Normen
GesmbHG §18 Abs2
WG Art17
ZPO §235
ZPO §555
ZPO §559
GesmbHG §18 Abs2
WG Art17
ZPO §235
ZPO §555
ZPO §559
Spruch:
Wer als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einer Personenfirma ohne Gesellschaftszusatz zeichnet, erweckt jedenfalls dann, wenn nicht eine allgemein bekannte Geschäftsbezeichnung verwendet wird, den Eindruck, er sei ein Einzelkaufmann; er haftet daher persönlich
Im Wechselprozeß ist es dem Kläger ohne Klagsänderung zwar verwehrt, bei Verneinung des wechselmäßigen Anspruches diesen auf das Grundgeschäft zu stützen; die bloße Replik auf die nach Wechselrecht zulässigen Einwendungen steht ihm aber zu
OGH 31. Oktober 1980, 1 Ob 664/80 (OLG Wien 1 R 26/80; HG Wien 32 Cg 686/79)
Text
Der Beklagte Richard S war Geschäftsführer der Firma Richard S Gesellschaft m.b.H., die unter der Etablissementbezeichnung "Die Schallplatte Wien" in Wien 1, K-Straße 6, Handel mit Schallplatten betrieb. Vor Gründung dieser Gesellschaft m.b.H. war der Beklagte Angestellter, als Einzelkaufmann war er niemals tätig. Die Richard S Gesellschaft m.b.H. bezog von der klagenden Partei Schallplatten und schuldete ihr schließlich den Betrag von 143 893.62 S. Der klagenden Partei und ihrem Buchhalter Jürgen Karl R war bekannt, daß die Richard S Gesellschaft m.b.H. die Etablissementbezeichnung "Die Schallplatte W" verwendete und daß der Beklagte unter der Bezeichnung "Die Schallplatte W" Bestellungen namens der Richard S Gesellschaft m.b.H. tätigte. Die klagende Partei verwendete für die Richard S Gesellschaft m.b.H. und die Firma "Die Schallplatte W" dieselbe Kundennummer. Die Richard S Gesellschaft m.b.H. akzeptierte (zur Sicherstellung der offenen Kaufpreisforderungen der klagenden Partei) einen (vom Beklagten als deren Geschäftsführer unterfertigten) Wechsel, den der Beklagte neben der Unterschrift der Akzeptantin im eigenen Namen unterfertigte. Da die Richard S Gesellschaft m.b.H. nur Teilzahlungen leistete, wurden vier Prolongationswechsel von ihr akzeptiert, die der Beklagte nicht mehr auch noch im eigenen Namen unterfertigte. Als der letzte Prolongationswechsel fällig wurde, ersuchte der Beklagte unter Anbietung einer Teilzahlung und dem Ersuchen um Zurücknahme von Ware die klagende Partei, ihren Buchhalter Jürgen Karl R zum Zwecke der Ausstellung eines neuen Wechsels ins Geschäftslokal der Gesellschaft m. b.H. in die K-Straße zu schicken. Jürgen Karl R erklärte dem Beklagten, es wäre gut, wenn er den Prolongationswechsel im eigenen Namen unterschriebe. Ohne weitere Unterredung füllte darauf der Beklagte am 3. Mai 1979 das Wechselformular aus. Als Bezogenen setzte er mit Stampiglie "Die Schallplatte W, 1010 Wien, K-Straße 6" ein. In dem für das Akzept vorgesehenen Teil verwendete der Beklagte dieselbe Stampiglie und setzte darunter seine Unterschrift. Diesen Wechsel übernahm Jürgen Karl R. Er beanstandete nicht die Verwendung der Stampiglie; es wurde zwischen ihnen auch nichts mehr darüber gesprochen, ob nun der Beklagte oder die Gesellschaft m.b.H. aus dem Wechsel verpflichtet seien. Über das Vermögen der Richard S Gesellschaft m.b.H. wurde am 1. August 1979 das Ausgleichsverfahren eröffnet, das zu einem Anschlußkonkurs führte. Erst nach Begebung des Wechsels erfolgte von dritter Seite ohne Wissen und Willen der Streitteile die maschinschriftliche Eintragung "Richard S" bei der Bezeichnung des Bezogenen.
Das Erstgericht erließ auf Grund dieses Wechsels antragsgemäß einen Wechselzahlungsauftrag.
Der Beklagte erhob dagegen Einwendungen; es mangle an seiner passiven Klagslegitimation, der Wechsel sei von ihm nicht im eigenen Namen, sondern als Geschäftsführer der Richard S Gesellschaft m.b.H. unterfertigt worden. Diese Gesellschaft m.b.H. sei auch unter der Etablissementbezeichnung "Die Schallplatte W" aufgetreten, dies sei der klagenden Partei bekannt gewesen.
Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag (im Umfang einer Klagseinschränkung) aufrecht. Eine Feststellung in der Richtung, daß Jürgen Karl R ein persönliches Akzept des Beklagten ausdrücklich zur Bedingung der Prolongation gemacht habe, konnte es nicht treffen. Es könne vielmehr durchaus sein, daß Jürgen Karl R ein persönliches Akzept des Beklagten gewollt habe, dies aber nur undeutlich zum Ausdruck gebracht und sich mit den vom Beklagten ausgefüllten Wechsel, so wie er vorlag, in der Meinung, der Beklagte habe sich persönlich verpflichtet, zufrieden gegeben habe. Es könne auch sein, daß der Beklagte namens Richard S Gesellschaft m.b.H. unterzeichnen wollte, dies jedoch nicht sagte und sich mit der unbeanstandeten Entgegennahme des Wechsel durch Jürgen Karl R zufriedengab.
Bei seiner rechtlichen Beurteilung stellte das Erstgericht in den Mittelpunkt seiner Erwägungen, daß vorerst die Frage zu lösen sei, wer Bezogener und Akzeptant sei, der Beklagte oder die Richard S Gesellschaft m.b.H. Diese Auslegung könne nur aus dem Skripturakt, nicht etwa nach dem Willen der an der Ausstellung beteiligten Personen getroffen werden. Mundliche Erklärungen der Beteiligten bei Herstellung des Wechsels seien nicht von Belang. Auch bei Prüfung von Identitätsfragen sei der typische Sinn der Wechselerklärung maßgebend, den sie nach der Verkehrsauffassung habe. Typischer Sinn einer Unterschrift unter dem Stempel einer Personenfirma sei die Verpflichtung des Inhabers der Firma. Für den objektiven Betrachter sei nun in keiner Weise erkennbar, daß "Die Schallplatte W" eine von der Gesellschaft m.b.H. geführte Etablissementbezeichnung sei. Der Wechsel biete daher das Bild, der Beklagte sei ein Kleinkaufmann und verwende die nicht protokollierte Firma "Die Schallplatte W". Der Beklagte hafte daher persönlich.
Der Berufung des Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil folge; es änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß der gesamte Wechselzahlungsauftrag aufgehoben und das Klagebegehren abgewiesen wurde. Bei Beantwortung der Frage, welches Rechtssubjekt bei objektiver Auslegung des Skripturaktes unter Berücksichtigung der Verkehrssitte als Bezogener anzusehen sei, sei davon auszugehen, daß die Bezeichnung "Die Schallplatte W" ausschließlich von der Richard S Gesellschaft m.b.H., insbesondere auch gegenüber der klagenden Partei, verwendet wurde. Auch die klagende Partei habe diese Bezeichnung im Geschäftsverkehr mit der Richard S Gesellschaft m.b.H. verwendet. Selbst ohne Nachweis einer allgemeinen Verkehrsgeltung könnte die klagende Partei als Ausstellerin des Wechsels auf Grund ihrer Kenntnisse nach Treu und Glauben die Bezeichnung "Die Schallplatte W" nicht auf den Beklagten persönlich beziehen. Sei aber die Bezeichnung des Bezogenen im Wechsel richtigerweise so auszulegen, daß darunter nur die Richard S Gesellschaft m.b.H. zu verstehen sei, nicht aber der Beklagte persönlich, dann habe dieser den Wechsel auch nicht im eigenen Namen wirksam akzeptieren können.
Über Revision der klagenden Partei änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er das Urteil des Erstgerichtes wiederherstellte.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die §§ 5 Abs. 2 und 18 Abs. 2 GmbHG schreiben vor, daß der Geschäftsführer in der Weise zu zeichnen hat, daß er zu der Firma der Gesellschaft seine Unterschrift hinzufügt, die Firma einer Gesellschaft m.b.H. aber in allen Fällen die zusätzliche Bezeichnung "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" ohne Verkürzung des Wortes "Gesellschaft" zu enthalten hat. Die Vorschrift des § 18 Abs. 2 GmbHG ist allerding nur eine Ordnungsvorschrift (EvBl. 1979/12; 4 Ob 528/79; Schilling in Hachenburg[6] II, 14 Anm. 29; Baumbach - Hueck[13], 167); wer aber als Geschäftsführer einer Gesellschaft m. b.H. mit einer Personenfirma ohne Gesellschaftszusatz zeichnet, erweckt jedenfalls dann, wenn nicht eine allgemein bekannte Geschäftsbezeichnung verwendet wird, den Eindruck, er sei ein Einzelkaufmann. Diese Grundsätze haben auch Anwendung zu finden, wenn die Frage zu beurteilen ist, ob jemand im eigenen Namen oder als Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. einen Wechsel akzeptierte.
Es stehen sich als Prozeßparteien der Aussteller und der Akzeptant des Wechsels im Sinne des soeben Dargestellten gegenüber. Auf unmittelbare Beziehungen zu dem den Anspruch erhebenden Inhaber gegrundete Einwendungen sind, wie sich aus einem Umkehrschluß aus Art. 17 WG ergibt, immer zulässig. Damit ist es auch dem Akzeptanten ermöglicht, die aus dem der Wechselbegebung zugrunde liegenden bürgerlichen Rechtsgeschäft (dem Wechselbegebungsvertrag) erfließenden materiellrechtlichen Einwendungen im Verfahren über einen Wechselzahlungsauftrag dem Aussteller gegenüber erfolgreich zu erheben (Stranz, Wechselgesetz[14], 117). Im Wechselprozeß ist es dem Kläger dann zwar ohne Klagsänderung verwehrt, bei Verneinung seines sich aus dem Wechsel ergebenden Anspruches diesen auf das Grundgeschäft zu stützen (SZ 43/173; SZ 23/247; 1 Ob 791/79; Fasching IV, 593 f.), die bloße Replik auf die nach Wechselrecht zulässigen Einwendungen steht ihm aber zu (vgl. Dolinar, Wechselanspruch und Anspruch aus dem Kausalverhältnis, ÖJZ 1978, 452). Dem Beklagten stand damit die Einwendung offen, die klagende Partei hätte gewußt, daß unter der Bezeichnung "Die Schallplatte W" nur die Gesellschaft m.b.H. auftrat; der klagenden Partei aber stand die Gegeneinwendung zu, daß trotz dieses Wissens im konkreten Fall der Beklagte nicht nur so zeichnete, daß sie die Annahme des Wechsels durch ihn persönlich glauben konnte, sondern sich der Beklagte nach den Umständen des Falles auch tatsächlich persönlich verpflichtete.
Der im Revisionsverfahren nicht mehr strittige Sachverhalt reicht zur abschließenden rechtlichen Beurteilung im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles aus.
Dadurch, daß der Beklagte nicht mit der Firma der Gesellschaft m. b.H. zeichnete, konnte zumindest ein gutgläubiger Dritter davon ausgehen, daß er als Einzelkaufmann zeichnete und sich damit persönlich verpflichtete. Die klagende Partei wußte allerdings, daß die Gesellschaft m.b. H. auch die Bezeichnung "Die Schallplatte W" verwendete. Damit wäre dem Beklagten der ihm oblegene Beweis gelungen, daß die klagende Partei an sich glauben mußte, er habe für die Gesellschaft m. b. H. handeln wollen. Unter den besonderen Umständen des Falles konnte die klagende Partei aber dennoch annehmen, daß sich der Beklagte, wie auch ein gutgläubiger Dritter dem Skripturakt entnehmen konnte, persönlich verpflichten wollte. Ihr ist damit der ihr zukommende Gegenbeweis, daß die Verpflichtung, wie sie aus dem Skripturakt zu entnehmen war, auch den Tatsachen entsprach, ebenfalls gelungen. Jürgen Karl R erklärte nämlich vor der Prolongierung des zuletzt unter ordnungsgemäßer Zeichnung für die Gesellschaft m.b.H. akzeptiert gewesenen Wechsels namens der klagenden Partei, es wäre (diesmal) gut, wenn der Beklagte den Prolongationswechsel im eigenen Namen unterschreibe. Nach dem maßgeblichen objektiven Erklärungswert übermittelte er dadurch ein Anbot der klagenden Partei an den Beklagten, mit der Prolongation unter der Voraussetzung einverstanden zu sein, daß Richard S nicht als Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H., sondern im eigenen Namen den Wechsel akzeptierte und damit persönlich eine Wechselschuld eingehe. Wenn der Beklagte unter diesen Umständen den neuen Wechsel so akzeptierte, wie er es tatsächlich tat, ohne den Vertreter der klagenden Partei ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß er die wenn auch zunächst nur in Form einer Bitte vorgetragene Forderung der klagenden Partei nicht anerkenne und weiterhin nur die Gesellschaft m.b.H. verpflichten wolle, konnte die klagende Partei der Überzeugung sein, der Beklagte habe sich so verpflichtet, wie es verlangt worden war. Der Grundsatz von Treu und Glauben verlangt es, daß derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen bzw. einer juristischen Person Verträge abschließt, dies eindeutig zum Ausdruck zu bringen hat, wenn es dem anderen Vertragsteil nicht ohne weiteres erkennbar war (EvBl. 1979/12; MietSlg. 24.102, 20.095, 18.109/14; HS 6083, 5078/48; EvBl. 1954/310 u. a.; Stanzl in Klang[2] IV/1, 775). Der Wille, im Namen eines Dritten zu handeln, muß im Geschäftsverkehr ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein (Offenheitsprinzip; Griehsler in GesRZ 1973, 40; Soergel - Schultze
v. Lasaulx, BGB[11] I, 918, 954). Ist der Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar, so kann die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten; der Handelnde gilt dann unwiderleglich als im eigenen Namen handelnd (Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 229). Der Beklagte hat dann auch persönlich aus dem Wechsel zu haften.
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