OGH 1Ob524/85

OGH1Ob524/8517.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Maria A, Büroangestellte, Mondsee, Herzog-Odilo-Straße 51, 2.) Franz B, St.Gilden, Sonnenburggasse 1, 3.) Josef B, Schotterwerksunternehmer, St.Gilden, SOnnenburggasse 1, alle vertreten durch Dr.Hartmut Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Gemeinde C, vertreten durch Dr.Karl Kuprian, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13.November 1984, GZ.4 R 266/84-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17.August 1984, GZ.8 Cg 522/82-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens wird gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen sein.

Text

Begründung

Die Kläger, die Erstklägerin zur Hälfte, der Zweit- und Drittkläger zu je einem Viertel, sind Eigentümer der Liegenschaft EZ 309 KG Strobl. Die Erstklägerin erwarb einen Viertelanteil mit übergabsvertrag vom 10.Mai 1957

von ihrem Bruder Johann D.

Die Liegenschaft ist lastenfrei.

Am 16.März 1977 schlossen die Kläger sowie Johann D mit der beklagten Gemeinde einen Vertrag, dessen wesentlicher Inhalt lautet:

Die Gemeinde C besitzt ... die Bewilligung zur Führung eines

öfentlichen, auf Erwerb gerichteten Lichtspielunternehmens mit dem

Standort in C. Im Hinblick ... darauf, daß die Brüder Josef und

Franz B sowie die Geschwister Johann und Maria D ihre Absicht

erklärt haben ... auf ihre Gefahr und Kosten ein neues

Lichtspieltheater zu errichten und in Betrieb zu nehmen, haben die

oben genannten Vertragsteile .... folgendes übereinkommen getroffen:

1.) Die Brüder Franz und Josef B sowie die Geschwister Johann und Maria D, im nachstehenden einfach Kinounternehmer genannt, verpflichten sich der Gemeinde C gegenüber, in Strobl und zwar auf dem bereits einvernehmlich in der Natur vermarkten und in dem zwischen ihnen und der (vorgenannten) Gasthof- und Liegenschaftsbesitzerin Frau Theresia E am 12.März 1956 errichteten Kaufvertrag näher bezeichneten Teilstück des Grundstückes Nr.64/1, inneliegend in der EZ.14 des Grundbuchs über die Katastralgemeinde Strobl, im beiläufigen Ausmaß von 1.359 m 2 ein Lichtspieltheater mit einem Fassungsraum von mindestens 250 Sitzplätzen und einer Theaterbühne ... zu erbauen und dasselbe bis längstens 1.Mai 1959 in Betrieb zu nehmen.

3.) Die Gemeinde C zählt den Kinounternehmern zum Zwecke des Ankaufs des für die Errichtung des Lichtspieltheaters und der Anlage erforderlichen, in dem im Kaufvertrag vom 12.März 1956 abgeschlossenen zwischen den Kinounternehmern als Käufern und der vorgenannten Frau Theresia F als Verkäuferin näher bezeichneten Grundstückes ein zinsenfreies Darlehen von S 40.000,-- zu, welcher Betrag mit Unterfertigung des vorgenannten Kaufvertrages zur Zahlung fällig ist ...

4.) Die Kinounternehmer verpflichten sich für sich und ihre Rechtsnachfolger im Besitz als Gegenleistung für diese im Punkt 3.) vereinbarte entgeltliche Zuwendung der Gemeinde C auf immerwährende Zeiten den Kinosaal samt Bühne während der Zeit vom 1.Oktober bis 31. März eines jeden Jahres an vier verschiedenen Tagen gegen vorherige Verständigung durch die Gemeinde C zum Zwecke der Theateraufführungen der heimischen Volksbühne in Strobl bzw. für notwendige Belange der Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Die Kinounternehmer bewilligen daher aufgrund dieser Vereinbarung, ob der Kinoliegenschaft die Einverleibung der Reallast der Betriebspflicht des Kino- bzw. Theaterunternehmens zugunsten der Gemeinde C. ... Als teilweise Entschädigung für die von den Kinounternehmern und ihren Nachfolgern im Besitz zu tragenden Unkosten, die Kosten der Beleuchtung und Beheizung verpflichtet sich die Gemeinde C 10 % des jeweiligen Bruttokassenerlöses an die Kinounternehmer abzuführen. Für die Proben zu den Aufführungen wird der Gemeinde C die Bühne samt Einrichtungen mit Beleuchtung, aber ohne Beheizung an drei spielfreien Tagen zu den einzelnen Aufführungen von den Kinounternehmern unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

5.) Die Gemeinde C übernimmt die Berichtigung sämtlicher Gebühren und Kosten, die mit der Errichtung, Genehmigung und Verbücherung dieses übereinkommens und des zwischen den Kinounternehmern und Frau Theresia E in Ansehung des Kinogrundstückes geschlossenen Kaufvertrages erwachsen werden, einschließlich der Kosten der geometrischen Vermessung des Kinogrundstückes, nicht aber die Kosten einer allfälligen rechtsfreundlichen Vertretung der Kinounternehmer....

8.) Die Gemeinde C verpflichtet sich des weiteren, nach Fertigstellung des Lichtspieltheaters und nach bau- und lichtspielpolizeilicher Genehmigung des Betriebes und der Betriebseinrichtung die in der Präambel zu diesem übereinkommen bezogene Konzession zugunsten der Kinounternehmer unentgeltlich zurückzulegen.

9.) Die Gemeinde C übernimmt es, die für die Anlegung des Fahrweges zwischen der Ischlerstraße, zu der sie sich vorbehaltlich der Zustimmung der von den Grundstücksabtretungen betroffenen Liegenschaftseigentümern hiemit dem Kinounternehmer gegenüber verpflichtet, erforderlichen Grundstücksteile käuflich zu erwerben, dazu das Einvernehmen mit den betreffenden Grundstückseigentümern herzustellen und dafür zu sorgen, daß der Verbindungsweg in fahrbarem Zustand versetzt und in Zukunft gehalten wird. Bei den Verhandlungen, die dem Abschluß des Vertrages vorausgingen, wurde nicht erörtert, welche Folgen eintreten sollen, wenn ein Kinobetrieb finanziell nicht mehr tragbar sein sollte. Man dachte nicht daran, daß ein Kino einmal nicht mehr 'gehen' und die Kläger den Betrieb einstellen könnten. Das zinsenfreie Darlehen von S 40.000,-- war für den Fall der Errichtung des Kinos nicht zurückzuzahlen. Es deckte zwei Drittel des Kaufpreises der Liegenschaft. Der Kinobetrieb wurde im Jahre 1958 aufgenommen. In den Monaten Juli bis Ende August fanden Vorstellungen fünfmal wöchentlich statt, sonst dreimal wöchentlich. Von Juni bis Oktober arbeitete die Erstklägerin nur im Kinobetrieb und in der im Hause eingerichteten Frühstückspension, in der Zeit von November bis Mai war sie auch in Salzburg beschäftigt. Bis 1961

wohnte die Erstklägerin ständig in Strobl. Nach ihrer Verehelichung übersiedelte sie nach Mondsee, war jedoch weiterhin bis 1966 während der Sommermonate ständig im Kinobetrieb tätig. Ab 1966 wurde der Kartenverkauf und die Reinigung von einer Angestellten besorgt. Die Abrechnungen tätigte zunächst die Erstklägerin, dann der Drittkläger und schließlich dessen Sohn. Zur Filmvorführung war seit 1958 ein Vorführer beschäftigt. Ab 1970 ergaben sich nach den vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnungen folgende Gewinne des Kino- und Buffetbetriebes: 1970 S 15.248,85, 1971 S 23.256,23, 1972 S 26.071,75, 1973 S 29.804,94, 1974

S 6.893,51, 1975 S 22.503,11, 1976 S 6.684,35 und 1977

S 11.459,42. Im Kinobetrieb war mit der Hälfte der Arbeitskraft auch eine Angestellte der im Hause eingerichteten Frühstückspension tätig. Die Kosten dieser Arbeitskraft wurden zur Gänze in der Gewinn- und Verlustrechnung des Pensionsbetriebes verrechnet. Würden die halben Kosten dem Kinobetrieb angelastet, würde sich für 1976 und 1977 ein Verlust ergeben. Ab 1958 spielte die G C fast jährlich im Kinosaal. 1977

entschlossen sich die Kläger zur Einstellung des Kinobetriebes. Die letzte Vorstellung fand am 17.September 1977 statt, die letzte Theateraufführung am 25.September 1977. Seither stehen die Kinoräume leer. Die Vorführmaschinen wurden, da sie nicht mehr verwertbar waren, einem Altwarenhändler übergeben. Die Kläger haben der G C eine weitere Benützung der Räumlichkeiten nicht gestattet. Mit Schreiben vom 2.November 1978 traten die Kläger an die beklagte Partei mit dem Verlangen heran, auf die Rechte aus der Vereinbarung vom 16.März 1957 zu verzichten, doch lehnte dies der Vertreter der beklagten Parteien in seinem Schreiben vom 9.November 1978 ab. Die beklagte Partei bot den Klägern an, die Kinoräumlichkeiten zu einem angemesenen Preis selbst zu mieten oder zu pachten. Am 29.8.1979 erhoben die Kläger zu C 87/79 des BG St.Gilden gegen die Gemeinde C Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Verpflichtung gemäß Pkt.4 des mit der Gemeinde C abgeschlossenen übereinkommens vom 16.3.1957. Das Klagebegehren wurde vom LG Salzburg auf Grund der ihm überbundenen Rechtsansicht des OGH mit Urteil vom 4.2.1982 abgewiesen. Mit Schreiben vom 29.September 1982 kündigten die Kläger die am 16.März 1957

abgeschlossene Vereinbarung auf, weil ihnen die Fortsetzung des Vertrages aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zumutbar sei. Die Kläger begehren die Feststellung, daß die Vereinbarung vom 16. März 1957 infolge Kündigung aufgelöst sei. In eventu stellten sie das Begehren auszusprechen, daß keine Betriebspflicht hinsichtlich des Kinos bestehe und die Dienstbarkeit, auf immerwährende Zeiten den Kinosaal samt Bühne während der Zeit vom 1.Oktober bis 31.März eines jeden Jahres an vier verschiedenen Tagen gegen vorherige Verständigung durch die beklagte Partei zum Zwecke der Theateraufführungen der heimischen G in Strobl bzw. für notwendige Belange der Gemeinde zur Verfügung zu stellen, erloschen sei. Die Kläger brachten vor, aus dem übereinkommen vom 16.März 1957 sei nicht ersichtlich, daß sie auch eine Betriebspflicht in Ansehung des Kinos treffe. Sie seien nur verpflichtet, den Kinosaal für Theateraufführungen bzw. Belange der Gemeinde zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus sei aber die Weiterführung des Kinobetriebes völlig unwirtschaftlich und nicht mehr zumutbar.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und führte aus, die Kläger hätten die Verpflichtung übernommen, das Kino auf immerwährende Zeit zu betreiben und den Kinosaal an vier Tagen im Jahr für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Der Kinobetrieb habe Jahre hindurch Erträge abgeworfen; es könne daher nicht von einem existenzbedrohenden Defizit gesprochen werden, wenn nunmehr vorübergehend weniger oder kein Gewinn erzielt werde. Am 18. Juli 1984 brachte die beklagte Partei vor, die Erbringung der den Klägern obliegenden Leistungen sei schon deshalb nicht unzumutbar, weil ein Interessent bereit sei, das Kino um monatlich S 3.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten zu mieten und zu führen.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt und stellte fest: Das Kino verfüge derzeit weder über eine Vorführanlage noch eine Tonanlage, die elektrische Installation sei erneuerungsbedürftig. Im Zuschauerraum befänden sich Holzklappsesseln alter Bauart, die in 19 Reihen angeordnet seien. Der Holzboden des Kinoraums sei schadhaft. Für die Wiederaufnahme des Kinobetriebes ohne Winterbetrieb seien Mindestkosten in der Höhe von S 490.000,-- erforderlich. Eine auch nur annähernd zeitgemäße Ausstattung des Kinos würde Investitionen in der Höhe von S 350.000,-- erfordern; für die ganzjährige Bespielbarkeit wären zusätzliche Investitionen von S 250.000,-- erforderlich. Insgesamt seien daher die Instandsetzungskosten für einen Sommerbetrieb mit S 840.000,--, für einen Winterbetrieb mit S 1,090.000,--

zu beziffern. Diese Kosten müßten sich in zehn Jahren amortisieren, so daß ein jährlicher Betriebserfolg bei Sommerbetrieb von S 84.000,-- und bei Winterbetrieb von S 109.000,-- notwendig wäre. Die jährlichen Personalkosten seien mit S 112.500,--, die Gesamtkosten (einschließlich Frachtkosten, Grundsteuer, Energiekosten, Telefon etc.) mit S 238.250,-- anzunehmen. Nach der Einwohnerzahl und der Struktur der Gemeinde C könne mit Erträgen aus dem Kartenverkauf von jährlich etwa S 150.000,-- und weiteren Einnahmen aus dem Buffetbetrieb und der Werbung von S 25.000,--, insgesamt sohin von S 175.000,--, gerechnet werden. Würde der Kinobetrieb als reines Familienunternehmen geführt, so könnte sich bei Sommerbetrieb ein Ertrag von etwa S 60.000,-- jährlich ergeben, bei einem Betrieb auch im Winter von etwa S 100.000,-- jährlich. Dabei müßten aber auch Arbeiten wie Vorführen, Aufräumen, Abholen der Filme und dergleichen selbst besorgt werden. Die Kosten eines Vorführers seien mit S 54.500,-- jährlich, bei Verwendung von zwei Aushilfskräften mit S 28.750,-- jährlich anzunehmen.

In rechtlicher Hinsicht gelangte der Erstrichter zum Ergebnis, daß sich aus Punkt 4 im Zusammenhalt mit Punkt 1

des übereinkommens vom 16.März 1957 eine Betriebspflicht auch in Ansehung des Kinobetriebes ergebe. Das zwischen den Streitteilen bestehende Rechtsverhältnis sei als Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren, das aus wichtigen Gründen mit Wirkung ex nunc aufgelöst werden könne. Als wichtiger Grund sei auch eine erhebliche Erschwerung der geschuldeten Leistung bzw. die Unzumutbarkeit ihrer Erbringung anzusehen. Im vorliegenden Fall wäre die weitere Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses für die Kläger unzumutbar. Selbst wenn sie den Betrieb als reines Familienunternehmen führten, würden die Erträge eines Sommer- bzw. Winterbetriebes nicht dazu ausreichen, innerhalb der vom Sachverständigen als angemessen erachteten Amortisationszeit von zehn Jahren die aufgewendeten Investitionen zu decken. Unter diesen Umständen seien die Kläger nicht gehalten, am Vertrag festzuhalten, so daß die Kündigung des Vertrages gerechtfertigt sei. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils, verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der beklagten Partei ist gerechtfertigt.

Die Streitteile gehen im Revisionsverfahren übereinstimmend davon

aus, daß der Vertrag vom 16.3.1957

die Kläger nicht nur dazu verpflichtete, den Kinosaal samt Bühne in

der Zeit vom 1.10. bis 31.3. eines jeden Jahres an vier Tagen der G

in Strobl bzw. der beklagten Partei für Gemeindezwecke zur Verfügung

zu stellen, sondern daß auch die Pflicht zum Betrieb eines Kinos

begründet wurde. Die Einverleibung dieser Verpflichtung als Reallast

war vorgesehen, ist aber unterblieben. Nach Lehre und Rechtsprechung

kann sich der Schuldner auf die Leistungsunmöglichkeit berufen, wenn

ein grobes Mißverhältnis zwischen dem Wert der geschuldeten Leistung

und dem zu ihrer Erbringung notwendigen Aufwand besteht, so daß sich

der Aufwand als unvernünftig und wirtschaftlich sinnlos darstellt

(SZ 54/90; SZ 44/77;

MietSlg.26,100, 23.223/14; EvBl 1963/401; Reischauer in Rummel,

ABGB, Rdz 4 und 8 zu § 920; Pisko-Gschnitzer in Klang Kommentar 2

VI 542) oder wenn die Kosten für die eigene Leistung außer jedem

Verhältnis zur versprochenen (oder bereits erbrachten) Gegenleistung

stehen; bloß jedem Geschäft innewohnende Verluste genügen nicht, es

müßte zumindest eine erhebliche Existenzverschlechterung drohen

(EvBl 1952/103; RSp 1928/140; SZ 4/24; Reischauer aaO;

Pisko-Gschnitzer aaO 543 f). Eine nachträgliche Erschwerung der Leistung kann bei Dauerschuldverhältnissen ein wichtiger Grund sein, der die Lösung des Schuldverhältnisses rechtfertigt, auch wenn die Schwierigkeit nicht so weit geht, daß geradezu von einer Unerschwinglichkeit und damit der rechtlichen Unmöglichkeit der Leistung gesprochen werden müßte (MietSlg.31.223; SZ 45/20; SZ 31/116; HS 6472;

Gschnitzer-Pisko aaO 545; Gschnitzer in Klang 2 IV/1,27). Bei Dauerschuldverhältnissen, deren Verbücherung vorgesehen ist und die demnach auf eine stärkere Bindung der Vertragsteile abzielen, kann das Abstehen vom Vertrag aus wichtigen Gründen nur als äußerstes Notventil gelten (MietSlg.31.223; vgl.Petrasch in Rummel aaO. Rdz 2 zu § 524). Könnte der Kinobetrieb nur mehr defizitär geführt werden, wäre dies grundsätzlich als wichtiger Grund für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses anzuerkennen, nicht aber, wenn der Betrieb zumindest finanziell ausgeglichen geführt werden könnte. Auf eine angemessene Verzinsung des investierten Kapitals können die Kläger nicht Anspruch erheben.

Eine Auflösung des Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund wäre auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die Kläger die Nichterfüllung der vertraglich übernommenen Verpflichtungen selbst zu verantworten hätten (SZ 56/144;

EvBl 1983/12 ua). Das Erstgericht traf die Feststellung, daß die beklagte Partei den Klägern (mit dem Schreiben ihres Vertreters vom 9.11.1978, Beilage 3) anbot, die Kinoräumlichkeiten zu einem angemessenen Preis zu mieten bzw. das Unternehmen zu pachten. Hätten die Kläger von diesem Anbot ohne trifftigen Grund keinen Gebrauch gemacht, wäre eine Auflösung des mit der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrages wegen Unzumutbarkeit der den Klägern obliegenden Leistungen auch dann nicht gerechtfertigt, wenn diese Bereitschaft der beklagten Partei im Zeitpunkt der Auflösungserklärung der Kläger (29.9.1982) nicht mehr gegeben gewesen wäre. Durch Annahme dieses Anbotes wäre der wichtige Grund für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses entfallen. Es fällt allerdings auf, daß sich die beklagte Partei auf diese von ihr seinerzeit erklärte Bereitschaft, die dem Begehren der Kläger die Grundlage entziehen könnte, nicht berufen hat.

Es wurde nach der Aktenlage auch im Verfahren nicht erörtert, aus welchen Gründen die Kläger dieses Anbot nicht angenommen haben. Es wird in einem fortgesetzten Verfahren zu erörtern sein, ob es sich um ein verbindliches, ernstgemeintes Anbot der beklagten Partei gehandelt hat und bejahenden falls aus welchen Gründen die Kläger dieses Anbot nicht angenommen haben.

Die beklagte Partei hat weiters vorgebracht, daß Helene H bereit sei, das Kino zu betreiben, alle damit zusammenhängenden Kosten zu tragen und eine Miete von S 3.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer an die Kläger zu bezahlen. Dem vorgelegten Schreiben der Helene H vom 22.5.1984 an die beklagte Partei (Beilage 5) ist weiters zu entnehmen, daß Helene H bei entsprechender Vertragsdauer auch bereit wäre, die notwendigen Kosten für die Aufnahme des Kinobetriebes zu tragen. über dieses Beweisanbot durfte das Berufungsgericht nicht mit der Begründung hinweggehen, daß damit versucht werde, die Bekundungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen über die Rentabilität des Kinobetriebes zu widerlegen. Der Sachverständige konnte naturgemäß auf persönliche Verhältnisse, die es einem Interessenten ermöglichen, das Kino kostengünstiger zu führen, etwa weil er Renovierungsarbeiten selbst durchführt, hinreichende Eigenmittel für Investitionen zur Verfügung hat und technische Geräte nicht neu anschaffen muß etc., nicht Bedacht nehmen. Wenn die beklagte Partei damit einverstanden ist, die Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistung durch die Kläger nicht zu verlangen, sondern deren Erbringung durch dritte Personen zu akzeptieren, dürfen redlicherweise die Kläger dies nicht ablehnen und sich gleichzeitig auf die Unerschwinglichkeit der ihnen obliegenden Leistungen berufen. Es trifft zwar zu, daß die Prüfung eines wichtigen Grundes für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses auf den Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung abzustellen ist (JBl 1967,209; Fasching, Kommentar, III 661), doch wäre in Ausübung der Pflicht zur materiellen Prozeßleitung klarzustellen gewesen, ob die Möglichkeit der Vermietung bzw. Verpachtung auch im Jahr 1982 behauptet wird. Immerhin haben auch die Kläger der Behauptung und dem Beweisanbot der beklagten Partei nicht entgegengesetzt, daß im Zeitpunkt der Abgabe ihrer Auflösungserklärung eine solche Möglichkeit noch nicht gegeben gewesen wäre.

Sollte das fortgesetzte Verfahren ergeben, daß die Kläger die Unmöglichkeit bzw. unverhältnismäßige Erschwerung der ihnen obliegenden Leistung nicht zu verantworten haben, wäre der Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß ein wichtiger Grund für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses gegeben ist, beizupflichten. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen ist eine auch nur finanziell ausgeglichene Führung des Kinobetriebes (unter den vom Sachverständigen angenommenen Voraussetzungen) nicht möglich. Selbst wenn davon auszugehen wäre, daß die Kläger den Betrieb von Anfang an als Familienbetrieb, also auf der Basis persönlicher Mitarbeit ohne besondere Entlohnung, führten (vgl. auch die Aussage des Drittklägers S 41 d.A.) und daher auch jetzt der Ertragsrechnung nicht einen Betrieb zugrundelegen dürfen, der ausschließlich mit Fremdkräften arbeitet, wären doch Investitionen erforderlich, deren Kosten innerhalb der vom Sachverständigen als angemessen erachteten zehnjährigen Amortisationsperiode nicht hereingebracht werden können. Auf Grund der in den Jahren 1970 bis 1977 erzielten bescheidenen Gewinne hätten die Kläger auch keine Ersatzbeschaffungsrücklage in einer Höhe ansammeln können, die es ihnen ermöglicht hätte, die technische Erneuerung und die erforderliche durchgreifende Modernisierung des Kinobetriebes in Angriff zu nehmen. Es ist auch der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes beizupflichten, daß im vorliegenden Verfahren nicht zu klären ist, ob der beklagten Partei im Falle der Auflösung des Vertragsverhältnisses im Hinblick auf die von ihr in Erwartung immerwährenden Betriebes getätigten Investitionen Bereicherungsansprüche zustehen.

Aus den dargelegten Gründen ist der Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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