OGH 1Ob761/80

OGH1Ob761/8026.11.1980

SZ 53/158

Normen

EO §7
WG Art41
ZPO §226
EO §7
WG Art41
ZPO §226

 

Spruch:

Der Wechselinhaber hat nach Eintritt einer Zahlungsverzögerung durch den Schuldner zumindest bei Zahlung in der Landeswährung das Wahlrecht, die auf Fremdwährung lautende Wechselschuld zum Kurs des Verfallstages oder des Zahlungstages zu begehren; er muß aber sein Wahlrecht in der Klage nicht ausüben, sondern kann die Wechselschuld, wie sie aus dem Wechsel hervorgeht, als Fremdwährungsschuld geltend machen

OGH 26. November 1980, 1 Ob 761/80 (OLG Wien 1 R 129/80; HG Wien 13 Cg 18/80)

Text

Die beklagte Partei akzeptierte als Bezogene einen von der klagenden Partei in Wien an eigene Order ausgestellten und dort am 1. Oktober 1979 zahlbaren Wechsel über 139 500 dKr. Auf Grund dieses Wechsels erließ das Erstgericht den beantragten Wechselzahlungsauftrag.

Es hielt die von der klagenden Partei erhobenen Einwendungen aus dem Grundgeschäft, das die Lieferung von Backwaren zum Gesamtpreis von 139 500 dKr zum Gegenstand hatte, nicht für berechtigt und sprach in Aufrechterhaltung des Wechselzahlungsauftrages aus, daß die Forderung der klagenden Partei mit 139 500 dKr samt 5% Zinsen seit 1. November 1979 zu Recht und die - ohne nähere Präzisierung geltend gemachte - Gegenforderung in der Höhe des Klagsbetrages nicht zu Recht bestehe.

Die beklagte Partei stützte ihre Berufung ausschließlich darauf, daß sie nach den einschlägigen wechselrechtlichen Vorschriften infolge Zahlungsverzuges nur noch Landeswährung schulde und daher die Wechselsumme nicht in einem Fremdwährungsbetrag zuzusprechen gewesen wäre. Das Berufungsgericht gab der Berufung in der Hauptsache nicht Folge und führte zu dieser Frage aus: Da der Wechsel auf eine am Zahlungsorte nicht geltend gemachte Währung gelautet habe und ein sogenannter Effektivvermerk (Art. 41 Abs. 3 WG) nicht beigesetzt gewesen sei, hätte die Wechselsumme gemäß Art. 41 Abs. 1 WG in der Landeswährung nach dem Umrechnungskurse am Verfallstag bezahlt werden können. Verzögere aber der Schuldner die Zahlung, so könne der Wechselinhaber wählen, ob die Wechselsumme nach dem Kurs des Verfallstages oder nach dem Kurse des Zahlungstages in der Landeswährung umgerechnet werden soll. Das Gesetz ordne aber nicht an, daß der Schuldner nach Zahlungsverzögerung nur mehr in der Landeswährung zahlen dürfe. Dies gelte nur dann, wenn der Aussteller im Wechsel für die zu zahlende Summe einen Umrechnungskurs (Art. 41 Abs. 2 WG) bestimmt habe. Die klagende Partei habe trotz Säumnis der beklagten Partei das Recht, die vereinbarte Fremdwährung zu verlangen, die beklagte Partei habe weiterhin die Ersetzungsbefugnis in inländischer statt in ausländischer Währung zu zahlen. Auch zwingende devisenrechtliche Vorschriften stunden der Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von Dänenkronen nicht entgegen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wenn ein - nicht mit einem Effektivvermerk (Art. 41 Abs. 3 WG) versehener - Wechsel auf eine am Zahlungsort nicht geltende Währung lautet, kann die Wechselsumme in der Landeswährung gezahlt werden (Art. 41 Abs. 1 Satz 1 WG; eine gleichartige Regelung gilt nach Art. 8 Nr. 8 EVHGB für alle Geldschulden aus Handelsgeschäften und auch nach bürgerlichem Recht: Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 366: Koziol - Welser[5] I, 185; Stanzl in Klang[2] IV/1, 729; Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblau[4], 914). Es handelt sich hiebei um keine Wahlschuld (§ 906 ABGB); geschuldet wird vom Wechselschuldner nur die im Wechsel angegebene Fremdwährungssumme; der Schuldner kann sich nur durch Zahlung in inländischer Währung von der Schuld befreien. Er hat eine Ersetzungsbefugnis (Lösungsbefugnis; Baumbach - Hefermehl, WG[12] 267; Stranz, WG[14] 232; Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, 425 f.).

Wenn der Schuldner die Zahlung verzögert, so kann der Wechselinhaber allerdings wählen, ob die Wechselsumme nach dem Kurse des Verfallstages oder nach dem Kurse des Zahlungstages in die Landeswährung umgerechnet werden soll (Art. 41 Abs. 1 Satz 2 WG). Diese Regelung soll verhindern, daß der Schuldner die Zahlung in der spekulativen Absicht hinauszögert, aus einer Änderung des Umrechnungskurses zum Nachteil des Wechselinhabers Gewinn zu ziehen (Kapfer, HandkommzWG, 176; Baumbach - Hefermehl a.a.O.; Jacobi a. a.O., 426; ähnlich Stranz a.a.O., 233; Stanzl in Klang a.a.O.). Der Wechselinhaber hat daher nach Eintritt einer Zahlungsverzögerung zumindest bei Zahlung in der Landeswährung das Wahlrecht, den Kurs des Verfalls- oder des Zahlungstages zu begehren (Stranz a.a.O., 233).

Der Wechselgläubiger muß aber sein Wahlrecht in der Klage nicht ausüben. Er kann die Wechselschuld so, wie sie aus der Urkunde hervorgeht, als Fremdwährungsschuld geltend machen. Ein auf ausländische Währung lautender Titel ist zulässig und hinlänglich bestimmt (EvBl. 1964/277; Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblau[4], 191). Lautet der Titel auf einen Geldbetrag in Fremdwährung, so hat auch der Exekutionsbewilligungsbeschluß auf diese Währung zu lauten. Die Umrechnung ist nicht in der Exekutionsbewilligung, sondern erst bei Befriedigung des Gläubigers im Verwertungsverfahren vorzunehmen (EvBl. 1973/307 u.a.; Heller - Berger - Stix a.a.O., 883 f.). Die Einwendung der Unbestimmtheit des Klagebegehrens ist daher nicht berechtigt. Ob und inwieweit der Wechselgläubiger von seinem Wahlrecht nach Art. 41 Abs. 1 zweiter Satz WG noch im Exekutionsverfahren Gebrauch machen kann, ist im Titelverfahren nicht zu beurteilen.

Dem Klagebegehren stehen aber auch von Amts wegen zu beachtende zwingende Normen des Devisenrechts nicht entgegen. Das der Wechselforderung zugrunde liegende Grundgeschäft beruht auf Warenlieferungen eines dänischen Unternehmens nach Österreich und fällt damit unter die generelle Bewilligung zur Übernahme von Geldverpflichtungen aus dem Warenverkehr gegenüber Ausländern mit Sitz in multilateralen Mitgliedstaaten, zu denen auch Dänemark gehört (Kundmachung DE 5/71 idF DE 6/73 Punkt I A Z. 1 lit. a in Verbindung mit DE 1/71 Punkt II 1 A; Schwarzer - Csoklich - List,

Das Österreichische Währungs- und Devisenrecht[3] 435 ff. FN 1, 463 f., 569). Da somit dem Zustandekommen des die Zahlungsverpflichtung aus dem Grundgeschäft begrundenden Rechtsverhältnisses keine Vorschriften des Devisengesetzes entgegenstehen, kann dem Klagebegehren ohne Nachweis einer devisenrechtlichen Bewilligung stattgegeben werden. Es darf allerdings die Zahlung der Urteilsschuld nur der Kundmachung DE 5/71 gemäß erfolgen. Die vorgeschriebene Zahlungsweise ist aber auf den Wortlaut des Urteils ohne Einfluß (EvBl. 1976/101 mwN; Schwarzer - Csoklich - List a.a.O. 503 FN 8; zuletzt 1 Ob 753/79).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte