Spruch:
Der Revision wird F o l g e gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes, das in Ansehung des Zuspruchs von 4 % Zinsen von S 18.947,19 vom 1. Februar 1984 bis 26. November 1984 als nicht in Beschwerde gezogen unberührt geblieben ist, im übrigen, somit in Ansehung der Abweisung des Klagebegehrens auf Zuspruch des Betrages von S 23.603,64 samt 4 % Zinsen seit 1. Februar 1984 und im Kostenausspruch, wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 8.183,26 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (hievon S 689,38 Umsatzsteuer und S 600 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin kündigte den Beklagten die im 2. Stock des Hauses Linz, Herrenstraße 18, gelegene Wohnung zu 7 K 24/80 (7 C 972/80, später 7 C 732/82) des Bezirksgerichtes Linz aus dem Kündigungsgrund des § 19 Abs. 2 Z 11 MG zum 31. August 1980 auf, weil den Beklagten nach dem Tode der Mieterin ein gesetzliches Eintrittsrecht nicht zustehe. Die Aufkündigung wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 24. Jänner 1983, 7 C 732/82-33, aufgehoben und das Räumungsbegehren abgewiesen. Das Landesgericht Linz gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei mit Urteil vom 21. September 1983, 13 R 278/83-40, Folge und erkannte die Aufkündigung für rechtswirksam. Die Beklagten wurden schuldig erkannt, die aufgekündigte Wohnung binnen 14 Tagen zu räumen. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für nicht zulässig. Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 30. November 1983, 1 Ob 1512/83, wurde die außerordentliche Revision der Beklagten gegen dieses Urteil mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen. Die Wohnung wurde von den Beklagten am 1. Februar 1984 geräumt.
Da die Klägerin vom Erstbeklagten, der ein Eintrittsrecht als Mitbewohner der verstorbenen Mieterin Maria B behauptete, keinen Mietzins annahm, wurden die entsprechenden Beträge gemäß § 1425 ABGB auf das Sparbuch der D E Linz
0011-262441, lautend auf den Erstbeklagten, einbezahlt. Am 19. Februar 1980 stellte der Erstbeklagte an die Verwahrungsabteilung des Oberlandesgerichtes Linz den Antrag, dieses Sparbuch in Verwahrung zu nehmen und es zur jederzeitigen Verfügung der Klägerin (dort Gegnerin) zu halten. Mit Verwahrauftrag vom 28. Februar 1980, 3 Nc 504/80, nahm das Bezirksgericht Linz das Sparbuch gemäß § 1425 ABGB in Verwahrung. Die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 28. Mai 1980, 3 A 47/80-40, angewiesen, alle in Hinkunft einlangenden Beträge an Mietzins auf diesem Sparbuch anzulegen. Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 1984 stellten die Streitteile beim Bezirksgericht Linz übereinstimmend den Antrag, das Sparbuch der Klägerin auszufolgen. Die Ausfolgung wurde am 6. April 1984 von der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz vollzogen. Dem Sparbuch wurden an Mietzins und Betriebskosten S 192.031,36 gutgebracht, die Zinsengutschriften betrugen S 24.245,65, die Spesen der D E Linz beliefen sich auf S 642,01. Am 31. Juli 1984 wurden von der Klägerin S 215.635,-- behoben. Das der Klägerin zustehende Entgelt beträgt S 234.582,19.
Die Klägerin begehrte den Betrag von S 42.550,83 s.A. als rückständigen Mietzins.
Die Beklagten anerkannten einen Teilbetrag von S 18.947,19, worüber in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. November 1984 ein Teilanerkenntnisurteil gefällt wurde. Im übrigen wurde das Klagebegehren bestritten. Die abgereiften Zinsen (abzüglich der Spesen des Kreditinstituts) seien auf die Verpflichtung der Beklagten anzurechnen.
Die Klägerin brachte vor, zur seinerzeitigen Nichtannahme der vom Erstbeklagten erlegten Mietzinse sei sie verpflichtet gewesen, um nicht Gefahr zu laufen, daß aufgrund der Annahme der Mietzinszahlungen unabhängig vom bestrittenen Eintrittsrecht ein faktisches Mietverhältnis begründet werde.
Das Erstgericht wies das die Zinserträgnisse betreffende restliche Klagebegehren auf Zuspruch von S 23.603,64 s.A. ab. Die Beklagten seien während der Hinterlegungszeit Eigentümer des Sparbuchs und des darauf erlegten Geldes gewesen, so daß ihnen auch die am Sparbuch abreifenden Zinsen zugewachsen seien. Die Beklagten wären nicht verpflichtet gewesen, diese Beträge zinsbringend anzulegen, sie hätten diese Beträge auch bei Gericht hinterlegen können, wo keine Zinsen zugewachsen wären.
Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Es erklärte die Revision für nicht zulässig. Das durch den Eintritt der Beklagten begründete Mietverhältnis zwischen den Streitteilen sei zufolge der für rechtswirksam erklärten Aufkündigung aufgelöst worden. Bis zur tatsächlichen Räumung hätten die Beklagten die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis getroffen, somit auch die Pflicht zur Bezahlung des Mietzinses. Die Annahmeverweigerung habe die Beklagten zum Gerichtserlag gemäß § 1425 ABGB berechtigt. Die rechtmäßige Hinterlegung befreie den Schuldner, ihr müsse daher auch der Charakter einer endgültigen Vermögensaufopferung beigemessen werden. Demnach stehe aber der Klägerin und nicht den Beklagten der Anspruch auf die Nutzungen des erlegten Betrages, die Zinsen, zu.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen außerordentlichen Revision der Beklagten kommt Berechtigung zu. Gemäß § 1425 ABGB kann der Schuldner, wenn der Gläubiger mit dem ordnungsgemäß Angebotenen unzufrieden ist, das Geschuldete bei Gericht hinterlegen und sich auf diese Weise von seiner Verbindlichkeit befreien. Der Schuldner ist zur Hinterlegung insbesondere dann berechtigt, wenn der Gläubiger in Annahmeverzug ist (Koziol-Welser, Grundriß 7 I 249), d.h. wenn er die ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt. Der Erstbeklagte führte im Erlagsantrag aus, er sei testamentarischer Alleinerbe der am 14. Jänner 1980 verstorbenen Maria B, die Mieterin der Wohnung Linz, Herrenstraße 18, gewesen sei. Er sei seit Jahrzehnten Mitbewohner dieser Wohnung und habe sein Eintrittsrecht entsprechend den Bestimmungen des Mietengesetzes geltend gemacht. Der Vertreter der Erlagsgegnerin (Klägerin) habe die Bezahlung der Miete durch ihn nicht akzeptiert, weil das Eintrittsrecht nicht anerkannt werde; die bezahlten Beträge seien rücküberwiesen worden, so daß er zur Hinterlegung des Mietzinses berechtigt sei. Der Erstbeklagte leistete die Mietzinszahlungen nicht als Vertreter des Nachlasses nach Maria B oder als deren Erbe, sondern mit der Behauptung, daß ihm persönlich das Recht zum Eintritt in das Mietverhältnis zustehe. Eine derartige Widmung der Zahlung mußte die Klägerin nicht akzeptieren. Wie der Ausgang des Kündigungsprozesses erweist, vertrat sie mit Recht den Standpunkt, daß dem Erstbeklagten kein Eintrittsrecht zustand. Durch Annahme eines derart gewidmeten Mietzinses hätte sich die Beklagte dem Einwand aussetzen können, durch unbeanstandete Entgegennahme der Zahlungen schlüssig ein Bestandverhältnis mit dem Erstbeklagten als dem behaupteten Eintrittsberechtigten begründet zu haben. Durch Ablehnung der solcherart angebotenen Mietzinszahlungen geriet die Klägerin nicht in Annahmeverzug, so daß der Erlag nicht rechtmäßig war. Die Klägerin bezeichnet es erst in der Revision als "nicht strittig", daß der Erlag gesetzmäßig gewesen sei, doch kann sie ihren im Verfahren erster Instanz eingenommenen Rechtsstandpunkt, sie sei zur Entgegennahme der Mietzinszahlungen nicht gehalten gewesen, um nicht ein "faktisches Mietverhältnis" zu begründen, im Rechtsmittelverfahren nicht ändern. Es ist auch auszuschließen, daß der beim Erstgericht nach Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung, daß den Beklagten ein Eintrittsrecht nicht zustehe, übereinstimmend gestellte Antrag, das Sparbuch der Klägerin auszufolgen, eine Anerkennung des Rechtsstandpunktes des Erstbeklagten, eines ihm zustehenden Eintrittsrechtes, bedeutet haben sollte. Der übereinstimmenden Erklärung der Parteien kann nur die Bedeutung zukommen, daß sie unter Zugrundelegung des Prozeßergebnisses - und damit unter Ablehnung des vom Erstbeklagten angegebenen Erlagsgrundes - die erlegten Beträge als Entgelt für die tatsächliche Weiterbenützung der gekündigten Räume umwidmeten. Dem vom Erstbeklagten getätigten Erlag kam damit zuvor, wie es die Klägerin immer behauptet hatte, schuldbefreiende Wirkung nicht zu. Stand ihr der erlegte Betrag aber nicht zu, hat sie auch auf die Sparbuchzinsen keinen Anspruch. Es kann für diesmal dahingestellt bleiben, ob im Falle rechtsmäßigen Erlages die Klägerin Eigentümerin des erlegten Sparbuchs und damit auch der abgereiften Zinsen geworden wäre oder ob ihr wegen des mit dem rechtsmäßigen Erlag verbundenen Gefahrenüberganges auch der Anspruch auf die Nutzungen des Erlagsgegenstandes zugestanden wären (vgl. hiezu Bettelheim in Klang 1 II 953; Wahle in Klang 2 IV/2, 64). Die Klägerin muß sich vielmehr den gesamten ihr zugekommenen Betrag auf ihre Mietzinsforderung anrechnen lassen, so daß die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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