OGH 1Ob596/90

OGH1Ob596/9011.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Alexandra B***, geb. am 27. Dezember 1982 infolge Revisionsrekurses des Bezirksjugendamtes für den 10.Bezirk gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 17.Jänner 1990, GZ 44 R 800/89-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 3.November 1989, GZ 1 P 154/88-21, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß Alexandra B***, geboren am 27.12.1982, auch für den Zeitraum vom 1.6. bis 31.7.1989 ein Unterhaltsvorschuß von monatlich S 2.000 gewährt wird. Die weitere Durchführung wird dem Erstgericht übertragen.

Text

Begründung

Das die Vaterschaft des Marinos R*** zur mj. Alexandra B*** feststellende, mündlich verkündete Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 10.5.1989, 1 C 41/88, wurde dem Marinos R*** am 18.8.1989 durch Hinterlegung zugestellt. Mit diesem Urteil wurde Marinos R*** auch ab 27.12.1985 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.000 zugunsten des Kindes verhalten.

Im Revisionsrekursverfahren ist nur mehr strittig, ob dem Kind auch für die Monate Juni und Juli 1989 gemäß § 4 Z 4 UVG ein Unterhaltsvorschuß von monatlich S 2.000 zu gewähren ist. Beide Vorinstanzen wiesen den Antrag des Bezirksjugendamtes für den 10.Bezirk (besonderer Sachwalter gemäß § 198 Abs.3 ABGB) ab. Das Rekursgericht, das den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärte, führte aus, die prozessuale Bestimmung des § 416 Abs.1 ZPO lasse ein Abstellen auf das Wirksamwerden des Urteiles gegenüber den Parteien durch Zustellung als gerechtfertigt erscheinen. Wenn auch in der Entscheidung EFSlg.43.841 als maßgeblich angesehen worden sei, ab wann das Gericht selbst an seine Entscheidung gebunden sei, sohin auf den Zeitpunkt der Verkündung und beim nicht verkündeten Urteil auf die Übergabe der schriftlichen Abfassung an die Kanzlei zur Herstellung der Ausfertigungen, so sei dabei übersehen worden, daß anders als in den Fällen des § 4 Z 2 und 3 UVG ein bestimmter, im Urteil festgesetzter Betrag bevorschußt werde, der den Parteien zuvor bekanntgegeben werden müsse. Diese Meinung erscheine auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 4 Z 5 UVG begründbar. Danach werde für die Bevorschussung des vorläufigen Unterhaltes nach § 382 a EO ausdrücklich auf die Nichtleistung innerhalb eines Monates ab Zustellung der einstweiligen Verfügung abgestellt. Es wäre daher eine durch nichts zu rechtfertigende Differenzierung, im Falle der Bevorschussung nach § 4 Z 4 UVG, die auf einer nicht einmal vollstreckbaren Unterhaltsfestsetzung beruhe, nicht auf die Zustellung Bedacht zu nehmen und bereits vorher eine Bevorschussung zuzulassen. Es sei daher der Vorschuß nach § 4 Z 4 UVG erst vom Beginn des Monates an zu gewähren, in dem das Urteil dem Unterhaltsschuldner zugestellt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen § 15 Abs.3 UVG idF des Art.III RRAG nicht den Beschränkungen des § 14 Abs.2 Z 1 AußStrG unterliegende Revisionsrekurs des besonderen Sachwalters ist berechtigt. Nach der RV 276 BlgNR 15.GP 10 f zum Bundesgesetz vom 18.6.1980, BGBl.1980/278, mit dem die Bestimmung des § 4 Z 4 UVG neu geschaffen wurde, sei in der Vergangenheit wiederholt darüber geklagt worden, daß während der oft recht langen Dauer eines Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind keine Unterhaltsvorschüsse geleistet werden könnten. Väter verzögerten häufig durch aussichtslose Rechtsmittel den Eintritt der Rechtskraft des Vaterschaftsfeststellungsurteiles und damit auch ihre Heranziehung zu Unterhaltsleistungen. Die neue Z 4 des § 4 UVG sehe daher die Leistung von Unterhaltsvorschüssen auch vor Eintritt der Rechtskraft des Vaterschaftsfeststellungsurteiles vor. Da es verhältnismäßig selten vorkomme, daß das Urteil erster Instanz, mit dem die Vaterschaft festgestellt wird, in der Folge geändert werde, könne die Vorschußgewährung mit der Beendigung des Verfahrens erster Instanz einsetzen. Das Landesgericht für ZRS Graz vertrat auf Grund der sich aus den Materialien ergebenden im Gesetzestext auch zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers in seiner Entscheidung ÖA 1984, 23 = EFSlg.43.841 die Ansicht, daß ein Unterhaltsvorschuß nach § 4 Z 4 UVG bereits ab dem Zeitpunkt zu gewähren ist, in dem das Gericht an seine die Vaterschaft feststellende und den Vater zum Unterhalt verpflichtende Entscheidung gebunden sei. Knoll, UVG in ÖA 39 gibt zwar zu, daß wegen der Schutzfunktion des Unterhaltsvorschußgesetzes diese Auslegung bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 15.12.1987 über den vorläufigen Unterhalt für Minderjährige, BGBl.1987/645, durchaus vertretbar gewesen sei. Die mit diesem Bundesgesetz mit Wirkung vom 1.1.1988 geschaffene Bestimmung des § 4 Z 5 UVG stelle aber für die Bevorschussung des vorläufigen Unterhaltes nach § 382 a EO ausdrücklich auf die Nichtleistung innerhalb eines Monates ab Zustellung der einstweiligen Verfügung ab. Es wäre eine durch nichts gerechtfertigte Differenzierung im Falle der Bevorschussung nach Z 4 anders vorzugehen. Dabei wird zweierlei übersehen: Mit Art.II des BG vom 15.12.1987 über den vorläufigen Unterhalt für Minderjährige BGBl. Nr.645 sollte die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen erleichtert werden (RV 170 BlgNR 17.GP 7), keineswegs sollten damit schon bestehende Möglichkeiten, Unterhaltsvorschüsse zu gewähren, eingeengt werden; während im Vaterschaftsfeststellungsverfahren das rechtliche Gehör gewahrt ist, sieht § 382 a EO ein Verbot vor, den Unterhaltsschuldner im Bewilligungsverfahren auch nur zu hören. Geht man von den sich aus den Materialien anläßlich der Einführung des § 4 Z 4 UVG ergebenden Gesetzeszweck aus, daß Verzögerungen im Gerichtsbetrieb nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten ausschlagen sollen, die Vorschußgewährung daher bereits mit der Beendigung des Verfahrens erster Instanz einsetzen zu lassen, weil erfahrungsgemäß der Rechtsmittelerfolg bei Klagen auf Feststellung der unehelichen Vaterschaft gering sei und ein erhebliches Schutzbedürfnis des Kindes vor Verfahrensverzögerungen insbesondere bei der Ausfertigung von Urteilen, an die das Gericht bereits gebunden ist, besteht, so führt dies zum Ergebnis, daß unter dem Begriff der Feststellung nach § 4 Z 4 UVG nur jener Zeitpunkt zu verstehen ist, ab dem das Gericht erster Instanz an seine Entscheidung im Sinn des § 416 Abs.2 ZPO gebunden ist. Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben und der Unterhaltsvorschuß auch für die Monate Juni und Juli 1989 zu gewähren.

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