Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der nach eigenen Angaben im fünften Grad der Seitenlinie zur Erblasserin verwandte Franz L*** beantragte am 2. November 1982, ein Entmündigungsverfahren gegen Angelina L*** einzuleiten, da sie nach einem Schlaganfall nicht mehr in der Lage sei, ihr Vermögen zu verwalten. Das Erstgericht bestellte darauf mit Beschluß vom 4. November 1982, 22 L 1094/82-3, das Wohlfahrtsamt der Stadt Linz zum vorläufigen Beistand der Angelina L***. Es sprach aus, der vorläufige Beistand habe die Rechte und Pflichten eines Vormundes, insbesondere werde er zur Einkommens- und Vermögensverwaltung berechtigt. Außerhalb des Wirkungskreises des vorläufigen Beistandes sei die Pflegebefohlene in ihren Rechtshandlungen nicht beschränkt. Einem gegen diesen Beschluß gerichteten Rekurs der Angelina L*** wurde mit Beschluß des Rekursgerichtes vom 28. Dezember 1982, 14 R 117/82-16, nicht Folge gegeben, ihr außerordentlicher Revisionsrekurs wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 9. März 1983, 6 Ob 578/83-28, zurückgewiesen. Nach einem im Entmündigungsverfahren eingeholten Gutachten des Univ.Prof. Dr. Gerhard K*** vom 30. September 1983 hielt dieser eine Testamentserrichtung durch Angelina L*** im Beisein eines Richters grundsätzlich für möglich, sofern gleichzeitig durch einen Arzt festgestellt werde, daß Angelina L*** im Rahmen ihrer schwankenden geistigen Leistungsfähigkeit einen besonders guten Zustand erreicht habe. In dem nach Bestellung eines vorläufigen Beistandes vom Erstgericht eingeleiteten Pflegschaftsverfahren 1 P 545/82 des Erstgerichtes suchte der zuständige Richter der Abteilung 1 Angelina L*** am 14. Dezember 1983 im Pflegeheim Sonnenhof auf. Über die damaligen Vorgänge wurde mit Schallträger ein Protokoll auf dem internen Formular 68 aufgenommen. Das Formblatt ist von den so bezeichneten Auskunftspersonen Dr. Wolfgang H*** und Augustine H***, nicht aber vom Richter Dr. Ulrich S*** unterfertigt. Die Übertragung des auf Schallträger aufgenommenen Protokolls hat, soweit es die Erklärung der Angelina L*** betrifft, folgenden Wortlaut: "Die Kurandin leidet an einer motorischen Aphasie. Sie versteht offensichtlich, was der Richter mit ihr bespricht, kann jedoch ihren Antworten verbal keinen Ausdruck verleihen. Mit Hilfe von Fragen, auf die sie mit ja bzw. nein antwortet, kann soweit festgestellt werden, daß sich die Kurandin noch daran erinnern kann, ein Testament gemacht zu haben, in dem sie L***, Fritz und Helene, und Herrn Franz L*** zu Erben eingesetzt hat. Die Kurandin gibt jedoch sehr deutlich zu verstehen, daß sie weder an die Ehegatten L*** noch an Herrn L*** etwas vererben möchte. Dahingehend befragt, wer dann etwas bekommen solle, sagt sie: "Niemand". Dahingehend aufgeklärt, daß nach ihrem Tod Vermögen vorhanden sei und dies jemand bekommen müsse, gibt sie an, daß dies ihre nächsten Verwandten bekommen sollen. Daraufhin angesprochen, ob sie ihren Schwestern etwas vermachen möchte, gibt sie sehr deutlich an, daß ihre Schwestern ihre Erbinnen sein sollen. Auf das Kodizill vom 5. Februar 1982 angesprochen gibt sie an, daß auch ihr Neffe Thomas B*** nichts bekommen sollte. Sie kann jedoch nicht angeben, warum. Auch versucht sie zu formulieren, daß Herr L*** ihr Feind sei. Auf vorhandenes Vermögen angesprochen gibt die Kurandin an, daß sie in früheren Jahren viel gespart habe, daß sie auch Gold besessen habe, daß sie dieses jedoch verkauft habe. Was sie mit dem Erlös gemacht habe, vermag die Kurandin nicht anzugeben." Danach wurden Dr. Wolfgang H*** und Augustine H*** als Auskunftspersonen vernommen. Sie gaben übereinstimmend an, daß es ihre Überzeugung sei, daß Angelina L*** testierfähig sei und heute ihren letzten Willen zum Ausdruck habe bringen wollen, Angelina L*** bejahte dies mit Bestimmtheit. Obwohl sie ansetzte, ihre Unterschrift zu leisten, war ihr dies aber nicht möglich. Im Anschluß an die Übertragung des Protokolls findet sich ein mit 14. Dezember 1983 datierter, vom Richter Dr. Ulrich S*** unterfertigter Amtsvermerk folgenden Inhaltes: "Der Richter ist mit den Auskunftspersonen der Überzeugung, daß Frau L*** zum Zeitpunkt dieses Protokolles testierfähig war und ihren letzten Willen dahingehend zum Ausdruck bringen wollte, daß ihre beiden Schwestern ihre Erbinnen sein sollten." Die gerichtliche Hinterlegung des Protokolles erfolgte mit Verfügung des Richters vom 20. Dezember 1983.
Vor Beendigung des nach den Bestimmungen des Sachwaltergesetzes fortgesetzten Entmündigungsverfahrens verstarb Angelina L*** am 8. März 1985. Zu ihrem Nachlaß gaben Franz L*** aufgrund eines eigenhändigen Testamentes vom 3. März 1982 zum gesamten Nachlaß die bedingte Erbserklärung und die beiden erblasserischen Schwestern Margarethe A*** und Maria L*** aufgrund des Testamentes vom 14. Dezember 1983 je zur Hälfte des Nachlasses die unbedingte Erbserklärung ab.
Das Erstgericht nahm beide Erbserklärungen zu Gericht an und wies in seinem Punkte 4 des Beschlusses gemäß § 126 Abs 2 AußStrG dem erbserklärten Erben Franz L*** zur allfälligen Einbringung der Erbrechtsklage gegen Margarethe A*** und Maria L*** die Klägerrolle zu. Es wurde ihm zur Einbringung dieser Klage eine Frist von zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Beschlusses bestimmt. Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem nur gegen Punkt 4 des erstgerichtlichen Beschlusses gerichteten Rekurs des Franz L*** nicht Folge. Die Frage, ob die zur Zeit der Testamentserrichtung noch nicht entmündigte Erblasserin wegen der damals bereits eingeleiteten vorläufigen Obsorge gemäß §§ 8 ff. EntmO ihren letzten Willen nur mündlich vor Gericht oder auch in anderen Formen hätte erklären können, könne unerörtert bleiben, weil ohnedies nur die Gültigkeit eines mündlichen gerichtlichen Testamentes zur Debatte stehe. Dieses weise aber alle gesetzlich vorgeschriebenen Formerfordernisse auf. Es sei im Beisein nicht nur des Richters, sondern auch zweier fähiger Zeugen zustandegekommen, denen ihre Zeugeneigenschaft bei Erklärung des letzten Willens bewußt gewesen sei. Daß sie im Protokoll nicht als Zeugen, sondern als Auskunftspersonen bezeichnet worden seien, tue ihrer Zeugeneigenschaft im Sinne des § 589 ABGB keinen Abbruch. Das gerichtliche Protokoll trage die Unterschriften nicht nur des Richters, sondern auch dieser beiden Zeugen sowie den vom § 569 ABGB vorgeschriebenen Vermerk betreffend die Freiheit und Besonnenheit der letztwilligen Erklärung. Die Umschreibung dieser Begriffe durch ausdrückliche Bejahung der Testierfähigkeit und des ernstlichen Willens zur protokollarischen Erbseinsetzung durch Richter und Zeugen genüge. Im Abhandlungsverfahren seien nach der Typenwahrscheinlichkeitsregelung des § 126 AußStrG nur aus Form und Inhalt des Testaments selbst hervorgehende Umstände wahrzunehmen, während alle außerhalb von Form und Echtheit liegenden Gültigkeitserfordernisse im Erbrechtsprozeß aufzurollen seien. Dahin gehörten auch alle die Testierfähigkeit des Erblassers und seine freie Willensbildung berührenden Fragen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Franz L*** ist unzulässig.
Nach § 126 Abs 2 AußStrG hat das Gericht, wenn die Erbserklärungen testamentarischer oder gesetzlicher Erben untereinander im Widerspruch stehen, denjenigen zur Überreichung der Klage anzuweisen, der den stärkeren Erbrechtstitel seines Gegners vorerst entkräften müßte. Stützen sich zwei Erbansprecher auf verschiedene, der äußeren Form nach gültige Testamente, so ist die Klägerrolle demjenigen zuzuteilen, der sich auf das ältere Testament stützt (JBl 1978, 36; NZ 1969, 39 ua).
Auszugehen ist davon, daß das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigte. Der Revisionsrekurswerber kann daher die Entscheidung des Rekursgerichtes nur aus den Gründen des § 16 Abs 1 AußStrG bekämpfen, welcher Rechtslage er formell dadurch Rechnung trägt, daß er nur die Rechtsmittelgründe der offenbaren Aktenwidrigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend macht. Eine Aktenwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG liegt nur vor, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung den Inhalt einer Parteienbehauptung oder eines Beweismittels unrichtig wiedergegeben hat und infolgedessen zur Feststellung eines fehlerhaften Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkte gelangt ist (SZ 49/95 uva). Offenbare Gesetzwidrigkeit wird wiederum nur angenommen, wenn die zur Beurteilung gestellte Frage im Gesetz so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103 uva).
Als offenbar aktenwidrig rügt der Revisionsrekurs die Annahme des Rekursgerichtes, daß der Richter und beide Zeugen das Protokoll mit der angenommenen letztwilligen Erklärung der Erblasserin unterfertigten und der Richter und die Zeugen im Protokoll übereinstimmend ausdrücklich ihrer Überzeugung Ausdruck gaben, die Erblasserin sei testierfähig gewesen und hätte ihren letzten Willen zum Ausdruck bringen wollen. Die Beanstandung erfolgt nur deswegen, weil bestritten wird, daß es sich um ein einheitliches Protokoll handelte, die "Zeugen" nur als Auskunftspersonen bezeichnet wurden und ein Vermerk des Richters im Protokoll über die Testierfähigkeit der Erblasserin nicht vorhanden gewesen sei. Es geht dabei aber darum, was als Protokoll angesehen werden kann und demnach um die rechtliche Beurteilung dieser Frage. Offenbare Aktenwidrigkeit liegt damit nicht vor.
Unter dem Revisionsrekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit bekämpft der Rekurswerber vor allem die Beurteilung der Vorinstanzen, das gerichtliche mündliche Testament sei in gehöriger Form errichtet worden.
Nach § 587 ABGB kann der Erblasser auch vor einem Gericht schriftlich oder mündlich testieren. Will der Erblasser seinen Willen mündlich erklären, so ist gemäß § 588 ABGB die Erklärung in einem Protokoll aufzunehmen und der Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines versiegelt gerichtlich zu hinterlegen. Das Gericht, das die mündliche Erklärung des letzten Willens aufnimmt, hat gemäß § 589 ABGB aus zwei eidlich verpflichteten Gerichtspersonen, darunter einem Richter, zu bestehen; die Zeugenschaft der zweiten Gerichtsperson können auch zwei andere Zeugen vertreten. Welser in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu §§ 587 bis 590, bezeichnet es als strittig, inwieweit ein Verstoß gegen die Protokollierungs- und Verwahrungsvorschriften Nichtigkeit des letzten Willens zur Folge habe. Nach Weiß in Klang 2 III 332 ist über das Geschäft ein Protokoll aufzunehmen und von den Gerichtspersonen zu unterschreiben. Das sei wesentlich für die Gültigkeit, weil darin die Bezeugung der Echtheit des letzten Willens gelegen sei. Die Vorschriften über die Datierung, die Ausstellung des Empfangsscheines, die Versiegelung und die gerichtliche Hinterlegung und Verwahrung seien nicht zwingender Natur. Ihre Außerachtlassung mache für sich allein die letztwillige Anordnung nicht ungültig. Eine ähnliche Ansicht vertritt Kralik in Kralik-Ehrenzweig, Erbrecht 3 139 f. Im Gegensatz zu Weiß aaO und auch Ehrenzweig 2 II/2, 443 hält er die gerichtliche Hinterlegung für ein Gültigkeitserfordernis eines gerichtlichen mündlichen Testamentes. Herrschende Ansicht ist, daß die Errichtung des Protokolls durch die Gerichtspersonen über den Inhalt des vom Erblasser ihnen gegenüber erklärten letzten Willens ein Beurkundungsakt von konstitutiver Wirkung ist und daß die Unterfertigung des Protokolles durch die im § 589 ABGB genannten Personen für die Gültigkeit des Testamentes essentiell ist (SZ 41/4, welche Entscheidung einen Fall betrifft, in dem überhaupt kein Protokoll errichtet wurde; Welser aaO; Kralik aaO). Letzterer lehrt entgegen Sperl in JBl 1972, 545 und Weiß aaO 331, daß eine Einheit des Testamentserrichtungsaktes in dem Sinn erforderlich sei, daß die Beurkundung nicht in einem beliebigen späteren Zeitpunkt, sondern ohne schuldhaftes Zögern sofort nach der Erklärung erfolgen müsse.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurswerber rügt die Annahme des Rekursgerichtes, daß der Richter und beide Zeugen das Protokoll über die Aufnahme des gerichtlichen mündlichen letzten Willens unterfertigt hätten. Ihm ist zuzugeben, daß die Unterschrift des Richters auf dem internen Formblatt 68, das als wesentlichen Inhalt nur den Beschluß enthält, es werde von der Beiziehung eines Schriftführers abgesehen und die Aufnahme des Protokolls auf Schallträger verfügt, fehlt. Der Richter hat aber den die Übertragung anschließenden Amtsvermerk, wonach sowohl er als auch die Auskunftspersonen der Überzeugung seien, Angelina L*** sei testierfähig, nicht nur eigenhändig geschrieben, sondern auch unterfertigt und die Aufnahme des übertragenen Protokolles und der Urschrift dieses Amtsvermerkes im zentralen Testamentsregister verfügt. Dieser Amtsvermerk wurde auch als Bestandteil des gerichtlichen Protokolles am 3. April 1985 als letztwillige Anordnung kundgemacht (ON 5). Vorschriften über die Form und die Art der Protokollierung des vor Gericht erklärten mündlichen letzten Willens enthalten die allgemeinen Anordnungen des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen nicht. Dagegen bestimmt § 590 ABGB, daß sich im Notfall die Gerichtspersonen in die Wohnung des Erblassers begeben und seinen letzten Willen schriftlich oder mündlich aufnehmen und dann das Geschäft mit Beisetzung des Tages, Jahres und Ortes zu Protokoll bringen können. Es wird angenommen, daß bei jeder Aufnahme außerhalb des Gerichtsgebäudes (Weiß aaO 331) die Einheit des Errichtungsaktes selbst dann gewahrt bleibt, wenn das Protokoll über die Erklärung des mündlichen letzten Willens erst im Gerichtsgebäude errichtet wird (Feil, Verfahren außer Streitsachen 271). Erst durch den wohl eine Ergänzung des Protokolls darstellen sollende Amtsvermerk des Richters vom 14. Dezember 1983 könnte damit die Beurkundung des mündlichen letzten Willens abgeschlossen sein. Nur für Zeugen eines außergerichtlichen schriftlichen Testamentes gilt auch § 579 ABGB, daß sie mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden Zusatz den Aufsatz über den letzten Willen zu unterschreiben haben. Eine solche Formvorschrift ist im § 589 ABGB nicht angeordnet. Die Ansicht des Rekursgerichtes, daß das Testament formell einwandfrei errichtet wurde, ist damit jedenfalls nicht offenbar gesetzwidrig. Die gerichtliche Hinterlegung des Protokolles erfolgte. Bedenken gegen die Testierabsicht und die Testierfähigkeit der Erblasserin können aber auch bei gerichtlichen mündlichen letzten Willenserklärungen nur im Rechtsweg geltend gemacht und geklärt werden (EvBl 1968/89; Welser aaO Rdz 3 zu §§ 587 bis 590). Da die im Sinn des § 16 AußStrG geltend gemachten Revisionsrekursgründe nicht vorliegen, ist der Revisionsrekurs des Franz L*** zurückzuweisen.
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