Normen
Tiroler RaumordnungsG, LGBl. 10/1972 §30
Tiroler RaumordnungsG, LGBl. 10/1972 §30
Spruch:
Unter den Kosten für die Baureifmachung eines Grundstückes, die nach § 30 Tiroler Raumordnungsgesetz, LGBl. 10/1972, angemessen zu entschädigen sind, wenn durch die Wirkung eines Flächenwidmungsplanes die Bebauung eines hiefür geeigneten Grundstückes verhindert wird, sind jene Kosten zu verstehen, die aufgewendet wurden, um auf dem zur Bebauung bereits geeigneten Grundstück die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung zu schaffen; Kosten für den Erwerb des Grundstückes sind nicht Kosten der Baureifmachung
OGH 26. November 1980, 1 Ob 607/80 (LG Innsbruck 2 R 177/79; BG Innsbruck 3a Nc 173/77)
Text
Die Antragstellerin erwarb mit Kaufvertrag vom 28. April 1960 von Maria R das Grundstück 1598/2 KG G im Ausmaß von 800 m2 um den Preis von 50 000 S. Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 14. Juni 1961, Zl. III a 1-1172/2, wurde über Antrag der Antragstellerin eine Teilfläche von 173 m2 des Grundstückes 1849/1 KG aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden. Es sollte damit für die Antragstellerin eine wirtschaftliche Bauführung auf dem Grundstück 1598/2 KG G ermöglicht werden. Die Antragstellerin erwarb in der Folge von der Republik Österreich diese Teilfläche mit Vertrag vom 12. August 1966 um den Preis von 13 840 S. Mit Bescheid vom 26. Juni 1961 erteilte die Gemeinde G die Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses. Gegen diesen Bescheid erhob die Schützengilde G am 1. Juni 1962 Einspruch. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ordnete auf Grund dieses Rechtsmittels eine neuerliche Bauverhandlung an, die am 6. März 1962 an Ort und Stelle stattfand. Zur Begründung des Einspruchs brachte die Schützengilde G vor, daß sich die Zufahrt zur Baustelle im direkten Schußbereich ihres Schießstandes befinde. Der Schießsachverständige Dr. Josef D wies bei der Bauverhandlung die Rechte der Schützengilde mittels Grundbuchsauszuges nach und stellte fest, daß gegen die Errichtung des Wohnhauses auf dem von der Antragstellerin erworbenen Grundstück dann keine Bedenken bestunden, wenn die Ausschußfenster des Schießstandes mit entsprechenden Lärchenläden versehen würden, deren Beschaffenheit er genau bezeichnet. Die durch Rechtsanwalt Dr. Josef R vertretene Antragstellerin verpflichtete sich, die Kosten dieser Anschaffung in der Höhe von 2 500 S zu tragen, worauf die Schützengilde G ihr Rechtsmittel zurückzog. Rechtsanwalt Dr. Josef R stellte der Antragstellerin Kosten im Betrage von 1 115 S in Rechnung. Die Antragstellerin ließ nach Erlangung der baubehördlichen Bewilligung den Aushub der Baugrube durchführen und errichtete eine Klärgrube, wodurch Kosten in der Höhe von 9 500 S entstanden. Mit dem Erwerb des Grundstückes waren auch Vermessungskosten des Dipl.-Ing. K von zusammen 3 700 S verbunden; hievon betreffen 2 558 S den ursprünglichen Baugrund der Antragstellerin, während der Restbetrag von 1 142 S Vermessungsleistungen nach Ankauf der Teilfläche von 173 m2 betrifft. Die Antragstellerin baute in der Folge das Einfamilienhaus, dessen Errichtung mit Bescheid der Gemeinde G vom 26. Juni 1961 baubehördlich genehmigt worden war, nicht, sodaß die erteilte Baubewilligung erlosch. Am 20. März 1974 suchte sie gemeinsam mit Dr. Helmut L neuerlich um Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage an. Für die Erstellung des Vorentwurfes und des Entwurfes des Bauvorhabens bezahlte die Antragstellerin an Arch. Hans A einen Betrag von 2 200 DM = 15 400 S. Über dieses Bauansuchen wurde bisher bescheidmäßig nicht entschieden. Die Tiroler Landesregierung genehmigte mit Beschluß vom 19. Juli 1976, Z. Ve546/41/41/42, einen Flächenwidmungsplan der Gemeinde G den diese am 20. Jänner 1976 beschlossen hatte; in diesem ist das Grundstück der Antragstellerin als im Gefährdungsbereich des H-Baches liegend für die Bebauung nicht geeignet (Freiland) ausgewiesen. Der Entwurf des Flächenwidmungsplans wurde in der Gemeindekanzlei G aufgelegt und am 24. Juli 1974 kundgemacht. Der Beschluß des Gemeinderates über die Erlassung des Flächenwidmungsplanes wurde in der Zeit vom 22. Juli 1976 bis 7. August 1976, somit nach der durch die Landesregierung erfolgten Genehmigung, kundgemacht.
Mit Schriftsatz vom 31. August 1976 beantragte die Antragstellerin bei der Gemeinde G die Zuerkennung einer Entschädigung gemäß § 30 TROG in der Höhe von 275 645 S und zwar für Entwertung des Gründes 243 250 S, für die Zahlung an die Schützengilde G 3615 S, für Vermessungskosten 3700 S, für die Lieferung und den Einbau einer Klärgrube 5500 S, für den Aushub der Baugrube 4000 S und für die Architektenleistung 15 400 S. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G vom 1. August 1977, Z. 131-9/320, wurde der Antrag abgewiesen. Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 3. August 1977 zugestellt. Am 8. August 1977 begehrte die Antragstellerin beim Erstgericht die Festsetzung einer Entschädigung nach § 30 TROG in der Höhe von 46 055 S, und zwar für die Zahlung an die Schützengilde G, die Vermessungskosten, die Lieferung und der Einbau einer Klärgrube, den Ausbau der Baugrube und die Architektenleistung die von der Gemeinde begehrten Beträge sowie für den zusätzlichen Ankauf einer Teilfläche 13 840 S. Die Antragsgegnerin sprach sich gegen die Zuerkennung der Entschädigung aus, weil nach dem Erlöschen der ersten Baugenehmigung ein Vertrauen auf die Rechtslage nicht mehr gegeben gewesen sei. Die Lieferung und der Einbau der Klärgrube sowie der Aushub der Baugrube seien ohne Baugenehmigung erfolgt und damit verbotswidrig. Sämtliche Aufwendungen könnten nicht dem Begriff des vermögensrechtlichen Nachteiles im Sinne des § 30 TROG unterstellt werden.
Das Erstgericht wies den Antrag ab und führte aus, daß zufolge des Einspruchs der Schützengilde G die Baubewilligung vom 1. Juni 1961 erst am 6. Juli 1962 rechtskräftig geworden sei. Die Antragstellerin habe die Lieferung und den Einbau der Klärgrube sowie den Aushub der Baugrube verbotswidrig vor eingetretener Rechtskraft der Baubewilligung durchgeführt. Die Baubewilligung sei in der Folge unwirksam geworden, weil die Antragstellerin binnen zwei Jahren nach Rechtskraft des Bescheides den Bau nicht durchgeführt habe. Nach § 30 Abs. 1 TROG sei eine Entschädigung nur für die nachweisbaren Kosten der Baureifmachung eines Grundstückes vorgesehen, die im Vertrauen auf die Rechtslage aufgewendet wurden. Damit seien aber von vornherein die von der Antragstellerin angesprochenen Kosten betreffend die Vereinbarung mit der Schützengilde G, die Kosten für die Vermessung zusätzlichen Baugrundes, des zusätzlichen Ankaufs einer Teilfläche nicht entschädigungsfähig, weil sie mit der Baureifmachung des Grundstücks nicht im Zusammenhang stunden. Die Lage des Grundstückes im Gefährdungsbereich des H-Baches sei auch bestimmt Gesprächsstoff der Bauverhandlung vom 31. Mai 1974 gewesen. Damit steht auch fest, daß die Architektenkosten des Hans A von 15 400 S nicht im Vertrauen auf die Rechtslage entstanden seien. Eine Entschädigung für die errichtete Klärgrube sowie den Aushub der Baugrube sei nicht gerechtfertigt, weil die Durchführung dieser Arbeiten vor eingetretener Rechtskraft der Baubewilligung vom 26. Juni 1961 erfolgt sei.
Das Rekursgericht gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Antragstellerin dahin Folge, daß es die von der Antragsgegnerin zu leistende Entschädigung mit dem Betrag von 2500 S bestimmte. Das Mehrbegehren wies das Rekursgericht ab.
Das Rekursgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Beschlusses und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß gemäß § 30 Abs. 1 TROG nur für die Kosten der Baureifmachung des Grundstückes eine Entschädigung vorgesehen sei; auch könne Entschädigung nur für vermögensrechtliche Nachteile gefordert werden. Daraus ergebe sich, daß für den zusätzlich angekauften Grundstücksstreifen von 173 m2 eine Entschädigung nicht gebühre, weil die Antragstellerin in dieser Hinsicht einen Schaden nicht erlitten habe; für den aufgewendeten Kaufpreis habe sie das Grundstück in ihr Eigentum übertragen erhalten; gleiches gelte auch für die Vermessungskosten. Zur Baureifmachung könne schon begrifflich das nicht gehören, was der Bauführung selbst zuzuordnen sei, also was die Erteilung einer Baubewilligung zur Voraussetzung habe. Der Einbau der Klärgrube sowie der Aushub der Baugrube hätten aber eine Baubewilligung bereits vorausgesetzt. Diese Maßnahmen seien also dem Begriff des Bauens, nicht aber jenem der Baureifmachung zu unterstellen. Für die Bauführung selbst sei eine Entschädigung nicht vorgesehen. Auch Architektenleistungen wie Entwürfe und Pläne dienten zwar der Vorbereitung eines Baus, seien aber gleichfalls nicht dem Begriff der Baureifmachung zu unterstellen. Gerechtfertigt sei das Begehren der Antragstellerin, soweit es den an die Schützengilde G bezahlten Betrag von 2500 S betreffe. Dieser Aufwand habe dazu gedient, den Zugangs- bzw. Zufahrtsweg zum Bauplatz der Antragstellerin zu verbessern. Solche Kosten seien nicht anders zu behandeln als Kosten, die zur Asphaltierung oder sonstigen Verbesserung des Zufahrtsweges aufgewendet wurden. Nicht zu ersetzen hingegen sei der weitere begehrte Betrag von 1115 S, weil dieser, entgegen den Behauptungen im Antrag, nicht an die Schützengilde G bezahlt worden sei, sondern Kosten rechtsfreundlicher Vertretung betreffe, die nicht geltend gemacht worden seien.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Vorinstanzen gingen zutreffend von der Bestimmung des § 30 TROG aus, wonach dann, wenn durch die Wirkung eines Flächenwidmungsplanes die Bebauung eines für die Bebauung geeigneten Grundstückes verhindert wird und ein vermögensrechtlicher Nachteil dadurch entsteht, daß vor dem Zeitpunkt der öffentlichen Auflage des Entwurfs des Flächenwidmungsplans (§ 26 Abs. 1 TROG) bzw. dessen Änderung (§ 26 Abs. 2 TROG) im Vertrauen auf die Rechtslage nachweisbar Kosten für die Baureifmachung des Grundstückes aufgewendet worden sind, den Betroffenen eine angemessene Entschädigung zu leisten ist. Was unter den Kosten der "Baureifmachung" eines Grundstücks zu verstehen ist, führt das Tiroler Raumordnungsgesetz nicht näher aus. Auch das Oberösterreichische Raumordnungsgesetz, LGBl. 18/1972, das diesen Begriff in seinem § 25 Abs. 1 verwendet, und das Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. 15/1973 (vgl. dessen § 25 Abs. 3 lit. b), enthalten keine Begriffsbestimmung. Krzizek, System des Österreichischen Baurechts I, 495, führt aus, daß als Bauplatz grundsätzlich nur parzellierte und baureife, das sind mit einer entsprechenden Zufahrtsmöglichkeit und der Möglichkeit des Anschlusses an eine Wasserleitung, Kanalleitung und Stromversorgung ausgestattete Grundstücke zu bezeichnen sind. Nach den Bauordnungen der Länder ist Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung, daß eine entsprechende Trink- und Nutzwasserversorgung sowie die Abwässerbeseitigung gesichert sind (vgl. Krzizek a.a.O., 330); auch eine entsprechende Zufahrtsmöglichkeit nicht nur während der Bauführung, sondern auch bei der späteren Benützung des Grundstückes ist Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung (Krzizek a. a.O., 329). In den einzelnen Landesbauordnungen werden die genannten Erfordernisse in verschieden weitgehendem Umfang näher präzisiert. Nach § 4 der Tiroler Bauordnung, LGBl. 42/1974, die im Jahre 1976 noch galt und daher allein für den vorliegenden Fall maßgebend sein kann, im übrigen aber auch der geltenden (LGBl. 43/1978), ist für die Erteilung einer Baubewilligung eine rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche Voraussetzung; weiters wird gefordert, daß eine entsprechende Wasser- und Energieversorgung sowie Abwässerbeseitigung rechtlich sichergestellt und technisch möglich sind. Da das Tiroler Raumordnungsgesetz keine abweichende Begriffsbestimmung enthält, muß angenommen werden, daß der Begriff der "Baureifmachung" in dem Sinn zu verstehen ist, wie ihn Krzizek als den Landesbauordnungen zugrunde liegend bezeichnet. Demnach kann eine Entschädigung nur für jene Kosten zuerkannt werden, die aufgewendet wurden, um auf einem für die Bebauung geeigneten Grundstück die Voraussetzungen für die Erteilung einer Baubewilligung (Schaffung einer Zufahrtsmöglichkeit, Möglichkeit des Anschlusses an eine Wasserleitung, Kanalleitung, Stromversorgung, Abwässerbeseitigung) zu schaffen.
Werden die von der Antragstellerin im einzelnen geltend gemachten Ansprüche unter diesem Gesichtspunkt beurteilt, so sind zunächst die für den Aushub der Baugrube und den Einbau der Klärgrube aufgewendeten Kosten keine Kosten der Baureifmachung, denn die Erteilung der Baubewilligung war von der Vornahme dieser Arbeiten nicht abhängig. Diese Arbeiten wurden auch erst nach der seinerzeit erteilten Baubewilligung durchgeführt; sie sind Baukosten und nicht Kosten der Baureifmachung. Auch Leistungen, die sich nicht unmittelbar auf das Grundstück, sondern auf das Bauprojekt beziehen, wie Honorare von Architekten, können diesem Begriff nicht unterstellt werden; sie dienen, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, zwar der Vorbereitung eines Baus, sind aber nicht Kosten der Baureifmachung. Was die Kosten des Gründerwerbes selbst betrifft, so sieht das Tiroler Raumordnungsgesetz hiefür eine Entschädigung nicht vor, obwohl eine Änderung des Flächenwidmungsplans und die damit verfügte Ausscheidung eines Grundstückes aus dem Bauland eine empfindliche Vermögenseinbuße bedeuten kann. Demnach sind aber auch Nebenkosten des Gründerwerbs wie Vermessungskosten nicht entschädigungsfähig. Was aber die Kosten des Erwerbes der Teilfläche von 173 m2 betrifft, so sieht das Gesetz eine Entschädigung nur für vermögensrechtliche Nachteile vor, die Eigentümer von zur Bebauung geeigneten Grundstücken erleiden. Diente der Erwerb dazu, die vorher nicht gegebene Bebaubarkeit des Grundstücks erst herbeizuführen, ist der Anspruch nicht gerechtfertigt, weil im Zeitpunkt des Erwerbes ein zur Bebauung geeignetes Grundstück nicht vorhanden war. War das Grundstück aber ohnehin schon auch ohne den Erwerb der Teilfläche zur Bebauung geeignet, handelte es sich nicht um Kosten der Baureifmachung. Die Vereinbarung mit der Schützengilde G sah lediglich die Bezahlung eines Betrages von 2500 S vor, der vom Rekursgericht unbekämpft zugesprochen wurde. Geltend gemacht wurde aber lediglich die Zahlung gemäß "Vereinbarung mit der Schützengilde G laut Verhandlungsniederschrift vom 6. Juli 1962". Die Kosten rechtsanwaltlicher Vertretung wurden nicht begehrt. Auch im Revisionsrekurs werden Rechtsanwaltskosten nicht unter jenen Kosten angeführt, deren Ersatz begehrt wird, sodaß es bei der Entscheidung des Rekursgerichtes sein Bewenden zu haben hat.
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