OGH 1Ob625/90

OGH1Ob625/9016.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch Dr. Georg Petzer, Rechtsanwalt in Kufstein, wider die beklagte Partei *, vertreten durch Dr. Harald Meder, Dr. Maximilian Ellinger, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen 70.171,20 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 27. April 1990 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. Juni 1990, GZ 4 R 428/89-33, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. September 1989, GZ 12 Cg 162/88-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1991:0010OB00625.90.0116.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.706,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 617,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Mit einem am 30. Juli 1987 zwischen dem vormaligen Zweitbeklagten Ralph E. * und Dr. Martin S* abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag wurde die I* Betriebsgesellschaft mbH zum Betrieb des ehemaligen Hotels "F* gegründet und Ralph E. * zum einzigen Geschäftsführer bestellt; die von ihm, nach einer mit Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag vom 8. September 1987 vorgenommenen Firmenänderung in * Betriebsgesellschaft mbH, am 30. Oktober 1987 beantragte Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister wurde vom Registergericht am 8. März 1988 rechtskräftig abgewiesen. Auch in der Folge kam es zu keiner Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister.

1985 war von der * Gesellschaft mbH im Hotel * ua eine vom Kläger gelieferte Wärmepumpe eingebaut worden. Im Juni 1987 baten die * Gesellschaft mbH und der Beklagte den Kläger um eine Überprüfung und einen Reparaturvorschlag bezüglich dieser nicht mehr funktionierenden Wärmepumpe. Andreas *, ein Dienstnehmer des Klägers, stellte bei einer Überprüfung der Wärmepumpe am 14. Juni 1987 fest, daß sie infolge fehlerhafter Bedienung nicht mehr funktionierte. Der Kläger übermittelte am 16. Juni 1987 der * ein Reparaturangebot um 70.171,20 S (brutto). Ende Oktober 1987 riefen der Beklagte und Ralph E. * mehrfach beim Kläger an und fragten, ob die Reparatur nicht billiger durchgeführt werden könne. Der Beklagte telefonierte mehrfach mit Andreas *, Ralph E. * mit dem Kläger. Ende Oktober 1987 wurde die Wärmepumpe ausgebaut und in den Betrieb des Klägers gebracht, um die Schäden festzustellen. Am 2. November 1987 erteilte der Beklagte Andreas * telefonisch den Auftrag zur Reparatur der Wärmepumpe. Der Beklagte hatte im Unternehmen keine Entscheidungsgewalt und benötigte für jede Entscheidung die Genehmigung Ralph E. *, der die ausschließliche Entscheidungsgewalt hatte. Dem Kläger war auch klar, daß nur Ralph E. * den Reparaturauftrag erteilen kann. Nach der Reparatur wollte der Kläger die Wärmepumpe nur gegen Barzahlung herausgeben, gab sie aber angesichts der telefonischen Zahlungszusage Ralph E. * am 16. November 1987 auch ohne Barzahlung heraus.

Dem gegenüber Ralph E. * und dem Beklagten auf §§ 2 Abs 2, 3 GmbHG gestützten Klagebegehren auf Zahlung des Werklohns für die Reparatur der Wärmepumpe von 70.171,20 S sA hielt der Beklagte entgegen, daß er als freier Mitarbeiter im Hotel nicht als "Handelnder" iS des § 2 GmbHG anzusehen sei und auch keinen Auftrag im Namen der Gesellschaft erteilt habe.

Das Erstgericht verhielt Ralph E. * rechtskräftig zur Zahlung des Klagsbetrages (ausgenommen eines Teiles der Zinsen) und wies das Klagebegehren in Ansehung des Beklagten ab. Nach seinen Feststellungen habe der Beklagte im Hotel * eine Beratertätigkeit - ob entgeltlich, sei nicht feststellbar - ausgeübt und Restaurant und Küche "in Schwung bringen" sollen. Dem Kläger sei klar gewesen, daß nur Ralph E. * den Reparaturauftrag erteilen könne. Der Beklagte habe dem Kläger auch gleich anfangs mitgeteilt, daß er den Reparaturauftrag nicht geben könne, der Kläger vielmehr mit Ralph E. * sprechen müsse. Den Reparaturauftrag habe der Beklagte auf Anordnung Ralph E. * erteilt. Rechtlich folgerte der Erstrichter, soweit für das Revisionsverfahren relevant, daß der Beklagte nicht hafte, weil er nur im Auftrag des Ralph E. * beim Kläger angerufen und für diesen bzw. für die "Firma *, deren Geschäftsführer Ralph E. * gewesen sei, den Reparaturauftrag erteilt habe.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes; es billigte die Feststellungen und die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Die ordentliche Revision ließ es zu.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 2 Abs 1 GmbHG idF der GmbH-Novelle 1980, BGBl 1980/320, womit eine Anpassung an die entsprechenden aktienrechtlichen Vorschriften (§ 34 AktG) erfolgte (421 BlgNR XV. GP , 1), besteht die Gesellschaft mbH vor der Eintragung in das Handelsregister als solche nicht. Wird vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft - im Gründungsstadium (Vorgesellschaft) - gehandelt, so haften die Handelnden persönlich zur ungeteilten Hand. Nach dieser neuen Rechtslage zum Schutz des Rechtsverkehrs (Gellis-Feil, Kommentar zum GmbH-Gesetz2, § 2 Anm 8; Wünsch, GmbH-Kommentar, § 2 Rz 23) kommt es für eine Haftung des Handelnden nicht mehr darauf an, ob dem anderen Teil bei Abschluß des Geschäftes der Mangel der Eintragung der Gesellschaft bekannt war oder bekannt sein mußte (SZ 60/221 = WBl 1988, 25 = RdW 1988, 43 = GesRZ 1988, 167, Holeschofsky, Bemerkungen zur Haftung des für die Vor-GmbH Handelnden, GesRZ 1988, 163 ff; RdW 1986, 305 = GesRZ 1986, 196; Wünsch aaO, Rz 25; Ostheim, Gedanken zur § 2 GmbHG idF der Novelle BGBl 1980/320 GesRZ 1982, 125 ff, 127), was schon der bisher zu § 34 AktG vertretenen Ansicht entspricht (Schiemer, AktG2, § 34 Rz 3.1 mwN).

Die herrschende Lehre in Österreich (Wünsch aaO, Rz 23, 26; Reich-Rohrwig, Das österr. GmbH-Recht 71; Holeschofsky aaO, 165) vertritt in Übereinstimmung mit der deutschen Lehre und Rechtsprechung zur vergleichbaren Bestimmung des § 11 Abs 2 dGmbHG (Ulmer in Hachenburg, dGmbHG8, § 11 Rz 105 f; Karsten Schmidt in Scholz, Kommentar zum dGmbH-Gesetz7, § 11 Rz 101; Rittner in Rowedder, dGmbHG2, § 11 Rz 103; Baumbach-Hueck, dGmbH-Gesetz15, § 11 Rz 41 bis 43, alle mwN zur ständigen Rspr des BGH) die Auffassung, daß der Begriff des "Handelnden" iS des § 2 Abs 1 zweiter Satz GmbHG auf die Geschäftsführer der Vorgesellschaft einzuschränken ist; "Handelnder" ist, wer als Geschäftsführer tätig wird, auch wenn er sich dabei durch einen Bevollmächtigten vertreten läßt (RdW 1986, 305; Reich-Rohrwig aaO; BGHZ 66, 359, 361 = NJW 1976, 1685; K. Schmidt aaO, Rz 103, 105; Baumbach-Hueck aaO, Rz 43), nicht hingegen unterhalb der Geschäftsführerebene als Bevollmächtigte tätige Personen wie Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte oder sonstige Dritte, die zwar im Wortsinn für die Gesellschaft "gehandelt" haben, aber nicht als deren Organ aufgetreten sind (Wünsch aaO, Rz 26; Ulmer aaO, Rz 106). Handeln diese Personen ohne Vertretungsmacht, so haften sie in den Grenzen des Art 8 Nr 11 der 4. EVHGB, handeln sie mit Vertretungsmacht, so haften die Geschäftsführer nach § 2 GmbHG (Wünsch aaO, Rz 26). Im vorliegenden Fall war der Beklagte nicht Geschäftsführer der Vorgesellschaft noch trat er nach den Feststellungen als solcher auf; dem Kläger war auch klar, daß nicht der Beklagte, sondern nur Ralph E. * den Reparaturauftrag erteilen kann. Den Reparaturauftrag erteilte der Beklagte für die Vorgesellschaft über Auftrag des einzigen Geschäftsführers der Vorgesellschaft Ralph E. *, der durch das Handeln des Beklagten verpflichtet wurde. Die Revisionshinweise auf die behaupteten unterschiedlichen Auffassungen zur Rechtsnatur der Vorgesellschaft in Deutschland und in Österreich sind dann ohne Belang. Die Vorinstanzen haben die Haftung des Beklagten zutreffend verneint. Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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