OGH 1Ob707/89

OGH1Ob707/8920.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosa K***, Pensionistin, Deutsch-Wagram, Cosmas Mallgasse 1, vertreten durch Dr. Heide Strauss, Rechtsanwalt in Gänserndorf, wider die beklagte Partei Gerlinde B***, Angestellte, Deutsch-Wagram, Gänserndorferstraße 17, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 311.062 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29.Juni 1989, GZ 18 R 133/89-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 31.März 1989, GZ 1 Cg 97/88-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.745 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.957,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ 751 KG Deutsch-Wagram mit einem darauf errichteten Haus. Sie beabsichtigte, die zweite Liegenschaftshälfte für ihren Sohn Günther B*** zu erwerben. Da Günther B*** erhebliche Schulden hatte, kam man überein, daß die Beklagte, die Schwiegertochter der Klägerin, die Liegenschaftshälfte erwerben solle. Für den Ankauf wurde von den Streitteilen ein Kredit bei der Volksbank Obersdorf-Wolkersdorf-Deutsch-Wagram aufgenommen. Die Kreditvaluta von S 600.000 wurde der Klägerin und der Beklagten zugezählt. Über die Rückzahlung des Kredits wurden zwischen den Streitteilen und Günther B*** keine besonderen Vereinbarungen getroffen, es war aber allen Beteiligten klar, daß die Rückzahlung im wesentlichen vom Sohn der Klägerin und nicht von der Beklagten, die nur Karenzgeld bezog, geleistet werden sollte. In dem auf der Liegenschaft errichteten Haus befindet sich die Ehewohnung der Beklagten und ihres Ehemannes Günther B***. In der Folge leisteten die Klägerin, die Beklagte und Günther B*** Zahlungen. Günther B*** befand sich in der Zeit vor April 1986 längere Zeit in Haft. Als er zu seiner Familie zurückkehrte, waren seine finanziellen Mittel erschöpft; er ersuchte deshalb seine Mutter, die vom Kreditinstitut dringend verlangte Rückzahlung des fälligen Darlehensrestes in der Höhe des Klagsbetrages zu leisten. Die Klägerin gab seinem Drängen nach, verlangte aber, daß auf der Liegenschaftshälfte der Beklagten ein lebenslängliches Wohnrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zu seinen Gunsten einverleibt werde. Unter dieser Bedingung war sie bereit, die offene Kreditverbindlichkeit zu bezahlen. Die Klägerin zahlte in der Folge den Kreditrest in der Höhe des Klagsbetrages.

Die Klägerin begehrt den Ersatz des von ihr bezahlten Betrages von S 311.062 s.A. Die Streitteile hätten den Kredit zum Zweck des Ankaufs der Liegenschaftshälfte der EZ 751 KG Deutsch-Wagram aufgenommen, die Kreditvaluta sei ausschließlich der Beklagten zugute gekommen.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, es sei zwischen den Streitteilen vereinbart worden, daß sie als Gegenleistung für die Kreditrückzahlung durch die Klägerin ihrem Gatten, dem Sohn der Klägerin, auf ihrer Liegenschaftshälfte die Dienstbarkeit des lebenslänglichen Wohnrechtes sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einräume, was auch geschehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte fest:

Die Beklagte und Günther B*** als von seiner Mutter bevollmächtigter Vertreter hätten eine Vereinbarung im Sinne des Wunsches der Klägerin getroffen, worauf die Beklagte ihrem Ehemann als Gegenleistung für die Kreditrückzahlung durch die Klägerin mit Notariatsakt des öffentlichen Notars Dr. Adalbert K*** vom 17.4.1986 unentgeltlich das lebenslängliche Mitbewohnungs- und Mitbenützungsrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerugsverbot auf ihrer Liegenschaftshälfte eingeräumt habe. Mit diesem Notariatsakt habe die Klägerin ihrem Enkelkind Manfred B***, geboren 25.4.1981, die ihr gehörige Liegenschaftshälfte der EZ 751 KG Deutsch-Wagram übertragen; auch der Minderjährige habe seinem Vater ein Mitbewohnungs- und Mitbenützungsrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, vor der von der Klägerin geleisteten Darlehensrückzahlung sei vereinbart worden, daß die Klägerin die Lastenfreistellung gegen Einräumung bestimmter Rechte durch die Beklagte zugunsten des Sohnes der Klägerin bewirke. Die Klägerin habe demnach zumindest schlüssig der Beklagten gegenüber auf einen Rückersatz der Darlehensvaluta verzichtet. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Klägerin kommt Berechtigung nicht zu.

Die Ausführung zu den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeiten und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO). Nach den getroffenen Feststellungen übernahmen die Klägerin und die Beklagte als Mitschuldner die Haftung für die Rückzahlung der Kreditvaluta; für die Annahme, die Klägerin wäre nur Bürge eines von der Beklagten aufgenommenen Kredits gewesen, fehlt jeder Anhaltspunkt. Was die anläßlich der Rückzahlung des Klagsbetrages getroffene Vereinbarung betrifft, so ist davon auszugehen, daß die Klägerin ihren Sohn ermächtigte, mit der Beklagten eine entsprechende Vereinbarung zu treffen. Dem Wunsch der Klägerin entsprechend räumte die Beklagte ihrem Ehegatten als Gegenleistung für die Kreditrückzahlung durch die Klägerin das lebenslängliche Mitbewohnungs- und Mitbenützungsrecht sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot ein. Diese Vereinbarung kann, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, nur dahin verstanden werden, daß die Klägerin unter Verzicht auf Regreßansprüche die Bezahlung der aushaftenden Darlehensvaluta übernahm. Der unentgeltliche Schulderlaß bedarf keines Notariatsaktes (RZ 1968, 108, JBl.1950, 509 ua, Binder in Schwimann ABGB, Rz 23 zu § 943). Im vorliegenden Fall liegt aber im Hinblick auf die von der Beklagten als Gegenleistung ihrem Ehegatten eingeräumten Rechte eine unentgeltliche Verfügung nicht vor (Binder a.a.O. Rz 21 zu § 938 ABGB).

Aus den dargelegten Gründen ist der Revision der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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