Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben, die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung
Der Kläger bestellte im Mai 1983 Hosenstoffmuster, die am 4.7.1983 geliefert wurden. Der Kläger untersuchte die Stoffe auf ihre Eignung zur Verarbeitung. Dabei wurden Probleme beim Waschen der Stoffe festgestellt, insbesondere wurde der Einsprung bemängelt. Die beklagte Partei garantierte für den Fall einer Warenbestellung einen Einsprung zwischen 2 und 2,5 %. Der Kläger bestellte bei der beklagten Partei am 7.11.1983 einen größeren Posten Hosenstoffe verschiedener Farbe, die am 28.12.1983 und in den ersten Monaten des Jahres 1984 geliefert wurden. Der Kläger leitete Musterstoffe an seine Abnehmer weiter, die die Stoffe überprüften, dabei aber keine Mängel feststellten. Der Kläger verarbeitete den größten Teil der Stoffe zu Hosen und verkaufte sie an seine Kunden. Erstmals im Juni 1984 machten Kunden des Klägers Mängel geltend. Der Kläger rügte über seine Textil-Agentur mit fünf Schreiben zwischen 13.7. und 20.8.1984 der beklagten Partei diese Mängel. Am 12.9.1984 antwortete die beklagte Partei der Agentur mit einem Fernschreiben, in dem es ua heißt: "Wir sind grundsätzlich einverstanden mit der vorgeschlagenen Lösung und wollen die Reklamation gerne in Kulanz lösen. Wir sind bereit, die 450 m in diversen Farben zurückzunehmen, würden den Kunden jedoch bitten, die 100 Paar fertigen Hosen und ca. 50 Paar defekten Hosen zu versuchen günstig zu verkaufen, da wir leider nicht in der Lage sind, eine solche Menge in unserem Detailverkauf abzusetzen. Wir werden die Differenz zwischen Selbstkosten und tatsächlich erzielbarem Preis tragen. Falls es zu keiner befriedigenden Lösung kommen sollte, ist Herr O*** gerne bereit, bei nächster Gelegenheit mit Ihnen zum Kunden zu gehen ... Wir danken für Ihre Nachricht. Ob unser Vorschlag für Aldo H*** akzeptabel ist und hören gerne dazu". In einem weiteren Fernschreiben der beklagten Partei an die Agentur vom 24.9.1984 heißt es: "Wir haben den Brief des Kunden erhalten und sind der Meinung, daß es vielleicht am besten wäre, wenn jemand von Ihnen den Kunden aufsucht, um die Hosen auszusortieren. Die gänzlich unbrauchbaren Hosen soll der Kunde dann zum Müll geben, wir werden sie zu den Herstellungskosten gutschreiben. Die Hosen, die in Ordnung sind, könnten vielleicht von H*** über andere Absatzkanäle reklamationsfrei verkauft werden, sodaß sein Image nicht leidet. Wir würden die Differenz zwischen Selbstkosten und tatsächlich erzielbarem Preis tragen. Wir sehen hier keine Möglichkeit, diese Hosen abzusetzen und hoffen, daß unser Vorschlag annehmbnar ist."
Die Firma M***, ein Großabnehmer des Klägers, holte ein Gutachten über die Lichtechtheit bei der E***, Eidgenössische Materialprüfungs- und Versuchsanstalt, St. Gallen, ein, von dem der Kläger Ende November 1985 in Kenntnis gesetzt wurde. In der Folge kam es zu einer Korrespondenz der Rechtsvertreter der Parteien, die aber zu keinem Ergebnis führte. Bei Stoffen wie den gelieferten wird üblicherweise die Lichtechtheitsnote 4 gefordert. Ein solcher Stoff eignet sich für Damen- und Herrenoberbekleidung, wegen der zu geringen Reißfestigkeit aber nicht für extreme Beanspruchungen. Der Kläger begehrt mit der am 24.Mai 1985 eingebrachten Klage zuletzt den Zuspruch des Betrages von sfr 114.330,25 samt Anhang und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Schäden, die dem Kläger aus den Lieferungen mangelhafter Stoffe vom 28.12.1983, 15.2.1984 und 18.4.1984 entstanden sind und entstehen werden. Er brachte vor, die verkauften Hosen hätten von ihm zurückgenommen werden müssen, weil es dem Stoff an der erforderlichen Mindestlichtechtheit gemangelt habe. Die Stoffe hätten nicht der handelsüblichen Qualität entsprochen. Die Hosen seien unverkäuflich und wertlos. Es liege ein wesentlicher und unbehebbarer geheimer Mangel der gesamten Stofflieferung vor. Die beklagte Partei hafte ungeachtet des Vorliegens eines Kaufes nach Probe, weil keine Veranlassung bestanden habe, die Stoffe auf Lichtechtheit zu überprüfen. Bei den von der beklagten Partei während des Verfahrens zur Einholung von Privatgutachten übermittelten Stoffen handle es sich nicht um solche aus den dem Kläger verkauften Stoffpartien. Geltend gemacht wurde die Rückzahlung des Kaufpreises für noch beim Kläger befindliche Stoffe (Wandlung) und eine Reihe von Mängelfolgeschäden. Es werde das Erfüllungsinteresse begehrt, der entstandene entgangene Gewinn könne noch nicht beziffert werden. Überdies werde das Begehren auf den Klagsgrund des Anerkenntnisses gestützt, das der Kläger in den Schreiben der beklagten Partei vom 12.9. und 24.9.1984 erblickt. Die beklagte Partei wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein, die gelieferten Stoffe hätten eine Lichtechtheit von 4 bis 5 gehabt, dies entspräche einer durchschnittlichen Qualität. Die beklagte Partei habe probegemäß geliefert, die Ware habe den Mustern entsprochen. Die beklagte Partei sei daher ihren vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen, ein Anerkenntnis sei nie abgegeben, es seien nur kulanzmäßige Erledigung in Aussicht gestellt worden. Die Prüfung der Lichtechtheit an einem verarbeiteten Stück sei unzulässig. Das Erstgericht wies das Leistungs- und das Feststellungsbegehren ab. Es könne nicht festgestellt werden, daß die von der beklagten Partei an die klagende Partei gelieferten Stoffe nicht die Lichtechtheitswerte 4 erreicht hätten. Zur Begründung dieser Feststellung führte es aus, es seien insgesamt neun Gutachten eingeholt worden, deren Ergebnis danach variiere, von wem die Muster vorgelegt worden seien. Es sei aber den Stoffen, die die beklagte Partei vorgelegt habe, mehr Gewicht beizumessen. Die beklagte Partei habe glaubhaft angegeben, unmittelbar nach jeder Produktion ein entsprechendes Stoffmuster zurückbehalten und dieses lichtfest verwahrt zu haben. Durch eine trockene und dunkle Verwahrung könne der ursprüngliche Lichtechtheitswert am wenigsten verändert werden. Anders verhalte es sich bei den Mustern des Klägers, weil diese zum Teil in offenen Kartons im Keller gelagert worden seien, teils seien aber die Stoffe auch schon verarbeitet worden, es sei auch sonst das Schicksal dieser Stoffe ungewiß. Dies bedeute aber, daß dem Kläger der Beweis, daß die ihm gelieferten Stoffe die Lichtechtheitsnote 4 unterschritten hätten, nicht gelungen sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Im Rahmen der vorrangig behandelten Rechtsrüge führte es aus, die charakteristische Leistung sei von der beklagten Partei erbracht worden, sodaß gemäß § 36 IPRG österreichisches Recht anzuwenden sei. Es sei zwischen den Parteien gemäß Art. 8 Nr 17 EVHGB ein Kauf nach Probe vereinbart worden. Handelt es sich allerdings um einen versteckten Mangel des Probestückes, so könne sich der Verkäufer nicht darauf berufen, daß die Hauptlieferung dieselben mangelhaften Eigenschaften habe wie das unbeanstandet gebliebene Probestück. Der Verkäufer habe mangels bestimmter Zusage nur für das Vorhandensein stillschweigend bedungener Eigenschaften der verkauften Ware, das seien solche, mit denen der Käufer nach redlicher Verkehrsübung habe rechnen können, Gewähr zu leisten. Ein verborgener Mangel sei ein Mangel, der sich in einer ordnungsgemäßen Untersuchung nicht feststellen lasse und der dem Käufer bei Ablieferung der Ware oder des Musters auch tatsächlich nicht bekannt geworden sei. Die Art der Untersuchung, die dem Käufer gemäß § 377 HGB obliege, könne nicht allgemein bestimmt werden. Sie ergebe sich vielmehr aus der Art der Ware, dem Handelsbrauch und der im Geschäftszweig des Käufers herrschenden Übung. Bei Beurteilung des Umfanges der Untersuchungspflicht seien die besonderen Verhältnisse des Käufers und das ihm Zumutbare zu berücksichtigen. Lichtechtheitsprüfungen würden im allgemeinen einen längeren Zeitraum (zwei Wochen) in Anspruch nehmen. Anders als bei Wasch- oder Scheuerproben handle es sich daher um eine aufwendig vorzunehmende Untersuchung. Der Kläger habe mit einer durchschnittlichen Qualität der Ware rechnen dürfen. Eine Lichtechtheitsnote von 4 entspräche unbestritten diesem Durchschnitt. Der Kläger sei daher auch nicht verhalten gewesen, das Vorliegen der Lichtechtheit gesondert zu testen. Das Unterschreiten eines durchschnittlichen Lichtechtheitswertes sei auch im Rahmen eines Kaufes nach Probe als verborgener Mangel zu werten. Ein konstitutives Anerkenntnis liege nicht vor. In Erledigung der Beweisrüge führte das Berufungsgericht aus, dem Erstgericht sei darin beizupflichten, daß dem Kläger der Beweis, die von der beklagten Partei gelieferte Ware habe im Lieferzeitpunkt unterdurchschnittliche Lichtechtheitswerte aufgewiesen, nicht gelungen sei. Der ursprüngliche Lichtechtheitswert werde durch die Umstände der Lagerung verändert. Sämtliche vom Kläger vorgelegten Gutachten wiesen mit Vergrößerung des zeitlichen Abstandes vom Liefertermin eine signifikante Verschlechterung der Werte aus. Die verschiedenen Untersuchungsergebnisse gleichwertiger in- und ausländischer Untersuchungsanstalten könnten daher nur auf einen zeitlichen Faktor und Umstände der Lagerung zurückgeführt werden. Nach detaillierter Darstellung der einzelnen Gutachten kam das Berufungsgericht zum Ergebnis, die zeitliche Abfolge der Verschlechterung der Lichtechtheitswerte lasse es daher als wahrscheinlich erscheinen, daß die Lichtechtheit der Stoffe im Zeitpunkt der Auslieferung tatsächlich den Wert 4 erreicht habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Entgegen den Ausführungen in der Revision hat die beklagte Partei kein konstitutives Anerkenntnis abgegeben. Ein solches ist ein zwischen den Parteien abgeschlossener Feststellungsvertrag (Koziol-Welser8 I 274; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 2 zu § 1375; Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Eccher, Schuldrecht, Allgemeiner Teil2 174); ein konstitutives Anerkenntnis muß daher gegenüber dem anderen Teil erklärt oder wenigstens für ihn bestimmt gewesen und von ihm angenommen worden sein (JBl 1978, 254; Ertl in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1380). In den beiden Fernschreiben vom 12.9. und 24.9.1984 machte die beklagte Partei aber nur, wie auch die spätere Korrespondenz zeigt, vom Kläger, der nach seinem eigenen Vorbringen über den Umfang und den Grund der Mangelhaftigkeit noch keine genaue Kenntnis hatte, nicht angenommene Vergleichsvorschläge. So ist im Schreiben vom 12.9.1984 ausdrücklich die Rede von einer Kulanzlösung und, sollte es dazu nicht kommen, von einem gemeinsamen Gespräch mit dem Mängel reklamierenden Kunden. Auch mit dem Fernschreiben vom 24.9.1984 wird nur der Vorschlag unterbreitet, gemeinsam unbrauchbare Hosen beim Kunden auszusortieren, Hosen aber, die in Ordnung seien, über andere Absatzkanäle reklamationsfrei zu verkaufen. Auch hier schließt das Schreiben mit dem Wunsch, daß dieser Vorschlag für den Kläger annehmbar sei. Wer sich in Vergleichsverhandlungen einläßt, gibt nicht schon dadurch zu erkennen, daß er die behaupteten Ansprüche als berechtigt betrachtet. Aus der Bereitschaft, solche Ansprüche vergleichsweise zu bereinigen, folgt daher nicht der Anerkenntniswille, die behaupteten Ansprüche der Gegenseite auch dann zu befriedigen, wenn es nicht zum angestrebten Vergleich kommt (SZ 48/78; 8 Ob 68/87, 1 Ob 31/88 ua, Ertl aaO Rz 7, Harrer aaO).
Die Mängelrüge erweist sich aber als berechtigt. Nach dem unbestrittenen Sachverhalt wird bei Hosenstoffen üblicherweise die Lichtechtheitsnote 4 gefordert. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß die von der beklagten Partei an den Kläger gelieferten Stoffe nicht den Lichtechtheitswert 4 erreicht hätten, weil es den Stoffen höheren Beweiswert zuerkannte, die die beklagte Partei zur Überprüfung durch Sachverständige vorgelegt hatte. Das Erstgericht ging dabei von der zutreffenden, vom Kläger auch nicht bekämpften Rechtsansicht aus, daß das Vorliegen eines Sachmangels vom Erwerber zu beweisen ist (JBl. 1986, 244; HS 10.901, 6362 ua; Reischauer in Rummel2 Rz 19 zu § 932; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 7 zu § 922; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 544). Das Berufungsgericht übernahm nach Beweisrüge des Klägers nicht die gesamte negative Feststellung des Erstgerichtes, sondern führte - im Tatsachenbereich damit argumentierend, daß die zeitliche Abfolge aller eingeholten Gutachten ein immer schlechteres Ergebnis der Lichtechtheitswerte zeige - aus, es sei wahrscheinlich, daß die Lichtechtheit der Stoffe im Zeitpunkt der Auslieferung tatsächlich den Wert 4 erreicht habe. Nun ist es zwar richtig, daß die nach der Verkehrsauffassung vorausgesetzten gewöhnlichen Eigenschaften einer Sache, die keiner besonderen Abrede bedürfen (JBl. 1988, 448; Reischauer aaO Rz 4 zu §§ 922, 923; Koziol-Welser8 I 241; Binder aaO Rz 1 zu § 923), grundsätzlich zum Zeitpunkt des Gefahrenüberganges vorhanden sein müssen (HS 12.936, 6362 ua; Koziol-Welser aaO 240; Binder aaO Rz 6 zu § 922; Reischauer aaO Rz 7). Der Mangel darf zwar nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sein (HS 6362, Gschnitzer aaO 511), gerade bei geheimen Mängeln wird es aber genügen, wenn der Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt bereits latent vorhanden war (HS 12.936). Es kommt daher auch hier auf die Verkehrsauffassung der maßgeblichen Kreise an, wie lange der bei der Auslieferung gegebene Lichtechtheitswert beim Käufer der Ware zu bestehen bleiben hat, damit von gewöhnlichen Eigenschaften der Sache gesprochen werden kann. Darüber wurde weder ein Beweisverfahren abgeführt noch Feststellungen getroffen (siehe dazu aber die Ausführungen im Sachverständigengutachten S. 130). Ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht hat das Berufungsgericht daher nicht die gesamte Beweisrüge des Klägers behandelt.
Sein Urteil ist aufzuheben, die Rechtssache ist an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.
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