OGH 1Ob502/86

OGH1Ob502/8615.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Sachwaltersache des Franz A, Luftbadgasse 7/1, 1060 Wien, infolge Revisionsrekurses des Betroffenen gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 6. November 1985, GZ 44 R 196/85-106, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11.September 1985, GZ 8 SW 12/85-102, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Betroffene (und nunmehrige Revisionsrekurswerber) wurde im Jahr 1968 voll entmündigt. 1972 wurde die Entmündigung in eine beschränkte umgewandelt und 1973 aufgehoben. Das zuletzt gegen ihn geführte Entmündigungsverfahren 8 L 4/82 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wurde mit Beschluß vom 14.7.1983 eingestellt. Mit Beschluß vom 11.9.1985 bestellte das Erstgericht RA Dr.Ingrid B gemäß § 238 AußStrG zum einstweiligen

Sachwalter des Revisionsrekurswerbers, beschränkt auf dessen Vertretung in den Verfahren 18 E 6195/84 und 18 E 6196/84 des Exekutionsgerichtes Wien, die Exekutionsführungen der Einbringungsstelle des OLG Wien gegen den Revisionsrekurswerber wegen S 97.140,-- und S 31.084,-- betreffen. Das Erstgericht war der Ansicht, der Betroffene könne zwar, wie sich aus dem im zitierten Entmündigungsverfahren eingeholten Gutachten ergebe, seine (sonstigen) Angelegenheiten gehörig besorgen, er sei aber nicht in der Lage, seine Interessen vor Gericht und anderen Behörden zu vertreten. Da nunmehr wieder solche Angelegenheiten angefallen seien, sei gegen den Betroffenen ein Sachwalterschaftsverfahren einzuleiten und ein einstweiliger Sachwalter zu bestellen. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und führte unter näherer Darlegung des psychischen Zustandsbildes des Revisionsrekurswerbers aus, daß er im Bereich behördlicher Verfahren prozeßunfähig sei, außerhalb solcher Verfahren aber seine Angelegenheiten gehörig besorgen könne. Der Revisionsrekurswerber bedürfe daher zur angestrebten Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung in den genannten Exekutionsverfahren der Beigabe eines einstweiligen Sachwalters. Dies sei zum Schutz und zur Gewährung von Rechtsfürsorge an den Betroffenen erforderlich.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des Betroffenen, dessen Ausführungen erkennen lassen, daß er die Aufhebung der Bestellung eines einstweiligen Sachwalters begehrt, ist unzulässig.

Das von der Bestellung der Sachwalter für behinderte Personen handelnde Fünfte Hauptstück des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen enthält im § 249 keine abschließende Regelung des Rechtsmittelverfahrens in Sachwalterschaftssachen (8 Ob 543/85 ua), so daß, soweit diese Bestimmung nichts Abweichendes normiert, die allgemeinen Bestimmungen der §§ 9 ff AußStrG gelten. Auch im Verfahren zur Bestellung von (einstweiligen) Sachwaltern für behinderte Personen ist somit § 16 AußStrG anzuwenden. Da das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß bestätigte, kann seine Entscheidung nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit angefochten werden.

Das Vorliegen derartiger Rechtsmittelgründe zeigt der Revisionsrekurswerber nicht auf. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen es das Wohl des Betroffenen erfordert, ihm zur Besorgung dringender Angelegenheiten für die Dauer des Verfahrens einen einstweiligen Sachwalter zu bestellen (§ 238 Abs 2 AußStrG), ist im Gesetz nicht geregelt (6 Ob 581,582/85; 7 Ob 651/85). Wenn die Vorinstanzen auf Grund des durch ein Sachverständigengutachten erhärteten psychischen Zustandsbildes des Betroffenen annahmen, sein Wohl erfordere in den gegen ihn laufenden Exekutionsverfahren die sofortige Bestellung eines einstweiligen Sachwalters, so liegt in dieser Maßnahme, mit der offenbar auch versucht werden soll, einen Gebührennachlaß zu erwirken (AS 262), keine offenbare Gesetzwidrigkeit. Nur zu dem alleinigen Zweck, um Dritte vor der Verfolgung eines, wenn auch bloß vermeintlichen Anspruches des Betroffenen zu schützen (§ 273 Abs 2 letzter Satz ABGB), dürfte ein Sachwalter nicht bestellt werden. Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor.

Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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