Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.348,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 724,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 115.200,-- s.A. und brachte hiezu vor, sie habe zwischen dem Wohnungseigentümer und dem Beklagten einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung vermittelt. Der Beklagte habe sich trotz des zustandegekommenen Vertrags geweigert, eine verbücherungsfähige Vertragsurkunde zu unterfertigen, und sei somit vertragsbrüchig geworden. Der Klägerin stehe deshalb gegen den Beklagten der Anspruch auf Entrichtung sowohl der Käufer- als auch der Verkäuferprovision, somit je 3 % des mit 1,6 Mio S vereinbarten Kaufpreises, das sei der Klagsbetrag, zu.
Der Beklagte wendete insbesondere ein, er habe bei der Besichtigung der Wohnung unterhalb der Fenster Nässeflecken im Mauerwerk wahrgenommen, der Vertreter der Klägerin habe seine Bedenken jedoch mit der Behauptung zerstreut, die Flecken seien dadurch entstanden, daß Regenwasser durch die geöffneten Fenster eingedrungen sei. In der Folge habe er jedoch feststellen müssen, daß das Mauerwerk aus welchen Gründen immer feucht gewesen und es deshalb im Wohnungsinneren zur Schimmelpilzbildung gekommen sei. Da ihm diese wesentlichen geheimen Mängel verschwiegen worden seien, sei es zum endgültigen Vertragsabschluß nicht mehr gekommen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Es stellte fest, der Beklagte habe am 6.4.1988 ein "verbindliches Kaufanbot" über eine (Eigentums-)Wohnung in Wien-Döbling unterfertigt und dabei die Dienste der Klägerin als Vermittlerin in Anspruch genommen. Im Anschluß daran sei es zu unmittelbaren Vertragsgesprächen zwischen dem Beklagten und dem Wohnungseigentümer und schließlich zu deren Einigung dahin gekommen, "daß die Wohnung gegen einen um S 14.000,-- reduzierten Kaufpreis von S 1,586.000,-- verkauft sein sollte, wobei besagte Reduktion wegen der Schäden vorgenommen werden sollte". Zu diesem Zeitpunkt seien dem Beklagten zwar die Wasserschäden in der Wohnung, nicht aber auch deren Ursachen bekannt gewesen. Der Mitarbeiter der Klägerin habe ihm mitgeteilt, die Schäden seien dadurch entstanden, daß Regen durch die geöffneten Fenster eingedrungen sei. Tatsächlich seien sie jedoch auf mangelhaft isolierte Fenster bzw. das Fehlen von Wasserrinnen an den Außenmauern zurückzuführen; dadurch sammle sich Tauwasser, das feuchte Stellen an der Innenwand bewirke. Von diesem Umstand habe der Beklagte erst nach Vertragsabschluß Kenntnis erlangt, als er die Wohnung in Begleitung eines Sachverständigen besichtigt habe. Er habe sich dessenungeachtet bereit erklärt, die Wohnung trotz der Schäden zu erwerben, sofern der Kaufpreis "entsprechend reduziert" würde; dieses Ansinnen sei jedoch vom Wohnungseigentümer abgelehnt worden. Zur Vermeidung von Tauwasser- und in der Folge von Schimmelpilzbildung wären umfangreiche Arbeiten an der Außenfassade notwendig, wie etwa die Anbringung von Wasserrinnen; weiters müßten die Zimmer ausreichend belüftet und die Fenster gewartet werden.
Rechtlich meinte das Erstgericht, die Maklerprovision richte sich nach § 9 ImmMV, wenn der Vertrag nicht rechtswirksam zustandegekommen sei; nach Abs.2 dieser Verordnungsstelle schulde der Auftraggeber in solchen Fällen dann eine Provision für die Vermittlungstätigkeit, wenn er das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes wider Treu und Glauben vereitelt habe. Das treffe hier jedoch nicht zu. Der Beklagte habe von dem wesentlichen und für einen Laien nicht ohne weiteres erkennbaren Mangel erst nach Vertragsabschluß Kenntnis erlangt und sich somit dabei in einem Irrtum befunden, den die Klägerin veranlaßt habe. Es lägen daher die Voraussetzungen für die rückwirkende Vertragsaufhebung gemäß § 871 ABGB vor.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil im Ausspruch über den halben Klagsbetrag als Teilurteil und hob es im restlichen Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf; es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluß an den Obersten Gerichtshof fügte es nicht bei. Es führte aus, im "Verbindlichen Kaufanbot" sei festgehalten, daß die Klägerin die ihr zustehende und "mit dem Abschluß fällige Vermittlungsprovision", mit Annahme des Kaufanbots "verbindlich" erworben habe und der Beklagte die Provision bei Erhalt der Honorarnote bezahlen werde. Mangels betraglicher Vereinbarung sei die ortsübliche Vermittlungsprovision von 3 % zu unterstellen. Die Klägerin könne ihre Forderung nach Entrichtung der Verkäuferprovision mit Erfolg nur auf den Titel des Schadenersatzes wegen unberechtigten Rücktritts des Beklagten von dem bereits zustandegekommenen Kaufvertrag stützen. Der Klägerin müßte daher infolge des Vertragsrücktritts tatsächlich ein Schaden in Höhe der erwarteten Verkäuferprovision entstanden sein. Das wäre aber nur denkbar, wenn sie nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Wohnung zu vermitteln. Obwohl es sich dabei um einen anspruchsbegründenden und demnach von der Klägerin unter Beweis zu stellenden Sachverhalt handle, habe sie in erster Instanz in dieser Richtung kein Vorbringen erstattet, sodaß das Klagebegehren im Umfang der in Anspruch genommenen Abgeberprovision schon deshalb abzuweisen und die erstinstanzliche Entscheidung in diesem Umfang als Teilurteil zu bestätigen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin gegen das berufungsgerichtliche Teilurteil erhobene außerordentliche Revision ist zwar zulässig, weil zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Auftraggeber dem Vermittler bei zustandegekommenem, aber nicht erfülltem Vertrag für die entgangene Provision seitens des Vertragspartners einzustehen habe, soweit überblickbar, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt; sie ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der vom Berufungsgericht mit Teilurteil aberkannte Anspruch der Klägerin auf Ersatz der ihr durch das von ihr behauptete schuldhaft rechtswidrige Verhalten des Beklagten (Revision, S.3) entgangenen Verkäuferprovision: Durch die schuldhafte Weigerung des Beklagten, trotz Willenseinigung eine verbücherungsfähige Vertragsurkunde zu unterfertigen, sei der Anspruch der Klägerin auf Entrichtung der Abgeberprovision durch den verkaufswilligen Wohnungseigentümer verlorengegangen.
Das Berufungsgericht verneinte den Ersatzanspruch mit dem Argument, die Klägerin habe nicht vorgebracht, daß ihr durch den behaupteten unberechtigten Vertragsrücktritt tatsächlich ein Schaden in Höhe der erwarteten Verkäuferprovision entstanden sei. Dem hält die Klägerin in der Revision zu Recht entgegen, daß ihr schon durch den Verlust des Provisionsanspruchs ein Vermögensnachteil erwachsen sei. Wie der erkennende Senat in der in JBl. 1992, 720 veröffentlichten Entscheidung vom 18.3.1992, 1 Ob 533/92, dargelegt hat, ist der Schadensbegriff des § 1293 ABGB sehr weit gefaßt. Er umfaßt jeden als rechtlichen Nachteil zu beurteilenden Zustand, an dem ein geringeres rechtliches Interesse besteht als an dem bisherigen Zustand. Nachteil am Vermögen ist somit jede Minderung im Vermögen, der kein volles Äquivalent gegenübersteht. Es bedarf keiner weitwendigen Erörterungen, daß die vom Gericht zweiter Instanz ins Treffen geführte Chance, "den" Provisionsanspruch durch den - naturgemäß mit zusätzlichen Bemühungen und Aufwendungen verbundenen - "Nachweis" einer weiteren Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrags über diese Eigentumswohnung doch noch zu erwerben, kein solches volles Äquivalent für den schon durch die Willenseinigung zwischen dem Wohnungseigentümer und dem Beklagten erworbenen Provisionsanspruch gegen beide Teile sein kann.
Wohl hat zwar auch bei rechtlicher Sonderverbindung zwischen Schädiger und Geschädigtem dieser den Eintritt des behaupteten Schadens, dessen Höhe und den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen, doch gilt das nach dem für die Verteilung der Beweislast maßgeblichen Grundsatz der "subjektiven Günstigkeit der Norm" (hiezu Fasching, LB2 Rz 882) nur für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Beruft sich eine Prozeßpartei hingegen darauf, daß ein Recht nicht wirksam wurde oder wieder beseitigt worden ist, muß sie diese rechtshemmende bzw. rechtsvernichtende Tatsache unter Beweis stellen. Letzteres beruht auf der Erwägung, daß, wer ein Recht für sich in Anspruch nimmt (hier also die Klägerin den Schadenersatzanspruch), wohl dessen Entstehungsursachen beweisen muß, daß ihm jedoch in der Regel auch nicht noch zugemutet werden darf, zu beweisen, daß keine zusätzlichen Hinderungsumstände vorliegen (JBl. 1992, 720 unter Berufung auf Fasching aaO). Den Beweis, daß in ihrem Vermögen ein Schaden in der behaupteten Höhe eingetreten sei, hätte die Klägerin demnach erbracht, wenn ihr der Beweis ihrer Behauptung gelungen wäre, daß sie der Beklagte durch seinen nach ihren Behauptungen unberechtigten Vertragsrücktritt um den Anspruch auf die Verkäuferprovision gebracht habe.
Diesen Beweis (und nicht den Beweis, daß der behauptete Entgang der Verkäuferprovision ein Nachteil an ihrem Vermögen sei) hat die Klägerin jedoch nicht angetreten: Nach den insoweit unbekämpften erstinstanzlichen Feststellungen befand sich der Beklagte bei der Willenseinigung über den Wohnungskauf in einem - von der Klägerin zumindest veranlaßten - Irrtum über die Ursache von Wasserschäden in der Wohnung; als er nach sachverständiger Besichtigung von den wahren Ursachen dieser Schäden (und damit auch über die - beträchtliche - Höhe der erforderlichen Instandsetzungskosten) Kenntnis erlangt habe, habe er dennoch seine Bereitschaft bekundet, trotz der Mängel am Vertrag festzuhalten, wenn der ausgehandelte Kaufpreis nur "entsprechend reduziert", also im Sinne des § 872 ABGB den wahren Gegebenheiten angepaßt werden sollte (vgl. hiezu Rummel in Rummel, ABGB2 § 872 Rz 5). Dieses - demnach berechtigte - Ansinnen hat der Verkäufer indessen abgelehnt; daß es zum Abschluß des solcherart angepaßten Vertrags nicht kam, ist deshalb nicht etwa auf das Verhalten des Beklagten, sondern des Wohnungseigentümers zurückzuführen (vgl. hiezu auch dessen Aussage als Zeuge in ON 8, S.4).
Nach den erstinstanzlichen, insoweit im Berufungsverfahren nicht (vgl. ON 28, S.8) bekämpften Feststellungen könnte die Klägerin den Vorwurf des Vertragsbruchs - wenn überhaupt - nur gegen den Wohnungseigentümer erheben, weil dieser die Durchführung des an sich schon zustandegekommenen Kaufvertrags scheitern ließ. Daher könnte der gegen ihn bereits erworbene Provisionsanspruch dadurch auch gar nicht "verlorengegangen" sein. Es hat nämlich der Geschäftsherr (hier also der Wohnungseigentümer, der die Klägerin nach deren Behauptungen gleichfalls mit der Vertragsvermittlung beauftragte) zu beweisen, daß für die Vertragsaufhebung wichtige, nicht von seinem Verschulden umfaßte Gründe maßgebend waren. Er kann sich nicht ohneweiteres auf ein unberechtigtes Storno durch den Vertragspartner einlassen bzw. selbst ohne zureichenden Grund den Vertrag aufheben und auf diese Weise den Vermittler um seinen schon erworbenen Provisionsanspruch bringen, sondern hat dem Geschäftspartner gegenüber vielmehr seinen Rechtsstandpunkt - gegebenenfalls auch im Rechtsweg - durchzusetzen; auf eine Prozeßführung muß er sich nur dann nicht einlassen, wenn sie den angestrebten wirtschaftlichen Zweck gar nicht erreichen könnte (HS 9775/9 uva). Daß das hier zuträfe, hat die Klägerin jedoch bisher nicht behauptet. Ist demnach die Klägerin gar nicht um ihren Provisionsanspruch gegen den Wohnungseigentümer gebracht worden, ist ihr - allerdings aus diesem Grunde - kein Schaden erwachsen. Es fällt in diesem Zusammenhang auch auf, daß die Klägerin zwar den Beklagten auf Entrichtung der vereinbarten Käuferprovision, nicht aber auch den Wohnungseigentümer auf Zahlung der Verkäuferprovision in Anspruch nimmt, obschon sie auf dem Standpunkt steht, daß der Vertrag zustandegekommen ist und sie demgemäß gegen beide den vereinbarten Anspruch auf Provisionszahlung erworben hat.
Im übrigen müßte der eingeklagte Ersatzanspruch der Klägerin auch deshalb verneint werden, weil dem Beklagten am Scheitern der Vertragsdurchführung kein Verschulden zur Last fällt. War er - durch ein der Klägerin zuzurechnendes Verhalten - in einem Irrtum über die Ursache erheblicher Mängel der Wohnung befangen, als er mit dem Wohnungseigentümer über den Wohnungskauf handelseins wurde, so war er gewiß berechtigt, gemäß § 872 ABGB eine angemessene Vergütung zu verlangen; daß er die Vertragskorrektur möglicherweise in überhöhtem Umfang einforderte, kann ihm noch nicht als Verschulden zur Last gelegt werden, weil sich das wahre Ausmaß der Vergütung letztlich erst im Prozeß und aufgrund der für den Laien kaum durchschaubaren relativen Berechnungsmethode ermitteln läßt.
Die Vorinstanzen haben das Ersatzbegehren der Klägerin somit zu Recht abgewiesen, sodaß deren außerordentlichen Revision ein Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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