Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei bestellte bei der beklagten Partei die Lieferung und Montage von Kunststoffenstern für Reihenhäuser und Terrassenwohnungen. Die beklagte Partei nahm die Bestellung an und führte den Auftrag aus. Dem Vertragsverhältnis wurden die Bestimmungen der ÖNORM B 2110 (Fassung vom 1. März 1973) zugrundegelegt. Die beklagte Partei stellte der klagenden Partei mit Rechnung Nr. 24.786 vom 31. November 1978, die bei der klagenden Partei am 11. Dezember 1978 einlangte, den Betrag von S 3,715.132,-- netto in Rechnung. Die klagende Partei unterzog diese Rechnung am 4. Jänner 1979 einer Nachprüfung, die (incl. 18 % Umsatzsteuer) den Betrag von S 4,518.305,81 ergab. Die Nachberechnung wurde von der klagenden Partei mit dem Vermerk "sachlich und rechnerisch geprüft" versehen und unterfertigt. Die klagende Partei überwies der beklagten Partei den vorgenannten Betrag abzüglich 3 % Skonto, somit S 4,389.536,64. Die Bestimmungen der ÖNORM B 2110 sehen zur Überzahlung (Punkt 5.3) vor: "Der Auftragnehmer ist innerhalb der Gewährleistungsfrist verpflichtet, etwaige Überzahlungen binnen einem Monat nach Rückforderung zu erstatten." Zu Beginn und Dauer der Gewährleistung (Punkt 13.3) heißt es: "Falls im Vertrag oder in den einschlägigen Fachnormen keine andere Gewährleistungsfrist festgelegt ist, beträgt sie 2 Jahre. Die Frist beginnt mit der Übernahme der Leistung (12.1). Für Bauwerke vorübergehenden Bestandes endet die Gewährleistungsfrist spätestens mit ihrem Abbruch."
Die klagende Partei begehrt den Betrag von S 150.662,40 s.A. und brachte vor, sie habe irrtümlich eine Überzahlung in der Höhe des Klagsbetrages geleistet. Bei der Überprüfung der ihr von der beklagten Partei übermittelten Rechnung sei ihr ein Irrtum insoferne unterlaufen, als sie bei Berechnung der Baugruppe 4 einen Betrag von S 150.662,40 einmal richtig unter "Konstruktionen" (laut Rechnung der beklagten Partei) aufgenommen, darüber hinaus aber diesen Betrag nochmals in den "Nachtrag", der der Ermittlung der Erhöhungen diente, aufgenommen habe. Sie habe sohin diesen Betrag ohne Rechtsgrund bezahlt. Ihr Irrtum hätte der beklagten Partei auffallen müssen.
Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Prüfungsvermerk der klagenden Partei stelle ein konstitutives Anerkenntnis dar, das die Berufung auf einen unterlaufenen Irrtum ausschließe. Die geltend gemachte Forderung sei verjährt und darüber hinaus gemäß Punkt 5.3 der ÖNORM B 2110 auch verfristet. Die beklagte Partei habe vom Klagsbetrag S 101.132,-- an diversen Steuern bezahlt. Dieser Betrag werde gegen die Forderung der klagenden Partei einredeweise geltend gemacht.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Die klagende Partei habe irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt. Der daraus resultierende Kondiktionsanspruch verjähre in 30 Jahren ab Leistung der Zahlung. Da die klagende Partei die Rechnung der beklagten Partei als "sachlich und rechnerisch geprüft" bezeichnet und auf Grund dieser Überprüfung den Betrag von S 4,389.536,64 bezahlt habe, komme der Zahlung die Bedeutung eines Anerkenntnisses zu, das die Rückforderung ausschließe. Der Rückforderung stehe aber auch Punkt 5.3 der ÖNORM B 2110 entgegen. Der Sinn dieser Bestimmung sei darin gelegen, daß möglichst bald Klarheit darüber bestehen soll, ob Rückforderungsansprüche bestehen. Damit sollen komplizierte Abrechnungsprozesse, die sonst innerhalb der 30jährigen Verjährungsfrist angestrengt werden könnten, vermieden werden. Sinnvolle Vertragsauslegung führe freilich zum Ergebnis, daß die zweijährige Frist für die Geltendmachung dieser Ansprüche nicht schon, wie bei Gewährleistungsansprüchen, mit der Übergabe, sondern erst mit der Übermittlung der Rechnung (im vorliegenden Fall daher mit 11. Dezember 1978) zu laufen beginnt. Auch unter dieser Annahme wäre der Rückforderungsanspruch am 11. Dezember 1980 erloschen, so daß das am 16. Juli 1986 erhobene Klagebegehren nicht gerechtfertigt sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es erklärte die Revision für zulässig. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelte der Grundsatz, daß bei der Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung die Gesetzmäßigkeit des Urteiles nach allen Richtungen zu prüfen sei, dann nicht, wenn ein Tatbestand aus mehreren selbständigen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet werde und die Rechtsausführungen sich nur auf eine dieser Tatsachen, nicht aber auf die anderen beziehen. Dem Rechtsmittelgericht sei es verwehrt, eine Rechtsfrage von Amts wegen aufzugreifen, wenn der Kläger mehrere Ansprüche in erster Instanz geltend gemacht habe, sein Rechtsmittel aber Rechtsausführungen nur noch zu einem Anspruch enthalte und die Rechtsfrage einen anderen Anspruch betreffe. Die klagende Partei habe in der Berufung die Rechtsansicht des Erstrichters, daß der Zahlung die Bedeutung eines konstitutiven Anerkenntnisses beizumessen sei, nicht bekämpft und nur geltend gemacht, daß ihrem Kondiktionsanspruch Punkt 5.3 der ÖNORM B 2110 nicht entgegenstehe. Da die Rechtsansicht des Erstrichters zur Frage des Vorliegens eines konstitutiven Anerkenntnisses nicht bekämpft worden sei, sei es dem Berufungsgericht versagt, sie auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Demnach sei aber die Berufung nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision der klagenden Partei kommt Berechtigung nicht zu. Die klagende Partei führt aus, sie habe ihren Anspruch im Verfahren erster Instanz nicht auf mehrere Rechtsgründe, sondern stets nur auf einen Rechtsgrund, nämlich die irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld, gestützt und daher im Berufungsverfahren auch nicht nur einen Rechtsgrund aufrecht erhalten und die anderen fallen lassen können. Das Berufungsgericht hätte daher die Berechtigung des erhobenen Begehrens in jeder Hinsicht zu prüfen gehabt, zumal der Erstrichter nicht klargestellt habe, ob er im Vermerk der klagenden Partei über die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Rechnung der beklagten Partei ein konstitutives oder nur ein deklaratives Anerkenntnis erblicke.
Der klagenden Partei ist darin beizupflichten, daß - anders als im Falle der Entscheidung EvBl. 1985/154, auf die sich das Berufungsgericht bezog - im Verfahren erster Instanz das Klagebegehren stets nur auf einen Rechtsgrund, den der irrtümlichen Zahlung einer Nichtschuld, gestützt würde, so daß nicht gesagt werden kann, sie habe im Berufungsverfahren einen von mehreren Rechtsgründen nicht mehr aufrechterhalten. Sie trat nur der Rechtsansicht des Erstrichters, in der Zahlung der klagenden Partei sei ein Anerkenntnis gelegen, in der Berufung nicht entgegen und machte nur geltend, daß die weitere Rechtsansicht des Erstrichters, Punkt 5.3 der ÖNORM B 2110 stehe der Rückforderung entgegen, nicht zutreffend sei. Ob das Berufungsgericht bei dieser Sachlage zu einer umfassenden rechtlichen Prüfung der Berechtigung des Anspruches der klagenden Partei verpflichtet war, kann dahingestellt bleiben, weil bereits der Einwand der beklagten Partei, Punkt 5.3 der ÖNORM B 2110 stehe der Berechtigung des Klagebegehrens entgegen, zutrifft. Im Wirtschaftsleben besteht vielfach das Bedürfnis nach Klärung der Rechtslage innerhalb kurzer Frist. Dem tragen die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Verjährung nicht immer Rechnung; insbesondere gilt für Bereicherungsansprüche aus grundlosen Leistungen gemäß § 1478 ABGB grundsätzlich die dreißigjährige Verjährungsfrist. Der Bereinigung der Rechtslage zwischen Vertragsteilen dient neben der vertraglichen Verkürzung der Verjährungsfrist (ArbSlg. 10.174; SZ 51/97; Klang in Klang, Kommentar2 VI 470) die Festlegung von Ausschlußfristen, innerhalb derer Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis geltend zu machen sind. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß in Kollektivverträgen enthaltene Ausschlußfristen nur dann gemäß § 879 Abs. 1 ABGB nichtig sind, wenn sie zum Nachteil des Arbeitnehmers gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen über Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen, etwa § 1162 d ABGB oder § 34 AngG, verstoßen oder die Geltendmachung von Ansprüchen des Arbeitnehmers durch eine unangemessene kurze Ausschlußfrist übermäßig erschweren (RdW 1985, 381; SZ 56/27; EvBl. 1968/358). Bei einer kollektivvertraglichen Fallfrist von drei Monaten für die Geltendmachung von Provisionsansprüchen wurde dies schon nicht mehr angenommen (ArbSlg. 10.174).
Punkt 5.3 der ÖNORM B 2110 (in der Fassung vom 1. März 1973), die auf die Vertragsbeziehung der Streitteile unstrittig anzuwenden ist, sieht vor, daß der Auftragnehmer (nur) innerhalb der Gewährleistungsfrist verpflichtet ist, etwaige Überzahlungen binnen einem Monat nach Rückforderung zu erstatten. Zweck dieser Bestimmung ist es, wie das Erstgericht zutreffend erkannte, die gesetzliche Verjährungsfrist für grundlos erbrachte Zahlungen abzukürzen und damit innerhalb der (gemäß Punkt 13.3 der ÖNORM B 2110 auf zwei Jahre verkürzten) Gewährleistungsfrist Klarheit darüber zu schaffen, ob vom Auftraggeber Rückforderungsansprüche wegen Überzahlungen erhoben werden. Unter Bedachtnahme auf diese Zielsetzung ist es auszuschließen, daß dieser Bestimmung nur die Bedeutung beizumessen wäre, daß Überzahlungen, die innerhalb der Gewährleistungsfrist zurückgefordert werden, vom Auftragnehmer innerhalb eines Monates zurückerstattet werden müssen, damit aber die Rückforderung nach Ablauf der Gewährleistungsfrist nicht ausgeschlossen wäre. Die ÖNORM B 2110, Fassung 1. März 1983, regelt die Rückforderung nunmehr in Punkt 2.16 deutlicher, wenn auch immer noch nicht optimal, dahin, daß aus Überzahlungen resultierende Forderungen "noch innerhalb von drei Jahren ab Übernahme der Leistung bzw. ab Rückzahlung geltend gemacht werden" können. Dem Sinn nach ist aber auch die erwähnte Bestimmung der ÖNORM B 2110 (Fassung 1. März 1973) dahin zu verstehen, daß für Rückforderungen eine zweijährige Fallfrist normiert wird. Auf eine Sittenwidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmung hat sich die beklagte Partei nicht berufen; die Frist von zwei Jahren für die Geltendmachung einer irrtümlich geleisteten Zahlung ist auch als ausreichend zu erachten. Daß der erhobene Anspruch bei Anwendung von Punkt 5.3 der ÖNORM B 2110 verfristet ist, wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Demzufolge ist der Revision der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)