European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00084.15G.0521.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Die aus dem Kopf der Entscheidung ersichtlichen Rechtsanwälte brachten unter Berufung auf eine erteilte Vollmacht im Namen des Antragstellers einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse ein. Nachdem der Antragsteller trotz Ladung wiederholt bei Gericht nicht erschienen und zur Entschuldigung jeweils eine ärztliche Bestätigung über einen schlechten Gesundheitszustand vorgelegt worden war, verfasste die Erstrichterin am 2. 12. 2014 einen Aktenvermerk in dem sie unter Hinweis auf den Zustand des Antragstellers im Scheidungsverfahren massive Bedenken im Hinblick auf seine Geschäftsfähigkeit und „Vollmachtfähigkeit“ festhielt; sie werde als auch dafür zuständige Richterin von Amts wegen das (schon eingestellte) Sachwalterverfahren fortzuführen und einen Hausbesuch sowie eine Erstanhörung beim Antragsteller durchzuführen haben.
Das Erstgericht unterbrach mit formellem Beschluss das Aufteilungsverfahren bis zur Klärung der Prozessfähigkeit des Antragstellers „gemäß § 6a ZPO“, weil massive Zweifel an seiner Prozessfähigkeit bestünden.
Das Rekursgericht wies den dagegen namens des Antragstellers erhobenen Rekurs zurück, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Ein Beschluss, mit dem die Aussetzung bzw Unterbrechung ausgesprochen werde, sei nur anfechtbar, wenn er anordnete, dass das Verfahren nur auf Antrag einer Partei fortgesetzt werde. Der hier angefochtene Beschluss enthalte jedoch keinen solchen Ausspruch; vielmehr werde das Verfahren nach rechtskräftiger Entscheidung des Pflegschaftsgerichts amtswegig fortzusetzen sein. Damit komme aber der Rechtsmittelausschluss nach dem letzten Satz des § 6a ZPO (§ 6 Abs 3 erster Satz ZPO) zum Tragen, weshalb der Rekurs unzulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Über den dagegen von den für den Antragsteller einschreitenden Rechtsanwälten erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs kann der Oberste Gerichtshof nicht absprechen, weil die vom Erstgericht in seinem Aktenvermerk dargelegten erheblichen Bedenken gegen die Verfahrensfähigkeit des Antragstellers nach wie vor bestehen und vor deren Prüfung nicht beurteilt werden kann, ob die einschreitenden Rechtsanwälte in seinem Namen wirksam Verfahrenshandlungen setzen und Rechtsmittel erheben können.
Vorauszuschicken ist, dass es im vorliegenden Fall nicht um den nachträglichen Verlust der Verfahrensfähigkeit einer Partei während eines wirksam anhängig gemachten Verfahrens im Sinne des § 25 Abs 1 Z 1 AußStrG geht, bestehen doch Bedenken, die bereits die Wirksamkeit der verfahrenseinleitenden Antragstellung betreffen. Dazu ist, wie aus § 93 AußStrG abzuleiten ist, (nicht § 6 Abs 1 ZPO, sondern) § 5 Abs 1 Satz 1 AußStrG zu beachten, der anordnet, dass der Mangel der Verfahrensfähigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen ist. Ob der Mangel der Verfahrensfähigkeit nun bereits schon bei Verfahrenseinleitung bestand, ist durch auf diesen Zeitpunkt bezogene Maßnahmen zu prüfen. Im fortgesetzten Sachwalterschaftsverfahren wird die Frage hingegen nicht mit ausreichender Sicherheit beantwortet, ist doch dort nur zu prüfen, ob der Antragsteller nunmehr eines Sachwalters bedarf (8 Ob 2185/96y = SZ 71/97; 10 Ob 64/11a; RIS‑Justiz RS0110082). Häufig werden die Ergebnisse dieses Verfahrens aber auch Hinweise für die Beurteilung der Verfahrensfähigkeit zu einem früheren Zeitpunkt liefern, die allenfalls noch zu ergänzen sind.
Das Erstgericht wird daher sachdienliche Erhebungen durchzuführen haben, nach denen die Frage beantwortet werden kann, ob der Antragsteller zu jenem Zeitpunkt verfahrensfähig war, zu dem er den nunmehr einschreitenden Rechtsanwälten Auftrag und Vollmacht erteilt hat, in seinem Namen den verfahrenseinleitenden Aufteilungsantrag zu stellen. Sollte sich dabei ergeben, dass die Verfahrensfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt bestand, wird das Rechtsmittel neuerlich vorzulegen sein.
Ergibt sich hingegen das Fehlen der erforderlichen Verfahrensfähigkeit, wird ein bestellter Vertreter (Sachwalter) im Sinne des § 5 Abs 1 Satz 2 AußStrG aufzufordern sein, zu erklären, ob bzw inwieweit er die bisherige Verfahrensführung genehmigt. Soweit die Verfahrensführung nicht genehmigt wird, wird das Verfahren ‑ unter gleichzeitiger Aufhebung des Unterbrechungsbeschlusses ‑ für nichtig zu erklären sein.
Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass im derzeitigen Verfahrensstadion eine Genehmigung des Rechtsmittels keinesfalls vorliegt. Der einstweilige Sachwalter des Antragstellers hat nach der Aktenlage lediglich erklärt, er sei mit der Einbringung des Rechtsmittels einverstanden, wenn dem Antragsteller „dadurch keine Kosten entstehen“. Eine bedingte Genehmigungserklärung ist allerdings unzulässig (6 Ob 4/83 = SZ 56/65 = RIS‑Justiz RS0035459) und schon deshalb unbeachtlich.
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