OGH 1Ob613/93

OGH1Ob613/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Eckhart F*****, als Sonderverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** Gesellschaft mbH (AZ S 90/89 des Landesgerichtes Salzburg), wider die beklagte Partei F*****-Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Mayr und Dr.Johann Eder, Rechtsanwälte in Salzburg, Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Franz Hitzenberger und Dr.Otto Urban, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen 531.293,72 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17. August 1993, GZ 6 R 85/93-15, womit aus Anlaß der Berufung der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 29. Jänner 1993, GZ 15 Cg 376/91-11, dieses aufgehoben und der Zwischenfeststellungsantrag der beklagten Partei zurückgewiesen wurde (Rekursinteresse gemäß § 14 RATG 100.000 S), folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.433,60 S (darin 905,60 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 24. August 1989, GZ S 90/89-4, wurde der Kläger im Konkurs der Gemeinschuldnerin dem Masseverwalter gemäß § 86 Abs 1 KO als besonderer Verwalter "für den Bereich der Zivilrechtsstreitigkeiten" beigegeben.

In dem vom Kläger gegen die beklagte Partei auf Zahlung von restlichem Werklohn für Leistungen der Gemeinschuldnerin für ein näher bezeichnetes Bauvorhaben eingeleiteten Verfahren erhob die beklagte Partei für den Fall, daß die Klage nicht sofort wegen mangelnder Aktivlegitimation abgewiesen werde, den Zwischenantrag auf Feststellung, daß der Kläger aktiv nicht legitimiert sei. Die Bestellung des Klägers zum besonderen Verwalter sei nicht rechtswirksam, weil die Führung von Rechtsstreitigkeiten kein "bestimmter Zweig der Verwaltung" eines Unternehmens iS des § 86 Abs 1 KO sei. Die Präjudizialität bestehe im Hinblick auf das weitere Verfahren zwischen dem Sonderverwalter und der beklagten Partei (ON 8 AS 33).

Der Kläger beantragt, den Zwischenantrag auf Feststellung zurückzuweisen, hilfsweise ihn abzuweisen. Seine Tätigkeit im Prozeß sei durch den Bestellungsbeschluß des Konkursgerichtes gedeckt. Die Führung von Rechtsstreitigkeiten sei aber auch als besonderer Zweig der Verwaltung anzusehen.

Das Erstgericht wies mit Zwischenurteil den Zwischenfeststellungsantrag ab. Kläger im vorliegenden Verfahren sei - ungeachtet der in der Rechtsprechung vertretenen "Amtstheorie" - die Konkursmasse. Diese werde auch durch das Handeln des besonderen Verwalters berechtigt und verpflichtet, solange dieser nicht seiner Stellung enthoben worden sei. Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Bestellung des Klägers gegeben gewesen wären, müsse im vorliegenden Verfahren nicht beurteilt werden.

Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Erstgerichtes auf und wies den Zwischenantrag auf Feststellung der beklagten Partei zurück. Die beklagte Partei habe den Zwischenfeststellungsantrag nur für den Fall erhoben, daß die Klage nicht sofort wegen mangelnder Aktivlegitimation abgewiesen werde. Eine derartige Bedingung stehe der sachlichen Behandlung des Zwischenfeststellungsantrages entgegen. Voraussetzung für einen Zwischenantrag auf Feststellung sei aber auch, daß das Bestehen oder Nichtbestehen eines strittigen Rechts oder Rechtsverhältnisses für die zu fällende Entscheidung präjudiziell sei, also eine Vorfrage für das Klagebegehren bilde. Dem Begehren der beklagten Partei fehle es aber an der geforderten Präjudizialität, weil über die Frage der Aktivlegitimation des Klägers in dem über das Klagebegehren ergehenden Urteil entschieden werden müsse. Inwieweit aber bezüglich des Klägers ein Mangel iS des § 6 ZPO vorliege, sei nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs der beklagten Partei ist - unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstandes und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iS der §§ 502 Abs 1, 528 Abs 1 ZPO (ÖBl 1992, 160 mwN) - zulässig, aber nicht berechtigt. Der Hinweis auf den Inhalt anderer Rechtsmittelschriften ist unbeachtlich.

Gemäß § 259 Abs 2 ZPO kann der Beklagte während der mündlichen Streitverhandlung, ohne der Zustimmung des Klägers zu bedürfen, einen Antrag auf Feststellung iS des § 236 ZPO stellen, daß ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis oder Recht, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung über das Klagebegehren gänzlich oder zum Teil abhängt, in dem über die Klage ergehenden oder in einem demselben vorausgehenden Urteil festgestellt werden. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 51/96; JBl 1961, 327; JBl 1954, 73; 7 Ob 578/93 ua) ist ein Zwischenantrag auf Feststellung mit dem Ziel, einzelne Rechtsfragen herauszuheben, und zum Gegenstand eines Urteils zu machen, unzulässig. Das gilt insbesondere für Vorfragen, von denen lediglich die Aktivlegitimation des Klägers für einen konkreten Anspruch - der nicht Gegenstand eines weiteren Verfahrens sein kann - abhängt; darüber ist erst im Urteil selbst mit dem Begehren zu entscheiden. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Zwischenfeststellungsantrag verneint.

Aber auch ein - im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmender - Mangel iS des § 6 ZPO liegt hier nicht vor. Der Kläger ist vom Konkursgericht rechtskräftig als besonderer Verwalter für den Bereich der Zivilrechtsstreitigkeiten bestellt worden. Ob mit dieser Bestellung die Grenzen des § 86 Abs 1 KO überschritten wurden, wonach dem Masseverwalter (nur) für bestimmte Zweige der Verwaltung ein besonderer Verwalter beigegeben werden kann, wenn der Umfang des Geschäfts es erfordert (7 Ob 578/93; vgl zur Frage, wann eine Mehrheit von Verwaltungszweigen vorliegt, Petschek-Reimer-Schiemer,

Das österr. Insolvenzrecht 176; Bartsch-Pollak**n I 421; Jelinek, Besondere Verwalter im Insolvenzverfahren in RdW 1984, 330 ff [333]; Holzapfel, Zur Zulässigkeit kollektiver Verwaltungssysteme im Insolvenzverfahren in RdW 1992, 299 f) muß in diesem Zusammenhang nicht geprüft werden. Bestellt das Konkursgericht einen besonderen Verwalter unter Verletzung der Grenzen des § 86 Abs 1 KO, so ist diese Bestellung dennoch nicht nichtig; sie kann nur im Rahmen des Konkursverfahrens, entweder im Rechtsmittelverfahren oder durch eine nachträgliche Abberufung durch das Konkursgericht selbst behoben werden (7 Ob 578/93; Petschek-Reimer-Schiemer aaO 178; Bartsch-Pollak aaO 421). Von einem "absolut unwirksamen" Bestellungsbeschluß (vgl dazu Petschek-Reimer-Schiemer aaO 152 ff) kann keine Rede sein. Die rechtskräftige Bestellung eines besonderen Verwalters im Konkursverfahren ist aber in anderen Verfahren bindend. Dem solcherart bestellten besonderen Verwalter kommen daher im Rahmen seines Geschäftskreises die Obliegenheiten und Pflichten des Masseverwalters zu (7 Ob 578/93; Bartsch-Pollak aaO 423; Jelinek aaO 330). Damit ist der Kläger aber befugt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, welche die Erfüllung der Obliegenheiten seines Amtes mit sich bringt (§ 86 Abs 1 iVm § 83 Abs 1 KO).

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte