European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0010OB00707.77.1109.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 14.965,14 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.200,– Barauslagen und S 1.019,64 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Nach mehrfacher Klagseinschränkung begehrt die Klägerin von der Beklagten zuletzt einen Betrag von S 1.307.880,-- (ohne Zinsen) als Kaufpreis für auf Grund eines Händlervertrages gelieferte Fahrzeuge.
Zwischen den Streitteilen sei im Händlervertrag 1974 ein Aufrechnungsverbot vereinbart worden. Weiters sei auf Schadenersatzansprüche aus dem Titel der Beendigung des Vertrages verzichtet worden.
Die Beklagte hat in der Klagebeantwortung das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach bestritten, in der Folge jedoch als richtig zugegeben, daß im Jahre 1974 Fahrzeuge um einen Betrag von S 1.307.880,-- von der Klägerin an die Beklagte geliefert wurden. Die Beklagte wende jedoch eine Schadenersatzforderung, die den Klagsbetrag bei weitem übersteige, bis zur Höhe des Klagebegehrens aufrechnungsweise ein, und zwar für Aufwendungen, die sie über Anweisung der Klägerin getätigt habe. Das vereinbarte Aufrechnungsverbot sei sittenwidrig.
Das Erstgericht hat ausgesprochen, daß das eingeschränkte Klagebegehren zu Recht bestehe. Es hat die Aufrechnungseinrede der Beklagten abgewiesen und die Beklagte daher zur Zahlung des eingeschränkten Klagsbetrages verurteilt, wobei es von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging: Zwischen den Streitteilen wurde am 10. 12. 1973 ein Händlervertrag für die Zeit vom 1. 1. bis 31. 12. 1974 geschlossen, der mit 31. 12. 1974 ablaufen sollte. Eine stillschweigende Erneuerung des Vertrages wurde ausgeschlossen. Die Punkte 21 und 46 Abs 1 dieses Vertrages lauten: „Punkt 21: Bei Zahlungsverzug des A-Händlers tritt Terminverlust ein. … Eine Aufrechnung von Gegenforderungen des A-Händlers oder ein Zurückbehaltungsrecht findet gegenüber C* nicht statt.“ „Punkt 46 Abs 1: Für den Fall der Auflösung des Vertrages durch Zeitablauf verzichten die Vertragspartner auf jede wie immer geartete Entschädigung aus diesem Anlaß.“
In rechtlicher Hinsicht sprach das Erstgericht aus, das vertraglich festgelegte Aufrechnungsverbot sei wirksam und verstoße nicht gegen die guten Sitten. Die dem Grunde und der Höhe nach unbestrittene Klagsforderung sei daher auszusprechen gewesen, ohne daß wegen des vereinbarten Kompensationsausschlusses auf die behauptete Gegenforderung der Beklagten näher einzugehen gewesen sei.
Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht keine Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als das Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte zur Rechtsrüge aus, es entspreche ständiger Lehre und Rechtsprechung, daß vertragliche Aufrechnungsverbote wirksam und keineswegs sittenwidrig seien. Zutreffend habe daher das Erstgericht die Aufrechnungseinrede abgewiesen und dem Klagebegehren stattgegeben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft es seinem gesamten Inhalt nach aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil, allenfalls auch das Ersturteil, aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision kommt Berechtigung nicht zu.
Die Revisionswerberin vertritt, wie schon in der Berufung, auch in der Revision die Auffassung, daß der vertraglich vereinbarte Kompensationsausschluß sittenwidrig sei.
Dieser Auffassung vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen. Es ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, daß ein Ausschluß der Kompensation gültig vereinbart werden kann und keinesfalls sittenwidrig ist (Gschnitzer in Klang2 VI 511, SZ 5/106, EvBl 1956 Nr 275, EvBl 1972 Nr 184, SZ 27/197, MietSlg 17.217, SZ 41/68, SZ 43/7 u.v.a., zuletzt etwa 6 Ob 620/77). Ebenso entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß im Falle des Kompensationsausschlusses die Gegenforderung gar nicht zu prüfen, sondern im Urteil auszusprechen ist, daß eine Aufrechnung der Klagsforderung mit der Gegenforderung nicht stattfinde (SZ 5/106, SZ 27/197 u.a.). Es entspricht der Rechtslehre, wonach im Falle des Kompensationsausschlusses eine urteilsmäßige Entscheidung über die aufgerechnete Gegenforderung, die den Zweck der Aufrechnung nicht herbeiführen kann, zu entfallen hat (Gschnitzer a.a.O., S 511). Die Aufrechnungseinrede ist ein Abwehrmittel; kann sie ihren Verteidigungszweck wegen des Fehlens der Aufrechenbarkeit nicht erreichen, dann ist sie abzuweisen ohne daß über den Bestand oder Nichtbestand Gegenforderung abzusprechen ist (Fasching III 582, Nowak JBl 1951 S 506). Der vertragsmäßige Ausschluß einer Aufrechnung kann keinen Verstoß gegen die guten Sitten bilden, da dem Beklagten die abgesonderte Geltendmachung der Gegenansprüche – allenfalls im Wege einer Widerklage –offensteht.
Da die Klagsforderung dem Grunde und der Höhe nach unbestritten geblieben ist, mußte der Revision der Beklagten der Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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