Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei den Betrag von S 38.000 binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Das noch nicht rechtskräftig erledigte Mehrbegehren von S 14.300 wird dagegen abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 16. September 1970 geschlossene Ehe der Streitteile, der zwei 1971 bzw. 1974 geborene Kinder entstammen, ist geschieden.
Die Klägerin begehrte zuletzt für die Zeit von September 1989 bis einschließlich Mai 1991 einen monatlichen Unterhalt von S 4.000, zusammen daher einen Betrag von S 84.000. Hiezu brachte sie vor, der Beklagte habe im fraglichen Zeitraum ein durchschnittliches monatliches Mindestnettoeinkommen von S 30.000 erzielt, sodaß ihr selbst bei Berücksichtigung ihres eigenen Einkommens von monatlich etwa S 7.500 noch ein monatlicher Unterhalt von S 4.000 zustehe.
Der Beklagte wendete ein, durch seine Geld- und Naturalleistungen sei er seiner Unterhaltsverpflichtung zur Gänze nachgekommen; sein Nettoeinkommen betrage bloß monatlich etwa S 23.000, der von der Klägerin behauptete Mehrbetrag resultiere zur Gänze aus Aufwands- und Überstundenvergütungen, die durch Mehraufwendungen im Außendienst vollständig aufgebraucht worden seien.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 52.300 statt und wies das Mehrbegehren von S 30.800 (richtig: S 31.700) ab. Es vertrat die Ansicht, der noch zu prüfende Unterhaltszeitraum falle zur Gänze in die Zeit noch aufrechter Ehe, sodaß sich der Unterhaltsanspruch am § 94 ABGB orientiere. Danach habe die Klägerin Anspruch auf 40 % des Familieneinkommens abzüglich ihres Eigeneinkommens. Im vorliegenden Fall könne der Beklagte aber wegen der konkurrierenden Unterhaltsansprüche seiner beiden Kinder einen Abzug von 8 % geltend machen. Der Hundertsatz von 32 % betrage bei Nettoeinkünften des Klägers in den Monaten September bis Dezember 1989 von je S 36.036,98, in den Monaten von Jänner bis Dezember 1990 von je S 32.914,38 und den Monaten von Jänner bis Mai 1991 von je S 34.412,27 zuzüglich des Nettoeinkommens der Klägerin von monatlich jeweils S 8.750 abzüglich der gemäß § 273 ZPO mit monatlich S 3.000 bemessene Naturalunterhaltsleistungen unter Bedachtnahme auf eine angemessene Abrundung in den Monaten September bis Dezember 1989 je S 3.100 (rechnerisch S 3.481,83), in den Monaten Jänner bis Dezember 1990 je S 2.200 (rechnerisch S 2.482,60) und in den Monaten Jänner bis Mai 1991 je S 2.700 (rechnerisch S 2.961,93); daraus ergebe sich ein Gesamtbetrag von S 52.300.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte in Erledigung der Rechtsrüge - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - des Beklagten aus, keine Bedenken bestünden gegen den vom Erstgericht herangezogenen Bezugszeitraum; die Bezüge müßten über einen ausreichend langen Zeitraum ermittelt werden. Lohnsteuerrückvergütungen wie im übrigen auch sonstige Steuerrückvergütungen oder im Rahmen des Lohnsteuerausgleichsverfahrens ermittelte Gutschriften oder Überweisungen seien regelmäßig in Aufteilung auf ein Jahr mit dem Unterhaltsberechtigten zu teilendes Nettoeinkommen. Soweit der Beklagte die Einbeziehung von Reisegebühren (bzw. Reisespesen) in die Unterhaltsbemessungsgrundlage bekämpfe, sei ihm entgegenzuhalten, daß lediglich im Jahre 1991 (effektive) Reisegebühren angefallen seien. Diese habe das Erstgericht aber aus der Bemessungsgrundlage zutreffenderweise zur Gänze ausgeschieden. Im übrigen sei das gesamte tatsächlich vereinnahmte oder durch Anspannung erzielbare Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen einschließlich aller Nebengebühren nach Abzug der Soziallasten und öffentlichen Abgaben Grundlage für die Unterhaltsbemessung. Nebengebühren seien daher - gleichviel ob nun pauschaliert oder unregelmäßig bzw. in wechselnder Höhe bezogen - in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Da der Beklagte den Nachweis tatsächlicher, auf Abschlag dieser Nebengebühren getätigter Aufwendungen schuldig geblieben sei, sei aus seinem grundsätzlich richtigen Einwand, auch Nebengebühren, die der Abdeckung konkret nachgewiesener Mehraufwendungen dienten, seien aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, nichts zu gewinnen.
Die vom Beklagten dagegen erhobene Revision ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte führte in seinem Rechtsmittel in erster Linie ins Treffen, dem Erstgericht sei bei Ermittlung des geschuldeten Unterhaltsbetrages ein Rechenfehler unterlaufen, den der Beklagte in der Berufung gerügt, den aber das Gericht zweiter Instanz übergangen habe. Dieses Vorbringen ist richtig:
Das Erstgericht führte in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (ÖA 1992, 160 ua) aus, der minderverdiende Ehegatte könne - wenn sein Unterhaltsanspruch, wie im vorliegenden Fall, nach § 94 ABGB zu bemessen ist - im Regelfall Anspruch auf 40 % des Gesamteinkommens der Ehegatten erheben, doch sei dieser Hundertsatz für jedes von unterhaltsberechtigten Kindern des Unterhaltspflichtigen um vier Prozentpunkte zu kürzen. Von dem so errechneten Betrag müßten zur Ermittlung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin noch deren Eigeneinkünfte so wie bereits bezogene Geld- bzw Naturalunterhaltsleistungen abgezogen werden. Bei der rechnerischen Ermittlung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin nach diesen - vom Beklagten nicht bezweifelten Grundsätzen - unterlief dem Erstgericht jedoch ein Ziffernsturz, indem es zwar zutreffend das von ihm festgestellte monatliche Nettoeinkommen der Klägerin von S 8.750 mit den von ihm ermittelten monatlichen Nettoeinkünften des Beklagten addierte und aus der Summe den Hundertsatz von 32 % errechnete, dann aber als Einkommen der Klägerin versehentlich einen Betrag von monatlich S 7.850 (und ferner die gemäß § 273 ZPO mit monatlich S 3.000 ermittelten Naturalunterhaltsleistungen) abzog. Dieser Rechenfehler wurde von der Klägerin weder in der Berufungs- noch in der Revisionsbeantwortung bezweifelt, aber ins Treffen geführt, daß dieser Irrtum des Erstgerichts schon im Wege der Berichtigung (§ 419 ZPO) hätte beseitigt werden können.
Nun mag es richtig sein, daß dieser „Rechnungsfehler“ auch schon durch Antragstellung gemäß § 419 Abs 1 ZPO hätte behoben werden können, doch stand es dem dadurch betroffenen Beklagten frei, statt eines Berichtigungsantrages ein Rechtsmittel zu ergreifen (3 Ob 620, 621/77 uva; Fasching, Komm III 809). Das Gericht zweiter Instanz, dem sonst eine sorgfältige Erledigung aller Beschwerdepunkte des Beklagten bescheinigt werden kann, hat aber die auf eine Richtigstellung der Berechnung über die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Klägerin abzielenden Ausführungen in der Berufung überhaupt nicht erörtert. Dieser Mangel kann aber - da er bloß eine unrichtige Rechnung zum Inhalt hat - sogleich behoben werden:
Wird berücksichtigt, daß die monatlichen Einkünfte der Klägerin von S 8.750 von den richtig ermittelten Hundertsatzbeträgen abzuziehen sind, und werden mit Rücksicht auf die Probleme bei der Bewertung von Naturalleistungen - von der Klägerin im übrigen gar nicht bezweifelte - angemessene Abstriche (Abrundungen) vorgenommen, so sind der Unterhaltsbemessung für die letzten vier Monate 1989 Monatsbeträge von S 2.500, für das Jahr 1990 solche von S 1.500 und für die ersten fünf Monate 1991 Monatsbeträge von S 2.000 zugrunde zu legen; daraus ist ein Gesamtbetrag von S 38.000 zu errechnen.
Zu Unrecht beschwert sich der Beklagte dagegen über die vollständige Einrechnung der von ihm bezogenen Nebengebühren in die Bemessungsgrundlage. Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ist in erster Linie die sich aus dessen Gesamteinkommen nach Abzug von Steuern und sonstigen öffentlichen Abgaben vom Einkommen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage maßgeblich, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zugeflossenen bzw. zufließenden verfügbaren Mittel (1 Ob 535/92; Schwimann in Schwimann, ABGB § 94 Rz 41 ff). Zu Recht haben die Vorinstanzen daher die Nebengebühren des Beklagten in die Bemessungsgrundlage eingerechnet. Wohl wäre demgemäß bei der Unterhaltsbemessung auch als die Leistungsfähigkeit mindernder Umstand in Rechnung zu stellen, daß den Nebengebühren ein vermehrter kongruenter Aufwand gegenüberstehe, das Erstgericht hat aber - was das Berufungsgericht für unbedenklich hielt - die darauf abzielenden Behauptungen des Beklagten nicht als erwiesen angenommen; soweit sich der Beklagte in der Revision gegen diese (negative) Feststellung wendet, bekämpft er die in dritter Instanz nicht mehr überprüfbare Beweiswürdigung.
Der Beklagte wendet sich auch noch in dritter Instanz gegen die Berücksichtigung einer im Jahre 1989 angefallenen Lohnsteuerrückvergütung. Es kann aber nicht zweifelhaft sein, daß seine verfügbaren Mittel, die nach den vorher angestellten Erwägungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzurechnen sind, um diesen Betrag im Jahre 1989 vermehrt wurden und es billig ist, diesen Einkommensbestandteil auf das gesamte Jahr aufzuteilen (3 Ob 517/93; Purtscheller-Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 230).
Demgemäß war der Klägerin in teilweiser Stattgebung der Revision des Beklagten nur ein Betrag von S 38.000 zuzusprechen; das noch nicht erledigte Mehrbegehren von S 14.300 war abzuweisen.
Der Ausspruch über die Kosten des Verfahren aller drei Instanzen beruht auf § 43 Abs 1 und § 50 ZPO. Berücksichtigt man, daß der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren mit etwa 60 % seines Rechtsstandspunkts durchgedrungen ist, die Klägerin dagegen im Rechtsmittelverfahren ihr in diesem Verfahrensabschnitt verfolgtes Klagebegehren nahezu zu drei Vierteln durchgesetzt hat, so erscheint die verfügte Kostenaufhebung gerechtfertigt, wenn man einerseits in Rechnung stellt, daß im Rechtsmittelverfahren höhere Tarifansätze maßgeblich sind, dafür das erstinstanzliche Verfahren aber von einem höheren Streitwert betroffen war, und andererseits berücksichtigt, daß der Beklagte nur mit jenen Argumenten durchdrang, die er auch zum Gegenstand eines Berichtigungsantrags hätte machen können.
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