OGH 1Ob616/94

OGH1Ob616/9425.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann O*****, vertreten durch Dr. Helmut Schmidt, Dr. Ingo Schreiber, Dr. Horst Klambauer, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Z***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Goldsteiner, Dr. Viktor Strebinger, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wegen S 55.000,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgerichtes vom 23. März 1994, GZ R 78/94-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 25. November 1993, GZ 7 C 40/93-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Gericht zweiter Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 18.7.1991, der am 26.7.1991 im Firmenbuch eingetragen wurde, gegründet. Gesellschafter war Heinrich Z*****, für welchen ein Teil der Geschäftsanteile vom Kläger und zwei weiteren Personen aufgrund Vertrages vom 18.7.1991 treuhändig gehalten wurde. Heinrich Z***** wurde im Gesellschaftsvertrag zum allein geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt. Diese Position bekleidete er bis 6.10.1991. Ab 7.10.1991 war ein anderer Geschäftsführer bestellt.

Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist die Ausübung des Gelegenheitsverkehrs mit Omnibussen für die nicht linienmäßige Beförderung von Personen zu Lande sowie für Ausflugs-(Stadtrund-)Fahrten im Sinne des Gelegenheitsverkehrsgesetzes. Der Kläger war Inhaber einer zum Betrieb eines derartigen Gewerbes erforderlichen Konzession. Vor Abschluß des Gesellschaftsvertrages kam er mit Heinrich Z***** überein, daß er für die zu gründende Gesellschaft mbH als gewerberechtlicher Geschäftsführer fungieren sollte. Eine schriftliche Vereinbarung wurde nicht abgeschlossen. Tatsächlich übte der Kläger vom 1.10.1991 bis 1.9.1992 diese Funktion bei der Beklagten aus.

Mit seiner am 13.1.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 55.000,-- sA schuldig zu erkennen. Heinrich Z***** habe namens der Beklagten mit dem Kläger ein monatliches Entgelt von S 5.000,-- für dessen Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer vereinbart.

Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen und beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung. Der Kläger habe lediglich seine Konzession bis zur Ablegung der Konzessionsprüfung durch Heinrich Z***** zur Verfügung gestellt. Es sei zwischen den Streitteilen vereinbart gewesen, daß der Kläger dafür kein Entgelt erhalte. Dem Kläger sei vielmehr daran gelegen gewesen, den in seinem Eigentum stehenden Autobus dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen und so ein Entgelt zu erzielen. Ausdrücklich werde die mangelnde Passivlegitimation der Beklagten eingewendet, da nach den Behauptungen des Klägers nicht diese, sondern Heinrich Z***** die Entgeltzusage gemacht habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren, mit Ausnahme eines Teiles der Zinsen, welche es abwies, Folge. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus stellte es fest, daß Heinrich Z***** an den Kläger mit dem Ansinnen herangetreten sei, für die zu gründende Gesellschaft mbH als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu fungieren. Der Kläger sei mit diesem Vorschlag einverstanden gewesen. Man habe sich dahin geeinigt, daß er für die Zurverfügungstellung der Konzession monatlich S 5.000,-- erhalten solle. Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß Heinrich Z*****, der die Vereinbarung über die Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer vor der Gesellschaftsgründung mit dem Kläger getroffen habe, diese später als Geschäftsführer der Beklagten toleriert bzw. für diese zur Kenntnis genommen habe. Auch die neue Geschäftsführung müsse sich die vom ehemaligen Geschäftsführer getroffene Vereinbarung anrechnen lassen.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es sei nicht erforderlich, auf die von der Beklagten bekämpfte Feststellung der Entgeltsvereinbarung näher einzugehen, da selbst bei Aufrechterhalten derselben eine Klagsstattgebung nicht erfolgen könne. Im Zweifel sei ein Eigengeschäft des Heinrich Z***** anzunehmen. Das ergebe sich auch daraus, daß dieser in erster Linie an einem Busunternehmen wirtschaftlich interessiert gewesen sei, wie auch der Treuhandvertrag zeige. Für die Frage des Überganges von Rechten und Verbindlichkeiten, die von (späteren) Gesellschaftern der Gesellschaft mbH in Stadium vor Entstehen der Vorgesellschaft erworben bzw. eingegangen wurden, fehle es an einer gesetzlichen Regelung. Eine Kontinuität des Stadiums vor Errichtung des Gesellschaftsvertrages bis hin zur juristischen Person könne deshalb nicht angenommen werden, da es am Gesellschaftsvertrag als Rechtsgrundlage mangle. Es bestehe daher nicht die Möglichkeit, daß künftige Gesellschafter einer Gesellschaft mbH im Vorgründungsstadium einen Vertrag zu Lasten der künftigen Gesellschaft mbH schließen, die diese automatisch mit ihrer Entstehung verpflichten würde. Für einen Übergang der Verbindlichkeiten bedürfe es einer Genehmigung des Geschäftes, wobei in der Untätigkeit der Gesellschaft eine solche nicht zu erblicken sei. Der beweisbelastete Kläger habe für das Vorliegen einer derartigen Genehmigung kein Vorbringen erstattet. Aus der Untätigkeit der Gesellschaft allein könne die schlüssige Genehmigung der vom Erstgericht festgestellten Vereinbarung nicht abgeleitet werden. Da weder behauptet noch bewiesen worden sei, daß die übrigen Gesellschafter von der Vereinbarung Kenntnis hatten, scheide eine konkludente Genehmigung ebenso wie ein Verpflichtungsübergang durch Vorteilszuwendung aus. Auf letzteren Rechtsgrund sei das Klagebegehren zudem nicht gestützt worden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.

Rechtsgeschäfte, die im Namen der GmbH vor ihrer Entstehung geschlossen wurden und im Gesellschaftsvertrag Deckung finden, wie zB Gründungskosten in dem dafür vorgesehenen Höchstbetrag und Sacheinlagen sind für die GmbH nach ihrer Eintragung verbindlich. Wird sonst im Namen der GmbH vor der Eintragung gehandelt, so haften die Handelnden persönlich zur ungeteilten Hand (§ 2 Abs. 1 GmbHG). Kommt es zur Entstehung der GmbH, so kann nach § 2 Abs. 2 GmbHG die ins Leben getretene Gesellschaft, soweit kein „automatischer Übergang“ stattfindet (etwa für Gründungskosten) mit dem für sie Handelnden den Eintritt in die vor ihrer Eintragung in ihrem Namen eingegangenen Verbindlichkeiten (Schuldübernahme) auch ohne Zustimmung der Gläubiger binnen drei Monaten nach der Eintragung vereinbaren und dem Gläubiger mitteilen; der Handelnde wird dann von seiner Haftung befreit, die GmbH tritt an seine Stelle. Sowohl die „Schuldübernahme“ als auch die Verständigung des anderen Vertragsteiles kann konkludent erfolgen (RdW 1986, 305; WBl 1989, 28). Bloße Untätigkeit der Gesellschaft reicht nicht aus, sondern nur die ausdrückliche oder schlüssige, in jedem Fall aber vom Geschäftspartner nachzuweisende Genehmigung im Sinne des § 1016 ABGB der in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaft. Es macht dabei keinen Unterschied, ob vor oder nach der Errichtung des Gesellschaftsvertrages gehandelt wurde, sofern nur die Rechtshandlungen namens der künftigen Gesellschaft vorgenommen worden sind (SZ 35/15; SZ 52/50).

Nach den - allerdings bekämpften - Feststellungen des Erstgerichtes hat Heinrich Z***** mit dem Kläger vor Abschluß des Gesellschaftsvertrages für die zu gründende Gesellschaft vereinbart, daß dieser als gewerberechtlicher Geschäftsführer gegen ein monatliches Entgelt von S 5.000,-- tätig sei. Nach Registrierung der GmbH hat der Kläger dort seine Tätigkeit aufgenommen, und zwar zu einer Zeit, als Heinrich Z***** Geschäftsführer war. Entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz kann keine Rede davon sein, daß bloße Untätigkeit der Gesellschaft vorgelegen sei. Vielmehr ist sie schon dadurch aktiv geworden, daß sie dem Kläger seine Tätigkeit gestattete, wobei es auch ohne daß entsprechende Feststellungen getroffen worden wären, aufgrund der geltenden Rechtslage unzweifelhaft ist, daß darüber hinaus die Gesellschaft insoweit tätig werden mußte, als sie die Bestellung des Klägers der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen hatte (§ 39 Abs 4 GewO). Dieses Verhalten der Gesellschaft stellt sich somit eindeutig als schlüssige Genehmigung der vor Errichtung des Gesellschaftsvertrages für die Gesellschaft getroffenen Vereinbarung dar. Bei dieser Sachlage ist aber nicht ersichtlich, was der beweispflichtige Kläger außer der Behauptung der getroffenen Vereinbarung und der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit hätte zum Vorliegen einer schlüssigen Genehmigung weiter vorbringen sollen.

Es kommt daher entscheidend auf den Inhalt der zwischen Heinrich Z***** und dem Kläger getroffenen Vereinbarung an. Das Berufungsgericht hat sich aus unrichtiger Rechtsansicht mit der diesbezüglichen Beweisrüge nicht auseinandergesetzt, sodaß die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zweiter Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.

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