OGH 1Ob437/52

OGH1Ob437/5211.6.1952

SZ 25/161

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §16
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §16

 

Spruch:

Der Nachweis einer unerlaubten Wettbewerbshandlung des Beklagten befreit nicht vom Beweis, daß dem Kläger durch diese Handlung ein Schaden entstanden ist.

Wenn der Erwerber eines Unternehmens, der zur befristeten Weiterführung der alten Firma berechtigt ist, vereinbarungsgemäß seine Firma ändert und die ehemaligen Inhaber der Firma nunmehr wieder für das von ihnen neugegrundete Unternehmen die Firma annehmen oder auch nur eine ähnlich lautende führen, so darf er nach Ablauf der Berechtigungsfrist in Ankündigungen usw. nur dann auf die von ihm heute geführte Firma hinweisen, wenn er gleichzeitig in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise darauf aufmerksam macht, daß diese Firma nunmehr einem mit seinem Unternehmen nicht identischen Unternehmen zusteht.

Kein Wegfall der Wiederholungsgefahr, wenn der Beklagte sich zu einer weiteren Unterlassung nur unter der Bedingung bereit erklärt, daß ihm die Kosten ersetzt werden, auch wenn er das Weitererscheinen der beanstandeten Inserate inhibiert hat.

Entscheidung vom 11. Juni 1952, 1 Ob 437/52.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Otto B. und Adolf Sch. waren bis 30. Juni 1947 offene Gesellschafter der Firma "Otto B. & Co.". An diesem Tage verkauften die Genannten dem Beklagten das unter der Firma "Otto B. & Co." betriebene Unternehmen, wobei sie dem Beklagten das Recht einräumten, den Firmennamen "Otto B. & Co." bis 31. Dezember 1950 weiter zu führen. Gemäß Punkt XIV des Übergabsvertrages verpflichtete sich der Beklagte, bis längstens 31. Dezember 1950 den Namen "Otto B." aus der Firma herauszulösen. Außer Streit steht, daß es den Veräußerern frei stand, nach Ablegung der Firma Otto B. & Co. durch den Beklagten den Namen Otto B. in eine von ihnen etwa gegrundete neue Firma aufzunehmen.

Otto B. hat im Mai 1947 ein branchengleiches Unternehmen gemeinsam mit einem Kommanditisten unter der Firma "O. B.

Kommanditgesellschaft" gegrundet. Beklagter hat noch vor Ablauf des im Punkt XIV des Vertrages vorgesehenen Zeitpunktes seine abgeleitete Firma "Otto B. & Co." im September 1950 in "A. W."

abgeändert. Die klagende Firma hat daraufhin am 10. November 1950 ihre Firma "O. B. Kommanditgesellschaft" in "Otto B. & Co."

geändert.

Im Telephonbuch 1951 für Salzburg hat Beklagter nachstehende Einschaltungen erscheinen lassen: a) "W. Arthur, Vervielfältigungsmaschinen, Büromaschinen, Auslieferungslager Salzburg, H.gasse 26 ... 1567, Vertreter Robert Sch ... 1567, Wohnung ... 1567. b) B. Otto & Co., H.gasse 26, Vertreter R. Sch. siehe W. A.".

Ebenso ließ er im Telephonbuch 1951 für Tirol nachstehende Einschaltung erscheinen: a) W. A., VV-Maschinen und Zubehöre, Bürobedarf, M.straße 1 ... 7-52-83, b) B. Otto & Co. siehe W. A., c) im Inseratenteil unter "Vervielfältigungsmaschinen" A. W. vormals Otto B. & Co., Vervielfältigungsmaschinen und Zubehör, Bürobedarf, Innsbruck, M.straße 1 ... 7-52-83.

Die klagende Firma hat auf Grund dieses Sachverhaltes beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Verwertung des Firmenwortlautes "Otto B. & Co." sowohl mit dem darauffolgenden Hinweis "siehe Arthur W."

oder mit einem sonstigen Hinweis auf die Firma des Beklagten als auch durch Ergänzung des Firmenwortlautes des Beklagten durch den Zusatz "vormals Otto B. & Co." im amtlichen Telephonbuch und Branchenverzeichnis ab sofort zu unterlassen und der klagenden Partei 10.000 S s. A. zu bezahlen.

Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen. Es stehe nicht mehr fest, als daß Beklagter sich am 30. Juni 1947 verpflichtet habe, den Namen Otto B. aus der Firma bis längstens 31. Dezember 1950 herauszunehmen, dagegen sei nicht erwiesen worden, daß vereinbart worden sei, daß er nach diesem Zeitpunkt auch nicht mehr auf die Änderung seiner Firma "Otto B. & Co." in "A. W." verweisen dürfe. Da er eine solche Verpflichtung nicht auf sich genommen hat, so müsse ihm infolgedessen auch zugebilligt werden, daß er bei der Änderung einer Firma, die er befugter Weise geführt habe, in eine andere Firma seinen Kunden auf jede nur mögliche Weise zur Kenntnis bringe, daß er die frühere Firma in eine andere Firma geändert habe. Wenn seine frühere Firma in Telefonbüchern und Adreßbüchern verzeichnet war, so könne ihm nicht versagt werden, zumindest durch eine gewisse Zeit auf die Firmenänderung zu verweisen. Welche Zeit diesbezüglich angemessen sei, werde nach der Sachlage des jeweiligen Falles zu beurteilen sein. Unter Bedachtnahme darauf, daß der Vertrieb des Beklagten sich über ganz Österreich erstrecke, werde eine Zeit von einem halben Jahr bis zu einem Jahr erforderlich sein, um dem gesamten Kundenkreis die Firmenänderung zur Kenntnis zu bringen. Es würde nicht genügen, die bekannten Kunden eines Kaufmannes ad personam von der Firmenänderung einmal zu verständigen, es müsse durch einige Zeit der Kundschaft überall dort, so die neue Firma ersichtlich sei, also auf Geschäftspapieren, Geschäftskarten usw. und auch in Telefonbüchern und Adreßbüchern immer wieder vor Augen treten, daß das Unternehmen nur seine Firma geändert habe, sonst aber dasselbe geblieben sei. Mit diesem Recht des Beklagten, die Kontinuität seines Unternehmens trotz der Firmenänderung in den beteiligten Verkehrskreisen auf erfolgreiche Weise bekanntzugeben, mußte Otto B. rechnen. Hätte er Verweisungen des Beklagten auf die Firma Otto B. & Co. nach dem 31. Dezember 1950 ausschließen wollen, so hätte dies ausdrücklich vereinbart werden müssen oder Otto B. hätte darauf bestehen müssen, daß der Beklagte sich verpflichte, z. B. schon bis 31. Dezember 1949 den Namen Otto B. aus seiner Firma zu entfernen.

Die von der klagenden Partei beanstandeten Verweisungen hinsichtlich der beklagten Firma in den Telefonbüchern für Tirol und Salzburg könnten daher nicht als unlautere Wettbewerbshandlungen angesehen werden. Umsoweniger sei dies der Fall, als Otto B. - gemeint ist die Kommanditgesellschaft "O. B. Kdt.- Ges."- für sein Unternehmen fast unmittelbar nach der Ablegung der Firma Otto B. & Co. durch den Beklagten diese Firma wieder angenommen habe. Da nunmehr mehr oder minder anschließend im branchengleichen Geschäftsverkehr dieselbe Firma auftauchte, so bestand für den Beklagten die größtmögliche Gefahr, daß in den beteiligten Verkehrskreisen einfach angenommen werde, daß es sich bei dem Unternehmen der klagenden Partei um sein (des Beklagten) Unternehmen handle. Der Standpunkt, daß Otto B. sofort die frühere Firma des Beklagten annehmen dürfe, der Beklagte hingegen nicht einmal darauf verweisen dürfe, daß sein Unternehmen diese Firma früher geführt habe, sei abwegig, weil dies unbedingt die Folge gehabt hätte, daß ein Großteil der Kunden zumindest eine Zeit hindurch die Aufträge an die ihr bisher bekannte Firma Otto B. & Co. gegeben hätte. Wenn Otto B. - gemeint ist offenbar die Kommanditgesellschaft O. B. Kdt.Ges. - dem die Verwechslungsbefürchtungen des Beklagten noch dazu bekannt waren, trotzdem die bezeichnete Firmenänderung sofort vorgenommen habe, so könnte dies allenfalls sogar ihm als eine Handlung gegen die guten Sitten ausgelegt werden; zumindest aber müsse er sich gefallen lassen, daß der Beklagte alles unternommen habe, um die Verwechslungsfähigkeit des klägerischen Unternehmens mit seinem Unternehmen auszuschalten. Es sei auch auffällig, daß Otto B. der ohnehin die Firma O. B., Kommanditgesellschaft für sein Unternehmen führte, sich nicht etwa damit begnügte, den Vornamen Otto vollständig in die Firma aufzunehmen, sondern die Firma mit demselben Wortlaut, wie sie der Beklagte führte, angenommen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es mangle ein Rechtsschutzinteresse, weil Wiederholungsgefahr nicht bestehe. Das Erstgericht habe unangefochten festgestellt, daß sich der Beklagte schon während des Jahres 1951 teilweise mit Erfolg bemüht habe, daß die "Otto B. & Co." für ihn aus den Telefonbüchern für Tirol und Salzburg überhaupt verschwinde.

Der Oberste Gerichtshof änderte das angefochtene Urteil über Revision der klagenden Partei teilweise ab, indem er den Beklagten schuldig erkannte, die Verwendung des Firmenwortlautes Otto B. & Co. mit dem Hinweis "siehe Arthur W." oder mit einem sonstigen Hinweis auf die Firma des Beklagten insbesondere auch durch Ergänzung des Firmenwortlautes des Beklagten durch den Zusatz "vormals Otto B. & Co." in amtlichen Telefonbüchern und Branchenverzeichnissen zu unterlassen, sofern nicht gleichzeitig in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise darauf hingewiesen wird, daß die Firma "Otto B. & Co." nunmehr ausschließlich dem mit dem Unternehmen des Beklagten nicht identischen Unternehmen der klagenden Partei zusteht.

Im übrigen wurde der Revision nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Mit Unrecht beschwert sich die Revision ferner darüber, daß das Berufungsgericht das Schadenersatzbegehren wegen mangelnder Konkretisierung abgewiesen habe, ohne sich auf die Erörterung der Schadensfrage weiter einzulassen. Es wäre vielmehr die Sache in die erste Instanz zurückzuverweisen gewesen. Diese Ausführungen sind verfehlt. Aus der Tatsache, daß der Beklagte irreführende Anzeigen in den Telefonbüchern für Tirol und Salzburg hat erscheinen lassen, folgt noch nicht notwendig, daß Klägerin einen Schaden erlitten hat. Sie hätte zumindest behaupten und beweisen müssen, daß ihr Umsatz zurückgegangen ist oder daß er nicht in dem Ausmaße, in dem er in anderen Bundesländern gestiegen ist, sich gesteigert hat. Da die Klägerin, obwohl anwaltlich vertreten, dieser ihr obliegenden Verpflichtung, die klagebegrundenden Tatsachen zu behaupten, nicht nachgekommen ist, ist das Klagebegehren mit Recht abgewiesen worden, weil es nicht die Aufgabe des Gerichtes ist, eine anwaltlich vertretene Partei zu belehren, wenn diese irrig annimmt, zur Begründung eines Schadenersatzanspruches nach § 16 UWG. genüge die Behauptung, daß die irreführenden Inserate der Beklagten zwangsläufig mit einem Ausfall an Aufträgen verbunden seien. Eine solche Zwangsläufigkeit besteht nicht, weil ein Ausfall überhaupt nicht entstanden sein muß, wenn die Kundschaft der Klägerin, weil sie die tatsächlichen Verhältnisse kannte, nicht irregeführt worden ist. Die Rechtsauffassung, mit der die Klägerin ihren Schadenersatz begrundet hat, ist demnach rechtsirrig. § 182 ZPO. verpflichtet aber die Richter nicht, rechtsirrige Auffassungen anwaltlich vertretener Parteien richtigzustellen; er hat nur auf die Ergänzung des Tatbestandes hinzuwirken.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt demnach nicht vor. Wohl aber ist die Rechtsrüge teilweise begrundet, soweit sie sich gegen die Abweisung des Unterlassungsbegehrens richtet.

Bei der Beurteilung der vorliegenden Rechtssache ist davon auszugehen, daß die Klägerin ihren Anspruch nur auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, aber nicht auf den Vertrag stützen kann. Den Vertrag haben Otto B. und sein ehemaliger Gesellschafter Adolf Sch. abgeschlossen. Nur sie können daher aus dem Vertrag Rechte ableiten und nicht die nach dem Vertrag neugegrundete Gesellschaft "O. B. Kommanditgesellschaft", die jetzt den Firmennamen "Otto B. & Co." führt; sie ist auch dann zur Geltendmachung vertraglicher Ansprüche nicht berechtigt, wenn sie aus den vertragschließenden Personen bestehen sollte, weil eine Kommanditgesellschaft mit ihren Gesellschaftern nicht identifiziert werden darf.

Der Tatbestand des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 9) ist aber gegeben. Die Klägerin ist gewiß berechtigt, ihre Kundschaft darauf aufmerksam zu machen, daß sie früher den Firmenwortlaut Otto B. & Co. geführt hat. Da aber nunmehr eine zweite Firma dieses Namens besteht, die mit dem Beklagten nicht identisch ist, so mußte Beklagter bei diesem Hinweis in einer Weise vorgehen, die deutlich erkennen lasse, daß der Firmenwortlaut "Otto B. & Co." nicht erloschen ist, sondern von einem anderen Unternehmen geführt wird. Beklagter mußte daher gleichzeitig mit Hinweis auf die Änderung seiner Firma in einer Weise aufmerksam machen, daß sein Unternehmen mit dem Unternehmen der Klägerin nicht verwechselt werden darf. Da er dies nicht getan hat, so hat er sein Unternehmen durch den Hinweis auf seine ehemalige Firma in einer Weise bezeichnet, die zu Verwechslungen mit der Klägerin Anlaß gab. Dabei ist es bedeutungslos, ob Beklagter bei Aufgabe der Inserate Kenntnis von der Änderung des Firmanamens der Klägerin hatte, da er jedenfalls wußte, daß eine zweite B.-Firma in der gleichen Branche bestehe, die berechtigt war, den Firmennamen Otto B. & Co. anzunehmen, sobald er ihn abgelegt hatte. Er mußte daher alles vermeiden, was zu Verwechslungen, sei es auch nur mit der Firma O. B., Kommanditgesellschaft, Anlaß geben konnte. Er durfte deshalb in den Telefonbüchern nicht einfach inserieren "Otto B. & Co." siehe Arthur W., er hätte die Adresse seines Unternehmens und den Hinweis hinzufügen müssen "nicht zu verwechseln mit ... " oder dgl. Dasselbe gilt von der Annonce im Branchenverzeichnis. Der bloße Hinweis, "vormals Otto B. & Co." war irreführend, da die Kundschaft annehmen mußte, daß nunmehr überhaupt keine Firma Otto B. & Co. existiere, und daß etwaige Annoncen dieser Firma (der Klägerin) sich auf den ehemaligen Firmenwortlaut des Beklagten beziehen.

Der Tatbestand des § 9 UWG. ist also zweifellos gegeben. Es ist aber auch die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen. Wie der Oberste Gerichtshof in SZ. XVIII/162 ausgeführt hat, darf bei der Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht engherzig vorgegangen werden. Die Gefahr der Wiederholung liegt in dem Fortbestehen eines Zustandes, der keine Sicherungen gegen weitere Rechtsverletzungen bietet. Insbesondere dann, wenn der Beklagte sein Unrecht nicht einsieht, ist eine gegenwärtige Gefährdung anzunehmen, die über die bloße Möglichkeit einer Wiederholung hinausgeht. Das ist aber vorliegend der Fall. Der Beklagte hat zwar, wie er in der Klagebeantwortung angibt, zur Vermeidung jedes Streites durch Zuschriften die Postdirektionen aufgefordert, den Hinweis auf seine ehemalige Firma im Telephonbuch 1952 zu unterlassen, und auch die Streichung des Hinweises im Nachhange zum Salzburger Telephonbuch 1951 veranlaßt. Er hat aber in der Klagebeantwortung gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, daß es selbstverständlich sei, daß er geradezu verpflichtet gewesen sei, die Kundschaft auf die genannte Weise von der Firmenänderung zu verständigen. Er hat also sein Unrecht nicht eingesehen.

Trotzdem könnte man vom Wegfall der Wiederholungsgefahr sprechen, wenn er sich bereit erklärt hätte, sich unter Wahrung seines Rechtsstandpunktes zur begehrten Unterlassung zu verpflichten. Er hat sich dazu aber nur unter der Bedingung bereit erklärt, daß die Klägerin ihm die Kosten des angeblich vom Zaun gebrochenen Prozesses bezahle. Bei diesem Verhalten des Beklagten kann nicht gesagt werden, daß mit Sicherheit damit zu rechnen ist, daß Beklagter nicht gegebenenfalls trotz Widerrufes seiner Inserate im Telephonbuch gestützt auf sein angebliches Recht, ähnliche Inserate aufgeben werde.

Die Wiederholungsgefahr ist daher nicht als weggefallen anzusehen. Beklagter war deshalb in dem oben angeführten Sinne zu verurteilen, nicht zur Unterlassung jedes Hinweises auf die Firmenänderung, aber zur Unterlassung jedes irreführenden Hinweises. In diesem Sinne war der Revision teilweise Folge zu geben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte