OGH 1Ob57/12g

OGH1Ob57/12g26.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen L***** W*****, und E***** W*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters X***** A***** V*****, vertreten durch Dr. Alexander Lindner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 16. Februar 2012, GZ 4 R 53/12d, 4 R 54/12a-17, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 19. Jänner 2012, GZ 4 Pu 39/11h-12 und -13, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 27. 4. 2011 setzte das Erstgericht über Antrag der Kinder den vom Vater ab 1. 3. 2008 zu leistenden Unterhalt mit monatlich 399 bzw 340 EUR fest. Dem dagegen erhobenen Rekurs des Vaters, der sich am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt hatte, gab das Rekursgericht nicht Folge. Dessen Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

In seinem Abänderungsantrag vom 23. 12. 2011 beantragte der Vater die Abänderung der Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse und brachte im Wesentlichen vor, er habe erst nach Rechtskraft, und zwar am 25. 11. 2011, davon Kenntnis erlangt, dass die beiden Minderjährigen gemeinsam mit der Mutter seine am 8. 7. 2009 erworbene Eigentumswohnung bewohnt hätten und die ältere Tochter seit Februar 2010 dort alleine wohne. Die Bereitstellung der Wohnung sei in Alimentationsabsicht erfolgt und verringere den Geldunterhaltsanspruch seiner Töchter.

Das Erstgericht wies den Abänderungsantrag im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die vom Vater begehrte Berücksichtigung von Naturalunterhalt im Titelverfahren nicht möglich sei und dieser Umstand in einem allfälligen Einbringungsverfahren geltend zu machen und zu prüfen wäre.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Revisionsrekurs für nicht zulässig. Der Abänderungsantrag sei nach § 72 AußStrG nur zulässig, wenn die Wirkungen des Beschlusses rechtlich nicht auf andere Weise beseitigt werden könnten. Dafür stünden dem Vater aber Rechtsbehelfe des Exekutionsverfahrens, etwa die Oppositionsklage nach § 35 EO, zur Verfügung. Auch wenn diese Rechtsbehelfe erst nach Einleitung des Exekutionsverfahrens ergriffen werden könnten, fehle dem Vater davor die Beschwer in Bezug auf eine Abänderung des Titels. Im Übrigen sei ein Abänderungsantrag aber auch zurückzuweisen, wenn keine tauglichen Abänderungsgründe vorgebracht und er nicht in der vierwöchigen Frist ab der Möglichkeit, die bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen, erhoben wurde. Nach dem Rekursvorbringen vom 8. 9. 2011 sei dem Vater jedenfalls seit diesem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass die ältere Tochter seit etwa September 2010 in seiner Eigentumswohnung lebt. Die gegenteilige Behauptung im Abänderungsantrag, er habe erst am 25. 11. 2011 davon erfahren, sei insoweit aktenwidrig. Zudem habe der Vater nach seinem Vorbringen die Eigentumswohnung erst am 8. 7. 2009 erworben, sodass eine Benützung dieser Wohnung in davor liegenden Zeiträumen nicht als von ihm geleisteter Naturalunterhalt qualifiziert werden könnte. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Wertung eines Einstellungsantrags im Exekutionsverfahren und der Oppositionsklage aufgrund eines vom Unterhaltsberechtigten erst einzuleitenden Exekutionsverfahrens als „anderes gerichtliches Verfahren“ im Sinn des § 72 AußStrG keine Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene ordentliche Revisionsrekurs des Vaters erweist sich als unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfrage abhängt.

Gemäß § 73 Abs 3 AußStrG liegt ein Abänderungsgrund nach § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG nur dann vor, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außer Stande war, die neuen Tatsachen in dem vorangegangenen Verfahren geltend zu machen. Dafür, dass der Abänderungswerber die erst im Abänderungsantrag vorgebrachten Tatsachen nicht schon im Hauptverfahren geltend machen konnte, ist er behauptungs- und beweispflichtig. Kommt er dieser Behauptungslast in seinem Antrag nicht nach, ist dieser zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0124753).

Der Revisionsrekurswerber hat sich am Unterhaltsverfahren in erster Instanz nicht beteiligt, sondern erst in seinem am 8. 9. 2011 erhobenen Rekurs behauptet, seine ältere Tochter lebe seit rund einem Jahr in einer ihm gehörigen Eigentumswohnung, für deren Kosten er alleine aufkomme, weshalb ein entsprechender Naturalunterhalt anzurechnen wäre. In seinem Abänderungsantrag vom 23. 12. 2011 beruft er sich nun darauf, er habe erst am 25. 11. 2011 davon Kenntnis erlangt, dass seine beiden Töchter (gemeinsam mit der Mutter) in der von ihm am 8. 7. 2009 erworbenen Eigentumswohnung wohnten und seit Februar 2010 seine ältere Tochter dort alleine wohne; er sei erst am 25. 11. 2011 in den Stand gesetzt worden, diese „Beweismittel“ zu benützen. Die Bereitstellung der Wohnung sei in Alimentationsabsicht erfolgt.

Auch wenn der Revisionsrekurswerber in Spanien lebt und nur gelegentlich nach Österreich kommt, hätte er angesichts der Unterhaltserhöhungsanträge seiner Töchter allen Anlass dazu gehabt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob diesen in Form einer Wohnversorgung Naturalunterhalt zukommt, insbesondere wenn er nunmehr die Auffassung vertritt, die Bereitstellung der Wohnung sei durch ihn selbst in Alimentationsabsicht erfolgt. Es besteht kein Grund zur Annahme, dem Vater wäre nicht bekannt bzw ermittelbar gewesen, von wem seine Eigentumswohnung genutzt wird, musste er doch zumindest wissen, welche Personen die Möglichkeit haben, sich Zugang zur Wohnung zu verschaffen. Abgesehen von der Diskrepanz seiner Behauptungen zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung - im Abänderungsantrag behauptet er (wenn auch ohne nachvollziehbare Darstellung des Informationsflusses) Kenntnis ab 25. 11. 2011, wogegen er bereits am 8. 9. 2011 in seinem Rekurs eine dezidierte Behauptung der Wohnungsbenützung aufgestellt hatte - wäre der Vater jedenfalls gehalten gewesen, in seinem Abänderungsantrag darzulegen, warum ihn im Sinn des § 73 Abs 3 AußStrG kein Verschulden daran trifft, dass er die entsprechenden Tatsachen nicht bereits im (erstinstanzlichen) Unterhaltsverfahren geltend gemacht hat.

Lag somit jedenfalls ein Grund für die Zurückweisung seines Abänderungsantrags vor, kommt es auf die Lösung der im Revisionsrekurs angesprochenen Rechtsfragen nicht an, womit kein Fall des § 62 Abs 1 AußStrG vorliegt.

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