Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Behandlung der Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrte mit ihrer im Mahnverfahren eingebrachten Klage die Zahlung von 20.000 EUR samt Zinsen und brachte dazu schlagwortartig vor: „Ausgleichszahlung/Forderung aus der Scheidungsvereinbarung des BG Voitsberg vom 17. 8. 2006, 11 C 70/06x des BG Voitsberg fällig seit spätestens 13. 10. 2006"; die Sache wurde als „Familienrechtssache" (Code 12F) bezeichnet.
Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit mit der Begründung zurück, dass der Streitwert 10.000 EUR übersteige.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Der Oberste Gerichtshof judiziere in ständiger - in der Lehre überwiegend gebilligter - Rechtsprechung, dass aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringende Streitigkeiten gemäß § 49 Abs 2 Z 2b JN bloß solche seien, die im Familienrecht wurzeln und ohne Berücksichtigung der den Ehegatten kraft Gesetzes auferlegten besonderen Rechte und Pflichten nicht lösbar sind. Die Streitigkeit dürfe ohne das Eheverhältnis nicht denkbar sein. Könne der geltend gemachte Anspruch auch in einem Rechtsverhältnis zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind oder waren, so liege eine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis nicht vor. Für den anspruchsbegründenden Sachverhalt müsse somit das Eheverhältnis zumindest mitbestimmend sein. Der bloße Umstand, dass die Streitteile einmal miteinander verheiratet waren, sei ohne rechtliche Bedeutung. Damit fielen auch Ansprüche, die sich aus einer vor einer einvernehmlichen Scheidung geschlossenen gerichtlichen Vereinbarung über die Scheidungsfolgen ergeben, nicht unter die erörterte gesetzliche Bestimmung, seien doch für die Beurteilung der insoweit aufgeworfenen schuldrechtlichen Fragen nicht mehr die dem Eheverhältnis eigentümlichen Rechte und Pflichten maßgebend. Im vorliegenden Fall leite die Klägerin ihren Anspruch zwar aus einem gerichtlichen Vergleich über die Scheidungsfolgen ab. Es seien aber nicht spezifische, im Eheverhältnis wurzelnde Rechte und Pflichten zu klären, sondern die schuldrechtliche Frage der Berichtigung der bereits vereinbarten Ausgleichszahlung. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage zu beantworten sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig (§§ 528 Abs 3 iVm § 505 Abs 4 und 502 Abs 5 Z 1 ZPO) und berechtigt.
Wie das Rekursgericht an sich zutreffend ausgeführt hat, sind nach ständiger Rechtsprechung „aus dem gegenseitigen Verhältnis der Ehegatten entspringende Streitigkeiten" gemäß § 49 Abs 2 Z 2b JN solche, die ohne das Eheverhältnis nicht denkbar sind. Kann der geltend gemachte Anspruch auch in einem Rechtsverhältnis zwischen Personen bestehen, die nicht miteinander verheiratet sind oder waren, so liegt eine Streitigkeit aus dem Eheverhältnis nicht vor. Für den anspruchsbegründenden Sachverhalt muss somit das Eheverhältnis zumindest mitbestimmend sein (vgl nur RIS-Justiz RS0044093, RS0046499).
Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts kann im vorliegenden Fall keineswegs abschließend gesagt werden, dass hier ausschließlich die schuldrechtliche Frage der Berichtigung der bereits vereinbarten Ausgleichszahlung zu klären sei, nicht aber spezifische, im Eheverhältnis wurzelnde Rechte und Pflichten. Ebenso wenig kann der - in der Klage nur schlagwortartig behauptete - Sachverhalt abschließend dahin beurteilt werden, dass für die Beurteilung einzelner Ansprüche aus einem Scheidungsfolgenvergleich nicht mehr die dem Eheverhältnis eigentümlichen Rechte und Pflichten maßgebend seien. Der in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des erkennenden Senats (1 Ob 271/05t) lag ein ganz besonders gelagerter Fall zugrunde; dort war zu klären, welchem der geschiedenen Ehegatten der Vermieter nach Ende eines Bestandverhältnisses die Kaution zurückzuzahlen hatte.
Mit dem Klagevorbringen, die Streitteile hätten in ihrem Scheidungsverfahren eine Ausgleichszahlung von 20.000 EUR vereinbart, die der Beklagte trotz Fälligkeit nicht geleistet habe, wird eindeutig eine Forderung geltend gemacht, die ohne die (vorangegangene) Ehe nicht denkbar wäre. Dabei ist davon auszugehen, dass nach den Klagebehauptungen eine vergleichsweise Einigung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG getroffen wurde (zur bezirksgerichtlichen Zuständigkeit für solche Ansprüche siehe etwa die Judikaturnachweise bei Mayr in Rechberger, § 49 JN Rz 7). Ob sich in diesem Verfahren letztlich spezifisch eherechtliche Fragen stellen werden, kann allein aus den Klageangaben zwar noch nicht abgeleitet, aber auch keineswegs ausgeschlossen werden. Denkbar wäre etwa die Einwendung, die Scheidungsvereinbarung sei nicht wirksam geworden, weil es letztlich gar nicht zu einer einvernehmlichen Scheidung gekommen sei. Auch die zivilrechtliche Gültigkeit der Vereinbarung oder die Frage der Fälligkeit der Ausgleichszahlung könnten unter dem Gesichtspunkt der einschlägigen eherechtlichen Vorschriften zum Streitthema gemacht werden.
Da die spezielle Zuständigkeitsvorschrift des § 49 Abs 2 Z 2b JN gewährleisten soll, dass Rechtsstreitigkeiten zwischen (auch geschiedenen) Ehegatten in die Sonderzuständigkeit der Familiengerichte fallen sollen, sofern für die Entscheidung eherechtliche Spezialkenntnisse erforderlich sein könnten, fällt auch eine Streitsache wie die vorliegende in die bezirksgerichtliche Eigenzuständigkeit.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher ersatzlos aufzuheben. Dem darüber hinausgehenden Revisionsrekursantrag, dem Erstgericht die Erlassung eines Zahlungsbefehls aufzutragen, konnte hingegen kein Erfolg beschieden sein, weil damit der Entscheidung des Erstgerichts, die Klage allenfalls zwecks Ergänzung der Klagebehauptungen einem Verbesserungsverfahren zu unterziehen, vorgegriffen würde.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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