OGH 1Ob61/51

OGH1Ob61/5114.3.1951

SZ 24/75

Normen

ABGB §91
EheG §55
EheG §69 Abs2
EheG §115 Abs3
EO §35
ZPO §226
ZPO §411
ABGB §91
EheG §55
EheG §69 Abs2
EheG §115 Abs3
EO §35
ZPO §226
ZPO §411

 

Spruch:

Ein Urteil, mit welchem dem Ehemann die Leistung des Unterhaltes an seine Gattin aufgetragen wird, wirkt nicht über die Scheidung der Ehe hinaus.

Das gänzliche oder teilweise Erlöschen eines vollstreckbaren Unterhaltsanspruches kann mit Oppositionsklage geltend gemacht werden.

Entscheidung vom 14. März 1951, 1 Ob 61/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Mattersburg; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Streitteile haben am 25. Feber 1933 die Ehe geschlossen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes M. vom 15. Jänner 1934, C ./33-10, wurde der Kläger zur Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 100 S ab 1. Oktober 1933 im vorhinein verurteilt. In den Gründen des Urteils wurde ausgeführt, daß der Beklagten mit Rücksicht auf das Verhalten des Klägers nicht zugemutet werden könne, mit diesem im ehelichen Haushalt zu leben. Der Kläger sei gemäß § 91 ABGB. verpflichtet, ihr den Unterhalt in Geld zu gewähren. Die Ehe der Streitteile wurde sodann mit dem Urteil des ehemaligen Landgerichtes N. vom 22. Jänner 1942, Cg ./41-7, gemäß § 55 Ehegesetz ohne Verschuldensausspruch geschieden. Dieses Urteil wurde den Parteien am 18. und 21. Feber 1942 zugestellt. Zu E ./50-1 des Bezirksgerichtes M. erwirkte die Beklagte hierauf die Exekutionsbewilligung vom 30. August 1950, mit der ihr auf Grund des erwähnten Alimentationsurteils vom 15. Jänner 1934 zur Hereinbringung der monatlichen Unterhaltsbeträge von 100 S für die Zeit vom 1. Mai 1941 bis 31. August 1950, zusammen 112 Monate, das sind 11.200 S, und der weiterhin fälligen Raten die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Dienstbezüge des Klägers zur Einziehung bewilligt wurde.

Gegen die Exekutionsbewilligung erhob der Kläger die Oppositionsklage mit der Begründung, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten nach § 91 ABGB. infolge Scheidung der Ehe erloschen und daher die Exekution unzulässig sei. Das Erstgericht wies die Klage ab. Ein Dauertitel könne mit Klage nach § 35 EO. nicht außer Kraft gesetzt werden, und das Begehren einer solchen Klage könne nur auf Unzulässigerklärung einer bestimmten Exekution gerichtet sein. Im übrigen stehe der Beklagten gemäß § 69 Abs. 2 Ehegesetz auch nach der Scheidung der Ehe ohne Ausspruch eines Verschuldens ein Unterhaltsanspruch gegen den Kläger zu.

Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Da nach § 69 Abs. 2 EheG. der Beklagten weiterhin ein Unterhaltsanspruch zukomme, sei die Ehescheidung keine den Unterhaltsanspruch aus dem Urteil vom 15. Jänner 1934 aufhebende Tatsache.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei teilweise Folge und sprach in Abänderung der untergerichtlichen Urteile das Erlöschen des Anspruches der Beklagten aus dem Exekutionstitel ab 1. März 1942 aus.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach der geltenden Rechtsordnung muß jeder mit Klage geltend gemachte Anspruch auf einen bestimmten Rechtsgrund gestützt werden. Denn gemäß § 226 Abs. 1 ZPO. sind die (rechtserzeugenden) Tatsachen, auf die sich der Anspruch grundet, in der Klage anzuführen. Der Rechtsstreit ist, wenn in der Folge die Klage nicht geändert wird, auf den dergestalt rechtlich umschriebenen Anspruch begrenzt, und das Urteil kann nur diesen und keinen anderen zum Gegenstand haben. Die Exekution auf Grund des Urteils kann gleichermaßen nur die Durchsetzung dieses Anspruches betreffen, gleichviel, ob dem betreibenden Gläubiger etwa auch ein anderer Anspruch zusteht, für den aber ein Exekutionstitel noch nicht geschaffen worden ist. Wenn der exekutive Anspruch erfüllt ist, wird der Titel gegenstandslos. Es geht nicht an, in einem solchen Falle das inhaltslos gewordene prozessuale Instrument des Exekutionstitels auf die Weise mit neuem Inhalt zu erfüllen, daß Forderungen auf Grund eines anderen Anspruchs ihm unterstellt und nach seinem Befehl exekutiv durchgesetzt werden. Diese Erwägungen gelten für Titel auf Einzelleistungen nicht minder als für sogenannte Dauertitel, die fortlaufende Leistungen für die im Urteil je nach der Art des Anspruchs bestimmte Zeit zum Gegenstand haben. Mit dem Ablauf der bestimmten Zeit oder dem Eintritt des dafür vorgesehenen Ereignisses und der Erfüllung aller Teilleistungen wird auch ein Dauertitel gegenstandslos und kann für spätere Leistungen - wenn auch ähnlicher Art - nicht benützt werden.

Unterhaltsansprüche der Ehegattin während des Bestandes der Ehe nach § 91 ABGB. einerseits, und Unterhaltsansprüche gemäß § 69 Abs. 2 EheG. auf Grund einer Ehescheidung ohne Verschuldensausspruch anderseits, sind insofern ähnlich, als der Alimentationszweck übereinstimmt und beide Ansprüche auf eheliche Beziehungen zurückgehen. Ihr Rechtsgrund ist aber voneinander verschieden. Der Unterhaltsanspruch nach § 91 ABGB. entsteht mit dem Abschluß der Ehe, hat deren aufrechten Bestand zur Voraussetzung und endet mit ihrer Auflösung. Der Alimentationsanspruch nach § 69 Abs. 2 EheG. hingegen beruht auf der Scheidung der Ehe, ist in seinem Bestand von Billigkeitserwägungen abhängig und wird anders ausgemessen. Der Zusammenhang beider Ansprüche ist nur ein äußerlicher, und es kann auch die zeitliche Aufeinanderfolge nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Unterhaltsanspruch nach § 69 Abs. 2 EheG. zwar auf den früheren Bestand einer Ehe, nicht aber auf den Unterhaltsanspruch nach § 91 ABGB. zurückgeht. Beider Rechtsgrund ist verschieden, wie dies auch schon für das frühere Recht vor dem Ehegesetz von Lenhoff - Klang I/1, S. 593, und Piekarsky, "Der gesetzliche Unterhaltsanspruch", S. 11, angenommen worden ist (vgl. SZ. VI/1), für das Ehegesetz ebenso Volkmar - Antoni, S. 252 f., und Schwind, Kommentar zum Eherecht, S. 24. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf § 115 Abs. 3 EheG., worin ausdrücklich normiert wird, daß vermögensrechtliche Regelungen aus der Zeit der Scheidung der Ehe von Tisch und Bett nach Überführung der Scheidung in eine solche nach dem Ehegesetz aufrechtbleiben. Wenn jeder Unterhaltsanspruch der (geschiedenen) Gattin gleichartig wäre, hätte es einer solchen Bestimmung nicht bedurft.

Die Beklagte macht auf Grund der Exekutionsbewilligung vom 30. August 1950 über den 28. Feber 1942 hinaus Unterhaltsforderungen auf Grund des Urteils vom 15. Jänner 1934 zu Unrecht geltend. Denn mit dem Ablauf des Monats, in dem die Scheidung der Ehe der Streitteile rechtskräftig geworden war, erlosch die Wirksamkeit des nur für die Dauer der Ehe geltenden Urteils und dieses konnte für Ansprüche, die auf § 69 Abs. 2 EheG. gestützt werden, nicht mehr verwendet werden. Die Beklagte war aber entgegen der Meinung des Revisionswerbers befugt, die nach ihrer Behauptung rückständigen Unterhaltsraten bis zur Scheidung der Ehe, nämlich für die Zeit vom 1. Mai 1941 bis 28. Feber 1942, das ist für zehn Monate mit einem Gesamtbetrag von 1000 S, exekutiv einzutreiben. Daß etwa Verjährung eingetreten oder die Forderung durch Zahlung getilgt worden wäre, ist nicht behauptet worden.

Bezüglich der erwähnten zehn Monatsraten ist das Klagebegehren ungerechtfertigt. Im übrigen ist aber der exekutive Anspruch der Beklagten erloschen.

Zur Rechtsansicht des Erstgerichtes, ein Daueranspruch könne mit Oppositionsklage nicht bekämpft werden, sei bemerkt, daß die neuere Rechtsprechung übereinstimmend die Oppositionsklage auch zu dem Zweck zuläßt, um das gänzliche oder teilweise Erlöschen des vollstreckbaren Unterhaltsanspruchs geltend zu machen (SZ. XXII/62, SZ. XIX/316, RZ. 1934, S. 175, XVI/17 und andere).

Da der geltend gemachte Revisionsgrund vorliegt, mußte der Revision im oben bezeichneten Umfang stattgegeben werden.

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