Normen
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §18
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §20 Abs1
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §22
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §35 Abs1
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §39
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §42
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §66
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §18
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §20 Abs1
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §22
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §35 Abs1
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §39
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §42
Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung §66
Spruch:
Der Geschäftsführer einer Gesellschaft m. b. H. darf einzelne mit der Einzahlung der Stammeinlagen säumige Gesellschafter von der Androhung des Ausschlusses aus der Gesellschaft nicht ausnehmen. Ist er auch selbst säumig, muß er die Nachfristsetzung mit der Androhung des Ausschlusses auch an sich selbst zustellen; tut er dies nicht, muß ein anderer Geschäftsführer bestellt werden oder das Kaduzierungsverfahren hat zu unterbleiben
Nur die Gesellschaft m. b. H., nicht aber einer ihrer Gesellschafter ist berechtigt, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen
OGH 9. November 1977, 1 Ob 690/77 (OLG Linz 1 R 66/77; LG Salzburg 10 Cg 17/77)
Text
Im Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg ist unter HRB 766 die Firma 1 Gesellschaft m. b. H. protokolliert, deren Geschäftsführerin die Beklagte ist. Gesellschafter sind die Beklagte mit einer Stammeinlage von 700 000 S und der Kläger mit einer solchen von 300 000 S, wovon im Sommer 1975 von der Beklagten 227 500 S und vom Kläger 97 500 S einbezahlt waren. Mit Generalversammlungsbeschluß vom 30. September 1975 wurden von den nicht voll eingezahlten Stammeinlagen ein Teilbetrag von 250 000 S eingefordert, wovon die Beklagte 175 000 S und der Kläger 75 000 S bis 3. Oktober 1975 zu bezahlen hatten. Mit Schreiben vom 7. Oktober 1975, beim Kläger eingelangt am 9. Oktober 1975 gewährte die von der Beklagten vertretene Gesellschaft dem Kläger eine Nachfrist von einem Monat und kundigte für den Fall der Nichtzahlung den Ausschluß aus der Gesellschaft an. Der Kläger überwies am 3. November 1975 den Betrag von 75 000 S an die Gesellschaft, wo er am 6. November 1975 einlangte. Schon mit Schreiben vom 4. November 1975 hatte die Beklagte als Geschäftsführerin der Gesellschaft den Kläger aus dieser wegen nicht rechtzeitiger Bezahlung der 75 000 S für ausgeschlossen erklärt. Seiner Klage gegen die Gesellschaft auf Feststellung, sein Ausschluß aus der Gesellschaft durch das Schreiben vom 4. November 1975 sei unwirksam, er sei weiterhin Gesellschafter der Gesellschaft wurde rechtskräftig, zuletzt mit der Entscheidung des OGH 3 Ob 598/76, mit der Begründung stattgegeben, da die Zahlung der 75 000 S innerhalb der von der Gesellschaft gesetzten Nachfrist und damit rechtzeitig erfolgt sei. Nachdem in der Generalversammlung vom 9. Dezember 1976 geklärt worden war, daß die Beklagte die ihr obliegende Zahlungsverpflichtung von 175 000 S dadurch erfüllt haben wollte, daß am 3. Oktober 1975 eine dem Ehegatten der Beklagten gegen die Gesellschaft zustehende Forderung in dieser Höhe für Rechnung der Beklagten eingebracht worden war, berief sich der Kläger darauf, daß gemäß § 63 Abs. 3 GmbHG die Erfüllung der Zahlungspflicht durch Kompensation mit einer Forderung der Gesellschaft nicht genüge.
Mit der Behauptung, die Beklagte habe ihren Beitrag auf die Stammeinlage nicht zeitgerecht geleistet und habe nicht sich von der Androhung des Ausschlusses ausnehmen dürfen, sie müsse die Ausschlußdrohung dem Kläger gegenüber auch auf sich anwenden, begehrt der Kläger das Urteil, die Beklagte als Geschäftsführerin der Gesellschaft sei schuldig, sich als Gesellschafterin wegen Säumnis in der Bezahlung von 175 000 S auf die noch nicht voll einbezahlte Stammeinlage laut Generalversammlungsbeschluß vom 30. September 1975 nach Ablauf der einmonatigen Frist mit Wirkung vom 9. November 1975 aus der Gesellschaft für ausgeschlossen zu erklären, sie sei damit aus der Gesellschaft als Gesellschafterin ausgeschieden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Kaduzierung nach § 66 Abs. 2 GmbHG sei nur nach vorheriger Nachfristsetzung und Androhung des Ausschlusses zulässig. Daß die Beklagte als Geschäftsführerin sich als Gesellschafterin eine Nachfrist gesetzt und den Ausschluß angedroht habe, sei vom Kläger nicht behauptet worden. Der Auffassung des Klägers, daß das gegen ihn gerichtete Schreiben auch gegenüber der Beklagten als Gesellschafterin wirksam geworden sei, könne nicht gefolgt werden. Der Säumige müsse individuell unter Nennung des Betrages zur Zahlung aufgefordert werden.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteige. Ein Gesellschafter und schon gar ein Minderheitsgesellschafter könne nicht ein Vorgehen der Geschäftsführerin klageweise erzwingen. Nur wenn die Generalversammlung mit ihren Beschlüssen zwingende Vorschriften verletzt habe, stehe den widersprechenden Gesellschaftern ein Klagerecht nach § 41 GmbHG zu. Das Gesetz sei auch nur dahin zu verstehen, daß, wenn mehrere Gesellschafter mit der Einzahlung ihrer Stammeinlage säumig seien, gegen alle Säumigen gleichartig vorgegangen werden müsse, nicht aber daß die Androhung des Ausschlusses gegenüber einem säumigen Gesellschafter auch gegenüber den übrigen säumigen Gesellschaftern wirksam sei. Man könne allerdings bezweifeln, ob sich ein Geschäftsführer selbst als Gesellschafter ausschließen könne; wenn man dies aber bejahe, müsse er auch sich den Ausschluß androhen; dieser Vorgang sei dazu bestimmt, die schwerwiegenden Folgen dem säumigen Gesellschafter unmißverständlich vor Augen zu führen, Ausschlußfolgen, die der Beklagten ohne ausdrückliche Androhung selbst bei genauer Kenntnis der Bestimmungen des § 66 GmbHG nicht unbedingt gegenwärtig sein hätten müssen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß der Kläger als Gesellschafter überhaupt nicht berechtigt ist, der Geschäftsführerin Weisungen zu erteilen bzw. von ihr im Klagewege irgendeine Geschäftsführerhandlung zu verlangen; der Geschäftsführer ist nur verhalten, sich an Beschlüsse der Gesellschaft zu halten (§ 20 Abs. 1 GmbHG; EvBl. 1977/161; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes[2], 208). Der Kläger ist also nicht berechtigt, von der Beklagten die Durchführung irgendeiner Maßnahme zu verlangen, die sie angeblich als Geschäftsführerin der Gesellschaft durchführen hätte sollen oder gegen sich gelten lassen müßte.
Wie im übrigen dem Gesetz über Gesellschaften m. b. H. zu entnehmen ist, setzt die Ausschlußerklärung eines Gesellschafters wegen nicht rechtzeitiger Einzahlung seiner Stammeinlage die Einhaltung bestimmter Vorschriften voraus. Wenn im Gesellschaftsvertrag kein Termin für die Einzahlung der Stammeinlagen vorgesehen ist, ist es Aufgabe der Generalversammlung, über die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen Beschluß zu fassen (§ 35 Abs. 1 Z. 2 GmbHG). Diese Voraussetzung wurde im vorliegenden Fall durch den Gesellschafterbeschluß vom 30. September 1975 für einen Betrag von 250 000 S erfüllt. Wenn es der Gesellschaftsvertrag nicht anders vorsah, war es dann Aufgabe der Geschäftsführerin (Gellis, GmbHG, 208), die Aufforderung zur Einzahlung an die Gesellschafter durchzuführen (§ 65 Abs. 2 GmbHG). Erfolgten die Einzahlungen nicht rechtzeitig, konnte nach § 66 Abs. 1 GmbHG die "Gesellschaft" eine Nachfrist von mindestens einem Monat setzen und den Ausschluß aus der Gesellschaft androhen. Aus dem Wort "kann" ergibt sich, daß die Gesellschaft keineswegs verpflichtet ist, dieses Verfahren durchzuführen; es ist nur ihr Recht (Schmidt in Hachenburg[6], 478; Gellis a. a. O., 209). Das besagt allerdings nicht, daß es eines neuen Beschlusses der Generalversammlung bedürfte; ein solcher ist nur notwendig, wenn im Innenverhältnis dem Geschäftsführer die Einholung einer Ermächtigung zur Pflicht gemacht wurde (Scholz, Komm. zum GmbH-Gesetz[5], 288). In der Regel wird man hingegen im Gesellschafterbeschluß zur Einforderung der Stammeinlagen auch die Ermächtigung zur Durchführung des weiteren Verfahrens erblicken können (Schmidt a. a. O., 479). Der Geschäftsführer, der die Durchführung des Verfahrens unterläßt, kann sogar eine Obliegenheit verletzen (Baumbach - Hueck, GmbH-Gesetz[13], 1 10). Der Geschäftsführer muß allerdings die Vorschrift des § 66 Abs. 1 letzter Satz GmbHG beachten; er darf also einzelne säumige Gesellschafter von der Androhung des Ausschlusses nicht ausnehmen. Ist er auch selbst säumig, muß er die Nachfristsetzung mit der Androhung des Ausschlusses auch an sich selbst zustellen (Scholz a. a. O.; Schmidt a. a. O., 479); tut er es nicht, so muß ein anderer Geschäftsführer bestellt werden oder das Kaduzierungsverfahren hat zu unterbleiben (Scholz a. a. O.). Nicht hingegen ist es möglich, einen Gesellschafter, der auch Geschäftsführer ist, wenn er gesetzwidrig eine Ausschlußdrohung einem anderen Gesellschafter und nicht sich zusandte, rechtlich so zu behandeln, als wäre dies doch geschehen. Bei Verletzung der Vorschrift des § 66 Abs. 1 letzter Satz GmbHG hat der gesetzwidrig allein ausgeschlossene Gesellschafter vielmehr nur die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit seines Ausschlusses zu bekämpfen, nicht aber zu verlangen, daß eine vor einer Ausschlußerklärung durchzuführende, tatsächlich aber unterlassene Mahnung des Geschäftsführers an sich selbst als geschehen fingiert werde, und daraus rechtliche Folgerungen für sich abzuleiten. Schon gar nicht kann es zulässig sein, vom Geschäftsführer zu verlangen, daß er für sich rückwirkend einen Ausschluß aus der Gesellschaft anerkenne bzw. selbst diesen Ausschluß durchführe. Eine darauf gerichtete Klage kann es nicht geben.
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