OGH 1Ob605/47

OGH1Ob605/471.10.1947

SZ 21/47

Normen

EO §381
EO §382 Z2
EO §382 Z5
ZPO §14
EO §381
EO §382 Z2
EO §382 Z5
ZPO §14

 

Spruch:

§ 381 EO. Zur Sicherung des Anspruches auf Auflösung einer Kommanditgesellschaft sind einstweilige Verfügungen zulässig.

Entscheidung vom 1. Oktober 1947, 1 Ob 605/47.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Das Erstgericht hat zur Sicherung des Anspruches des Klägers und Auflösung der protokollierten Firma "Allgemeine Holzindustrie K. & Co., Komm. Ges." mit dem Sitze in G., über dessen Antrag eine einstweilige Verfügung durch Verbote an denvvertretungsbefugten und geschäftsführenden Gesellschafter (F. P.) sowie an die Komplementäre L. R. und J. K., durch Bestellung eines gewissen J. Z. zum Verwalter des Unternehmens und schließlich durch Eintragung dieser Beschränkungen und der Verwalterbestellung im Handelsregister erlassen. Dabei hat es ausgesprochen, daß die einstweilige Verfügung nicht vollzogen und die schon vollzogenen Verfügung auf Antrag der Gegner der gefährdeten Partei aufgehoben werde, wenn diese 20.000 S zu Gericht erlegen.

Gegen diesen Beschluß erhob der Erstbeklagte den Rekurs mit dem Hauptantrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Antrages des Klägers auf Erlassung der einstweiligen Verfügung; auch der Kläger erhob Rekurs, indem er die Hinaufsetzung des allenfalls von den Beklagten zu erlegenden Betrages von 20.000 S auf 50.000 S begehrte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurse des Erstbeklagten Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den ganzen Antrag des Klägers auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abwies und den Rekurs des Klägers auf diese Entscheidung verwies. Es begrundete seine Entscheidung damit, daß hier die einstweilige Verfügung zur Sicherung des Anspruches auf Auflösung einer Gesellschaft, also zur Sicherung eines Rechtsgestaltungsanspruches dienen solle; ein über einen solchen Anspruch ergehendes Urteil sei aber nicht exekutionsfähig, da mit Eintritt seiner Rechtskraft die Gesellschaft von selbst zu bestehen aufhöre, es entbehre daher die Erlassung einer einstweiligen Verfügung jedweder Grundlage. Einen Leistungs- oder Unterlassungsanspruch, der gesichert werden könnte, hätte aber der Kläger nicht gestellt. Das Rekursgericht verwies dabei unter anderem auf die in letzter Zeit in einem ganz analogen Fall erflossene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 18. März 1947, 1 Ob 175/47 (JBl. 1947, S. 308). Mit Rücksicht auf die Unzertrennlichkeit der Streitgenossenschaft der drei Beklagten nach § 14 ZPO. sei der Antrag des Klägers, auch soweit er den Zweit- und Drittbeklagten betrifft, abzuweisen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof erkannte dem Revisionsrekurs Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Darüber, daß eine einstweilige Verfügung zur Sicherung eines Feststellungsanspruches nicht zulässig ist, besteht im Schrifttum und in der Rechtsprechung kein Streit (Neumann - Lichtblau, 3. Aufl., S. 1165, Pollak, ZPR., 2. Aufl., S. 1037, SZ. VI/119; 4 OB 187/32; ZBl. 1932, Nr. 245); wohl aber besteht in beiden Belangen Streit darüber, ob eine einstweilige Verfügung auch zur Sicherung von Rechtsgestaltungsansprüchen zulässig ist. Dagegen sprechen sich Petschek im ZBl. 1932, S. 616 ff. in seinen Erläuterungen zur letzterwähnten Entscheidung, sowie die Entscheidung des OGH. vom 18. März 1947, 1 Ob 175/47, JBl. 1947, S. 308 aus; dafür erklären sich aber Pollak in seinem sogenannten System auf S. 1039 und 1043, Baumbach in seinem Kurkommentar zum Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., S. 344, Schlegelberger auf S. 580, Punkt 23 und insbesondere die Entscheidungen des OGH. vom 13. Mai 1904, amtl. Sammlung 804, sowie vom 28. Februar 1922, Ob III 163/22, ZBl. 1922, Nr. 353 und endlich die auf dieser fußende Entscheidung vom 23. August 1946, 1 Ob 166/46; diese lassen eine einstweilige Verfügung zur Sicherung eines solchen Anspruches, insbesondere auf Auflösung einer Handelsgesellschaft oder zumindest auf Ausschluß eines Gesellschafters, zu.

Es ist nun allerdings richtig, daß die Durchsetzung des Anspruches auf Auflösung einer Gesellschaft, wie er hier zu sichern ist, nicht durch eine einstweilige Verfügung vorweg genommen werden darf; das schließt aber nicht aus, daß Schädigungen der Gesellschafter und damit eines Gesellschafters bis zum Zeitpunkt dieser Auflösung hintangehalten werden müssen, soll nicht allenfalls das ganze Vermögen der Gesellschaft bis dahin zugrunde gehen. Es können daher jedenfalls zur Sicherung des Auflösungsanspruches und der hinter diesem stehenden materiellrechtlichen Ansprüche die im § 382 EO. erwähnten Verfügungen erlassen werden, also insbesondere im Sinne des § 382, Z. 5 EO. ein Vertretungsverbot an einen Gesellschafter oder im Sinne des § 382, Z. 2 EO die Verwaltung des Unternehmens. Es ist dem Revisionsrekurs beizupflichten, daß vor der erfolgten Auflösung der Gesellschaft materiellrechtliche Leistungs- und Unterlassungsansprüche kaum gestellt werden können und daß die Auflösung der Gesellschaft nur die Vorstufe zur Geltendmachung solcher Ansprüche bildet und darum, wie wohl zu folgern ist, diese im Auflösungsanspruch als für die einstweilige Verfügung inbegriffen anzusehen sind. Es kann daher der in der Entscheidung des OGH. vom 18. März 1947, 1 Ob 175/47, JBl. 1947, S. 308, aufgestellte Grundsatz, daß zur Sicherung eines Rechtsgestaltungsanspruches eine einstweilige Verfügung überhaupt nicht möglich ist, in dieser Allgemeinheitnnicht aufrechterhalten werden.

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