OGH 1Ob4/62

OGH1Ob4/6219.12.1962

SZ 35/135

Normen

ABGB §934
ABGB §934

 

Spruch:

Zur Frage der Veräußerlichkeit einer Tabaktrafik.

Entscheidung vom 19. Dezember 1962, 1 Ob 4/62.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 25.514.58 S samt 5% Zinsen seit 11. Oktober 1959 bei sonstigem Zwang, hinsichtlich des Teilbetrages von 24.000 S jedoch nur bei sonstiger Exekution auf den vom Beklagten am 17. Juni 1958 auf das Konto Nr. 890.267 der E. Sparkasse, Hauptanstalt, erlegten Betrag von 24.000 S unter Hinweis auf folgendes Vorbringen: Sie habe am 14. Juni 1958 über ihr Unternehmen, bestehend aus der Berechtigung zur Führung einer Trafik und aus dem Gewerbe des Handels mit Papier- und Kurzwaren in einem ihr gehörigen Kiosk auf einem städtischen Grundstück, mit dem Beklagten einen Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, daß der Beklagte von der Finanzlandesdirektion Wien die Berechtigung zum Betriebe dieser Trafik erhalte und die Gemeinde Wien ihm die Benützung des Gründes, auf dem der Kiosk stehe, gestatte. Der Beklagte habe sich zur Zahlung eines Kaufpreises von 24.000 S für das Unternehmen und zur Ablösung der im Übergabszeitpunkt vorhandenen Waren zum Faktureneinstandspreis verpflichtet. Der Beklagte habe tatsächlich gemäß der Vereinbarung am 17. Juni 1958 24.000 S auf das Konto des Rechtsanwaltes Dr. Th. P. eingezahlt; die Auszahlung an die Klägerin hätte am Tage der Übernahme durch den Beklagten erfolgen sollen. Obwohl alle Bedingungen erfüllt worden seien, verweigere der Beklagte grundlos die Übernahme des Unternehmens; u. a. behaupte er, es sei kein Vertrag zustande gekommen; über die Möglichkeit, im Tauschweg eine andere Trafik später zu erwerben, sei er in Irrtum geführt worden; auch habe die Finanzlandesdirektion die Renovierung des Kioskes verlangt. Alle diese Einwendungen seien unrichtig, in Wahrheit wolle der Beklagte den Vertrag aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht zuhalten. Die bis 10. Oktober 1959 berechneten 5%igen Zinsen würden 1.104.58 S betragen. Der Klagebetrag ergebe sich aus dem Kaufpreis von 24.000 S, dem Preis für das Warenlager von 410 S und den aufgelaufenen Zinsen. Da der Kauf ein beiderseitiges Handelsgeschäft bilde, sei die Klägerin zur Forderung von 5% Zinsen berechtigt.

Der Beklagte wendet ein, daß er die Gültigkeit des Vertrages nicht nur nicht anerkannt, sondern ausdrücklich im Schreiben seines Vertreters vom 5. März 1959 bestritten habe. Er sei über wesentliche Umstände des Vertrages in Irrtum gewesen und von der Klägerin nicht aufgeklärt worden, wiewohl ihr sein Irrtum habe auffallen müssen. Zur Anfechtung wegen Irrtums genüge schon die Ausnützung eines Irrtums durch den anderen Vertragspartner. Der Vertrag sei auch kein beiderseitiges Handelsgeschäft, weil der Beklagte niemals Kaufmann gewesen sei. Der Verkauf einer Trafik, soferne er überhaupt erlaubt wäre, sei kein Handelsgeschäft auf Seite des Käufers. Es werde auch Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes geltend gemacht, weil das Entgelt von 25.000 S den Wert des Kioskes weitaus übersteige. Der Überpreis sei offenbar als Gegenleistung für die Zurücklegung der Lizenz gedacht, in welchem Punkte aber der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Der Beklagte habe dem Vertreter der Klägerin gegenüber betont, daß er die Trafik nur erwerben wolle, um sie später gegen eine größere und möglichst besser gelegene einzutauschen. Er habe daher nichts investieren wollen. Er könne die Trafik aber auch nicht persönlich führen. Der Vertreter der Klägerin habe versichert, daß ein Tausch der Trafik und eine Führung derselben durch Angestellte möglich sei, ebenso die Ausübung eines Hauptberufes daneben. Der Beklagte habe sich bei der Finanzlandesdirektion um die Verleihung der Trafiklizenz beworben, doch seien ihm im Verleihungsschreiben von der FLD Bedingungen festgesetzt worden, die den Vertrag praktisch hinfällig machten. So sei eine Instandsetzung des Kioskes verlangt worden, die schätzungsweise 10.000 bis 15.000 S ausgemacht hätte. Wäre ihm dies bei Abschluß des Vertrages bekannt gewesen, hätte er schon aus diesem Gründe den Vertrag nicht geschlossen. Außerdem sei ihm nach Vertragsabschluß bekannt geworden, daß er die Trafik nicht nebenberuflich führen dürfe, auch die Einstellung der jeweiligen Angestellten genehmigungspflichtig und ein Tausch mit einer anderen, günstiger gelegenen Trafik ausgeschlossen sei. Irrtümlich sei auch die Meinung des Beklagten gewesen, er könne eine Trafik wie ein normales Handelsgeschäft betreiben, tatsächlich ergäben sich jedoch aus der Trafikantenvorschrift verschiedene Beschränkungen. Beklagter habe dem Vertreter der Gegenseite, Dr. K., auch erklärt, daß er verschiedene geschäftliche Verbindungen zu Industriefirmen habe, die bereit wären, ihren Stempelbedarf von je 50.000 S bei ihm zu decken. Dr. K. habe mit keinem Wort gesagt, daß der Beklagte außerhalb des Standortes keine Geschäfte abschließen dürfe. Auch habe der Mietvertrag mit der Gemeinde W. nur auf drei Monate gelautet, so daß die Geschäftsgrundlage des Beklagten jederzeit durch Mietvertragskündigung hätte untergraben werden können. Da der Beklagte alle diese Umstände hervorgehoben habe und sein Irrtum hierüber dem anderen Teil hätte auffallen müssen, sei der Vertrag nicht bindend. Der Vertrag beinhalte auch eine unmögliche Leistung, weil es eine Rücklegung der Trafiklizenz zugunsten eines Nachfolgers nicht gebe. In § 53 der Trafikantenvorschrift sei ausdrücklich die Weiterverpachtung oder der Verkauf der Lizenz mit dem strafweisen Entzug bedroht, ein Verstoß bedeute Ungültigkeit auch dann, wenn der Vertrag zwischen dem Trafikinhaber und der Austria Tabak AG. ein privatrechtlicher sein sollte. Der Kiosk selbst mache nur einen Bruchteil des Kaufpreises, etwa 1000 bis 2000 S aus, so daß die Differenz auf den vereinbarten Kaufpreis von 26.500 S unter das gesetzliche Verbot falle. Selbst wenn Dr. Th. P. berechtigt wäre, den Betrag infolge Gültigkeit des Vertrages an die Klägerin auszuzahlen, habe sie einen Schaden gegenüber dem Beklagten mindestens in der Höhe des Klagebegehrens zu vertreten. Als sich herausgestellt habe, daß der Beklagte seine Bewerbung um die Trafiklizenz zurückziehe, habe Dr. P. die beiderseitige Suche nach einem Ersatzmann vorgeschlagen. Es habe sich auch ein gewisser A. T. gemeldet, der zu den gleichen Bedingungen wie der Beklagte in den Vertrag mit der Klägerin einzutreten bereit gewesen sei. Diese Lösung habe die Klägerin durch die Sperre der Trafik vereitelt.

In der vom Beklagten erhobenen Widerklage begehrt der Widerkläger (in der Folge kurz Beklagter genannt) von der Widerbeklagten (weiterhin nur kurz Klägerin genannt) die Zahlung von 24.000 S samt 5% Zinsen; in dieser Widerklage macht er unter Wiederholung seines Vorbringens in der Klagebeantwortung gegen die Klage der Klägerin geltend, daß die Klägerin zur Zahlung des Betrages von 24.000 S samt Anhang bei sonstiger Exekution auf den am 27. Juni 1958 auf das Konto Nr. 890.267 der E. Sparkasse, Hauptanstalt, erlegten Betrag von 24.000 S verpflichtet sei.

In der Klagebeantwortung gegen die Widerklage bestreitet die Klägerin das Vorbringen der Widerklage und verweist auf das in ihrer Klage enthaltene Vorbringen.

Das Erstgericht hat die beiden Rechtssachen zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil erkannt, daß der Beklagte schuldig ist, der Klägerin binnen 14 Tagen bei Exekution den Betrag von 24.000 S samt 4% Zinsen seit 1. September 1959 zu bezahlen, und zwar hinsichtlich des Betrages von 24.000 S nur bei Exekution auf den vom Beklagten am 17. Juni 1958 auf das Konto Nr. 890 267 der E. Sparkasse, Hauptanstalt, erlegten Betrag von 24.000 S; dagegen wies es das auf Bezahlung von 1.514.58 S und auf Zahlung von Mehrzinsen gerichtete Klagebegehren der Klägerin, ebenso das Begehren der Widerklage des Beklagten ab.

Die nur vom Beklagten erhobene Berufung gegen das Urteil des Erstgerichtes, soweit es dem Begehren der Klägerin stattgab und das Begehren des Beklagten abwies, hatte insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes im angefochtenen Teil unter Rechtskraftvorbehalt aufhob. Das Berufungsgericht verweist zunächst auf folgende Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichtes:

Die Klägerin betrieb mit dem Standort Wien XVIII, N. Nr. 2, eine Tabaktrafik mit einem Verschleiß von Papier- und Kurzwaren in einem ihr gehörigen Kiosk, der auf einem von der Gemeinde W. in Bestand genommenen Grundstück errichtet war. Bereits im Frühjahr 1958 gab sie dem Dr. P. Vollmacht zum Verkauf dieses Unternehmens. Sie trat ferner an den ihr bekannten LGR. Dr. K. mit dem Ersuchen heran, allfälligen Kaufwerbern die Seriösität des Geschäftsbetriebes entsprechend vorzuführen und ihr über den Eindruck zu berichten, den die Kaufwerber auf ihn gemacht hätten. Die Vermittlung eines Käufers wurde dem Realbüro B. übertragen. Der Vertreter des Realbüros erklärte auch dem Beklagten, daß LGR. Dr. K. Berater der Klägerin sei und ihre Interessen vertrete, jedoch nicht ihr Bevollmächtigter sei. Bevor der Beklagte bei Dr. K. erschien, hatte er in die Bücher des Betriebes Einsicht genommen und die Trafik besichtigt. Im Gespräch erklärte der Beklagte dem Dr. K., daß ihm der Kiosk zu klein sei und er einen Betrag von zirka 50.000 S für die Renovierung aufwenden werde, weiters, daß er diese Trafik später gegen eine größere und besser gelegene eintauschen wolle, und schließlich, daß er Großabnehmer für Stempelmarken in Aussicht habe. Dr. K. nahm diese Erklärungen, ohne hiezu Stellung zu nehmen, zur Kenntnis und verwies darauf, daß der Vertrag bei einem Anwalt errichtet werde. Der Klägerin erklärte er im Anschluß daran, daß sie sich mit dem Beklagten in Kaufverhandlungen einlassen könne. Auf Ersuchen der Klägerin wohnte Dr. K. den Verhandlungen zwischen Dr. P. und dem Beklagten am 14. Juni 1958 als Zuhörer bei, ohne sich jedoch daran zu beteiligen. Damals wurde zwischen dem Beklagten und Dr. P. als Bevollmächtigtem der Klägerin vereinbart, daß der Beklagte die Trafik übernehme und dafür als Kaufpreis eine Betrag von 24.000 S sowie den Fakturenwert der bei Übergabe vorfindlichen Ware zu zahlen habe. Hierüber ist auch eine Information aufgenommen worden. Der vom Beklagten bei der E. Sparkasse einzuzahlende Betrag von 24.000 S sollte der Klägerin bei Übergabe der Trafik ausgefolgt werden. Bedingung des Vertragsabschlusses war, daß der Beklagte die Lizenz zur Führung der Trafik erhält und ihm die Gemeinde W. das Recht zur Benützung der Liegenschaft, auf der der Kiosk steht, erteilt. Am 17. Juni 1958 erlegte der Beklagte den Betrag von 24.000 S bei Dr. P. zu treuen Handen. Am 4. Dezember 1958 teilte der Beklagte dem Dr. P. mündlich mit, daß er den Kaufvertrag wegen Nichteinhaltung angeblich vereinbarter Bedingungen nicht zuhalten werde. Mit Schreiben vom 5. Dezember 1958 antwortete ihm Dr. P, daß für die Klägerin kein Grund vorliege, vom vereinbarten Kaufvertrag abzustehen, und daß sie wegen des vorgeschrittenen Alters auch nicht imstande sei, die Trafik weiter zu führen. Dr. P. forderte den Beklagten auf, alles Notwendige für die Übernahme der Trafik am 31. Dezember 1958 vorzukehren. Der weitere Briefwechsel war ergebnislos, weil der Beklagte die Übernahme der Trafik verweigerte. Es wurden Verhandlungen mit einem vom Beklagten genannten Kaufwerber unbeschadet des von der Klägerin eingenommenen Rechtsstandpunktes geführt, sie hatten jedoch keinen Erfolg. Die Klägerin schloß die Trafik mit Ende 1958, wie sie der FLD Wien angekundigt hatte. Sie erachtete sich auch für die Folgezeit an den Vertrag gebunden, suchte daher nicht um eine neuerliche Lizenz für die Zeit ab 1. Jänner 1959 an. Weitere Bedingungen als die festgestellten wurden nicht vereinbart. Der Beklage wies auch nicht beim Vertragsabschluß auf gewisse Voraussetzungen hin, die er von vorneherein als gegeben ansah und die für ihn Vertragsgrundlage waren. Er wurde weder in der Richtung des Wegfalls einer Notwendigkeit von Investitionen noch der Möglichkeit zu tauschen oder die Trafik durch Angestellte führen zu lassen oder den Absatz durch Verkauf von Stempelmarken außerhalb des Standortes zu heben, von der Klägerin in Irrtum geführt noch ein der Klägerin erkennbarer Irrtum des Beklagten von der Klägerin ausgenützt.

Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 23. Juni 1958 der Finanzlandesdirektion mitgeteilt, daß sie die Trafik ab 1. August 1958, frühestens aber vom Tag der Verleihung der Lizenz an den Beklagten diesem ausschließlich zur Benützung überlassen werde. Der Beklagte hatte mit Schreiben vom gleichen Tag an die Finanzlandesdirektion Wien um Verleihung der Lizenz zum Betrieb dieser Trafik angesucht und am 10. Oktober 1958 den ergänzenden Antrag gestellt, ihm den Betrieb der Trafik durch eine entlohnte Verschleißkraft beziehungsweise durch seine Ehefrau nebenberuflich zu gestatten. Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion Wien vom 5. November 1958 wurde dem Beklagten die Lizenz zum Betrieb der gegenständlichen Trafik unter der Bedingung verliehen, daß er den Kiosk renovieren lasse. Es wurde ihm für die Dauer von fünf Jahren die nebenberufliche Führung der Trafik durch eine entlohnte Verschleißkraft bewilligt. Auch ein späterer Tausch der Trafik hätte voraussichtlich keine Schwierigkeit gemacht. Die Trafiklizenz ist unveräußerlich, doch kann der zurücklegende Lizenzinhaber, der einen Nachfolger namhaft macht, mit ziemlicher Sicherheit damit rechnen, daß der Nachfolger die Lizenz erhält.

Den Mietvertrag über die Liegenschaft, auf der der Kiosk steht, erhielt der Beklagte von der Gemeinde W. am 20. November 1958.

Der Trafikkiosk besteht aus Holz und ist doppelt verschalt. Die Inneneinrichtung entspricht nicht den modernen Erfordernissen. Eine Schätzung wurde vom Beklagten vor Vertragsabschluß nicht verlangt.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 1958 teilte der Beklagte der FLD Wien mit, daß er aus wirtschaftlichen Erwägungen seine Bewerbung um die Lizenz zurückziehe und von dieser Lizenz keinen Gebrauch mache; er habe der Gemeinde W. mit Schreiben vom 5. Dezember 1958 bekanntgegeben, daß er auf das Bestandsverhältnis verzichte. Die Klägerin erklärte am 5. Jänner 1959 der FLD Wien gegenüber, daß sie auf die Trafik verzichte. Beim Abschluß des Vertrages wurde nicht darüber gesprochen, daß im Preis von 24.000 S auch die günstige Lage der Trafik miteingeschlossen ist, auch nicht darüber, daß der Beklagte nicht am bisherigen Umsatz, sondern nur an der Möglichkeit einer Hebung desselben durch seine persönlichen Beziehungen interessiert ist. Der Beklagte übernahm die Trafik deshalb nicht, weil er erfuhr, daß ein Trafikant in der Freizügigkeit seiner geschäftlichen Betätigung weitgehend eingeschränkt sei.

Das Erstgericht stellte hiezu folgende rechtliche Erwägungen an: Mit dem Preis von 24.000 S hätten nicht bloß der Kiosk und das Inventar bezahlt werden sollen, weil die Klägerin selbst nicht behaupte, daß die Sachwerte allein einen so hohen Betrag ausmachten. Wenn auch nicht ausdrücklich von der Einrechnung der günstigen Lage des Trafikpostens gesprochen worden sei, gehe dies aus einem Schreiben vom 22. Juli 1958 im Akt der Finanzlandesdirektion und der Bezeichnung des Kioskes mit "Bruchbude" durch den Beklagten bei Dr. P. hervor. Andererseits handle es sich aber auch nicht um einen Verkauf der Lizenz oder die Bezahlung eines Betrages an die Klägerin für die Zurücklegung der Lizenz, sondern um einen Verkauf des Gesamtunternehmens mit allen Gewinnchancen, wie sie der Beklagte erwartet habe. Wenn auch der Betrieb einer Trafik an eine Lizenzerteilung gebunden und der Inhaber einer Trafik nicht Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches sei, so könne doch von einem gemeinen Verkaufswert einer Trafik im Sinne des § 934 ABGB. gesprochen werden. Der vereinbarte hohe Kaufpreis erkläre sich nur daraus, daß der Beklagte die Gewinnchance zu hoch eingeschätzt habe. Er habe daher gewiß nicht den verhältnismäßig geringen Wert des Kioskes und dessen Inneneinrichtung mit 24.000 S bezahlen wollen und ohne vermeintliche Aussicht auf entsprechenden Gewinn auch nie beabsichtigt, 50.000 S für die Renovierung zu verwenden. Wenn er sich trotzdem einverstanden erklärt habe, ohne vorherige Schätzung durch einen Sachverständigen einen so hohen Preis zu bezahlen, dann könne er nicht Verletzung über die Hälfte geltend machen. Der Beklagte habe keinen Grund zur Annahme gehabt, daß Dr. K. Bevollmächtigter der Klägerin sei. Wenn er gewisse seiner Ansicht nach für den Vertragsabschluß erforderliche Vorbedingungen bei der Errichtung des Vertrages von Dr. P. nicht zum Vertragsinhalt gemacht, auch nicht besprochen habe, dann seien diese Umstände als rechtlich unbeachtlicher Motivirrtum zu bewerten. Durch die Ablehnung der Trafikübernahme am 31. Dezember 1958 sei der Beklagte vertragsbrüchig geworden. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Weiterführung der Trafik habe nicht bestanden. Der Beklagte könne daher deshalb keinen Schadenersatz geltend machen, so daß dem Begehren der Klägerin im Umfang von 24.000 S samt 4% Zinsen stattzugeben gewesen, das Mehrbegehren der Klägerin wie auch das des Beklagten auf Feststellung einer Gegenforderung aus dem Titel des Schadenersatzes sowie auf Zahlung von 24.000 S samt Zinsen abzuweisen gewesen sei.

Die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes fand das Berufungsgericht unbedenklich. Der Bestandvertrag über das Grundstück, auf dem der Kiosk steht, lautet entgegen den Behauptungen des Beklagten nicht auf drei Monate, sondern auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten. Gewisse Beschränkungen beim Verkauf von Monopolwaren habe der Beklagte nach Meinung des Berufungsgerichtes erwarten müssen. Um den Absatz von Stempelmarken habe er sich nach seiner eigenen Darstellung nicht zu bewerben brauchen, so daß die vom Beklagten behaupteten Voraussetzungen einer Anfechtbarkeit nach § 871 ABGB. nicht vorlägen.

Gemäß § 34 der Trafikantenvorschrift (TV.) sei jede Art der Abtretung oder Verpachtung der Trafik unter der Sanktion des § 53 TV., nämlich der sofortigen strafweisen Vertragsauflösung verboten. Es könne daher weder das "unternehmen" einer Tabaktrafik veräußert noch für die Zurücklegung der Verschleißbefugnis (Kündigung des Vertrages) ein Entgelt verlangt werden. Zulässig sei gemäß § 58 TV. die Ablösung von Investitionen. Der Betrag von 24.000 S sei nicht für den Kiosk und das Inventar allein, sondern für die von der Klägerin dem Beklagten gegebene Chance bezahlt worden, die der Beklagte in einer möglichen, vom Erstgericht jedoch nicht als zulässig erachteten Ausweitung des Umsatzes der Tabaktrafik erblickt hätte. Da die Klägerin diese Chance dem Beklagten nur dadurch habe gewähren können, daß sie ihre Verschleißbefugnis zurücklegte, ihn als Nachfolger namhaft machte und ihm den Trafikkiosk überließ, komme dies darauf hinaus, daß sich die Klägerin doch eine verbotene Ablöse für die Zurücklegung der Verschleißbefugnis habe versprechen lassen. Unter dem Begriff eines gesetzlichen Verbotes müsse auch ein solches angesehen werden, das zwar in einer Verordnung enthalten ist, sofern dieser Verordnung, weil allgemein verbindlichen Inhalts, in materieller Hinsicht Gesetzescharakter zukomme. Die Sanktion des § 53 TV. richte sich nur gegen den Trafikanten, der die Trafik entgegen dem Verbot des § 34 TV. abtrete oder verpachte. Nicht verboten sei die Bezahlung von Ablöse für Investitionen. Da hierüber eine gültige Einigung zwischen weichendem und neuem Trafikanten hergestellt werden könne, könne es wohl als zulässig erachtet werden, daß sich der weichende Trafikant mit dem Bewerber vorher darüber einigt und diesen dann auch als seinen Nachfolger vorschlägt. Wegen des Interesses der Monopolverwaltung an der Erhaltung des bisherigen Standortes der Trafik werde der Neuerwerber daher in der Regel genötigt sein, die Rechte am Lokal zu erwerben; dies könnte dazu ausgenützt werden, offen oder verschleiert Ablösen für die Zurücklegung der Verschleißbefugnis auch von solchen Bewerbern zu verlangen, die nach den Vorschriften über die Verleihung der Verschleißbefugnis alle notwendigen Voraussetzungen mitbringen. Die Monopolverwaltung habe daher keinen Anlaß, dem qualifizierten Bewerber die Trafik deswegen wieder zu entziehen, weil er eine verbotene Ablöse zahlte, ohne die er den Lokalnachweis überhaupt nicht oder nur mit Schwierigkeiten hätte erbringen können. Zudem sei der Nachfolger im Lokal in der Regel bereits Mieter des Lokals durch Mietvertrag mit einem Dritten geworden. Eine Wiederherstellung des früheren Zustandes sei daher nicht mehr möglich, zumal der scheidende Trafikant die von ihm vorgenommenen Verbesserungen zumeist auch gar nicht mehr wegnehmen könne, weil sie Bestandteil des Hauses geworden seien oder eine Wegnahme infolge der hiebei eintretenden Wertzerstörungen auch nicht tunlich wäre. Das Wesen der Verbotsnorm erfordere daher nicht, daß der Vertrag zur Gänze als nichtig anzusehen ist. Die Nichtigkeit ergreife nur jenen Teil des Vertrages, der sich als unzulässige Ablöse für die Abtretung des Trafikenunternehmens durch den Beklagten infolge der Zurücklegung der Verschleißbefugnis durch die Klägerin darstelle. In dieser Richtung sei aber das erstinstanzliche Verfahren insoferne mangelhaft geblieben, als der Wert des Kioskes und seiner Einrichtung nicht erhoben wurde. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren einen Sachverständigen über den Wert des Kioskes und seines Inventars zu vernehmen und daraus zu beurteilen haben, ob der begehrte Betrag den festgestellten Wert derart übersteige, daß im Überpreis unzweifelhaft eine verbotene und daher nichtige Ablöse zu erblicken sei. Da keiner der Streitteile auf die Umsätze der gemäß den §§ 4 bis 7 TV. zugelassenen Artikel verwies, seien diese offenbar untergeordnet. Sei der Vertrag nur in der aufgezeigten Richtung als nichtig anzusehen, dann sei der Beklagte verbunden, die übrigen hiedurch nicht betroffenen Vertragsbestimmungen zu erfüllen, und habe er nicht die Übernahme und Bezahlung des Kioskes, der frei veräußerlichen Waren und der Einrichtung, sondern nur die Bezahlung des als ungesetzliche Ablöse anzunehmenden Teilbetrages verweigern dürfen. Da er dies nicht getan habe, sei die Klägerin berechtigt, in diesem Rahmen Vertragserfüllung zu fordern, auch wenn der Beklagte die ihm schon erteilte Verschleißbefugnis zurücklegte. Denn dieser Entschluß des Beklagten sei nicht die Folge eines schuldhaft rechtswidrigen Verhaltens der Klägerin hinsichtlich jener Umstände gewesen, die den Beklagten zur Übernahme der Trafik und zur Bewerbung um die Verschleißbefugnis bewogen haben. Die Klägerin habe daher die Folgen des Verzichtes des Beklagten auf die Verschleißbefugnis nicht zu vertreten. Da der Beklagte seinen Willen, das Lokal und die darin befindlichen Waren nicht zu übernehmen, deutlich zu erkennen gab, sei die Klägerin nicht mehr gehalten gewesen, dem Beklagten eine Nachfrist für die unmittelbar nach der Verleihung der Verschleißbefugnis in Aussicht genommene und schließlich für 31. Dezember 1958 angebotene Übergabe zu gewähren, um ihn vor einem Schaden aus der durch ihn herbeigeführten Vereitlung der rechtzeitigen Erfüllung des Vertrages zu bewahren. Der Beklagte könne daher keine Gegenforderungen aus dem Titel des Schadenersatzes gegen die Klägerin ableiten. - Diese habe selbst den Erlag der 24.000 S nicht als Zahlung angesehen, er gehöre daher noch in die Vermögenssphäre des Beklagten. Die Klägerin könne demzufolge zwecks Wiederherstellung des früheren Zustandes nach § 877 ABGB. nicht zur Rückzahlung, sondern nur zur Abgabe einer Zustimmungserklärung zur Rückzahlung der 24.000 S verhalten werden, die mit der Rechtskraft des Urteiles als erfolgt anzusehen sei. Das Erstgericht werde daher gemäß § 182 ZPO. die entsprechende Berichtigung des Begehrens zur Erörterung zu stellen haben. Eine solche Berichtigung bedeute keine gemäß § 235 ZPO. unzulässige Klageänderung, weil im wesentlichen dasselbe begehrt werde. Beim Begehren der Klägerin könnten diese Erwägungen zwar ebenfalls angestellt werden, doch sei der Treuhanderlag nicht als Zahlung anzusehen, so daß es der Klägerin freistehe, ohne Rücksicht auf den erlegten Betrag auf Zahlung zu klagen. Der Beklagte werde aber nur Zahlung Zug um Zug gegen Abgabe der Erklärung anzubieten brauchen, daß sie den bei Dr. P. erliegenden Betrag an den Beklagten freigibt. Der Beisatz "bei sonstiger Exekution auf den am 17. Juni 1958 auf das Konto Nr. 890 267 der E. Sparkasse, Hauptanstalt, erlegten Betrag von 24.000 S" habe auch hier zu entfallen, weil es sich um das Konto des Dr. P. handelt, daher eine Exekution auf diesen Erlag auf Grund eines nur zwischen den Parteien wirksamen Exekutionstitels nicht direkt, sondern nur im Wege der Anspruchspfändung möglich sei. Die Rechtssache sei in dem noch nicht rechtskräftig gewordenen Teil des erstgerichtlichen Urteils aufzuheben und in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Parteien Folge und trug dem Berufungsgericht unter Aufhebung seines Beschlusses eine neuerliche Entscheidung über die Berufung des Beklagten und Widerklägers auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof kann die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes nicht billigen, daß der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Kaufvertrag nichtig sei. § 34 der Trafikantenvorschrift kann zur Begründung dieser Ansicht nicht herangezogen werden. Durch das dort angegeordnete Verbot der Abtretung oder Verpachtung der Trafik soll verhindert werden, daß der Lizenzinhaber während des aufrechten Bestandes seines Vertrages mit der Monopolverwaltung die Trafik faktisch durch andere Personen führen oder andere Personen am Gewinn teilnehmen läßt. Hält sich der Trafikant nicht an dieses Verbot, so hat er die "Strafe" der sofortigen Vertragsauflösung (Entsetzung) zu gewärtigen. Aus der Trafikantenvorschrift ist keineswegs zu entnehmen, daß eine Abtretung oder Verpachtung auch mit Genehmigung der Monopolverwaltung verboten wäre. Vor allem aber enthält die Trafikantenvorschrift kein unbedingtes Verbot der Veräußerung der Trafik. Die in § 34 erwähnte Abtretung ist nicht gleichbedeutend mit einer Veräußerung, denn bei der Veräußerung der Trafik mit gleichzeitiger Bekanntgabe des Käufers an die Monopolverwaltung hätte die Strafe der Entsetzung keinen Sinn; der Veräußerer will ja in diesem Fall seinen eigenen Lizenzvertrag auflösen. Auch sieht § 58 der Trafikantenvorschrift ausdrücklich eine Übergabe und Übernahme "der Trafik" vor und enthält die näheren Vorschriften über den Vorgang bei Übergabe und Übernahme zwischen dem alten und dem neu bestellten Trafikanten. Abs. 5 regelt schließlich, daß sich Übergeber und Übernehmer hinsichtlich der Einrichtungsgegenstände und sonstigen Verschleißartikel nach den privatrechtlichen Vorschriften gütlich auseinanderzusetzen haben. Nach den Feststellungen haben die Streitteile den ganzen wesentlichen Sachverhalt der Finanzlandesdirektion wahrheitsgetreu bekanntgegeben. Die Finanzlandesdirektion war mit dieser Art des Wechsels in der Person des Trafikanten einverstanden. Es ist daher überhaupt kein Grund zu erkennen, warum der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Vertrag wegen eines angeblichen Veräußerungsverbotes nichtig sein sollte. Die Verschleißbefugnis kann nicht anders beurteilt werden als die Konzession bei einem konzessionierten Unternehmen. Auch dort wird die Veräußerung des Unternehmens bei Zurücklegung der Konzession und Erwerb der Konzession durch den Käufer in Lehre und Rechtsprechung grundsätzlich gebildet. Dem Erstgericht ist beizupflichten, daß auch ein Trafikunternehmen, mag es auch kein unbeschränkt im Verkehr stehendes Vermögensobjekt sein (vgl. SZ. XVI 169), doch einen Unternehmenswert hat, daher unter den von den Parteien eingehaltenen Bedingungen bei Einverständnis der Monopolverwaltung veräußerlich ist.

Der vom Beklagten geltend gemachte Einwand der Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes ist unbegrundet, wie bereits das Erstgericht erkannt hat. Der Beklagte begrundete diese Einwendung damit, daß der vereinbarte Kaufpreis den Wert des Kioskes weit übersteige. Damit mag er recht haben. Da jedoch feststeht, daß der Beklagte nicht den Kiosk, sondern die Trafik, das Unternehmen gekauft hat und da er nicht geltend macht, daß der vereinbarte Preis für dieses Unternehmen im Sinne des § 934 ABGB. überhöht sei, kommt seiner Einwendung keine rechtliche Bedeutung zu.

Zur geltend gemachten Gegenforderung des Beklagten ist festgestellt, daß der Beklagte, nachdem er erklärt hatte, den Vertrag auf keinen Fall zuhalten zu wollen, dem Vertreter der Klägerin die Übernahme der Trafik durch einen Dritten anbot und daß mit diesem Dritten - erfolglos - verhandelt wurde, jedoch von vornherein unbeschadet der Rechte der Klägerin aus dem Vertrag mit dem Beklagten. Damit allein erweist sich die Gegenforderung des Beklagten als unbegrundet. Außerdem war die Klägerin von ihrem nach den obigen Ausführungen zu billigenden Rechtsstandpunkt aus berechtigt und verpflichtet, die Trafik mit 31. Dezember 1958 zu sperren, da sie sich nach wie vor an den Vertrag mit dem Beklagten gebunden erachtete und zur Erfüllung des Vertrages von ihrer Seite aus bereit war. Der Versuch des Beklagten im Rekurs, den Schadenersatzanspruch zum Teil anders als im erstinstanzlichen Verfahren zu begrunden, muß scheitern, weil die zusätzliche Begründung wegen des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot nicht zu berücksichtigen ist. Es zeugt von einer eigenartigen Verkennung der Tatsachen, wenn der Beklagte, der sich des Vertragsbruches schuldig macht, von der Klägerin als dem vertragstreuen Teil Schadenersatz verlangt, weil diese ihm nicht noch eine Nachfrist gesetzt hat, obwohl die Klägerin doch gar nicht vom Vertrag zurückgetreten ist, sondern einfach dessen Erfüllung verlangt.

Aus der Verneinung der Gegenforderung folgt, daß auch das Widerklagebegehren unbegrundet ist, weil es sich bei der in der Widerklage erhobenen Forderung und bei der Gegenforderung um denselben Anspruch handelt. Damit erübrigt es sich, auf die Schlüssigkeit des Widerklagebegehrens einzugehen.

Aus den vorstehenden Erwägungen mußten also beide Rekurse Erfolg haben, weil die Rechtssache, wenn auch nicht durchwegs aus den von den Rekurswerbern angeführten Gründen, spruchreif ist.

Der Ausspruch in der Kostenfrage beruht auf § 52 ZPO.

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