OGH 1Ob44/50

OGH1Ob44/508.3.1950

SZ 23/56

Normen

Devisengesetz §4
Devisengesetz §12
Devisengesetz §14 Devisengesetz §20
Devisengesetz §22
EO §1 Z17
EO §54
Devisengesetz §4
Devisengesetz §12
Devisengesetz §14 Devisengesetz §20
Devisengesetz §22
EO §1 Z17
EO §54

 

Spruch:

Über das Erfordernis devisenbehördlicher Genehmigung im Realexekutionsverfahren.

Entscheidung vom 8. März 1950, 1 Ob 44/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Waidhofen a. d. Ybbs; II. Instanz:

Kreisgericht St. Pölten.

Text

Am 3. Jänner 1949 hatte die in der Schweiz wohnhafte betreibende Partei bei dem Bezirksgericht Waidhofen an der Ybbs den Antrag gestellt, ihr auf Grund des vollstreckbaren Notariatsaktes vom 12. November 1947 zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung im Betrage von 65.000 S samt Anhang gegen die Verpflichtete die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung ob der Liegenschaft EZ. X. zu bewilligen. Das Bezirksgericht Waidhofen a.

d. Ybbs hat diesem Antrage stattgegeben und den bezüglichen Beschluß auch der Oesterreichischen Nationalbank zugestellt. Mit Schreiben vom 20. Jänner 1949, gerichtet an das Bezirksgericht Waidhofen a. d. Ybbs, hat die Oesterreichische Nationalbank unter Verweisung auf die Bestimmung des § 22 Abs. 2 DevisenG. erklärt, ausnahmsweise nachträglich die Bewilligung zur Einverleibung des Pfandrechtes für die Forderung der betreibenden Partei, einer Devisenausländerin, zu erteilen. Am 28. September 1949 hat die betreibende Partei den Antrag gestellt, ihr auf Grund des obgenannten vollstreckbaren Notariatsaktes zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 65.000 S samt Anhang die Exekution mittels Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ. X. zu bewilligen. Sie berief sich hiebei auf die Auskunft der Oesterreichischen Nationalbank vom 25. August 1949, daß die Zwangsvollstreckung durch Versteigerung einer Pfandliegenschaft keiner devisenrechtlichen Bewilligung bedürfe.

Das Erstgericht hat diesen Exekutionsantrag bewilligt.

Das Rekursgericht hat den Exekutionsantrag mit der Begründung abgewiesen, daß die Auffassung, die die Nationalbank in der auf eine Anfrage des Rekursgerichtes diesem übermittelten Zuschrift vom 22. Oktober 1949, im wesentlichen gleich der Auskunft vom 25. August 1949, vertreten habe, im Widerspruch zu der Bestimmung der Z. 2 der Kundmachung Nr. 8 (verlautbart im amtlichen Teil der "Wiener Zeitung" Nr. 222 vom 24. September 1946) stehe und daß diese Bestimmung nicht im Wege einer einfachen Erklärung der Nationalbank außer Kraft gesetzt werden könne, zumal diese selbst mitteilte, daß die Kundmachung Nr. 8 noch in Kraft sei.

Der Oberste Gerichtshof hat den erstgerichtlichen Beschluß wieder hergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Grundsätzlich darf gemäß § 4 DevisenG. ein Inländer - im Sinne des Devisengesetzes - im Inland nur mit Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank Zahlungen an einen Ausländer im Sinne des Devisengesetzes oder zugunsten eines solchen an einen Inländer leisten sowie Zahlungsmittel oder Gold einem Ausländer oder zugunsten eines solchen einem Inländer aushändigen. Erläge inländischer Zahlungsmittel bei Gericht bedürfen jedoch keiner Bewilligung (§ 4 Abs. 2 DevisenG.).

Grundsätzlich darf weiter gemäß § 12 Punkt b und c DevisenG. nur mit Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank über eine im Inland gelegene Liegenschaft eines Ausländers oder über ein dingliches Recht eines Ausländers an einer solchen Liegenschaft sowie über eine im Inland gelegene Liegenschaft eines Inländers oder über ein dingliches Recht eines Inländers an einer solchen Liegenschaft verfügt werden, wenn die Verfügung zugunsten eines Ausländers erfolgen soll.

Schließlich bedarf gemäß § 14 DevisenG. die Bestellung von Sicherheiten für ausländische Gläubiger der Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank.

In § 22 DevisenG. ist ausgesprochen, daß in dem Falle, wo zur Leistung des Schuldners eine Bewilligung erforderlich ist, die Verurteilung oder Zwangsvollstreckung nur zulässig ist, wenn die Bewilligung erteilt worden ist.

Gemäß § 20 DevisenG. ist nun der Oesterreichischen Nationalbank, welche mit der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Devisengesetzes gesetzlich betraut ist, die Ermächtigung eingeräumt, von den Vorschriften der Abschnitte II bis V des Gesetzes Ausnahmen zuzulassen sowie Anordnungen und Vereinbarungen wegen der Durchführung und des Umfanges der Ablieferung von Waren zu treffen, wobei derartige Ausnahmen oder Anordnungen sowie sonstige Bekanntmachungen auf Grund dieses Gesetzes und seiner Durchführungsvorschriften erforderlichenfalls im amtlichen Teil der "Wiener Zeitung" wirksam verlautbart werden.

Eine solche Anordnung ist die Kundmachung Nr. 8, betreffend bürgerlich-rechtliche und zivilprozessuale Vorschriften, verlautbart im amtlichen Teil der "Wiener Zeitung" Nr. 222 vom 24. September 1946.

In dieser Kundmachung sind nun, ausgehend von dem Standpunkte, daß die zwangsweise Hereinbringung von Geldforderungen ausländischer Gläubiger gegen inländische Schuldner nicht unbegrundet verhindert oder erschwert werden sollen, wobei nur die Kontrolle über die Verwendung der eingetriebenen Schillingbeträge erhalten bleiben muß, gewisse generelle Erleichterungen geschaffen worden.

So ist gemäß Punkt 5 dieser Anordnung für die Aufnahme einer vollstreckbaren Urkunde (§ 1 Z. 17 EO.) - d. i. im gegenständlichen Falle des vollstreckbaren Notariatsaktes vom 12. November 1947 - eine Bewilligung nicht erforderlich.

Desgleichen bedürfen gemäß Punkt 2 der genannten Anordnung prozessuale Handlungen (Klageerhebung, Streitverkündigung, Zwangsvollstreckung) "als solche" keiner Bewilligung und ist die Beibringung einer Bewilligung nur für den Fall verlangt, daß die beantragte Zwangsvollstreckung auf die Herbeiführung einer nach dem Devisengesetz bewilligungsbedürftigen Leistung oder Verfügung abzielt - so Zahlung an den Ausländer unmittelbar - und die erforderliche Bewilligung, sei es für den einzelnen Fall oder allgemein, nicht schon erteilt worden ist.

In diesem Zusammenhange ist in Punkt 9 der mehrfach genannten Anordnung vorgesehen, daß ohne Bewilligung Zahlungen zugunsten von Ausländern, die durch gerichtliche Vollstreckungsbeamte oder Zwangsverwalter von Amts wegen zu bewirken sind, auf ein Sperrkonto bei einem Devisenhändler geleistet werden können, wenn das Gericht oder der Vollstreckungsbeamte gleichzeitig der Oesterreichischen Nationalbank, Prüfungsstelle für den Zahlungsverkehr mit dem Auslande, von der Zahlung Mitteilung macht.

Durch diese Vorschriften ist einerseits dem inländischen Schuldner die Möglichkeit gegeben, ohne Bewilligung im einzelnen Falle sich seiner Zahlungsverbindlichkeit gegenüber dem ausländischen Gläubiger durch die Zahlungsleistung an das Gericht oder das Vollstreckungsorgan zu entledigen, anderseits kann auf diese Weise die zwangsweise Vollstreckung zur Hereinbringung von Geldforderungen ausländischer Gläubiger ungehindert durchgeführt werden, ohne daß dadurch die Kontrolle der Oesterreichischen Nationalbank über die Verwendung der eingetriebenen Gelder beeinträchtigt würde. Nach den dargelegten Grundsätzen ist daher eine Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank für die zwangsweise Hereinbringung von Forderungen ausländischer Gläubiger durch Pfändung und Verkauf von Mobilien und ebenso auch durch die zwangsweise Versteigerung von Liegenschaften nicht erforderlich.

Unter Bedachtnahme auf diese teils im Devisengesetz selbst, teils in der mehrfach zitierten Kundmachung Nr. 8 enthaltenden Bestimmungen steht die im gegenständlichen Falle erteilte Auskunft der Oesterreichischen Nationalbank vom 22. Oktober 1949 weder mit dem Gesetz noch mit der auf Grund des § 20 Abs. 3 des Gesetzes erlassenen Kundmachung Nr. 8 in Widerspruch.

Es wird allerdings bei Durchführung einer solchen Exekution auf die Einhaltung des oben umschriebenen Vorganges (Erlag des dem Ausländer geschuldeten Betrages zu Gericht, eventuell auf ein Sperrkonto) von Amts wegen Rücksicht zu nehmen sein.

Diese Auslegung der devisenrechtlichen Bestimmungen steht auch mit der Auskunft nicht im Widerspruch, welche die Nationalbank am 20. Jänner 1949 dem Bezirksgericht Waidhofen a. d. Ybbs erteilt hat, in der sie die Bewilligung der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung deswegen als unzulässig bezeichnet, weil sie ohne Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank erfolgt ist. Denn die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung, welche auf Sicherstellung des Devisenausländers abzielt, stellt an sich eine Verfügung über eine im Inland gelegene Liegenschaft eines Inländers dar, über welche im Sinne des oben zitierten § 12 DevisenG. nur mit Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank verfügt werden darf, welche Verfügung nach der gegenwärtigen Rechtslage durch eine allgemeine Bewilligung nicht gedeckt ist.

Auf Grund der vorstehenden Ausführungen erübrigt sich eine nähere Erörterung der Frage, ob die gegenständliche Erklärung der Oesterreichischen Nationalbank vom 22. Oktober 1949, daß die Zwangsvollstreckung als solche einer Bewilligung nicht bedarf, einer speziellen, von der Oesterreichischen Nationalbank erteilten Bewilligung gleichzuhalten ist; für eine solche Annahme spricht allerdings der Umstand, daß ja die Oesterreichische Nationalbank im Sinne des Devisengesetzes die maßgebende Stelle ist, welche derartige Bewilligungen auch im Einzelfalle zu erteilen hat.

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