OGH 1Ob51/81

OGH1Ob51/815.5.1982

SZ 55/66

Normen

ABGB §1315
WRG 1959 §26 Abs2
ABGB §1315
WRG 1959 §26 Abs2

 

Spruch:

Wurde ein Wasserbenutzungsrecht bewilligt, aber ein Bescheid über die Einräumung von Zwangsrechten und die Entschädigung der davon betroffenen älteren Wasserbenutzungsrechte bis zum Eintritt eines konkreten Schadens nicht erlassen, ist rechtlich davon auszugehen, daß die Behörde mit dem Eintritt eines solchen Schadens nicht gerechnet hat; es ist also Schadenersatz nach § 26 Abs. 2 WRG ohne Verschulden und ohne Beschränkung auf die Fälle des § 1315 ABGB zu leisten

OGH 5. Mai 1982, 1 Ob 51/81 (KG Steyr R 74/81; BG Enns C 271/79 )

Text

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 6. 4. 1970, Wa-3977/8-1969/Ob, wurde der nunmehr beklagten Gemeinde A die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung der im Gemeindegebiet anfallenden Abwässer und eines Teiles der dort anfallenden Niederschlagswässer in den zu regulierenden B-Bach sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiefür erforderlichen Anlagen unter bestimmten Bedingungen und Auflagen erteilt. Gemäß Punkt 26 des Bescheides durfte mit dem Bau der Anlage nach Rechtskraft des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides unter Berücksichtigung des Punktes 13 und des Spruchabschnittes II begonnen werden. Spruchabschnitt II sah vor, daß über die Forderung der Wassergenossenschaft C, die Ausübung ihres im Wasserbuch der BH Linz-Land unter der Postzahl 269 eingetragenen Wiesenbewässerungsrechtes im bisherigen Umfang - auch hinsichtlich der Bewässerungsflächen östlich des geplanten Dammes - zu ermöglichen, gemäß § 59 AVG 1950 gesondert abgesprochen werden werde. Dieser Vorbehalt wurde damit begrundet, daß der B-Bach nur dann für die Kanalisationsanlage als Vorfluter dienen könne, wenn die Mindestwasserführung von 70 bis 80 l/sec gewährleistet bleibe, was bedeute, daß zur Zeit der Mindestwasserführung das Bewässerungsrecht nicht ausgeführt werden dürfe und daß der zufolge des Kanalbaus zu errichtende Damm die Bewässerung der Flächen östlich des Dammes unmöglich machen werde. Die Erlassung des Bescheides sei aber erforderlich, weil der Bau des Ortskanals A für den Siedlungsraum zwecks Beseitigung sanitärer Mißstände eine absolute Notwendigkeit darstellte. Die vorbehaltene gesonderte Entscheidung der Verwaltungsbehörde erfolgte nicht. Das der Genehmigung zugrunde gelegene Projekt sah die Führung eines Kanalstranges in einem Damm vor, der so geführt wurde, daß das Grundstück 193/1 der Kläger östlich des Dammes gelegen ist, während der Bach, von dem aus das Grundstück bewässert werden soll, westlich des Dammes liegt. Der Bauabschnitt I der Kanalisation A, zu dem auch der von Norden nach Süden verlaufende Damm gehört, wurde bis 15. 9. 1972 fertiggestellt. Im Bereich der 236.68 m langen Grenze zwischen dem Grundstück 193/1 und dem Damm befinden sich im Damm zwei Unterdükerungen aus Rohren, die den Damm queren und jeweils zirka 0.5 m unter dem Geländeniveau beginnen und enden. Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 13. 9. 1977, Wa 1261/17- 1977/Re, der noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, wurde das Bewässerungsrecht der Wassergenossenschaft C enteignet.

Die Wassergenossenschaft C besteht seit dem vorigen Jahrhundert. Ihr Zweck ist die Bewässerung von rund 71 ha Land, zu dem auch das Grundstück Nr. 193/1 KG A der Kläger gehört. Das Bewässerungsrecht, das in das Wasserbuch der BH Linz-Land unter der Postzahl 269 eingetragen ist, sieht die Entnahme von Wasser aus dem B-Bach vor. Weder im Bescheid der BH Linz-Land vom 18. 12. 1958, Wa 143/1958, mit dem die neue Bewässerungsordnung der Wassergenossenschaft C wasserrechtsbehördlich genehmigt wurde, noch im Wasserbuchbescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 11. 3. 1960, Wa-673/1- 1960, mit dem die Eintragung des Bewässerungsrechtes der Wassergenossenschaft in das Wasserbuch der BH Linz-Land angeordnet wurde, sind die einzelnen angeführten Grundstücke ihrer Kulturgattung nach bestimmt. Die Mitglieder der Wassergenossenschaft C übten und üben das Wassernutzungsrecht jeweils dann aus, wenn es die Witterungslage erforderlich macht. So wurde in den Jahren 1966, 1967, 1969, 1971, 1973, 1976 und 1979 eine Bewässerung, für die der sogenannte Wiesenhüter der Genossenschaft zuständig ist, durchgeführt. Vor dem Dammbau wurde dabei auch der gesamte Bereich des damals noch ungeteilten Grundstücks 193 KG A der Kläger bewässert. Im Zuge des Dammbaus wurde vom Obmann der Wassergenossenschaft sowie vom Erstkläger die Verlegung von sechs Dükern gefordert. Auf Vorschlag eines Technikers des mit der Planung und Bauaufsicht beauftragten Zivilingenieurbüros wurden nur drei Düker angelegt. Alle Wehranlagen mit Ausnahme des E-Wehrs sind funktionstüchtig. Abgesehen von der Behinderung durch den Damm ist eine ordnungsgemäße Bewässerung möglich. Der Antrag der Kläger auf Leistung einer Entschädigung im Betrag von 16 820 S wegen der Ertragsminderung im Jahre 1976, der sich auf dasselbe Vorbringen wie die Klage stützte, wurde vom Landeshauptmann für Oberösterreich mit Bescheid vom 24. 11. 1978, Zl. Wa-2686/6-1978, abgewiesen, weil Entschädigungsansprüche wegen Beeinträchtigung des Bewässerungsrechtes nur der Wassergenossenschaft C, nicht aber einem Mitglied dieser Genossenschaft zustunde. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft als Berufungsbehörde wies mit Bescheid vom 9. 3. 1979, Zahl 510 845/01-I 5/79, den Antrag der Kläger zurück, weil sich der Anspruch der Kläger auf Bewässerung ausschließlich auf die Mitgliedschaft bei der Wassergenossenschaft C grunde. Die Zuerkennung einer Entschädigung wäre nur im Falle der Einräumung eines Zwangsrechtes in Betracht gekommen. Da ein Zwangsrecht nicht eingeräumt wurde und im Hinblick auf die Versorgung aus der Genossenschaftsanlage eine Zwangsrechtseinräumung gegenüber den Klägern auch nicht denkbar erscheine, sei von der Wasserrechtsbehörde eine Entschädigung nicht festzusetzen gewesen. Soweit der Antrag auf Ersatz des Ernteausfalls als Schadenersatz zu werten sei, wäre ein solcher Anspruch nur gerechtfertigt, wenn mit dem eingetretenen Schaden bei Erteilung der Bewilligung nicht oder nicht in diesem Umfang gerechnet worden wäre; in diesem Falle wäre der Schadenersatzanspruch im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.

Die Kläger begehren den Betrag von 17 355.92 S samt Anhang mit der Begründung, daß sie durch die von der beklagten Partei errichtete Wasserbenutzungsanlage, die eine Beeinträchtigung der Bewässerung ihres Grundstücks 193/1 KG A zur Folge gehabt habe, im Jahre 1976 einen Ernteausfall in Höhe des Klagsbetrags erlitten hätte. Bei Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung sei von der Wasserrechtsbehörde mit dem Eintritt dieses Schadens nicht gerechnet worden.

Die beklagte Partei beantragt Abweisung des Klagebegehrens. Den Klägern stehe ein individuelles Wasserbenutzungsrecht nicht zu, so daß sie durch die Baumaßnahmen der beklagten Partei in ihren Rechten nicht beeinträchtigt werden konnten. Beeinträchtigt werden hätte nur das Wasserbenutzungsrecht der Wassergenossenschaft C können: ein allenfalls eingetretener Schaden könne demnach auch nur von der Wassergenossenschaft geltend gemacht werden. Der Rechtsweg sei auch unzulässig, weil bei Erteilung der wasserrechtsbehördlichen Bewilligung mit dem Schadenseintritt gerechnet worden sei, so daß die Verwaltungsbehörde berufen sei, über allfällige Ersatzansprüche der Kläger abzusprechen. Die Instandhaltung der von der beklagten Partei errichteten Sammelgräben und Dükerrohre sei Sache der Wassergenossenschaft C, so daß die beklagte Partei am eingetretenen Schaden kein Verschulden treffe. Das Wasserbenutzungsrecht der Wassergenossenschaft C sei zuletzt kaum noch in Anspruch genommen, jedenfalls aber dadurch eingeschränkt worden, daß sie verpflichtet gewesen sei, auch bei Niedrigwasser soviel Wasser im B-Bach zu belassen, daß eine Mindestwassermenge von 70 bis 80 l/sec gewährleistet sei. Es werde auch die Höhe des eingetretenen Schadens bestritten. Der Anspruch sei darüber hinaus verjährt, weil die Kläger schon vor dem 24. 4. 1976 mit dem Eintritt des Schadens hätten rechnen müssen. Die Kläger hätten die beklagte Partei von der Funktionsuntüchtigkeit der Düker verständigen oder selbst für deren Funktionieren sorgen müssen.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab und stellte fest: Im Jahre 1973 hätten die Kläger auf dem Grundstück 193/1 Weizen gebaut, der weniger empfindlich sei, weshalb kein Ernteausfall eingetreten sei. Im Jahre 1976 seien die Maispflanzen, für die die Bewässerung wichtig sei, auf dem östlich des Damms gelegenen Grundstück in ihrem Wuchs gegenüber den westlich vom Damm gesetzten Pflanzen deutlich zurückgeblieben. Der Boden östlich des Damms weise Sprünge auf, während im Westen infolge der Bewässerung diese Sprünge nicht aufgetreten seien. Zufolge der mangelhaften Bewässerung sei ein Ernteausfall eingetreten.

Rechtlich führte der Erstrichter aus, daß der Anspruch nicht verjährt sei, weil die Kläger erst im Laufe des Sommers 1976 Kenntnis davon erhalten hätten, daß die Anlage der beklagten Partei ihnen Schaden zufüge. Wassergenossenschaften seien gemäß den §§ 73 ff. WRG ein Zusammenschluß von Interessenten zur organisatorisch leichteren Nutzung von Wasserrechten. Solche Genossenschaften betrieben selbst kein Unternehmen; sie bewirtschafteten daher auch nicht selbst Grundstücke, auf die sich ein Wassernutzungsrecht erstreckte, sodaß sie schon begrifflich durch einen widerrechtlichen Eingriff in ein Wassernutzungsrecht keinen Schaden erleiden könnten. Ein Vermögensschaden könne der Wassergenossenschaft nicht entstehen, weil der konkrete wirtschaftliche Vorteil des Wassernutzungsrechtes in Form besserer Erträge nicht ihr, sondern den einzelnen Mitgliedern der Wassergenossenschaft zugute komme. Eine Haftung nach § 26 Abs. 2 WRG komme aber im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil von dieser Bestimmung nur Schäden erfaßt werden, die durch den rechtmäßigen Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage entstehen. Aus Punkt 26 in Verbindung mit Spruchabschnitt II des Bescheides des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 6. 4. 1970 ergebe sich aber, daß mit dem Bau des Dammes erst hätte begonnen werden dürfen, wenn über die Forderung der Wassergenossenschaft C eine gesonderte Entscheidung gefällt worden wäre. Eine rechtmäßig betriebene Wasserbenutzungsanlage liege demnach nicht vor. Darüber hinaus könne der Wasserberechtigte für Schäden, die ihm durch eine Wasserbenutzungsanlage zugefügt werden, nur dann im Rechtsweg Ersatz verlangen, wenn mit dem Eintritt solcher Schäden von der Wasserrechtsbehörde bei Erteilung der Bewilligung überhaupt nicht oder nur in einem geringeren Umfang gerechnet worden sei. Aus dem Bescheid der Wasserrechtsbehörde ergeben sich jedoch, daß mit dem Eintritt von Schäden, wie sie dann bei den Klägern tatsächlich auftraten, von der Wasserrechtsbehörde gerechnet worden sei. Eine Haftung nach schadenersatzrechtlichen Bestimmungen (§§ 1295 ff. ABGB) sei nicht gegeben, weil Organen der beklagten Partei ein Verschulden nicht anzulasten sei. Die beklagte Partei habe sich auf den Rat von Technikern verlassen können, die den Einbau von drei Unterdükerungen für ausreichend hielten, um die Bewässerung des Gebietes östlich des Dammes zu gewährleisten. Eine Haftung nach § 1315 ABGB entfalle, weil nicht gesagt werden könne, daß die Ziviltechniker, deren sich die beklagte Partei bei Ausführung der Anlage bedient habe, untüchtig gewesen seien.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei Folge, hob es auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß das Verfahren vom Erstgericht erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Das Berufungsgericht führte aus, die Kläger behaupteten, daß das Unterbleiben der Bewässerung bzw. die schlechte Bewässerung ihres Grundstückes auf Mängel der von der beklagten Partei errichteten Wasserbenutzungsanlage zurückzuführen sei. Das Berufungsgericht teile die Ansicht des Erstrichters, daß die Wasserrechtsbehörde die Ortskanalisationsanlage der beklagten Partei nur teilweise genehmigt habe. Aus dem Vorbehalt der bislang nicht erfolgten Absprache über das Verlangen der Wassergenossenschaft C, daß die Bewässerung der östlich vom Damm gelegenen Flächen gewährleistet sein müsse, sei zu folgern, daß die Errichtung des Dammes noch nicht genehmigt worden sei. Das Erstgericht werde demnach mit den Parteien zu erörtern haben, welchem Teil der Anlage die Kläger die Schadensquelle zuordnen. Ergäbe sich, daß durch den Bestand oder den Betrieb oder durch Bestand und Betrieb eines nicht genehmigten Teils der Ortskanalisationsanlage ein Schaden zufolge Unterbleibens der Bewässerung entstanden sei, hafte die beklagte Partei für diesen rechtswidrigen Zustand, der mit den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes in Widerspruch stehe, nach der Vorschrift des § 1311 ABGB, sofern die beklagte Partei nicht beweise, daß der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre. Wäre Schadensquelle der von der Verwaltungsbehörde genehmigte Teil der Wasserbenutzungsanlage, haftete die beklagte Partei nach den Bestimmungen des 30. Hauptstückes des zweiten Teiles des ABGB, falls der genehmigte Teil unsachgemäß hergestellt oder unsachgemäß betrieben worden sei, es sei denn, der unsachgemäße Betrieb sei allein auf eine Vernachlässigung der nur den Klägern oder der Wassergenossenschaft oder ihnen gemeinsam obliegenden Instandhaltung der Anlage zurückzuführen. Die beklagte Partei als juristische Person habe aber für den Schaden, der infolge eines Verschuldens eines Besorgungsgehilfen entstanden sei, nur im Rahmen des § 1315 ABGB oder bei einem den verfassungsmäßigen Organen der beklagten Partei anzulastenden Überwachungsverschulden oder Organisationsmangel einzustehen. Das Erstgericht werde festzustellen haben, ob den Klägern durch das Unterbleiben der Bewässerung oder eine mangelhafte Bewässerung ihres Grundstückes ein Schaden entstanden sei und worauf dieser Schaden zurückzuführen sei. Erst dann werde beurteilt werden können, ob die beklagte Partei für diesen Schaden einzustehen habe. Im Falle der Bejahung der Haftung der beklagten Partei komme unter Umständen auch dem Mitverschuldenseinwand der beklagten Partei Bedeutung zu. Es werde festzustellen sein, ob die Kläger die beklagte Partei vom Unterbleiben des Wasserdurchtrittes durch den Damm hätten unverzüglich verständigen können oder ob sie selbst die Reinigung der Rohrdurchlässe mit geringen Mitteln hätten vornehmen und dadurch den Eintritt des Schadens verhindern oder geringer halten hätten können. Daß die Instandhaltung der in den Damm eingebauten Dükerrohre und Sammelgräben grundsätzlich Sache der Wassergenossenschaft sei, könne nicht gesagt werden; die Verpflichtung zur Instandhaltung der Anlage treffe vielmehr nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, falls kein anderer Rechtstitel vorliege, den Eigentümer der Anlage selbst. Die Enteignung des Bewässerungsrechtes der Wassergenossenschaft C sei ohne rechtliche Relevanz, solange der Entscheidungsbescheid noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 32 Abs. 1 WRG sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Einer solchen Bewilligung bedürfen gemäß § 32 Abs. 2 WRG insbesondere die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen. Solche Anlagen gelten gemäß § 32 Abs. 6 WRG als Wasserbenutzungsanlagen iS des § 26 WRG. Zu Recht gehen die Rekurswerber davon aus, daß die von der beklagten Partei errichtete Anlage iS des § 26 Abs. 2 WRG rechtmäßig betrieben wurde und betrieben wird. Mit dem Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 6. 4. 1970 wurde der beklagten Partei auf Grund der in diesem Bescheid näher bezeichneten gesetzlichen Bestimmungen die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung der im Gemeindegebiet A anfallenden Abwässer und eines Teiles der dort anfallenden Niederschlagswässer in den zu regulierenden B-Bach sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiefür erforderlichen Anlagen unter den im Bescheid genannten Bedingungen und Auflagen erteilt. Punkt 26 des Bescheides sieht vor, daß mit dem Bau der Anlage nach Rechtskraft der wasserrechtlichen Bewilligung unter Berücksichtigung des Punktes 13 und des Spruchabschnittes II begonnen werden darf. Im Spruchabschnitt II wurde ausgesprochen, daß über die Forderung der Wassergenossenschaft C auf Ermöglichung der Ausübung ihres im Wasserbuch der BH Linz-Land unter Postzahl 269 eingetragenen Wiesenbewässerungsrechtes im bisherigen Umfang - auch hinsichtlich der Bewässerungsflächen östlich des geplanten Dammes - gemäß § 59 AVG 1950 gesondert abgesprochen werden werde. In der Begründung des Bescheides wird zum Ausdruck gebracht, daß das Wasserrecht der Wassergenossenschaft C durch das neu eingeräumte Wasserrecht berührt werde; da über die Frage der weiteren Ausübung des Wasserrechtes der Wassergenossenschaft C bei Mindestwasserführung bzw. über die Frage einer allfälligen Ablöse noch kein Einvernehmen erzielt worden sei, werde diese Frage einer gesonderten Entscheidung vorbehalten. Die Erlassung des Bewilligungsbescheides sei aber erforderlich, weil der Bau des Ortskanals A für den Siedlungsraum A zwecks Beseitigung sanitärer Mißstände eine absolute Notwendigkeit darstelle. Damit wurde ohne Zweifel auch die Errichtung des Dammes, ohne den der Betrieb der genehmigten Anlage nicht möglich wäre, genehmigt. Von einer bloß teilweisen Genehmigung des Bauvorhabens der Gemeinde A kann daher entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht gesprochen werden. Spruchabschnitt II des Bescheides bringt auch nicht zum Ausdruck, mit welchem Inhalt der ergänzende Bescheid ergehen werde; es blieb insbesondere offen, ob eine Abfindung des beeinträchtigten Wasserbenutzungsrechtes der Wassergenossenschaft C oder eine Enteignung dieser Rechte (§§ 63 ff. WRG) überhaupt beabsichtigt sei.

Die Kläger haben das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verfolgung eines Entschädigungsanspruchs im ordentlichen Rechtsweg gemäß § 26 Abs. 2 WRG behauptet, brachten sie doch vor, daß bei Bewilligung der Wasserbenutzungsanlage der beklagten Partei mit dem Eintritt des Schadens nicht im tatsächlichen Umfang gerechnet worden sei. Der beklagten Partei kann nicht darin gefolgt werden, daß diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht zutreffe. Grundsätzlich darf ein Wasserbenutzungsrecht nicht verliehen werden, wenn hiedurch bestehende Rechte beeinträchtigt werden; findet eine solche Beeinträchtigung statt, so muß das entgegenstehende Recht durch ein Zwangsrecht beseitigt werden, wofür gemäß § 117 WRG eine angemessene Entschädigung zu leisten ist (SZ 51/164; Krzizek, Komm. z. Wasserrechtsgesetz 123 f.). Der Ausspruch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang von Zwangsrechten (§ 60 WRG) hat nach Möglichkeit im Bewilligungsbescheid, sonst mit gesondertem Bescheid zu erfolgen (§ 111 Abs. 1 zweiter Satz WRG). Da gemäß § 12 Abs. 1 WRG eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erteilt werden darf, wenn durch sie rechtmäßig geübte Wasserbenutzungsrechte beeinträchtigt werden, soll aber grundsätzlich in dem Bescheid, mit welchem die wasserrechtliche Bewilligung erteilt wird, zugleich auch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang von Zwangsrechten abgesprochen werden und die Erlassung eines gesonderten Bescheides nur ausnahmsweise geschehen (Krzizek aaO 451;

Grabmayr - Rossmann, Das österreichische Wasserrecht[2] 533 Anm, 8;

vgl. VwGH Slg. 4858 A). Der Bescheid der Wasserrechtsbehörde vom 6. 4. 1970 enthielt weder eine Entscheidung über Zwangsrechte noch behielt er sich solche vor. Der Spruchabschnitt II bedeutete vielmehr, daß noch geprüft werden sollte, ob die Wasserrechte der Wassergenossenschaft überhaupt beeinträchtigt werden.

Dies mag darauf zurückzuführen sein, daß sie es für möglich hielt, es könnten durch den Einbau von Dükern nachteilige Folgen für die östlich des Dammes gelegenen Grundstücke vermieden werden. Auch die Begründung des Bescheides spricht dafür. Die Behörde hat auch in der Folge bis zum behaupteten Schadenseintritt im Jahre 1976 einen Bescheid über die Einräumung von Zwangsrechten und die Entschädigung der davon betroffenen älteren Wasserbenutzungsrechte nicht erlassen. Solange dies nicht geschehen war, mußte davon ausgegangen werden, daß die Behörde mit dem Eintritt konkreter Schäden nicht gerechnet hatte, so daß bei Eintritt eines Schadens die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 WRG gegeben waren, also Schadenersatz ohne Verschulden und ohne Beschränkung auf die Fälle des § 1315 ABGB zu leisten ist.

Den Klägern standen auch - entgegen der Ansicht der Rekurswerberin - ältere Wasserbenutzungsrechte zu. Nach dem Wasserbuchbescheid des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung vom 11. 3. 1960 wird unter Punkt 7 "Bezeichnung der Betriebsanlage oder Liegenschaft (Vulgärname), mit der das Wasserbenutzungsrecht verbunden ist" auf das Bewässerungs- und Interessentenverzeichnis verwiesen, in dem die Kläger unter der laufenden Nummer 19 als Eigentümer des Grundstücks 193 KG Asten eingetragen sind. Mangels anderweitiger Vereinbarung tritt durch die Bildung einer Wassergenossenschaft auch keine Änderung von bestehenden Wasserberechtigungen ein (§ 74 Abs. 4 WRG). Ein genossenschaftlicher Zusammenschluß beseitigt also die individuellen wasserwirtschaftlichen Rechte der Genossenschaftsmitglieder nicht (Grabmayr - Rossmann aaO 359 Anm. 8). Soll ein Wasserrecht auf die Genossenschaft übergehen, muß der bisher Berechtigte auf sein Recht verzichten und die Genossenschaft um die Verleihung eines gleichen Rechtes ansuchen (Krzizek aaO 302). Daß dies geschehen wäre, behauptete die beklagte Partei nicht. Die Kläger sind demnach berechtigt, den ihnen erwachsenen Schaden gegen den Schädiger selbst geltend zu machen. Über Umfang und Ursache des von den Klägern behaupteten Schadens werden im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zu treffen sein. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, das Verfahren biete keine Anhaltspunkte dafür, daß die Kläger oder die Wassergenossenschaft C zur Instandhaltung der Dükerrohre und Sammelgräben verpflichtet wären, wird von den Rekurswerbern ebensowenig bekämpft wie die von den Vorinstanzen angenommene Verneinung der Verjährung des von den Klägern erhobenen Anspruchs. Beachtlich könnte der Mitverschuldenseinwand sein. Den Klägern ist freilich nicht zuzumuten, die Wasserbenutzungsanlage der beklagten Partei selbst zu reinigen; darin könnte unter Umständen sogar eine Besitzstörung erblickt werden. Sollte aber der beklagten Partei nicht ohnehin bekannt gewesen sein, daß die im Damm eingebauten Düker nicht funktionsfähig sind, wäre von den Klägern, sofern ihnen dies bekannt war, zu fordern gewesen, die beklagte Partei darauf hinzuweisen; eine Unterlassung wäre ihnen als Mitverschulden am eingetretenen Schaden anzulasten.

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