Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich eines bereits in Rechtskraft erwachsenen Teilzuspruchs - insgesamt zu lauten hat:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution in ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, Bezirksgericht *****, 66.618,15 EUR samt 4 % Zinsen seit 28. Jänner 2005 zu zahlen und die mit 20.459,24 EUR (darin 2.654,04 EUR USt und 4.535 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen."
Text
Entscheidungsgründe:
Eine GmbH und eine weitere Person (im Folgenden: Miteigentümer) kauften je zur Hälfte die im Spruch genannte Liegenschaft, wobei zur Finanzierung ein Bankkredit in Anspruch genommen wurde. Als Sicherheit dienten eine auf der Liegenschaft zugunsten der Bank einverleibte Höchstbetragshypothek über 2,34 Mio ATS sowie die Wechselbürgschaft eines Gesellschafters der GmbH. Anlässlich einer Verlängerung der ursprünglich vereinbarten Kreditlaufzeit übernahm der Kläger, der weitere Gesellschafter der GmbH, die Haftung als Bürge gemäß § 1357 ABGB. Ende Jänner 2005 deckte dieser schließlich den offenen und fälligen Kreditbetrag von 133.236,30 EUR ab. Der Miteigentümer wurde von der Bank im März 2006 darüber informiert, dass dem Kläger als Bürgen und Zahler aufgrund der Einlösung der Forderung die Löschungsquittung übergeben wurde und eine weitere Löschungquittung nicht ausgestellt werde. Der Liegenschaftsanteil des Miteigentümers sollte im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens am 7. 5. 2007 versteigert werden; der Schätzwert für den Hälfteanteil samt Zubehör war mit 77.000 EUR ermittelt worden. Drei Tage vor dem vorgesehenen Versteigerungstermin veräußerte der Miteigentümer seinen Liegenschaftsanteil an den Beklagten. Er informierte diesen nicht darüber, dass der Kredit durch den Kläger als Bürgen und Zahler eingelöst worden und die Forderung der Bank auf diesen übergegangen war und der Kläger auch über die Löschungsquittung verfügte. Vielmehr sicherte er dem Beklagten zu, dass die Liegenschaft von der Belastung durch das im Grundbuch weiterhin zugunsten der Bank einverleibte Pfandrecht frei sei. Der Verkäufer legte dem Vertragserrichter ein Schreiben der Bank vom 2. 3. 2006 vor, in dem diese bestätigte, dass der Kredit per 31. 1. 2005 abgedeckt und das Kreditkonto geschlossen worden sei. Nach Unterfertigung des Kaufvertrags versuchte der Vertragserrichter eine Löschungsquittung von der Bank zu erlangen, was jedoch mit dem Hinweis auf die Einlösung durch den Kläger als Bürgen und Zahler abgelehnt wurde. In der Folge wurde das Eigentumsrecht des Beklagten am erworbenen Hälfteanteil grundbücherlich eingetragen.
Der Kläger begehrte vom Beklagten nun die Hälfte der von ihm selbst zur Kredittilgung geleisteten Zahlung bei sonstiger Exekution in dessen Liegenschaftsanteil. Die Kreditforderung der Bank sei samt Vertragszinsen und dem Pfandrecht auf den Kläger übergegangen. Aufgrund des Erwerbs der Hälfte der zur Besicherung der Kreditforderung verpfändeten Liegenschaft treffe nun den Beklagten die Pfandhaftung.
Der Beklagte wandte - soweit dies im Revisionsverfahren noch von Interesse ist - unter anderem ein, er könne nicht einfach in Anspruch genommen werden, ohne dass vorher der Personalschuldner zur Zahlung aufgefordert worden wäre. Die Kreditforderung der Bank sei durch insgesamt vier Sicherheiten besichert gewesen. Da „Mitschuldner/Mitbürgen" untereinander nur anteilsmäßig hafteten, könne der Kläger vom Beklagten höchstens die Hälfte des geforderten Betrags verlangen. Dem Beklagten sei vom Verkäufer sowie vom „Schriftenverfasser" mitgeteilt worden, dass eine Löschungsquittung bestehe. Der Beklagte habe in keiner Weise davon ausgehen können, dass aus diesem Pfandrecht irgendwelche Verbindlichkeiten offen wären. Er habe zum Zeitpunkt des Erwerbs die aushaftende Schuld nicht gekannt und auch nicht kennen müssen, sodass er den Hälfteanteil gutgläubig erworben habe.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger bei sonstiger Exekution in seinen Liegenschaftsanteil 44.412,10 EUR samt Zinsen zu zahlen und wies das darüber hinausgehende Begehren ab. Der aus § 1358 ABGB Rückgriffsberechtigte trete aufgrund des Gesetzes in die Rechte des Gläubigers ein (Legalzession). Durch die Zahlung gingen auch Nebenrechte auf ihn über, wobei es einer besonderen Traditionshandlung nicht bedürfe; dies gelte vor allem für Pfandrechte. Der gute Glaube im Sinne des § 1500 ABGB müsse im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und im Zeitpunkt des Ansuchens um Einverleibung gegeben sein. Beim Beklagten sei der gute Glaube zum Zeitpunkt der Einverleibung seines Eigentumsrechts nicht mehr vorgelegen; er hätte von einer Einverleibung Abstand nehmen und den Vertrag anfechten müssen. Eine Verpflichtung des Klägers, zuerst gegen die Personalschuldner vorzugehen, sei zu verneinen. Der Beklagte hafte allerdings nur anteilig. § 896 ABGB sei bei jeder Art von Solidarschuld - unabhängig von deren Entstehungsgrund - anwendbar, so auch bei Bürgen und Pfandschuldnern. Diese hafteten nach § 896 ABGB zu gleichen Teilen, sofern keine besondere Vereinbarung vorliege. Für die Forderungen aus dem Kredit seien drei Sicherheiten bestellt worden. Der Kläger könne vom Beklagten daher nur ein Drittel der vom ihm geleisteten Zahlung fordern.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es dem Kläger nur 22.206,05 EUR samt Zinsen zusprach und das darüber hinausgehende Begehren abwies; es sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Ein gutgläubiger lastenfreier Eigentumserwerb durch den Beklagten sei nicht erfolgt. § 1500 ABGB schütze das Vertrauen des Erwerbers auf den Grundbuchstand, wogegen der Beklagte hier darzulegen versuche, er habe gutgläubig davon ausgehen dürfen, dass der Grundbuchstand nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmt. Dass ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb - gegen den Grundbuchstand - möglich wäre, wenn der Erwerber aufgrund anderer Umstände (Mitteilungen des Verkäufers und des „Schriftenverfassers") darauf vertrauen dürfe, dass mit dem einverleibten Pfandrecht tatsächlich keine Forderung mehr gesichert sei, könne der Bestimmung des § 1500 ABGB nicht entnommen werden. Auch nach der Judikatur zu § 1500 ABGB komme der Vertrauensgrundsatz im Übrigen nur dem zugute, der auch bei gehöriger Aufmerksamkeit die wahre Rechtslage nicht erkennen könne, wobei schon fahrlässige Unkenntnis nicht geschützt werde. Hier habe der Beklagte schon deshalb nicht auf ein Erlöschen des Pfandrechts vertrauen dürfen, weil die Möglichkeit des Bestehens von offenen - durch das Pfandrecht gesicherten - Forderungen im Kaufvertrag bedacht und geregelt worden sei. Entgegen seiner Auffassung könne der Kläger gegen den Beklagten allerdings nicht vollen Regress nehmen, weil zwischen dem Regress gegen die Hauptschuldner und jenem gegen Mitbürgen (oder sonstige „Garanten") zu unterscheiden sei. Bei einem Rückgriff unter Mitbürgen gemäß § 1359 ABGB sei im Zweifel entsprechend § 896 ABGB Rückgriff zu gleichen Teilen anzunehmen. Das ABGB behandle grundsätzlich Pfand und Bürgschaft als gleichwertige Sicherungsmittel; auch § 896 ABGB mache keinerlei Unterschied zwischen einzelnen Zahlern und auch sonst sei dem Gesetz eine Rangordnung der Sicherungsmittel bezüglich des Regresses nicht zu entnehmen. Für den Kreditvertrag hätten nun drei Sicherheiten (Bürgschaft des Klägers, Wechselbürgschaft des anderen Gesellschafters, Höchstbetragshypothek auf der Liegenschaft) bestanden. Aufgrund dieser drei Sicherheiten sei der Kläger nur berechtigt, aus der Pfandhaftung ein Drittel der eingelösten Forderung zu regressieren. Da der Kläger aber nur den Hälfteanteil der mit dem Pfandrecht belasteten Liegenschaft und damit nur die Hälfte der ihm zur Verfügung stehenden Sachhaftung in Anspruch nehme, reduziere sich der Rückgriffsanspruch noch einmal um die Hälfte und betrage im Ergebnis daher ein Sechstel der gesamten eingelösten Forderung; die zweite Hälfte der Sachhaftung beziehe sich auf den im Eigentum der GmbH stehenden Hälfteanteil. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil von der höchstgerichtlichen Judikatur nicht abgewichen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Zur Frage des (zu verneinenden) gutgläubigen lastenfreien Erwerbs durch den Beklagten kann ebenso auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden wie zur Frage der Rechtsstellung des Klägers, der die Forderung der Bank eingelöst und dabei auch die Position eines Pfandgläubigers erlangt hat.
Zu Recht zeigt der Revisionswerber auf, dass auf sein Rechtsverhältnis zum Beklagten § 1359 ABGB - auch in seiner Ausdehnung auf andere Sicherheitenbesteller als Bürgen - nicht anzuwenden ist. Der dort geregelte Regress unter Interzedenten erfasst lediglich die (typischen) Fälle, in denen mehrere Personen für den Hauptschuldner Sicherheiten bestellt haben, sei es durch Interzession als Bürge oder Garant oder aber durch Bestellung eines Pfands aus dem eigenen Vermögen. Wird einer von ihnen aufgrund seiner für eine fremde Schuld übernommenen Interzedentenhaftung in Anspruch genommen und leistet er an den Gläubiger, gehen im Rahmen des § 1358 ABGB zwar grundsätzlich auch die (weiteren) Sicherheiten auf ihn über, er soll aber regelmäßig nur anteiligen Regress nehmen können, weil es nicht gerechtfertigt wäre, einen der Interzedenten im Ergebnis besser zu behandeln als die übrigen.
Anders liegt die Sache hingegen, wenn es um eine vom Hauptschuldner selbst bestellte Sicherheit geht, insbesondere eine aus dem Vermögen des Hauptschuldners stammende pfandrechtliche Sicherstellung. Eine solche Sicherheit steht dem gemäß § 1358 ABGB in die Rechtsstellung des Gläubigers eingetretenen zahlenden Interzedenten regelmäßig immer voll zur Verfügung (P. Bydlinski in KBB² § 1358 ABGB Rz 14). Es besteht keine sachliche Rechtfertigung dafür, ein vom Schuldner selbst bestelltes Pfand auch nur teilweise unangetastet zu lassen, dafür aber einen dritten Interzedenten - durch teilweises Abschneiden einer „Regressmöglichkeit" - mit einem durch das sonstige Vermögen des Hauptschuldners nicht gedeckten Forderungsausfall zu belasten.
Daraus ergibt sich, dass nur ein außenstehender Pfandbesteller, der also die Sicherheit aus eigenem Vermögen zur Verfügung gestellt hat, ebenso wie alle sonstigen Interzedenten einem nur anteiligen Regress ausgesetzt ist. Hingegen kann sich ein Realschuldner, der deshalb in diese Position gelangt ist, weil er die mit einem vom Hauptschuldner selbst bestellten Pfandrecht belastete Sache von diesem erworben hat, nicht darauf berufen, er wolle rechtlich ebenso behandelt werden, als wäre er selbst als Interzedent eingeschritten und hätte eine eigene Sache verpfändet (ebenso Bacher, Ausgleichsansprüche zwischen mehreren Sicherern einer fremden Schuld [1994], 77 unter Hinweis auf Hoyer, JBl 1987, 770). Erwirbt jemand eine mit einem Pfandrecht belastete Sache, muss er eben damit rechnen, dass diese sowohl dem ursprünglichen Gläubiger als auch allenfalls einem Legalzessionar als Befriedigungsfonds voll zur Verfügung steht. Dass er beim Erwerb der Sache über das Bestehen eines Pfandrechts allenfalls von seinem Vertragspartner in Irrtum geführt wurde, begründet regelmäßig Ansprüche gegen diesen, kann aber die Rechtsposition des durch das Pfandrecht gesicherten Gläubigers nicht verschlechtern. Der Verkauf von mit dinglichen Lasten behafteten Sachen, die für eine Schuld des Veräußerers weiterhaften, darf nicht zur Verschlechterung der Stellung der Mitsicherer führen. Ansonsten wäre es der Willkür des Hauptschuldners - allenfalls im Zusammenwirken mit dem Erwerber - überlassen, ob und in welchem Ausmaß er dritten Sicherern das dingliche Pfandrecht an der Pfandsache im Ergebnis teilweise entzöge. Die dingliche Haftung der Pfandsache kann keinesfalls durch obligatorische Vereinbarungen des Pfandschuldners mit Dritten beeinträchtigt werden.
Dem Kläger steht somit das Recht zu, sich im Rahmen der bestehenden Höchstbetragshypothek aus dem Liegenschaftsanteil des Beklagten zu befriedigen. Die Frage, ob er eine über den Klagebetrag hinausgehende Forderung geltend machen könnte, stellt sich in diesem Verfahren nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO, da sich das Klagebegehren zur Gänze als berechtigt erwiesen hat.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)