Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 2.959,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 247,20 Umsatzsteuer und S 240 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger und Cäcilia A mieteten mit Vertrag vom 9. Juli 1973 vom Beklagten und Maria B die im Parterre des Hauses Liebenfels, Radelsdorf 3, gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad, WC, Nebenraum sowie Garage. Das Mietverhältnis begann am 1. Juli 1983; als Mietzins wurde ein Betrag von S 3.061,28 monatlich vereinbart. In einer zwischen den Streitteilen am 9. Juli 1983 geschlossenen Vereinbarung verpflichtete sich der Kläger, einen Betrag von S 30.000,-- als einmalige, nicht rückzahlbare, auf den laufenden Mietzins nicht anrechenbare Mietzinsvorauszahlung zu leisten. Das Bestandobjekt ist in einem Haus gelegen, das in den Jahren 1971 und 1972 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet wurde. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis zum 30. Juni 1984 auf. Der Kläger begehrt den Betrag von S 17.400,-- s.A. und brachte vor, die Vereinbarung über die Leistung der Mietzinsvorauszahlung von S 30.000,-- widerspreche den guten Sitten. Da er für die Monate April bis einschließlich Juni 1984 keinen Bestandzins entrichtet und sich verpflichtet habe, einen Betrag in der Höhe einer Monatsmiete für Kosten des Ausmalens zu bezahlen, sei der Beklagte berechtigt, vom bezahlten Betrag von S 30.000,-- einen Betrag von S 12.600,-- in Abzug zu bringen, so daß der Beklagte den Klagsbetrag schulde. Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Bestandvertrag unterliege in Ansehung der Mietzinsbildung nicht den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes. Die Vereinbarung über die Bezahlung des Betrages von S 30.000,-- widerspreche nicht den guten Sitten. Ein Rechtsgrund für die Rückforderung fehle, zumal der Kläger das Bestandverhältnis zur Auflösung gebracht habe. Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Das Bestandverhältnis unterliege zwar nicht den Zinsbildungsvorschriften des Mietrechtsgesetzes, doch verstoße die Vereinbarung über die Bezahlung des Betrages von S 30.000,--, der auf den Mietzins nicht angerechnet und bei Auflösung des Bestandvertrages nicht rückzahlbar sein sollte, gegen die guten Sitten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Es erklärte die Revision für zulässig. Nach dem übereinstimmenden Parteivorbringen sei das Bestandobjekt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet und die Baubewilligung nach dem 30. Juni 1953 erteilt worden, so daß die Mietzinsbildung nicht den Beschränkungen des Mietrechtsgesetzes unterliege. Das Entgelt für die überlassung des Gebrauchs eines Bestandobjektes könne dann aber nicht nur in fortlaufenden Zahlungen, sondern darüber hinaus noch in einer einmaligen Leistung bestehen. Die getroffene Vereinbarung sei auch nicht sittenwidrig. Daß die Voraussetzungen des § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB vorlägen, sei nicht behauptet worden. Selbst wenn die bedungene Zahlung unangemessen sein sollte, läge in der bloßen Ungleichheit der beiderseitigen Leistungen für sich allein noch keine Sittenwidrigkeit.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Klägers kommt Berechtigung nicht zu.
Es ist nicht strittig, daß der Bestandgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, das ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem 30. Juni 1953 erteilten Baubewilligung errichtet wurde, so daß gemäß § 1 Abs. 4 Z 1 MRG auf das Bestandverhältnis die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes über die Bildung des Mietzinses (§§ 15 ff MRG), insbesondere § 27 MRG, nicht zur Anwendung gelangen (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 27 MRG). Die Bestimmung der Höhe des Mietzinses unterlag demnach grundsätzlich der freien Vereinbarung der Vertragsteile. Im vorliegenden Fall wurde neben dem monatlich zu leistenden Mietzins von S 3.061,28 die Leistung einer einmaligen 'Mietzinsvorauszahlung' von S 30.000,-- vereinbart, die nicht auf den laufenden Mietzins anzurechnen und im Falle der Auflösung des Bestandverhältnisses nicht zurückzuzahlen war. Nach ständiger Rechtsprechung (MietSlg. 29.291; SZ 43/11; MietSlg. 22.310/20) ist jede im Zusammenhang mit dem Abschluß eines Mietvertrages vereinbarte Leistung des Mieters, falls nicht eine andere Zweckbestimmung ausdrücklich vereinbart wurde, als Teil des Mietzinses unabhängig davon anzusehen, ob es sich um einen einmaligen Betrag (Ablöse), um wiederkehrende Leistungen oder um eine Kombination von beiden handelt. Die vom Mieter dem Vermieter gezahlte Ablöse ist eine mögliche und bei freier Mietzinsbildung auch zulässige Form der Festsetzung des Mietzinses. Mit Recht gelangte das Berufungsgericht zum Ergebnis, daß die getroffene Vereinbarung über die Bezahlung des Betrages von S 30.000,-- nicht den guten Sitten widerstreitet. Da die österreichische Rechtsordnung kein allgemeines Gebot der öquivalenz von Leistung und Gegenleistung kennt, vielmehr die Bestimmung von Leistung und Gegenleistung grundsätzlich der Vertragsfreiheit der Parteien überantwortet (MietSlg. 31.091, 31.094; EvBl. 1960/221; Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 90 und 91 zu § 879) macht die allfällige Ungleichheit der beiderseitigen Leistungen einen Vertrag an sich nicht schon sittenwidrig. § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB macht im Falle von öquivalenzstörungen die Sittenwidrigkeit von weiteren Voraussetzungen abhängig, deren Vorliegen hier nicht behauptet wurde. Knüpft aber das Gesetz das Sittenwidrigkeitsurteil nicht schon an das Vorliegen einer unangemessenen Leistung, sondern fordert es das Vorhandensein weiterer Tatbestandselemente, so können verwandte Fälle, d.h. solche, die nicht alle Tatbestandsmerkmale der Sonderregelung erfüllen, nur dann der allgemeinen Bestimmung des § 879 Abs. 1 ABGB unterstellt werden, wenn ein zusätzliches Element hinzutritt, welches das Fehlen des im Gesetz ausdrücklich normierten Tatbestandselements ausgleicht (MietSlg. 31.091;
EvBl. 1963/180; Krejci a.a.O. Rdz 91 und 92 zu § 879). Solche ergänzenden, für das Sittenwidrigkeitsurteil bedeutsamen Umstände wurden nicht behauptet.
Die Rückforderung einer einmaligen Mietzinszahlung kann gemäß § 1435 ABGB dann gerechtfertigt sein, wenn das Mietverhältnis, für das sie gegeben wurde, nur so kurze Zeit gedauert hat, daß diese Zeit zu der Höhe des gegebenen Betrages in keinem Verhältnis stehend angesehen werden muß (MietSlg. 23.216, 23.215, 21.264, 21.263; Wilburg in Klang, Komm. 2 VI 465; Rummel in Rummel a.a.O. Rdz 3 zu § 1435). Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn der Mieter selbst nach verhältnismäßig kurzer Zeit das Bestandverhältnis zur Auflösung bringt (vgl. SZ 26/175), kann dahingestellt bleiben, weil im vorliegenden Fall das Bestandverhältnis ein Jahr gedauert hat und daher nicht gesagt werden kann, daß die Zahlung des Betrages von S 30.000,-- unter Berücksichtigung der laufenden monatlichen Mietzinszahlung zu dem dem Kläger im Mietvertrag eingeräumten Gebrauch des Bestandobjektes außerhalb jedes Verhältnisses stünde. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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