kosten nicht möglich ist.
[...].
[16] 1.3. „Netzzutritt“ ist gemäß § 7 Abs 1 Z 56 ElWOG die erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses oder die Erhöhung der Anschlussleistung eines bestehenden Netzanschlusses. Unter „Netzanschluss“ versteht Z 48 leg cit die physische Verbindung der Anlage eines Kunden oder Erzeugers von elektrischer Energie mit dem Netzsystem.
1.4. § 17a Abs 6 ElWOG lautet – unter der Überschrift „vereinfachter Netzzutritt und Netzzugang für kleine Anlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger“ – wie folgt:
(6) Photovoltaikanlagen mit einer Engpassleistung bis 20 kW, die über einen bestehenden Anschluss als Entnehmer an das Netz angeschlossen werden, sind zu 100 % des vereinbarten Ausmaßes der Netznutzung an das Verteilernetz anzuschließen, ohne dass hiefür ein zusätzliches Netzzutrittsentgelt anfällt. Diese Anlagen haben – unbeschadet der geltenden Marktregeln – ein Recht auf Einspeisung der eigenerzeugten Energie in das Netz im Ausmaß von bis zu 100 % des vereinbarten Ausmaßes der Netznutzung.
2. Rechtslage vor dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket („EAG-Paket“)
[17] 2.1. § 54 ElWOG in der Fassung vor dem am 28. 7. 2021 in Kraft getretenen EAG-Paket (BGBl I Nr 150/2021) enthielt nur die hier wiedergegebenen Absätze 1 und 2. Die weiteren Absätze 3 und 4 (sowie – hier nicht relevant – die Absätze 5 und 6) wurden erst mit der genannten Gesetzesnovelle eingefügt. Außerdem wurde (ua) auch § 17a ElWOG über den vereinfachten Netzzutritt und Netzzugang für kleine Anlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger (und damit insbesondere auch dessen Abs 6) erst durch das EAG-Paket eingefügt.
[18] 2.2. Die Gesetzesmaterialien zu § 54 Abs 1 und 2 ElWOG – also zur Gesetzeslage vor dem EAG-Paket – lauten wie folgt (ErlRV 994 BlgNR 24. GP 21):
Netzbetreiber dürfen für die Arbeiten zur Errichtung eines Netzanschlusses nur jene Kosten verrechnen, welche angemessen sind und den Marktpreisen entsprechen. Zudem soll durch das Erfordernis des transparenten und nachvollziehbaren Nachweises der notwendigen Aufwendungen sichergestellt werden, dass dem Netzbenutzer die Möglichkeit gegeben wird, die veranschlagten Kosten für die Anschlussarbeiten, beispielsweise durch die Einholung eines Angebotes von einem dazu befugten Unternehmen, auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Schließlich wird durch die Regelung klargestellt, dass der Netzbetreiber das Netzzutrittsentgelt nur für jene Aufwendungen in Rechnung stellen darf, welche ihm dadurch entstehen, dass er zusätzliche Leitungsanlagen zu seinem bestehenden (und damit bereits bezahlten) Netz errichtet, die dem ausschließlichen Zweck dienen, einen Kunden anzuschließen oder die Anschlussleistung des Kunden zu erhöhen. Die Bestimmung dient auch zur Abgrenzung zum Netzbereitstellungsentgelt, welches in § 55 geregelt ist. Eine Pauschalierung für vergleichbare Netzbenutzer einer Netzebene ist zulässig.
Bei den Aufwendungen für die erstmalige Herstellung bzw. Abänderung eines Netzanschlusses handelt es sich um tatsächlich getätigte, durch Rechnungen belegbare Ausgaben (Neuwert der Anlage zum Zeitpunkt der Herstellung).
[19] 2.3. Auf Basis dieser Rechtslage (vor Inkrafttreten des EAG-Pakets) hatte der Oberste Gerichtshof bereits zu 4 Ob 18/19d über ein Begehren auf Zahlung von Netzzutrittsentgelt für die Einspeisung elektrischer Energie nach § 54 ElWOG zu entscheiden. Konkret ging es um die Frage, ob die Klägerin als Betreiberin des nachgelagerten Netzes die ihr von der Betreiberin des vorgelagerten Netzes auferlegten Kosten für Verstärkungsmaßnahmen im vorgelagerten Netz an die beklagte Erzeugerin und Einspeiserin weiterverrechnen dürfe. Der Oberste Gerichtshof ging davon aus, dass ein solcher Anspruch nur bestehen könne, wenn diese Kosten als Netzzutrittsentgelt nach § 54 ElWOG und nicht als Netzbereitstellungsentgelt nach § 55 ElWOG zu qualifizieren wären. Beim Netzzutrittsentgelt handle es sich um einmalige Kosten für zusätzliche Leitungsanlagen, die unmittelbar (ausschließlich) für die erstmalige Herstellung eines Anschlusses oder die Vergrößerung eines bestehenden Anschlusses erforderlich seien. Demgegenüber handle es sich beim Netzbereitstellungsentgelt um einen Pauschalbetrag für die Nutzung bestehender Infrastruktur aufgrund bereits erfolgter Investitionen in das Netz durch Ausbau oder Modernisierung. Mit diesem würden mittelbare Aufwendungen im Netz (auch in einem vorgelagerten Netz) abgegolten (vgl auch bereits 10 Ob 31/12z [noch zur Rechtslage nach dem ElWOG 1998] sowie 2 Ob 133/13t). Als Netzzutrittsentgelt zu ersetzende Kosten müssten ausschließlich zu dem Zweck entstanden sein, die (dortige) Beklagte an das (vorgelagerte) Netz anzuschließen. Kosten für bloß mittelbare Aufwendungen (im vorgelagerten Netz) seien demgegenüber nicht als Netzzutrittsentgelt, sondern als Netzbereitstellungsentgelt zu qualifizieren. Da die im konkreten Fall erforderliche Verstärkung im vorgelagerten Netz nicht ausschließlich aufgrund des Netzzutritts der dortigen Beklagten erfolgt sei und nicht allein deren Anschluss an dieses Netz gedient habe, bestehe kein Anspruch auf Erstattung der dafür aufgewendeten Kosten nach dem ElWOG.
[20] 2.4. In der Literatur fand diese Entscheidung (4 Ob 18/19d) die Zustimmung von Rabl (ecolex 2019/209), der in seiner Glosse insbesondere der Rechtsansicht zur Abgrenzung des Netzzutrittsentgelts vom Netzbereitstellungsentgelt beitrat. Er hob hervor, dass dem Netzbetreiber mit dem Netzzutrittsentgelt von allen Netzbenutzern (also sowohl von den Entnehmern als auch von den Einspeisern) (nur) jene Aufwendungen abgegolten würden, die mit der erstmaligen Herstellung eines Anschlusses an ein Netz oder der Abänderung eines Anschlusses (durch Erhöhung der Anschlussleistung) unmittelbar verbunden seien.
[21] 2.5. Zusammengefasst ermöglichte die dargelegte Rechtslage vor Inkrafttreten des EAG-Pakets (mit dem insbesondere die § 54 Abs 3 und 4 sowie § 17a neu in das ElWOG eingefügt wurden) – auch nach der von der Literatur geteilten Rechtsprechung (4 Ob 18/19d mwN) – eine klare Abgrenzung des Netzzutrittsentgelts nach § 54 ElWOG (zur Abgeltung der mit der erstmaligen Herstellung eines Netzanschlusses oder dessen Abänderung infolge einer Erhöhung der Anschlussleistung unmittelbar verbundenen Kosten) einerseits vom Netzbereitstellungsentgelt nach § 55 ElWOG (zur Abgeltung des bereits erfolgten und notwendigen Ausbaus des Netzes zur Ermöglichung eines Anschlusses) sowie vom Netznutzungsentgelt nach § 52 ElWOG (zur Abgeltung der Errichtung, des Ausbaus, der Instandhaltung und des Betriebs des Netzsystems) andererseits. Für die erstmalige Stromeinspeisung über einen bestehenden und bisher (nur) für den Strombezug genutzten Netzanschlusspunkt im Rahmen der ursprünglich vereinbarten Anschlussleistung stand nach dieser Rechtslage (also allein auf Basis einer Beurteilung nach § 54 Abs 1 ElWOG) kein Netzzutrittsentgelt zu, wenn beim Netzbetreiber – wie hier – keine unmittelbaren Kosten für den Netzanschluss der neuen Erzeugungsanlage oder für eine Erweiterung der bestehenden Netzkapazität anfielen. Allfällige (nicht unmittelbar dem Netzanschluss zuzurechnende) Kosten auf der (allenfalls auch übergeordneten) Netzebene – etwa für notwendige Verstärkungsmaßnahmen – waren nach der Rechtslage vor dem EAG‑Paket nicht durch das Netzzutrittsentgelt nach § 54 ElWOG abzugelten, sondern (ausschließlich von den Stromentnehmern) nach § 52 und § 55 ElWOG.
[22] 3. Durch die Novellierung des ElWOG durch das EAG‑Paket hat sich entgegen dem Standpunkt der Klägerin nichts an dieser Beurteilung geändert:
[23] 3.1. Wie dargelegt wurden die Abs 3 und 4 des § 54 ElWOG erst durch diese Gesetzesnovelle eingefügt; ebenso § 17a ElWOG.
[24] 3.2. Die Materialien zum EAG‑Paket (ErlRV 733 BlgNR 27. GP 1) nennen als Ziel dieser Gesetzesänderung, die Treibhausgasemissionen zu senken, den Anteil der aus erneuerbaren Quellen erzeugten Energie am Gesamt-Energieverbrauch zu erhöhen und die Energieeffizienz zu steigern. Zur Erreichung dieser Ziele solle die Stromversorgung bis 2030 auf 100 % Strom aus erneuerbaren Energieträgern umgestellt werden. Ein wesentliches Element zur Erreichung dieses Ziels sei die Förderung des Ausbaus von erneuerbaren Energien. In diesem Zusammenhang werden in den Gesetzesmaterialien (aaO S 3) insbesondere auch tarifliche Erleichterungen für den Netzanschluss von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger genannt.
[25] Die Erläuterungen in der Regierungsvorlage zu den neu eingefügten Absätzen 3 und 4 des § 54 ElWOG lauten wie folgt (ErlRV 733 BlgNR 27. GP 31):
Zu Abs. 3: Erzeugungsanlagen aus [sic; Anmerkung durch den Senat] Basis erneuerbarer Energieträger, die auf den Netzebenen 3 bis 7 angeschlossen werden sollen, haben für den Netzanschluss ein pauschales Netzzutrittsentgelt [Anmerkung durch den Senat: zu] entrichten. Dieses ist nach der Engpassleistung der Anlage stufenweise gestaffelt. Im Falle eines bereits bestehenden Netzanschlusses ist die bezugsseitig vereinbarte Anschlussleistung bei der Ermittlung der Engpassleistung in Abzug zu bringen.
Zu Abs. 4: Betragen die tatsächlichen Anschlusskosten mehr als 175 Euro pro kW, können diese Mehrkosten dem Netzbenutzer gesondert in Rechnung gestellt werden. Für diesen Fall ist jedoch ein Nachprüfungsverfahren vorgesehen: Der Netzbenutzer hat das Recht, vom Netzbetreiber die Vorlage einer detaillierten, transparenten und nachvollziehbaren Kostenaufstellung zu verlangen. Der Netzbetreiber hat dabei auch fachlich fundiert zu begründen, warum keine alternative Anschlussmöglichkeit zu geringeren Kosten umgesetzt werden konnte.
Abs. 3 und 4 sind als lex specialis zu Abs. 2 zu verstehen, weswegen die in diesem Absatz normierten Pauschalbeträge – bei Vorliegen der Voraussetzungen – in jedem Fall zur Anwendung gelangen.
[26] Zu § 17a Abs 6 ElWOG wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (aaO S 29) ausgeführt:
Diese Bestimmung soll Photovoltaikanlagen erfassen, die nachträglich über einen bereits bestehenden Verbrauchsanschluss an das Verteilernetz angeschlossen werden. Diese sollen jedenfalls zu 100 % des Ausmaßes der vereinbarten Netznutzung (s. § 55) an das Verteilernetz angeschlossen werden und bis zu 100 % dieses Ausmaßes eigenerzeugte Energie in das öffentliche Netz einspeisen dürfen, ohne hiefür nochmals mit einem Netzzutrittsentgelt belastet zu werden. Für das konkrete Ausmaß der Einspeisung ist allem voran der Wunsch des Betreibers der Erzeugungsanlage ausschlaggebend. Klargestellt wird, dass dies ungeachtet der geltenden Marktregeln (s. z. B. die P(U)- und Q(U)‑Regelung gemäß TOR Erzeuger) gilt.
3.3. In der Literatur wird zur Rechtslage nach dem EAG‑Paket zur vorliegenden Thematik Folgendes vertreten:
[27] 3.3.1. Storr (Energierecht [2022] Rz 6.74) erläutert, dass das ElWOG für den Netzanschluss mit dem Netzzutritts- und dem Netzbereitstellungsentgelt zwei „Preiskategorien“ vorsehe. Das Netzzutrittsentgelt unterscheide sich vom Netzbereitstellungsentgelt dadurch, dass nur letzteres den bereits erfolgten und notwendigen Ausbau des Netzes zur Ermöglichung des Anschlusses abdecke, wohingegen das Netzzutrittsentgelt nur Aufwendungen abgelte, die mit der erstmaligen Herstellung eines Anschlusses an ein Netz oder der Abänderung eines Anschlusses infolge Erhöhung der Anschlussleistung eines Netzbenutzers unmittelbar verbunden seien. Letzteres falle nur einmal an.
[28] 3.3.2. Stempkowski/Kitzmüller (Netzzutrittsentgelt für den Anschluss von Ökostromanlagen an bestehende Netzanschlüsse, in Wagner/Kerschner/Lux, Liber Amicorum Wilhelm Bergthaler [2023], 173) befassen sich eingehend mit dem Netzzugangsentgelt bei einem – auch hier zu beurteilenden – Anschluss einer Stromerzeugungsanlage auf Basis eines erneuerbaren Energieträgers an einen bestehenden Netzanschluss. Das Netzzutrittsentgelt setze die erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses oder die Erhöhung der Anschlussleistung eines bestehenden Netzanschlusses und somit die Errichtung einer zusätzlichen physischen Leitungsanlage, die unmittelbar (ausschließlich) für die erstmalige Herstellung oder Vergrößerung eines Anschlusses erforderlich sei, voraus. Dies ergebe sich neben dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen des ElWOG auch aus den Gesetzesmaterialien. Werde vom Netzbenutzer an einen bestehenden Netzanschlusspunkt, der bereits zur Einspeisung oder Entnahme benutzt werde, eine neue Anlage angeschlossen, die in der bestehenden Leistungskapazität der Netzanlage Deckung finde und daher keine technischen oder baulichen Änderungen der Leitungsanlagen erfordere, liege kein Netzzutritt vor. Das Gesetz unterscheide nämlich nicht danach, ob ein Netzanschluss der Entnahme oder Einspeisung diene, sodass es für das Netzzutrittsentgelt keine Rolle spielen könne, ob der bestehende Netzanschluss(‑punkt) bisher nur der Entnahme oder auch der Einspeisung gedient habe. Unabhängig vom Hinzutreten neuer Erzeugungs‑ oder Verbrauchsanlagen sei hinsichtlich eines Anschlusspunkts stets (bei gleichbleibender Leitungskapazität) nur ein Netzzutritt möglich. Für das daran anknüpfende Netzzutrittsentgelt komme es also nur auf die erstmalige Errichtung oder Erweiterung eines Netzanschlusses an. Dass der Anschluss einer Stromerzeugungsanlage auf Basis erneuerbarer Energieträger an einen bestehenden Netzanschluss, über den bisher nur eine Entnahme erfolgt sei, einen Netzzutritt darstelle, für den unabhängig von den allgemeinen Voraussetzungen des Netzzutrittsentgelts „Pauschalkosten“ nach § 54 Abs 3 iVm Abs 4 ElWOG zustünden, finde im Gesetz keine Deckung.
4. Davon ausgehend ist der vorliegende Fall wie folgt zu beurteilen:
[29] 4.1. Durch die Einspeisung elektrischer Energie entstehen in der Regel – unabhängig von einer allenfalls erforderlichen Neuherstellung oder Erweiterung eines Netzanschlusses – zusätzliche Kosten auf (in der Regel mehreren) Netzebenen, insbesondere zur Schaffung der erforderlichen Netzkapazitäten für den zusätzlich eingespeisten Strom. Die Klägerin argumentiert im Wesentlichen, dass die (durch das EAG‑Paket neu vorgesehene) Pauschalierung nach § 54 Abs 3 und 4 ElWOG der Abgeltung (auch) dieser Kosten diene und daher auch dann eingreife, wenn – wie im vorliegenden Fall – bei einem bestehenden Netzanschluss, der bisher nur dem Strombezug diente, für die (nunmehrige) Stromeinspeisung keine Änderung des Anschlusses erforderlich ist und daher beim Netzbetreiber in Bezug auf den Anschluss keine unmittelbaren Anschlusskosten anfallen.
[30] 4.2. Dem vermag sich der Senat aber aus folgenden Gründen nicht anzuschließen:
[31] 4.2.1. Gegen den Standpunkt der Klägerin spricht zunächst, dass die aus einer Einspeisung erneuerbarer (und insbesondere bei – wie hier – Sonnenenergie nicht gleichmäßig zur Verfügung stehender) Energie resultierenden (nicht unmittelbar der Herstellung des Netzanschlusses oder dessen Erweiterung zuzurechnenden) Netzkosten (die auf verschiedenen Netzebenen und daher bei mehreren Netzbetreibern anfallen können) schon vor dem EAG‑Paket nur durch das Netzbereitstellungsentgelt (§ 55 ElWOG) oder das Netznutzungsentgelt (§ 52 ElWOG) abgegolten wurden. Daran hat das EAG‑Paket nichts geändert. Indem die §§ 52 und 55 ElWOG weiterhin ausdrücklich nur die Entnehmer und nicht auch die Einspeiser zum Ersatz der bei den Netzbetreibern durch den (verstärkten) Anschluss von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger anfallenden „allgemeinen“ (also nicht unmittelbar durch den Netzanschluss entstandenen) Kosten verpflichten, „fördert“ also die Allgemeinheit der Strombezieher kostenmäßig die mit dem EAG‑Paket angestrebte Energiewende. Diese Entscheidung des Gesetzgebers kann nicht durch die von der Klägerin angestrebte Auslegung des § 54 ElWOG „korrigiert“ werden.
[32] 4.2.2. Auch der systematische Aufbau und die Genese des zuletzt durch das EAG‑Paket geänderten § 54 ElWOG sprechen gegen eine Pflicht der Beklagten zur Zahlung des Netzzutrittsentgelts:
[33] (a) Ist für den Anschluss einer Erzeugungsanlage weder ein neuer Netzanschluss noch eine physische Erweiterung des bestehenden (bisher nur der Stromentnahme dienenden) Anschlusses erforderlich, stand nach der dargelegten Rechtslage vor dem EAG‑Paket gemäß § 54 Abs 1 ElWOG kein Netzzutrittsentgelt zu. Diese Bestimmung (also dessen Abs 1) wurde durch das EAG‑Paket aber nicht geändert, was dafür spricht, dass der Gesetzgeber der genannten Novelle auch für die Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energieträgern daran festhalten wollte, dass das Netzzutrittsentgelt dem Grunde nach nur unter den in § 54 Abs 1 ElWOG genannten Voraussetzungen anfällt. Darauf deuten auch die Materialien zum EAG‑Paket (ErlRV 733 BlgNR 27. GP 31) hin, wonach die in Abs 3 und 4 leg cit vorgesehenen Pauschalbeträge bei einem Netzzutritt von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger (nur) „bei Vorliegen der Voraussetzungen“ zur Anwendung gelangten; darunter sind nach Ansicht des Senats auch die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 54 Abs 1 ElWOG zu verstehen. Dass diese Voraussetzungen – also der erstmalige Anschluss an ein Netz oder die Abänderung eines Anschlusses infolge Erhöhung der Anschlussleistung – hier nicht vorliegen, wurde bereits dargelegt.
[34] (b) Davon ausgehend, dass die durch das EAG‑Paket neu eingefügten Abs 3 und 4 des § 54 ElWOG auf der – durch diese Novelle unverändert gebliebenen – allgemeinen Regelung des Abs 1 zu den Voraussetzungen des Netzzutrittsentgelts aufbauen, sehen diese für Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger (nur) eine Pauschalierung der Entgelthöhe vor. Sie enthalten hingegen keine Vorgaben zum Anspruchsgrund, für den weiterhin auf § 54 Abs 1 ElWOG abzustellen ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass durch die Novellierung des § 54 ElWOG durch das EAG-Paket – für den Netzzutritt von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger – auch die in Abs 1 geregelte Anspruchsgrundlage des Netzzutrittsentgelts geändert werden sollte, ergeben sich weder aus dem Gesetz noch aus den Gesetzesmaterialien. Letztere deuten vielmehr insoweit, als die neu eingefügten Abs 3 und 4 des § 54 ElWOG dort als leges speciales zu dessen Abs 2 bezeichnet werden (diese Bestimmung regelt die Möglichkeit einer Pauschalierung der Höhe des Netzzutrittsentgelts), darauf hin, dass auch die Abs 3 und 4 leg cit nur die Höhe des Netzzutrittsentgelts und nicht auch den (in Abs 1 geregelten) Anspruchsgrund betreffen sollten.
[35] 4.2.3. Es ist auch zu bedenken, dass die durch eine Stromeinspeisung aus Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger allgemein (etwa durch eine notwendige Erhöhung der Netzkapazität) verursachten Mehrkosten der Netzbetreiber nicht nur im Verteilernetz der Klägerin anfallen, sondern auch auf anderen Netzebenen. Das von der Klägerin begehrte Netzzutrittsentgelt würde aber nur dieser als unmittelbarer Stromabnehmerin, an deren Netz die Beklagte unmittelbar angeschlossen ist, zustehen. Das Ziel der Gleichbehandlung der Netzbetreiber der verschiedenen Netzebenen (vgl § 51 Abs 1 ElWOG zur Gleichbehandlung aller Systembenutzer) spricht daher ebenfalls – ebenso wie das Prinzip der Kostenorientierung – dafür, das Netzzutrittsentgelt auch im (vorliegenden) Fall einer Stromeinspeisung aus Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger auf (bei der Klägerin nicht angefallene) unmittelbare Netzanschlusskosten zu beschränken und alle weiteren (allgemeinen) Netzkosten dem Netzbereitstellungsentgelt oder dem Netznutzungsentgelt (und damit nach dem Willen des Gesetzgebers nur den Stromentnehmern) zuzuordnen.
[36] 4.2.4. Schließlich spricht (vor allem) auch der Zweck des EAG-Pakets dafür, dass der Gesetzgeber mit Einfügung der Abs 3 und 4 in § 54 ElWOG hinsichtlich der dort geregelten Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger nicht von den in Abs 1 leg cit genannten (und auch nach dieser Novelle beibehaltenen) allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für das Netzzutrittsentgelt abgehen wollte. Wie sich aus den dargelegten Materialien zum EAG-Paket ergibt, wollte der Gesetzgeber den Ausbau erneuerbarer Energieträger ua im Interesse des Klimaschutzes fördern. Daraus folgt, dass der Anschluss von Erzeugungsanlagen auf Basis solcher Energieträger auch hinsichtlich des Netzzutrittsentgelts nicht schlechter gestellt werden darf, als Erzeugungsanlagen auf Basis nicht erneuerbarer (fossiler) Energieträger. Die von der Klägerin vertretene Auslegung, wonach (nur) für die in § 54 Abs 3 und 4 ElWOG genannten Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger ein von den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 54 Abs 1 ElWOG unabhängiges (pauschales) Netzzutrittsentgelt anfiele, würde aber auf eine Benachteiligung solcher Erzeugungsanlagen hinauslaufen. Ein solches Ergebnis kann dem Willen des Gesetzgebers (des EAG-Pakets) nicht unterstellt werden.
4.3. Zwischenergebnis
[37] 4.3.1. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass für die Behauptung der Klägerin, § 54 Abs 1 und Abs 2 ElWOG einerseits und Abs 3 und Abs 4 andererseits enthielten voneinander unabhängige Anspruchsgrundlagen für verschiedene Arten von Anlagen, nämlich die Abs 1 und 2 (soweit die Stromeinspeisung betroffen ist) für Erzeugungsanlagen auf Basis nicht erneuerbarer Energieträger und die Abs 3 und 4 für Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger, keine Grundlage besteht. Ihrem Argument, die allgemeinen – hier nicht erfüllten – Voraussetzungen für das Netzzutrittsentgelt nach § 54 Abs 1 ElWOG (erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses oder Abänderung eines Anschlusses infolge Erhöhung der Anschlussleistung) gälten nicht für die in Abs 3 und 4 geregelten Erzeugungsanlagen, kann somit nicht gefolgt werden.
[38] 4.3.2. Dieses Auslegungsergebnis hat nicht zur Folge, dass den Pauschalierungsbestimmungen der § 54 Abs 3 und 4 ElWOG kein Anwendungsbereich zukäme. Diese Bestimmungen kommen vielmehr dann zur Anwendung, wenn feststeht, dass dem Grunde nach ein Netzzutrittsentgelt zusteht, weil die Voraussetzungen des Abs 1 (Neuherstellung oder Erweiterung eines Netzanschlusses) erfüllt sind. Dann ist (nur) für die neu geschaffene Anschlussleistung (also die Differenz zwischen der Engpassleistung für die Einspeisung und der bereits zuvor vereinbarten Anschlussleistung für den Strombezug) das (pauschale) Netzzutrittsentgelt nach § 54 Abs 3 und 4 ElWOG zu zahlen. Dies ist im Hinblick auf den für das Systemnutzungsentgelt und insbesondere das Netzzutrittsentgelt geltenden Grundsatz der Kostenorientierung sachgerecht, weil unmittelbare Kosten für (Netz-)Anschlussarbeiten in der Regel eben nur im Fall einer neu geschaffenen Anschlussleistung anfallen. Der verbleibende Anwendungsbereich der § 54 Abs 3 und 4 ElWOG deckt sich auch mit den Gesetzesmaterialien zum EAG-Paket (ErlRV 733 BlgNR 27. GP 31), wonach bei einem bestehenden Netzanschluss die bezugsseitig vereinbarte Anschlussleistung bei Ermittlung der Engpassleistung in Abzug zu bringen sei. Ist die Engpassleistung einer Erzeugungsanlage – wie hier – geringer als die für den Strombezug vereinbarte Anschlussleistung, fällt auch nach den Gesetzesmaterialien kein Netzzutrittsentgelt für die Stromeinspeisung an.
5. Die (weiteren) Argumente der Revision überzeugen nicht:
[39] 5.1. Dass der Anschluss einer (allenfalls bloß zusätzlichen) Erzeugungsanlage an einen schon bisher zur Verfügung stehenden Stromanschlusspunkt im Rahmen der bestehenden Anschlussleistung ein „Netzzutritt“ im Sinn des § 54 ElWOG sein soll, kann auch § 7 Abs 1 Z 56 ElWOG nicht entnommen werden. Mangels Differenzierung zwischen Strombezugs- und -erzeugungsanlagen in § 54 Abs 1 (und 2) ElWOG würde dies wohl auch bedeuten, dass für jede neu angeschlossene Verbrauchsanlage (letztlich für jedes weitere Verbrauchsgerät) neuerlich ein Netzzutrittsentgelt anfiele. Dies schloss der Verwaltungsgerichtshof zu Ro 2018/04/0010 aber aus. Außerdem widerspräche ein solches Verständnis bei Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger dem dargelegten Zweck des EAG-Pakets. Entgegen dem Standpunkt der Klägerin lässt auch die Definition des „Netzanschlusses“ in § 7 Abs 1 Z 48 ElWOG nicht erkennen, warum dafür entgegen § 54 Abs 1 ElWOG zwischen Strombezugs- und Stromeinspeisungsanlagen zu unterscheiden wäre.
[40] 5.2. Auch der Argumentation der Klägerin im Hinblick auf § 17a Abs 6 ElWOG ist nicht zu folgen:
[41] Nach dieser Bestimmung sind bestimmte „kleine“ Photovoltaikanlagen mit einer Engpassleistung von bis zu 20 kW, die über einen bestehenden Anschluss als Entnehmer an das Netz angeschlossen werden, zu 100 % des vereinbarten Ausmaßes der Netznutzung an das Verteilernetz anzuschließen, ohne dass dafür ein zusätzliches Netzzutrittsentgelt anfällt. Die Klägerin zieht daraus den Umkehrschluss, dass für den (auch hier zu beurteilenden) Anschluss „großer“ Photovoltaikanlagen auch bei einem bestehenden Netzanschluss für den Strombezug (mit einer für die Einspeisung ausreichenden Anschlussleistung) ein Netzzutrittsentgelt zu zahlen sei. Eine solche Auslegung ist aber keineswegs zwingend.
[42] Auch in diesem Zusammenhang ist auf den Zweck des EAG-Pakets (mit dem diese Bestimmung in das ElWOG eingefügt wurde) abzustellen, wonach der Anteil der Stromproduktion aus erneuerbaren Energieträgern erhöht werden sollte. Dies schließt aber eine Auslegung aus, die zu einer Benachteiligung von Erzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energieträger im Vergleich zu Erzeugungsanlagen auf Basis fossiler Energiequellen führen würde. Die von der Klägerin angestrebte Auslegung, wonach aus § 17a Abs 6 ElWOG (e contrario) zu schließen sei, dass für den Anschluss (der von dieser Bestimmung nicht erfassten) „großen“ Photovoltaikanlagen jedenfalls – also unabhängig vom Vorliegen der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 54 Abs 1 ElWOG – ein Netzzutrittsentgelt anfalle, würde diese Anlagen aber gegenüber Erzeugungsanlagen auf Basis nicht erneuerbarer Energieträger (bei denen § 54 Abs 1 ElWOG jedenfalls zu berücksichtigen wäre) benachteiligen. Ein solches Verständnis kann dem Gesetzgeber des EAG‑Pakets aber – wie dargelegt – nicht unterstellt werden.
[43] Die Regelung des § 17a Abs 6 ElWOG, wonach für den Anschluss „kleiner“ Photovoltaikanlagen an einen (bezugsseitig) bestehenden Anschlusspunkt kein Nutzzutrittsentgelt anfällt, wenn deren Engpassleistung im vereinbarten Ausmaß der Netznutzung Deckung findet, ist daher nicht als Ausnahme von einer sonst (für „große“ Photovoltaikanlagen) bestehenden Zahlungspflicht zu verstehen, sondern als bloßer Hinweis auf die – auch im Anwendungsbereich des § 17a Abs 6 ElWOG – geltende (generelle) Beschränkung des Netzzutrittsentgelts auf die Neuherstellung oder Erweiterung eines Netzanschlusses gemäß § 54 Abs 1 ElWOG. Auch bei dieser Auslegung behält § 17a Abs 6 ElWOG einen eigenständigen Anwendungsbereich, da diese Bestimmung auch das Recht des Nutzers auf Anschluss und auf Einspeisung der eigenerzeugten Energie im Ausmaß von bis zu 100 % des vereinbarten Ausmaßes der vereinbarten Netznutzung regelt.
6. Ergebnis
[44] 6.1. Zusammengefasst wiesen die Vorinstanzen die auf Zahlung des Netzzutrittsentgelts gerichtete Klage zu Recht mangels Netzzutritts iSd § 54 ElWOG ab. Der dagegen erhobenen Revision der Klägerin ist daher keine Folge zu geben.
[45] 6.2. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Wird an einen bestehenden Netzanschlusspunkt eines Netzbenutzers, der von diesem bereits zum Strombezug benutzt wurde, erstmals eine Stromerzeugungsanlage angeschlossen, die in der bestehenden Leistungskapazität des Netzanschlusses Deckung findet, liegt kein Netzzutritt im Sinn des § 54 Abs 1 ElWOG vor. In diesem Fall steht auch dann, wenn es sich bei der Anlage um eine Erzeugungsanlage auf Basis erneuerbarer Energieträger auf den Netzebenen 3 bis 7 im Sinn des § 54 Abs 3 ElWOG handelt, kein Netzzutrittsentgelt zu. Dies gilt auch nach der Rechtslage aufgrund des Eneuerbaren-Ausbau-Gesetzespakets.
[46] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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