OGH 1Ob7/90

OGH1Ob7/902.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst R***, Bauunternehmer, Telfs, Hanffeldweg 58, vertreten durch Dr. Manfred Opperer, Rechtsanwalt in Telfs, wider die beklagte Partei G*** V***, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 3,600.000,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 29. März 1989, GZ 1 R 403/88-100, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 11. Oktober 1988, GZ 16 Cg 103/86-87, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 31.687,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 4.281,30 Umsatzsteuer und S 6.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Frühjahr 1971 suchte die beklagte Partei durch Annoncen in der "Tiroler Tageszeitung" Interessenten für den Abbau zweier Schottergruben, der sogenannten "Blaike" und der "Alten Schottergrube". Mit Schreiben vom 19.4.1971 bewarb sich der Kläger um den Abschluß eines Abbauvertrages. Er wies darauf hin, daß er in Telfs ein Bauunternehmen, ein Schotter- und ein Transportbetonwerk besitze. Er habe größtes Interesse an der Errichtung eines neuen Schotter- und Transportbetonwerkes und würde die neuesten Maschinen und modernsten Anlagen aufstellen, um die zur Verfügung gestellte Kubatur sehr rasch abbauen zu können. Mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Abbauvertrag vom 28.3. bzw. 5.4.1972 überließ die beklagte Partei dem Kläger für die Zeit vom 1.3.1972 bis 31.12.1981 die auf dem Grundstück 731/1 KG Völs gelegene Blaike und die vormals von Johann O*** betriebene ("alte") Schottergrube zum Zwecke des Schotterabbaues. Die Blaike hatte der Kläger bis Ende 1975 abzubauen. Der Kläger hatte beim Abbau alle einschlägigen behördlichen Vorschriften genau einzuhalten und die Seestraße (einzige Zufahrtsmöglichkeit) bis zur Einmündung in die Landesstraße auf eigene Kosten im ordentlichen Zustand zu erhalten und zu reinigen sowie den Sandfang je nach Erfordernissen zu räumen. Die Räumung sollte immer dann erfolgen, wenn Gefahr bestand, daß Sand in das Kanalnetz gelangen könnte. Der Kläger verpflichtete sich, weiters, die zur Schottergrube führende Straße staubfrei zu halten. Die beklagte Partei verfplichtete sich ihrerseits, die für die Seestraße geltende Gewichtsbeschränkung von 6 t sofort aufzuheben. Der Kläger sollte berechtigt sein, den Abbauvertrag mit sechsmonatiger Frist vorzeitig zu lösen, sollte er aus gesundheitlichen Gründen den Betrieb liquidieren müssen oder die Schottergrube nicht mehr abbauwürdig sein. Eine vorzeitige Auflösung durch die beklagte Partei sollte nur dann in Betracht kommen, wenn der Kläger die Bestimmungen des Vertrages trotz eingeschriebener Mahnung und Nachfristsetzung von mindestens 14 Tagen verletze. Am 18.4.1972 und 3.5 1972 suchte der Kläger bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck um die gewerbebehördliche Genehmigung für den Schotterabbau der Schottergrube Blaike und um die Errichtung einer Schottersortier- und Betonmischanlage auf diesem Grundstück an. Die damals zur mündlichen Verhandlung am 27.6.1972 erschienenen fünf Nachbarn erklärten sich grundsätzlich mit dem Abbau einverstanden, wenn dafür Sorge getragen werde, daß ihre Liegenschaften nicht durch abrollendes Material gefährdet werde. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 13.7.1972, Zl. I-2680/3, wurde dem Kläger die gewerbebehördliche Bewilligung zum Schotterabbau auf dem Grundstück 731/1 und zur Errichtung einer Schottersortierbetonmischanlage unter Einhaltung verschiedener Auflagen erteilt. Der Schotterabbau in der Schottergrube Blaike wurde vom Kläger Ende 1975 beendet. Der Kläger stellte am 20.11.1975 an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck den Antrag auf gewerbebehördliche Genehmigung des Abbauvorhabens der alten Schottergrube. Die beklagte Partei teilte am 19.12.1975 der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit, daß der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 11.12.1975 folgenden Beschluß gefaßt habe: "Auf Grund der ungünstigen Erfahrungen mit Schottergruben im Ortsbereich und der völlig veränderten Situation in Völs seit 1972 kann der Gemeinderat als Hoheitsträger die Eröffnung eines Schotterwerkes nicht mehr befürworten." In der mündlichen Verhandlung vom 17.2.1976, an der sich mehrere Anrainer wegen der zu erwartenden unzumutbaren Lärm- und Staubbelästigung gegen die Erteilung der Genehmigung ausgesprochen hatten, forderte der Verhandlungsleiter den Kläger auf, auch um eine Abbaugenehmigung für die Schottergrube selbst anzusuchen, weil seit dem 17.6.1970 ein Abbau von Material nicht stattgefunden hatte und durch die dreijährige Betriebsunterbrechung die gewerbebehördliche Abbaugenehmigung erloschen war. Dieses Ansuchen stellte der Kläger am 2.2.1977. Der Bürgermeister der beklagten Partei gab am 11.2.1977 der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bekannt, daß die Abfuhr der Abbaumaterialien nur über die sogenannte Seestraße, die durch das Siedlungsgebiet am Fuße der beiden Schottergruben führt, erfolgen könne. Diese Straße sei Schulweg für die Hauptschüler und einen Teil der Kinder des Kindergartens. Es handle sich um eine 3,5 m breite Straße mit schmalem Gehsteig, auf der täglich etwa 150 bis 200 Schüler zur Schule gehen werden. Bei der am 29.3.1977 durchgeführten mündlichen Verhandlung waren zahlreiche Nachbarn erschienen, die sich wegen der Lärm- und Staubbelästigungen gegen die gewerbebehördliche Genehmigung aussprachen. Dip.-Ing. Rudolf Kotschi gab namens des Gemeinnützigen Wohnungswerkes an, diese Gesellschaft sei die Initiatorin der Völser-Seesiedlung gewesen. Bei Beginn der Verhandlungen über die Errichtung dieser Siedlung im Jahr 1965 sei der Gesellschaft von der beklagten Partei die Zusicherung gegeben worden, daß die Schottergrube geschlossen und kein weiterer Abbau erfolgen werde. Diese Zusage sei eine Vorbedingung für die gesamte Planung gewesen. Der Bürgermeister der beklagten Partei erklärte, die zum Abbau beantragte Fläche solle in dem in Ausarbeitung stehenden Flächenwidmungsplan als Erholungsfläche gewidmet werden. Als Vertreter des öffentlichen Interesses stellte er fest, daß die Verkehrssituation und die Belästigungen durch Lärm, Staub und Geruch nicht zumutbar seien und deshalb der Abbau der Schottergrube grundsätzlich abgelehnt werden müsse. Mit Bescheid vom 19.4.1977, Zl. 3-953/8, verweigerte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die beantragte Genemgigung zum Abbau von 400.000 m3 Schotter aus der alten Schottergrube und die Genehmigung zur Errichtung einer Schotter- Sieb- und Dosieranlage zur Aufbereitung des Schotters wegen unzumutbarer Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigung der Nachbarn sowie wegen wesentlicher Beeinträchtigung der Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs im Bereich der Völser-Seestraße. Berufungen des Klägers wurden mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 8.9.1977, Zl. II a-8833/3, und des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie, Zl. 302.560/1-III-3/78, keine Folge gegeben. Nach den Bescheiden der Berufungsinstanzen würden die Schallpegelwerte 76 dB bzw. 75 bis 80 dB bei den rund 2000 davon betroffenen Nachbarn erreichen. Durch den Betrieb der geplanten Betriebsanlagen seien jedenfalls Belästigungen der Nachbarn durch Lärm und Staub zu erwarten, die durch Vorschreibung bestimmter Auflagen nicht auf ein nach den Maßstäben eines gesunden und normal empfindenden Menschen zumutbares Maß beschränkt werden könnten. Auf die negative Stellungnahme der beklagten Partei wurde in den genannten Bescheiden nicht eingegangen. Die Entfernung des Aufgabetrichters der Schottergrube zum nächstgelegenen Wohnhaus beträgt 58 m, zu dessen Grundstücksgrenze 31 m.

Nach dem mit Gemeinderatsbeschluß vom 18.2.1966 erlassenen Bebauungsplan "Völser Seesiedlung", gem. § 7 der Tiroler Landesbauordnung genehmigt von der Tiroler Landesregierung am 3.5.1966, sollten auf einer rechteckigen Fläche von 600 : 300 m zahlreiche bis sieben Geschosse hohe Wohnhäuser in offener Bauweise errichtet werden. Etwa 1968 waren die Grundkäufe und Projektierungen diverser Wohnungsgesellschaften abgeschlossen. Zwischen März 1969 und Februar 1970 genehmigte die beklagte Partei als Baubehörde für eine Reihe von Wohnungsgesellschaften insgesamt 670 Wohneinheiten. Im Jahre 1969 fanden acht, im Jahr 1970 dreizehn, im Jahr 1972 eine, im Jahr 1974 fünf, im Jahr 1976 zwei, in den Jahren 1977 und 1978 je eine und im Jahre 1979 vier die Völser-Seesiedlung betreffende Bauverhandlungen statt. Die Völser-Seesiedlung wurde zwar erst im wesentlichen 1977 fertiggestellt, schon ab 1969 und 1970 wurde aber laufend gebaut und Wohnungen in den einzelnen Objekten, die Mehrzahl allerdings erst 1974 bis 1976, bezogen. Im Jahr 1975 gelang es der beklagten Partei, in der Siedlung Grundstücke für die Errichtung einer Schule und eines Kindergartens zu erwerben. Die Genehmigung zur Errichtung von Schulen und Kindergartengebäude wurde im Jahr 1976 erteilt. In der Folge wurden diese Bauobjekte relativ rasch fertiggestellt.

Der Kläger begehrt den Zuspruch eines Betrages von

S 3,600.000 s.A. Die beklagte Partei habe im Abbauvertrag vom 28.3. bzw. 5.4.1972 eine unbedingte vertragliche Verpflichtung übernommen, ohne Vorbehalte öffentlich-rechtlicher Natur zu machen. Die Parteien hätten bei Abschluß des Vertrages keine Zweifel daran gehabt, daß die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung erteilt werde. Beide Teile seien davon ausgegangen, daß der Abbau rechtlich möglich sein werde. Die beklagte Partei hätte bei Abschluß des Vertrages wissen müssen, daß nach den von ihr vorgenommenen Flächenwidmungen und seit 1969 erteilten Baugenehmigungen im Einzugsbereich der Schottergrube eine größere Siedlung entstehen werde. Es hätte ihr auch bewußt sein müssen, daß die neue zuziehenden Siedler nicht mit einer Wiederaufnahme des Schotterabbaues einverstanden sein werden. Die Gemeinde habe die negative Stellungnahme eines großen Teiles der Nachbarn nicht nur vorhersehen müssen, sondern sie geradezu provoziert, daß sie dem Vertreter eines Wohnbauträgers im Jahre 1965 gegenüber erklärt habe, der Abbau der Schottergrube werde eingestellt werden. Die Erfüllungshaftung der beklagten Partei ergebe sich demnach aus der Vorhersehbarkeit einer allfälligen nachträglichen Unmöglichkeit. Darüber hinaus habe die beklagte Partei die Erfüllung aber auch schuldhaft vereitelt. Sie hätte nichts unternehmen dürfen, was die Erfüllung des Vertrages unmöglich machen könnte. Dagegen habe die beklagte Partei mehrfach verstoßen. Sie habe nach Vertragsabschluß die Siedlung erweitert, Baugenehmigungen erteilt, Hauptschule und Kindergarten errichtet und eine negative Stellungnahme im gewerbebehördlichen Verfahren abgegeben. Dadurch habe die beklagte Partei die Versagung der gewerbebehördlichen Genehmigung wesentlich mitverursacht. Diese Vertragshindernisse seien der Herrschafts- und Interessensphäre der beklagten Partei zuzurechnen, zumal sie ihre öffentlichrechtlichen Befugnisse geradezu ausnützte, um den von ihr geschlossenen Vertrag zu Fall zu bringen; sie sei bei Abschluß des Vertrages verpflichtet gewesen zu überprüfen, ob sich Vertrag und öffentliches Interesse vereinbaren ließen. Hätte sie dies getan, hätte sie die Erfüllungshindernisse erkennen und von einem Vertragsabschluß Abstand nehmen müssen. Da sie dennoch eine unbeschränkte Leistungspflicht übernommen habe, habe sie den Kläger so zu stellen, wie er bei Erfüllung stünde.

Die beklagte Partei wendete ein, ein privat-rechtlicher Vertrag könne die Gemeinde in der Wahrnehmung hoheitsrechtlicher Aufgaben nicht binden. Die beklagte Partei habe daher im Abbauvertrag keinerlei Vorbehalte hoheitsrechtlicher Natur zu erkären gehabt, weil Gemeinden hoheitsrechtliche Vorschriften und Bindungen überhaupt nicht in Vertragsform eingehen könnten. Durch hoheitsrechtliches Handeln der beklagten Partei könne daher dem Kläger schuldhaft ein Schaden nicht zugeführt worden sein. Allein schon die Einwendungen der Nachbarn im gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren hätten bewirkt, daß es zur Verweigerung der erforderlichen Genehmigung gekommen sei. Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, ein Projekt vorzulegen, das auf die Lärm- und Staubeinwirkungen so Einfluß genommen hätte, daß die daraus resultierenden Einwirkungen für die Nachbarn noch zumutbar wären. Nachbarn sei vor der Gewerbeordnung 1973 wegen Lärm- und Staubbelästigungen Parteistellung nicht zugekommen. Durch die Gewerbeordnung 1973 sei die Rechtsstellung der Nachbarn im gewerbebehördlichen Betriebsanlagegenehmigungsverfahren wesentlich erweitert worden. Personen, denen nach den neuen Vorschriften Parteistellung zukomme, seien auch bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhanden gewesen. Der Bürgermeister der beklagten Partei sei verpflichtet gewesen, ordnungsgemäße Bauansuchen zu bewilligen. Die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegebene Flächenwidmung und die Verbauungsvorschriften seien öffentlich bekannt gewesen. Es wäre Verpflichtung des Klägers gewesen, sich hierüber entsprechend zu informieren. Dem Kläger sei auf jeden Fall im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Gestaltung des Baugebietes bekannt gewesen. Es läge eine nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung vor, die keiner der Vertragspartner zu verantworten habe. Die Baugenehmigungen seien größtenteils schon vor Vertragsabschluß erteilt gewesen. Der Kläger müsse den als Verordnung zu qualifizierenden Verbauungsplan der beklagten Partei vom 18.2.1966 für die Völser-Seesiedlung, der entsprechend kundgemacht worden sei, gegen sich gelten lassen. Habe er es unterlassen, in diesen Verbauungsplan Einsicht zu nehmen, sei dies nicht der beklagten Partei anzulasten. Der Kläger sei zwar verpflichtet gewesen, zuerst die Blaike und dann die alte Schottergrube abzubauen, dies hätte ihn aber nicht gehindert, für den gesammten Vertragsgegenstand zu Vertragsbeginn um die gewerbebehördliche Genehmigung anzusuchen. Daß der Kläger diese Vorgangsweise nicht gewählt habe, liege in seinem eigenen Verantwortungsbereich. Wenngleich man sich bei Abschluß des Abbauvertrages darauf verlassen habe, daß die Verwirklichung des Abbauvertrages von seiten der Gewerbebehörde nicht auf wesentliche Hindernisse stoßen werde, sollte durch die Bestimmung des Punktes IX des Vertrages, wonach der Kläger beim Abbau alle einschlägigen behördlichen Vorschriften genau einzuhalten habe, jeder Ausgang eines behördlichen Verfahrens als außerhalb des Verantwortungsbereiches eines der Vertragspartner gedeckt sein. Aus dieser Bestimmung ergebe sich auch, daß der Vertrag erst nach Vorliegen der nötigen gewerbebehördlichen Genehmigung wirksam werden konnte. Hätte der Kläger bei der Gewerbebehörde nur um den vereinbarten Schotterabbau angesucht, wäre eine gewerbebehördliche Genehmigung erteilt worden. Die Aufbereitungsanlage sei im Vertrag nicht vorgesehen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof hob mit seinem Beschluß vom 15.9.1982, 1 Ob 16/82 = SZ 55/126, auf dessen nähere Begründung verwiesen wird, die stattgebenden Zwischenurteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. In dieser Entscheidung führte der erkennende Senat ua aus, grundsätzlich falle das Risiko der Erreichung einer gewerbebehördlichen Genehmigung in den Risikobereich dessen, der sie erreichen muß, im vorliegenden Fall also in den des Klägers. Eine Haftung für das Erfüllungsinteresse, das der Kläger begehrt, treffe die beklagte Partei nur dann, wenn die Versagung der gewerbebehördlichen Genehmigung aus einem Grund erfolgt wäre, den die beklagte Partei auf Grund ihres Verhaltens bei Vertragsabschluß in ihren Risikobereich übernommen gehabt hätte. Dem Verhalten der beklagten Partei bei Vertragsabschluß kann nur der Erklärungswert beigemessen werden, daß auf der Seite der beklagten Partei keine dem Kläger nach den Umständen nicht ohnehin schon bekannten Hindernisse für die Erfüllung des Vertrages entgegenstanden. Dies hat zur Folge, daß sie dem Kläger für ein allfäliges Fehlschlagen seiner von der beklagten Partei durch ihr Verhalten erweckten, Vertragsinhalt gewordenen Erwartungen einzustehen hat. Die Vereitelung der Erfüllung aus diesen Gründen hat sie im Sinn des § 920 ABGB zu vertreten. Ob und inwieweit eine rechtsgeschäftliche Risikoübernahme durch die beklagte Partei in dem vom Kläger behaupteten Umfang eintrat, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Das festgestellte Verhalten der beklagten Partei war nämlich nur insoweit von rechtlicher Relevanz, als dem Kläger nicht ohnehin die für eine Realisierung seines Vorhabens wesentlichen Hindernisse bekannt oder offenkundig waren. Darüber mußte die beklagte Partei keine positiven Erklärungen abgeben, sondern konnte davon ausgehen, daß er diese Umstände in seinen Risikobereich übernahm. Insoweit konnte auch keine vertragliche Risikoverschiebung auf sie eintreten. Die Frage, ob nicht etwa schon auf Grund der im Jahr 1972 gegebenen Verbauung das Ansuchen des Klägers im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren abgewiesen worden wäre, wird zu prüfen sein.

Im fortgesetzten Verfahren brachte der Kläger ergänzend vor, die beklagte Partei sei bei dem von ihr initierten Vertragsabschluß davon ausgegangen, der Abbau werde rechtlich möglich sein. Anläßlich der Vertragsverhandlungen seien die Örtlichkeiten (Abbaugebiet und Zufahrtsstraße) besichtigt worden. Daß in unmittelbarer Nähe des Abbaugebietes Baumaßnahmen zu erwarten seien, sei nicht erkennbar gewesen. Der Kläger sei darauf von der beklagten Partei auch nicht hingewiesen worden. Bei Vertragsabschluß sei allerdings der Bau der Völser Siedlung bereits im Gang gewesen. Der Kläger habe nicht im entferntesten daran gedacht, noch daran denken können, daß Anrainereinsprüche erhoben werden, die Anrainer hätten doch froh sein müssen, wenn sie nach einer kurzfristigen Beeinträchtigung durch den Abbau in Zukunft in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnsiedlung ein Erholungsgebiet zur Verfügung haben würden. Nur in diesem Sinn seien die bereits bestehenden Gebäude vom Kläger überhaupt zur Kenntnis genommen worden. Der Kläger habe mit Sicherheit angenommen, der Abbau werde gewerberechtlich genehmigt werden, dies selbst dann, wenn geplante Maßnahmen augenfällig gewesen wären. Im Jahre 1972 hätte der Kläger ebenso wie für den Abbau der Blaike auch für den Abbau der alten Schottergrube ohne Probleme eine Abbaugenehmigung erreicht. Eine Ummantelung der Sieb- und Sortiergeräte sei bei Abbau der Blaike nicht erfolgt, im gewerbebehördlichen Verfahren zum Abbau der alten Schottergrube aber vom Kläger vorgeschlagen worden. Der Schotterabbau wäre im Jahre 1972 möglich gewesen. Probleme seien erst ab Inkrafttreten der neuen Gewerbeordnung aufgetreten. Die beklagte Partei wendete ein, zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung seien sich die Vertragsteile bewußt gewesen, daß die Durchführung des Abbauvertrages der gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfe. Beide Teile seien damals davon ausgegangen, daß der Verwirklichung keine besonderen Hindernisse entgegenstehen werden. Die beklagte Partei sei nicht für einen bestimmten Erfolg eingestanden. Dem Kläger seien die örtlichen Verhältnisse bekannt gewesen. Auf Grund des Flächenwidmungsplanes aus dem Jahr 1966 sei die Widmung des Völsersees offenkundig gewesen, auf das Projekt sei durch eine Tafel hingewiesen worden, es sei in Zeitungen wiederholt beschrieben worden. Eine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung wäre auch im Jahre 1972 auf Grund der Einwendungen von Anrainern bzw. in den Jahren 1977 und 1978 auf Grund solcher Anrainer, die bereits im Jahr 1972 Nachbarn der alten Schottergrube waren, versagt worden.

Das Erstgericht wies im dritten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Es stellte fest, am 29.11.1977 habe bei den der Schottergewinnungsanlage zunächst liegenden, 47 bis 58 m vom Aufgabetrichter entfernt gelegenen Anrainerhäusern ein Grundgeräuschpegel zwischen 35 und 36 dB geherrscht. Die Lärmimissionen beim Betrieb eines Schotterwerkes werden durch die Gewinnung des Materials mittels Schubraupe bzw. Radladers, durch Einbringen des Abbauproduktes mittels Radladers in den Aufgabetrichter, durch die Sieb- und Dosieranlage mit Förderbändern und durch den Abtransport mittels LKWs verursacht. Die Sieb- und Dosieranlage hätte sich laut Plan ca. 20 m über dem Niveau der Völser Siedlung befunden. Dadurch wäre es zu einer freien Schallabstrahlung in die Nachbarschaft gekommen. Durch den Einsatz der Schubraupe bzw. des Radladers beim Schotterabbau hätte sich ein Geräuschpegel in einer Entfernung von 7 m von 80 dB und in einer Entfernung von 80 bis 100 m zwischen 56,4 und 58,2 dB ergeben. Erst ab einer Entfernung von 200 m wäre der Geräuschpegel unter 50 dB gelegen. Im Jahre 1972 waren durch den Abbau 19 Gebäude von einer höheren Lärmimmission als 50 dB betroffen. Die Streitteile seien bei Abschluß des Abbauvertrages davon ausgegangen, daß eine Abbau- bzw. Betriebsanlagengenehmigung durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck über ein entsprechendes Ansuchen der klagenden Partei erteilt werden würde. Es sei ihnen nicht bekannt gewesen, daß auf Grund einer Lärmbelästigung ein abschlägiger Bescheid erteilt werden könnte.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß im Jahre 1972 der Abbau der alten Schottergrube für die Nachbarschaft eine unzumutbare Lärmbelästigung dargestellt hätte, sodaß bei ordnungsgemäßer, den damaligen Kenntnissen entsprechender Überprüfung eine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung nicht hätte erteilt werden dürfen. Es sei somit bereits bei Abschluß des Abbauvertrages eine rechtliche Unmöglichkeit der Schottergewinnung vorgelegen, sodaß dem Kläger eine Anspruchsgrundlage auf Ersatz des Erfüllungsinteresses wegen schuldhafter Vertragsvereitelung entzogen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die ergänzenden Feststellungen des Erstgerichtes. Auch im fortgesetzten Verfahren sei nicht hervorgekommen, die Organe der beklagten Partei hätten Erklärungen abgegeben, aus denen der Kläger auf eine Zusage im Sinne einer Verwendungszusage hätte schließen können, daß die gewerbebehördliche Genehmigung des Schotterabbaues in der alten Schottergrube erteilt werde. Dem Kläger habe es bewußt sein müssen, daß eine gewerbebehördliche Versagung des Abbaubetriebes wegen der Siedlungstätigkeit in der Gemeinde Völs durchaus im Raume gestanden sei. Schon seit dem Jahre 1966 habe der Bebauungsplan Völser Seesiedlung bestanden, der gemäß § 31 Abs. 3 TROG als Flächenwidmungsplan und damit als Rechtsverordnung, die mit Kundmachung Rechtswirksamkeit erlangt habe, als allgemein bekannt vorauszusetzen gewesen sei. Die umfangreiche Bautätigkeit, die in dem in Frage kommenden Zeitraum seit Abschluß des Vertrages im Gange gewesen sei, habe dem Kläger nicht verborgen bleiben können, weshalb er auch damit habe rechnen müssen, daß dieser Verbauungsplan auch bereits im Stadium der Verwirklichung stünde und nicht bloß eine abstrakte Planung für eine in ferner Zukunft vorgesehene Verbauung innerhalb der Gemeinde Völs darstellte. Die konkrete Berücksichtigung der im Jahre 1972 bereits bestandenen Situation sei so beschaffen gewesen, daß mit einer Betriebsanlagengenehmigung in der alten Schottergrube auch damals nicht mehr habe gerechnet werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt. Wie in der Entscheidung vom 15.9.1982, 1 Ob 16/82 = SZ 55/126 bindend dargelegt wurde, fällt das Risiko der Erreichung einer gewerbebehördlichen Genehmigung in den Risikobereich dessen, der sie erreichen muß, im vorliegenden Fall also in den des Klägers. Die beklagte Partei hat allerdings durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben, daß auf ihrer Seite keine dem Kläger nach den Umständen nicht ohnehin schon bekannte Hindernisse der Erfüllung des Vertrages entgegenstehen. Dies hat zur Folge, daß sie dem Kläger für ein allfälliges Fehlschlagen seiner von der beklagten Partei durch ihr Verhalten erwirkten, Vertragsinhalt gewordenen Erwartungen einzustehen hat, die Vereitlung der Erfüllung hat sie dann im Sinn des § 920 ABGB zu vertreten. In dem dieser Entscheidung vorangegangenen Rechtsgang stand die Frage im Mittelpunkt, ob eine zur Verweigerung der behördlichen Betriebsanlagengenehmigung nach Vertragsabschluß führende Bautätigkeit allein der beklagten Partei bekannt und dies dem Kläger auch nicht offenkundig war. In diesem Fall hätte die beklagte Gemeinde auch das rechtsgeschäftliche Risiko übernommen und haftete dann dem Kläger für das Erfüllungsinteresse. Im ersten Rechtsgang ist aber überhaupt nicht geprüft worden, ob nicht schon auf Grund der im Jahr 1972 bestehenden Verbauung in der Nachbarschaft der alten Schottergrube das Ansuchen des Klägers im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ohnedies abgewiesen worden wäre. Diese Beurteilung ist aber deshalb entscheidungswesentlich, weil der Kläger weder behauptete noch von den Vorinstanzen festgestellt wurde, die beklagte Partei hätte für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses garantiert, der Kläger werde die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung erhalten. Nur bei Vorliegen einer Garantie würde die beklagte Partei bei Fehlschlagen des Vertragszweckes für das Erfüllungsinteresse haften, sonst hat es bei der vertraglichen Risikoverteilung zu bleiben (vgl. Rummel2 Rz 3 zu § 878; Koziol-Welser8 134; Bydlinski in Klang2 IV/2, 126 f). Wäre die Genehmigung bereits bei Vertragsabschluß nicht erteilt worden und dies in den Risikobereich des Klägers gefallen, wäre ein späteres, vom Kläger behauptetes vertragswidriges Verhalten der beklagten Gemeinde für den Schadenseintritt nicht mehr kausal. Das Fehlschlagen der Erwartungen des Klägers war dann auf Umstände zurückzuführen, die ihm bei Vertragsabschluß ohnedies bereits bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen.

Der Vertrag ist noch im Geltungsbereich der Gewerbeordnung 1859 abgeschlossen worden. Auch damals war die geplante Anlage genehmigungspflichtig (§§ 25, 27 Abs. 1 Z 43 GewO; vgl. JBl. 1970, 329). Nach diesen Vorschriften war aber, wie die Vorinstanzen zutreffend ausführten, die Nachbarschaft vor "ungewöhnlichem Geräusch" geschützt. Die Frage, ob die von einer gewerblichen Betriebsanlage herrührende Belästigung der Nachbarschaft im Einzelfall zumutbar ist, richtete sich nach den örtlichen Verhältnissen, das an dem betreffenden Ort bereits bestehende Ausmaß am Immissionen durfte nicht wesentlich erweitert werden (VwSlg. 7337/A; VwSlg. 4007/A). Eine Anlage war zu untersagen, wenn die Belästigung nicht auf das zumutbare Maß herabgesetzt werden konnte (VwSlg. 7786/A; VwSlg. 5018/A; Kupka in RL, Betriebsanlage, gewerbliche 2; Gaisbauer in HBZ 1971, 14, 2). Maßgeblich für die Frage, ob eine Lärmbelästigung zumutbar war, waren im Tatsachenbereich liegende technische und medizinische Erfahrungen (VwSlg. 7337/A). Auszugehen war vom Störpegel, das sind die akustischen Einwirkungen ohne den zu beurteilenden Betriebslärm. Gerade reine Wohngebiete sollten dabei des größtmöglichen Schutzes teilhaftig werden (VwSlg. 7337/A); selbst wenn der allgemeine Lärmpegel nur zum Teil niedriger lag als die während des Betriebes der Anlage erhobenen Werte, wurde ausgesprochen, daß der Betriebslärm unzumutbar sein kann (ÖJZ 1973, 192, A 140); eine Erhöhung der Lautstärke unter 10 dB konnte in reinen Wohngebieten bereits zur Beurteilung der Unzumutbarkeit führen (VwSlg. 7337/A). Im vorliegenden Fall wurde aber ausgehend von einem Geräuschpegel von 35 bis 36 dB noch in einer Entfernung von 100 m eine Erhöhung der Lärmintensität aufgrund des Einsatzes von Schubraupe und Radlager auf 56,4 dB festgestellt. 19 Anrainer hätten eine Lärmbelästigung von mindestens 50 dB ertragen müssen. Dies bedeutete in einem reinen Wohngebiet aber eine unzumutbare Lärmbelästigung der Nachbarn. Daß durch Maßnahmen technischer Art diese Lärmbelästigung auf ein zumutbares Maß hätte herabgesetzt werden können, wurde vom Kläger nicht behauptet.

Der Kläger wendet sich in seiner Revision auch nicht gegen diese zutreffende Beurteilung der Vorinstanzen. Er führt nur aus, ihm könne niemand weismachen, daß bei gleichzeitiger Durchführung beider Betriebsanlagengenehmigungsverfahrem im Jahr 1972 die Betriebsanlagengenehmigung für den Abbau der alten Schottergrube nicht ebenfalls erteilt worden wäre. Der Kläger übersieht aber, daß die Vorschrift des § 25 GewO 1859 der Behörde kein Ermessen einräumte. Bei Anwendung der in dieser Vorschrift enthaltenen unbestimmten Gesetzesbegriffe stand der Behörde zwar ein Auslegungsspielraum zu, im Rahmen dieses Spielraumes war aber die Behörde jedenfalls gesetzlich gebunden und daher auch der vollen Nachprüfungskontrolle durch den Verwaltungsgerichthof unterworfen (JBl. 1970, 329). Daß eine Erhöhung des Grundpegels von 35 bis 36 dB auf über 56 dB auch bei Anlegung eines weiten Auslegungsspielraumes jedenfalls eine unzumutbare Lärmbelästigung darstellte, folgt aus der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Auf ein der Behörde aus welchen Gründen immer unterstelltes, vom Kläger offensichtlich erwartetes rechtswidriges Vorgehen kann er Ansprüche gegen die beklagte Partei nicht ableiten.

Konnte der Kläger unabhängig von der weiteren Ausdehnung des Wohnsiedlungsgebietes aber schon im Jahr 1972 die in seinen Risikobereich fallende gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung auf Grund auch ihm bekannter Umstände nicht erlangen, bedarf es dann nicht der Prüfung der weiter in der Revision aufgeworfenen Fragen, welche Kenntnis der Kläger bei Vertragsabschluß von einer später durchgeführten Bautätigkeit in der Nachbarschaft hatte und in welcher Weise das spätere Verhalten der Gemeinde für die schließlich erfolgte Versagung der Genehmigung ursächlich gewesen sein könnte. Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO:

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