OGH 1Ob513/84

OGH1Ob513/8422.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Dr. Kurt O*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Ewald Briem, Rechtsanwalt in St. Johann in Tirol, Wegscheidgasse 9, wider die beklagte Partei E*****, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Aufhebung eines Kaufvertrags und Einverleibung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 16. September 1983, GZ 2 R 222/83-7, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 27. Mai 1983, GZ 15 Cg 313/83-2, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Dr. Ewald Briem, Rechtsanwalt in St. Johann in Tirol, brachte als Verlassenschaftskurator in der Verlassenschaftssache nach Dr. Kurt O***** gegen die beklagte Partei eine Klage mit dem Begehren ein, der zwischen der beklagten Partei und Dr. Kurt O***** am 10. 7. 1981 abgeschlossene Kaufvertrag über (5/6-Anteile der) Liegenschaft EZ 311 II KG Kitzbühel-Stadt werde Zuge um Zug gegen Rückstellung der hiefür erbrachten Leistungen aufgehoben; mit Rechtskraft gelte die Einwilligung der beklagten Partei zur Einverleibung des Eigentumsrechts für die Verlassenschaft nach Dr. Kurt O***** an der Liegenschaft EZ 311 II KG Kitzbühel-Stadt als abgegeben; gleichzeitig beantragte die klagende Partei, diese Klage bei der EZ 311 II KG Kitzbühel-Stadt anzumerken. Die klagende Partei brachte vor, Dr. Kurt O***** sei nach dem Tod seiner Gattin Pia O***** zu 5/6 Eigentümer der Liegenschaft EZ 311 II KG Kitzbühel-Stadt gewesen. Mit Kaufvertrag vom 10. 7. 1981 habe er seine Anteile um den Kaufpreis von 1.545.000 S an die beklagte Partei verkauft. Der gemeine Wert seiner Anteile habe aber 3.500.000 S betragen, sodass Verkürzung über die Hälfte vorliege. Aus diesem Grunde werde die Aufhebung des Vertrags vom 10. 7. 1981 gefordert. Der Abgang bis zum gemeinen Wert, zu dessen Ersatz sich die beklagte Partei bereit erklären könne, würde 1.955.000 S betragen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Streitanmerkung ob der gesamten EZ 311 II KG Kitzbühel-Stadt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei teilweise Folge; es änderte den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass die Streitanmerkung nur auf den 5/6-Anteil der Verlassenschaft nach Dr. Kurt O***** bewilligt werde. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 15.000 S nicht übersteige. Aus der Bezeichnung der klagenden Partei ergebe sich eindeutig, dass Dr. Ewald Briem die Klage nicht im eigenen Namen, sondern als Kurator der Verlassenschaft nach Dr. Kurt O***** erhoben habe. Die Anfechtung eines Vertrags wegen Verletzung über die Hälfte treffe die Wurzel des Rechtsgeschäfts. Die Aufhebung des Vertrags aus dem Grunde des § 934 ABGB habe daher keinen obligatorischen, sondern einen dinglichen Rückstellungsanspruch zur Folge. Eine Streitanmerkung sei daher zulässig, könne sich aber nur auf die von Dr. Kurt O***** verkauften 5/6-Anteile der Liegenschaft EZ 311 II KG Kitzbühel-Stadt beziehen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der beklagten Partei erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Bei Anträgen auf Bewilligung der Streitanmerkung bestimmt sich die Zulässigkeit des Revisionsrekurses auch dann, wenn der Antrag beim Prozessgericht gestellt wurde, nach der Vorschrift des § 126 GBG (Spruch 20 neu = SZ 7/364; RZ 1979/43; EvBl 1957/29; Feil, Österreichisches Grundbuchrecht 317). Nach dieser Gesetzesstelle ist ein weiterer Rekurs unstatthaft, wenn der Rekurs von der zweiten Instanz abgewiesen wird. Wird dem Rekurs aber stattgegeben, so kann dagegen der Rekurs an die dritte Instanz ergriffen werden. Nach Bartsch, Grundbuchsgesetz7 601 steht im Falle der Abänderung der erstrichterlichen Entscheidung durch das Rekursgericht der durch diese Abänderung gekränkten Partei der Revisionsrekurs an die dritte Instanz zu. Dies entsprach auch der älteren Rechtsprechung (NZ 1891, 285 und die von Bartsch aaO FN 3 und 4 berichteten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs). Gegen den bestätigenden Teil einer teilweise abändernden Entscheidung wurde dem dadurch Beschwerten ein weiteres Rechtsmittel demnach nicht eingeräumt. In seiner Plenarentscheidung SZ 30/65 sprach der Oberste Gerichtshof allerdings aus, dass der dem Jud 56 neu = SZ 24/335 zugrundeliegende Gedanke, dass von einer bestätigenden Entscheidung nur dann gesprochen werden könne, wenn die Entscheidung vollständig bestätigt werde, wie im Verfahren außer Streitsachen (JBl 1956, 76) in gleicher Weise auch im Bereich des Grundbuchsgesetzes analog Anwendung zu finden habe. Ändere das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluss nur teilweise ab, sei seine Entscheidung zur Gänze, also auch im Umfang des bestätigenden Teils mit Revisionsrekurs anfechtbar. An dieser Rechtsprechung hielt der Oberste Gerichtshof fest (RpflSlgG 597, 1514; EFSlg 30.494 ua). Der Gesetzgeber der Zivilverfahrensnovelle 1983 hat für den Bereich der Zivilprozessordnung durch die Neufassung der Bestimmungen der §§ 502 Abs 3 und 528 Abs 1 Z 1 das ausdrücklich erklärte Ziel (RV 669 BlgNR XV. GP 58, 60; AB 1337 BlgNR XV. GP 20) verfolgt, die Anfechtbarkeit teilweise bestätigender Entscheidungen abweichend von den Rechtssätzen des Jud 56 neu zu regeln. Danach ist gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts die Revision nur zulässig, wenn der gesamte Wert dieses Teils 60.000 S übersteigt; ein Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil einer zweitinstanzlichen Rekursentscheidung ist immer unzulässig (Petrasch, Das neue Revisions-Rekurs-Recht in ÖJZ 1983, 175, 203). Diese Rechtsmittelbeschränkungen der Zivilprozessordnung sind jedenfalls dann für andere Verfahrensarten anzuwenden, wenn dort auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung verwiesen wird (so zB die §§ 78, 402 EO, § 171 KO, § 76 Abs 2 AO ua). Die neu gefasste Bestimmung des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO muss aber zu einer Änderung der Rechtslage auch dort führen, wo das Jud 56 neu bloß aufgrund einer Analogie angewendet wurde. Selbst wenn man entgegen Bartsch aaO und der dort angeführten älteren Rechtsprechung die Vorschrift des § 126 GBG insoweit als planwidrig lückenhaft ansähe, als es an einer Bestimmung über die Anfechtbarkeit nur teilweise bestätigender Beschlüsse mangle, könnte nach Inkrafttreten der Zivilverfahrensnovelle 1983 im Wege der Gesetzesanalogie nunmehr nur die abgeänderten Vorschriften des § 528 Abs 1 Z 1 ZPO zur Lückenfüllung herangezogen werden. Nach § 528 Abs 1 Z 1 ZPO ist aber ein Rekurs gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz nicht zulässig, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluss bestätigt worden ist. Diese Bestimmung hat daher auch für das Grundbuchsverfahren zu gelten. Der beklagten Partei ist es demnach verwehrt, den bestätigenden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses erneut zu bekämpfen; ihr dagegen gerichteter Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

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