Normen
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §9
Spruch:
Im Verfahren außer Streitsachen sind verfahrensleitende Beschlüsse im allgemeinen anfechtbar.
Entscheidung vom 13. November 1957, 1 Ob 596/57.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht forderte im Zuge der Erhebungen über das Einkommen des unterhaltspflichtigen ehelichen Vaters Helmut J. diesen mit Beschluß vom 31. August 1957 auf, binnen acht Tagen eine nach Monaten in Brutto- und Nettohöhe aufgeschlüsselte Gehaltsauskunft seines Dienstgebers für die Zeit vom 23. August 1955 bis 31. August 1957 inklusive aller Zulagen und Überstundenentlohnungen sowie der in diesem Zeitraum ausgezahlten 13. und 14. Monatsgehälter vorzulegen. Bei Nichtbefolgung dieses Auftrages innerhalb der gesetzten Frist werde gemäß § 19 AußStrG. eine Geldstrafe von 1000 S verhängt werden.
Gegen diesen Beschluß richteten sich die Vorstellung und der Rekurs des Helmut J., in welchem ausgeführt wurde, daß die Aufforderung zur Vorlage einer Gehaltsauskunft dem Gesetz nicht entspreche und im übrigen der Beschluß keine Begründung enthalte. In der Androhung einer Geldstrafe werde eine Animosität des Erstrichters erblickt.
Das Erstgericht gab der erhobenen Vorstellung mit Beschluß vom 13. September 1957 keine Folge; es stellte sich auf den Standpunkt, daß über den am 9. August 1957 überreichten Antrag des ehelichen Vaters, ihm die Tochter in Pflege und Erziehung zu übergeben, keine Entscheidung getroffen werden könne, bevor nicht festgestellt worden sei, ob der Kindesvater über ein genügendes Einkommen verfüge und überhaupt fähig sei, das Kind ordnungsgemäß zu erhalten.
Der Kindesvater habe daher der verfahrensleitenden Verfügung auf Vorlage von Urkunden über sein Gehalt Folge zu leisten, ohne daß es hiezu einer weiteren Begründung bedürfe.
Den Rekurs gegen dieselbe Verfügung wies das Rekursgericht als unzulässig zurück.
Nach § 9 AußStrG. seien Rechtsmittel nur gegen gerichtliche Verfügungen zulässig, wenn es sich um Gegenstände der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen handle. Bloße verfahrensleitende Verfügungen könnten grundsätzlich nicht durch ein Rechtsmittel angefochten werden. Wenn das Erstgericht den Vater auffordere, eine Lohnbestätigung für die Zeit vom 23. August 1955 bis 31. August 1957 beizubringen, so komme damit zum Ausdruck, daß das Erstgericht dies für notwendig gehalten habe, und unterlägen solche Verfügungen keiner weiteren Überprüfung. Gemäß § 13 AußStrG. gelte auch die Bestimmung des § 428 ZPO., wonach nur Beschlüsse über widerstreitende Parteienanträge und Beschlüsse, in welchen Anträge abgewiesen würden, eine Begründung zu enthalten hätten.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse des ehelichen Vaters Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug diesem eine meritorische Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Bei Erledigung des Rekurses gegen den Zurückweisungsbeschluß ist davon auszugehen, daß das Erstgericht sich bei Erledigung der Vorstellung auf den Standpunkt gestellt hat, die Aufforderung an den ehelichen Vater zur Beibringung der Gehaltsbestätigung sei erlassen worden, damit der Antrag des ehelichen Vaters auf Übergabe seiner Tochter in die Pflege und Erziehung des Vaters einer Entscheidung zugeführt werden könne. Beide Unterinstanzen haben ausgeführt, daß in dieser Aufforderung eine verfahrensleitende Verfügung zu erblicken sei.
Es kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Aufforderung tatsächlich um eine das Verfahren leitende Verfügung handelt. Denn wie in der Entscheidung RiZ. 1956 S. 79 ausgeführt wurde, soll im Verfahren außer Streitsachen die Anfechtungsmöglichkeit von Beschlüssen nur dort genommen sein, wo dies durch ausdrückliche Bestimmung der Gesetze oder durch den Hinweis auf die im konkreten Falle anzuwendenden Prozeßgesetze geboten erscheint; im allgemeinen sollte das Beschwerderecht gegen Verfügungen verfahrensleitender Natur nicht eingeschränkt werden und wurde es auch nicht eingeschränkt.
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