Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 14.171,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.288,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte war persönlich haftender Gesellschafter der seit 1. Jänner 1972 bestehenden und seit 29. September 1972 im Handelsregister des Handelsgerichtes Innsbruck unter HRA 3470 eingetragenen "Hanspeter S***-Bekleidung Kommanditgesellschaft". Einziger Kommanditist war Wilfried S*** mit einer Einlage von S 100.000,--. Am 16. Juli 1984 wurde die "Kleiderwerk Hanspeter S*** Gesellschaft m.b.H." gegründet, welche als weitere persönlich haftende Gesellschafterin in die Hanspeter S***-Bekleidung Kommanditgesellschaft eintrat. Der Eintritt des weiteren persönlich haftenden Gesellschafters wurde am 9. November 1984 im Handelsregister vollzogen. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 19. November 1984 schied der Beklagte als Komplementär aus der Gesellschaft aus und trat als weiterer Kommanditist mit einer Einlage von S 180.000,-- in die Gesellschaft ein. Der Kommanditist Wilfried S*** erhöhte seine Einlage auf S 120.000,--. Die Firma der Gesellschaft wurde in "Kleiderwerk Hanspeter S*** Gesellschaft mbH & Co KG" geändert. Die Eintragung dieser Änderungen im Handelsregister des Landesgerichtes Innsbruck erfolgte am 16. April 1985.
Am 22. November 1984 richtete die Kleiderwerk Hanspeter S***-Bekleidung Kommanditgesellschaft an den Kläger und andere Kunden ein Rundschreiben folgenden Inhalts:
"Betrifft: Firmenänderung
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir teilen Ihnen mit, daß unsere Firma in eine Gesellschaft mbH & Co. KG umgegründet wurde. Wir bitten Sie, bei Rechnungslegung bzw. im Schriftverkehr ab sofort folgenden Wortlaut zu verwenden:
Kleiderwerk
Hanspeter S***
Gesellschaft mbH & Co. KG
6425 Haiming, Kalkofenstraße 30".
Der Kläger lieferte der Hanspeter S*** Gesellschaft mbH & Co KG in der Zeit vom 14. Jänner 1985 bis 3. April 1985 Waren, die mit S 432.987,12 in Rechnung gestellt wurden. Die Rechnungen enthielten den Vermerk: "Zahlungsbedingungen 10 Tage 3,0 %, 30 Tage 2,0 %, 60 Tage netto Valuta 30 Tage". Diese Zahlungsbedingung ist in der Textilbranche Handelsbrauch und bedeutet, daß insgesamt ein Zahlungsziel von 90 Tagen gegeben wird. Zunächst beginnt die unter "Valuta" angeführte Frist von 30 Tagen zu laufen, werst dann die unter den Zahlungsbedingungen angeführten weiteren Fristen. Die Waren wurden unter Eigentumsvorbehalt geliefert. Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. August 1985, S 82/85, wurde über das Vermögen der Kleiderwerk Hanspeter S*** Gesellschaft mbH & Co KG der Konkurs eröffnet. Dem Kläger wurde keine Ware zurückgestellt. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung des Betrages von S 432.987,12 s.A. und brachte vor, der Beklagte sei bis zum 16. April 1985 persönlich haftender Gesellschafter der Kleiderwerk Hanspeter S*** Gesellschaft mbH & Co KG gewesen. Er hafte daher für die bis zu diesem Tag begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dem Kläger sei erst im April 1986 auf Grund einer Information des Kreditschutzverbandes von 1870 bekannt geworden, daß der Beklagte laut Handelsregistereintragung vom 16. April 1985 als persönlich haftender Gesellschafter ausgeschieden sei. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Die Hanspeter S***-Bekleidung Kommanditgesellschaft sei im November 1984 in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co KG umgewandelt worden. Seither sei er nicht mehr Komplementär, sondern nur noch Kommanditist der Gesellschaft. Auf Grund der Mitteilung vom 19. November 1984 sei dem Kläger bekannt gewesen, daß er nicht mehr persönlich haftender Gesellschafter sei; hievon sei auch dem Verkaufsleiter des Klägers Ende 1984 Mitteilung gemacht worden. Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger den Betrag von S 432.987,12 s.A. zu bezahlen. Es stellte fest:
Ende 1984 habe der Verkaufsleiter des Klägers, der Prokurist Walter K***, die Kleiderwerk Hanspeter S***
Gesellschaft mbH & Co KG in Haiming besucht. Dort sei ihm wie auch leitenden Angestellten anderer Unternehmungen als Grund für die Firmenänderung mitgeteilt worden, daß Wilfried S*** nun voll in das Unternehmen eingestiegen sei und das Unternehmen zu groß geworden sei. Nicht erwiesen sei, daß Walter K*** auch mitgeteilt wurde, daß der Beklagte als Komplementär ausgeschieden sei.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der Beklagte nach § 176 Abs. 2 HGB für die in der Zeit zwischen seinem Eintritt als Kommanditist in die Kommanditgesellschaft und der Eintragung dieser Veränderung in das Handelsregister begründeten Verbindlichkeiten wie ein persönlich haftender Gesellschafter hafte. Bei einem ausgeschiedenen Komplementär bleibe auch die persönliche Haftung solange bestehen, bis sein Ausscheiden aus der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen sei. Daß der Kläger im Zeitpunkt der Ausführung der Lieferungen vom Ausscheiden des Beklagten als Komplementär Kenntnis gehabt habe, sei nicht erwiesen. Die spätere Fälligkeit der Rechnungen sei ohne Bedeutung, entscheidend sei nur, wann die Forderung entstanden sei. Dies sei vor der Eintragung des Ausscheidens des Beklagten als Komplementär aus der Kommanditgesellschaft der Fall gewesen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Sachverhaltsfeststellungen und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Der Revision des Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 161 Abs. 1 HGB haftet der Komplementär einer Kommanditgesellschaft den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich und unbeschränkt. Die Haftung des Komplementärs für Geschäftsschulden, die während seiner Teilhaberschaft begründet wurden, entfällt auch nicht allein durch das Ausscheiden aus der weiterbestehenden Gesellschaft; der ausscheidende Gesellschafter haftet vielmehr gemäß §§ 159, 161 Abs. 2 HGB noch fünf Jahre, sofern die Gesellschaftsschuld nicht einer kürzeren Verjährung unterliegt (SZ 58/87; RdW 1985, 308; SZ 47/9; SZ 44/142; HS 1321/104; Koppensteiner in Straube, HGB, Rz 2 und 5; Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 II 106; Griehsler, GesRZ 1972, 8 ff; Kastner, Gesellschaftsrecht4 92; Bauerreiss in FS Demelius 293, 301; Hueck, Das Recht der OHG4 449; Fischer in Großkomm. HGB3 II/2, 107, Anm. 17). Maßgebend ist dabei nicht der Zeitpunkt der Fälligkeit, sondern der Begründung der Verbindlichkeit (RdW 1985, 308, SZ 47/9, jeweils mwN). Im Falle der Unkenntnis des Gläubigers von diesem Ausscheiden ist der Zeitpunkt der Eintragung und Bekanntmachung des Ausscheidens in das Handelsregister maßgebend (RdW 1985, 308; RZ 1959, 107; Hämmerle-Wünsch a.a.O 107; Fischer a. a.O. II/1 307 Anm. 50; Hueck a.a.O. 448). Daß dem Kläger der Eintritt des Beklagten als Kommanditist vor der Eintragung im Handelsregister und Bekanntmachung zur Kenntnis gekommen wäre, ist im vorliegenden Fall nicht erwiesen.
Umstritten ist, ob die Umwandlung der Gesellschafterstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters in die eines Kommanditisten als Austritt (des persönlich haftenden Gesellschafters) und Eintritt (eines Kommanditisten) zu beurteilen ist. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, daß die Umwandlung der Beteiligung einem Neueintritt gleichzustellen ist (Schilling in Großkomm. HGB3 II/2, 257 Anm. 23); ein anderer Teil der Lehre erblickt darin keinen Eintritt im Sinne des § 176 Abs. 2 HGB, sondern die Wandlung der Mitgliedschaftsrechte und -pflichten in der Gesellschaft, wenngleich der Vorgang in der Praxis vielfach als "Austritt" des persönlich haftenden Gesellschafters und "Eintritt" desselben Gesellschafters als Kommanditist behandelt und zum Handelsregister angemeldet wird (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht 1206; Karsten Schmidt in Schlegelberger HGB5 III/2 Rz 20 zu § 176 HGB; Karsten Schmidt ZHR 1980, 192, 196; Ostheim in GesRZ 1981, 8; Mayer-Maly in FS Westermann 369 ff.). Zum Teil wird von einem Ausscheiden und Wiedereintritt des Gesellschafters dann nicht gesprochen, wenn bei Umwandlung der Gesellschafterstellung die Kontinuität der Kapitalanteile besteht, wenn also der Kapitalanteil des bisher persönlich haftenden Gesellschafters als Kommanditeinlage umgeschrieben wird (Mayer-Maly a.a.O. 374). Der Oberste Gerichtshof hat bisher zu dieser Frage unter dem Gesichtspunkt der Bestimmung des Art. 7 Nr. 15 EVHGB betreffend den Befreiungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters Stellung genommen und ausgesprochen, daß jedenfalls dann, wenn mit dem zum Kommanditisten gewordenen Komplementär eine Auseinandersetzung stattgefunden hat, dieser Gesellschafter als ausscheidender Gesellschafter im Sinne dieser Gesetzesbestimmung zu qualifizieren ist (GesRZ 1973, 117
m. Anm. Frotz, Weiß; JBl. 1972, 533 m.Anm. Mayer-Maly; Schuhmacher, ÖZW 1974, 80; Bauerreiss aaO 293; Kastner a.a.O. 110). Wird die neue Gesellschafterstellung isoliert von der früheren Funktion als Komplementär gesehen, wäre die Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die vor der Eintragung und Bekanntmachung des Ausscheidens als Komplementär und des Eintritts als Kommanditist begründet wurden, nach § 176 Abs. 2 HGB gerechtfertigt. Die Rechtslage wäre dann gleich wie dann, wenn ein Kommanditist einem verfrühten Gesellschaftsbeginn zugestimmt hat (Mayer-Maly a.a.O. 379). Überwiegend wird aber die Auffassung vertreten, daß die Haftung für Verbindlichkeiten aus der Zeit bis zur Eintragung des Wechsels der Gesellschafterstellung nicht nach § 176 Abs. 2 HGB zu beurteilen ist, sondern zufolge der Beteiligung des persönlich haftenden Gesellschafters, die mangels Löschung ihre Wirksamkeit noch nicht verloren hat (Mayer-Maly, FS Westermann 379; Schilling a. a.O. 257 Anm. 23), nach § 15 Abs. 1 HGB (BGHZ 66, 98, 101; Koppensteiner a.a.O. Rz 14 zu § 176 HGB; Ostheim a.a.O. 10; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht 1206; Karsten Schmidt in Schlegelberger a. a.O. Rz 20 zu § 176; Karsten Schmidt, ZHR 1980, 197). Zutreffend hebt aber Karsten Schmidt in Schlegelberger a.a.O. hervor, daß auch nach dieser Auffassung im Ergebnis nach ähnlichen Kriterien gehaftet wird wie im Falle der Bejahung der Haftung nach § 176 Abs. 2 HGB, daß also den Gesellschafter für die vor dem Zeitpunkt der Eintragung und Bekanntmachung des Wechsels der Gesellschafterstellung begründeten Verbindlichkeiten die unbeschränkte Haftung trifft. Die Entscheidung EvBl. 1977/126 = HS 10.532 betrifft nicht den Fall der Umwandlung der Stellung des Komplementärs in die eines Kommanditisten, sondern die Übertragung einer Kommanditbeteiligung. Sie ist daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Haftung des Beklagten für die Gesellschaftsschuld wurde demnach zu Recht bejaht, so daß der Revision der Erfolg zu versagen ist. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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