OGH 1Ob677/52

OGH1Ob677/5224.9.1952

SZ 25/246

Normen

ABGB §889
ABGB §890
ABGB §891
ABGB §1284
ABGB §889
ABGB §890
ABGB §891
ABGB §1284

 

Spruch:

Unteilbarkeit der in einem Übergabsvertrag vom Übernehmer übernommenen Leistungen. Mehrere Übernehmer haften daher zur ungeteilten Hand für sämtliche Ausgedingleistungen.

Entscheidung vom 24. September 1952, 1 Ob 677/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Fürstenfeld; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

In einem Auszugsvertrage vom 1. August 1950 hat die Klägerin ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter, der Beklagten, eine Liegenschaft übergeben. Die Beklagte hat den Vertrag als Kuratorin namens ihres vermißten Gatten abgeschlossen. Die Klägerin hat sich ein monatliches Brauchgeld von 40 S und für den nun eingetretenen Unvergleichsfall eine Leistung von 200 S monatlich ausbedungen. Für beide Leistungen wurde eine Wertsicherungsklausel vereinbart, u. zw. für das Brauchgeld auf Grund der jeweiligen Milchpreise, für die Unvergleichsleistung auf Grund der jeweiligen Weizenpreise. Die Klägerin behauptet, daß die Beklagte die Beträge nicht der Klausel entsprechend voll aufgewertet habe.

Das Erstgericht hat ihr die in Anspruch genommenen Differenzbeträge zugesprochen.

Das Berufungsgericht hat das Urteil abgeändert und der Klägerin nur die Hälfte der in Anspruch genommenen Beträge zuerkannt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Annahme, daß eine Entscheidung über die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes vorliege, ist nicht begrundet, schon deswegen, weil der Schwiegertochter eine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber der Schwiegermutter nicht obliegt. Der § 502 Abs 2 ZPO. steht der Revision also nicht entgegen. Hinsichtlich des Streitwertes müssen die Grundsätze des Judikates 56 (neu) zur Anwendung gelangen. Für die Frage der Zulässigkeit der Revision ist also der gesamte Streitwert maßgebend, über welchen das Berufungsgericht entschieden hat. Auf bloß teilweise bestätigende Urteile ist die Vorschrift des § 502 Abs. 3 ZPO. nicht anzuwenden. Die Revision ist also zulässig.

Streitentscheidend ist lediglich die Frage, ob die Beklagte aus dem Vertrage vom 1. August 1950 nur für die Hälfte der dort angeführten Leistungen oder ob sie zur ungeteilten Hand mit ihrem vermißten Gatten für die vollen Leistungen haftet. Die Haftung der Beklagten aus einem Gütergemeinschaftsvertrag könnte erst dann in Frage kommen, wenn die Verpflichtung ihres Gatten in Kraft getreten wäre. Dies ist aber, solange der Vertrag namens der Pflegschaftsbehörde nicht genehmigt wurde, nicht der Fall.

Der § 889 ABGB. bestimmt, daß von mehreren Mitschuldnern einer teilbaren Sache jeder nur für seinen Anteil haftet, der § 890 ABGB., daß bei unteilbaren Sachen eine Verpflichtung zur ungeteilten Hand eintritt. Der gegenständliche Vertrag hat nun in erster Linie die Beistellung einer Wohnung, die Beheizung, die Beleuchtung, die Reinigung und Instandhaltung der Auszugswohnung sowie die vollständige Verpflegung, die sorgfältige Pflege usw. zum Gegenstand. Es handelt sich dabei um Leistungen, deren Teilung nach dem Sinn und Zweck des Vertrages nicht möglich ist. Was für die Hauptleistung gilt, muß aber auch für die Nebenleistung des Brauchgeldes und für die Ersatzleistung im Falle des Unvergleichs gelten. Wenn der Vertrag also auch nicht im Sinne des § 891 ABGB. die ausdrückliche Erklärung einer Verpflichtung einer für alle und alle für einen enthält, so ergibt sich doch schon aus dem Sinne des Vertrages die Verpflichtung der Beklagten zur ungeteilten Hand mit ihrem vermißten Gatten.

Die Revision erweist sich also gerechtfertigt.

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