OGH 1Ob547/95

OGH1Ob547/9529.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Sandra D*****, geboren am 21.April 1987, und mj.Michael D*****, geboren am 4.September 1989, beide vertreten durch deren Mutter Marianne D*****, diese vertreten durch Dr.Norbert Gugerbauer, Dr.Gerhard Schatzlmayr und Dr.Klaus Schiller, Rechtsanwälte in Schwanenstadt, wegen Unterhalts infolge Revisionsrekurses der beiden Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 2.Februar 1995, GZ 21 R 21/95-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 11.November 1994, GZ P 62/91-7, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der Kinder wurde gemäß § 55 a EheG mit Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 10.April 1991 geschieden. Im Scheidungsfolgenvergleich verpflichtete sich damals der Vater für Sandra einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 2.000,- und für Michael einen solchen von S 1.600,-, jeweils beginnend am 1.Mai 1991, zu bezahlen. Am 12.Oktober 1994 beantragten die Kinder, ihrem Vater aufzutragen, bestehende Zahlungsrückstände (S 14.040,- für Sandra und S 10.520,- für Michael) und „ab November 1994“ höhere monatliche Unterhaltsbeträge als bisher (S 3.020,- für Sandra und S 2.370,- für Michael) zu leisten. Für diesen Antrag verzeichneten die anwaltlich vertretenen Kindern insgesamt S 4.464,77 an Kosten und brachten dazu vor, sie seien wegen ihrer „Einkommens- und Vermögenslosigkeit nicht in der Lage, die Kosten des einschreitenden Rechtsanwaltes zu übernehmen“. Der Vater sei außergerichtlich „sowohl schriftlich als auch wiederholt mündlich aufgefordert“ worden, „die monatlichen Unterhaltsleistungen entsprechend zu erhöhen“; er sei daher „im Rahmen der ihn treffenden Unterhaltspflicht“ verpflichtet, die durch die zweckentsprechende Rechtsverfolgung entstandenen „Kosten des Rechtsvertreters“ zu bezahlen.

Das Erstgericht gab dem Unterhaltsbegehren statt; den auf den Titel der „Unterhaltspflicht“ gestützten Antrag auf Kostenersatz wies es mit der Begründung ab, im Verfahren außer Streitsachen gebe es - abgesehen von „einzelnen Verfahren“ - keinen Kostenersatz.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung; es sprach im übrigen aus, daß „die Minderjährigen ihre Rekurskosten selbst zu tragen“ hätten und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es vertrat im wesentlichen die Ansicht:

Im Verfahren außer Streitsachen finde - abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - kein Kostenersatz statt. Im Verhältnis zwischen Ehegatten gehöre auch „die Deckung notwendiger Prozeß- und Anwaltskosten zum Unterhalt“. Ein Prozeßkostenvorschuß sei jedoch nur dann zuzusprechen, wenn dessen Leistung dem Unterhaltspflichtigen zumutbar sei und sich aus der Prozeßgefahr oder -führung ein besonderer Unterhaltsbedarf ergebe, den der Unterhaltsberechtigte nicht aus den laufenden Unterhaltsbeträgen decken könne. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 4 Ob 540/94 zwar ausgesprochen, daß für ein gemäß § 140 ABGB unterhaltsberechtigtes Kind dasselbe gelte, dabei sei es jedoch um die Sicherung des mit Klage geltend gemachten Unterhaltsanspruchs eines bereits volljährigen Kindes im Provisorialverfahren gegangen. In einer weiteren Entscheidung (EFSlg 58.089) habe das Höchstgericht aber bereits ausgesprochen, daß ein Minderjähriger im Verfahren außer Streitsachen - mangels Anwendbarkeit der §§ 41 ff ZPO - keinen Ersatz für erfolgreich aufgewendete Kosten erlangen könne; dagegen wäre dem im Verfahren gemäß § 382 a EO erfolgreichen Antragsgegner Kostenersatz zuzuerkennen. Die auch im Provisorialverfahren gemäß § 382 a EO nach den §§ 78 und 402 EO geltenden Verweisungen auf die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Kostenersatzpflicht des Antragstellers erforderten daher eine teleologische Reduktion in der Weise, daß eine Kostenersatzpflicht dann nicht bestehe, wenn der Hauptanspruch in einem Verfahren außer Streitsachen verfolgt werde. Spräche man im Verfahren außer Streitsachen zweckmäßig aufgewendete Kosten aus dem Titel eines Unterhaltssonderbedarfs zu, führte das zu einer Umgehung des Grundsatzes, daß in diesem Verfahren kein Kostenersatz stattfinde. Außerdem käme es zu einer Ungleichbehandlung der Verfahrensbeteiligten. Während der einen Unterhaltsanspruch erfolgreich geltend machende Minderjährige seine Anwaltskosten ersetzt erhielte, hätte der Unterhaltsverpflichtete im Falle einer erfolgreichen Abwehr eines unberechtigten Unterhaltsbegehrens keinen solchen Anspruch. Ein minderjähriger Unterhaltsberechtiger könne einen Kostenersatz im Verfahren außer Streitsachen also auch dann nicht erlangen, wenn er diesen „aus dem Titel des Unterhaltsanspruchs (Sonderbedarf)“ begehre. Daraus folge, daß die Rekurswerber auch ihre Rekurskosten selbst zu tragen hätten.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG ist der Revisionsrekurs über den Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Diese Bestimmung entspricht jener des § 528 Abs 2 Z 3 ZPO. Der Zweck dieser Bestimmungen ist, die Anrufung des Obersten Gerichtshofes im Kostenpunkt überhaupt auszuschließen (RZ 1990/118). Den Kostenpunkt betreffen aber alle Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form - sei es materiell, sei es formell - über Kosten abgesprochen wird. Es sind daher alle Sachentscheidungen über Kosten als solche im Kostenpunkt anzusehen, mag es sich dabei um die Kostenbemessung oder darum handeln, von welcher Seite und aus welchen Mitteln Kosten zu erstatten sind (SZ 66/15; EFSlg 73.559; NZ 1993, 36; EFSlg 44.625; EvBl 1969/358).

Die Deckung notwendiger Prozeß- und Anwaltskosten zählt im allgemeinen nur dann zum Unterhalt, wenn dieser - wie von einem Ehegatten, einem volljährigen Kind oder einem minderjährigen Ausländer - mit Klage geltend zu machen ist (NRsp 1994/211 = 4 Ob 540/94 [in diesem Fall ging es um den Unterhaltsanspruch eines bereits volljährigen Kindes]; EvBl 1969/24; SZ 44/50). Ist ein Unterhaltsanspruch dagegen im Verfahren außer Streitsachen zu verfolgen, in dem - abgesehen von hier nicht beachtlichen Ausnahmen - wegen Unanwendbarkeit der §§ 41 ff ZPO kein Kostenersatz im Verhältnis zwischen den Verfahrensbeteiligten stattfindet (EvBl 1989/77 = EFSlg 58.089), kann die Bezahlung notwendiger Prozeß- und Anwaltskosten des Unterhaltsberechtigten jedenfalls dann nicht Gegenstand des Unterhaltsanspruches sein, wenn ein Verfahren - wie im vorliegenden Fall - keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer vom Regelfall aus besonderen Gründen abweichenden Beurteilung bietet; anderenfalls könnte der in § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG angeordnete Rechtsmittelausschluß immer dadurch umgangen werden, daß die für die Verfolgung eines bestehenden Unterhaltsanspruches im Verfahren außer Streitsachen aufgewendeten Prozeßkosten als Unterhaltssonderbedarf geltend gemacht werden. Der Oberste Gerichtshof hätte dann in Überprüfung der Entscheidungen der Vorinstanzen immer auch Sachentscheidungen über Kosten zu fällen, nämlich in welcher Höhe solche zu bemessen seien und welche Verfahrenspartei sie zu tragen habe. Gerade das soll aber durch § 14 Abs 2 Z 2 AußStrG vermieden werden.

Gemäß § 16 Abs 3 AußStrG ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses nicht gebunden. Der erhobene Revisionsrekurs ist daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

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