Spruch:
Beiden Revisionen wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger buchte bei der beklagten Partei als Reiseveranstalterin für die Zeit vom 5. bis 12.Februar 1994 für sich und seine Ehegattin einen Cluburlaub in einem „Robinson-Club“, der von der K*****-Gesellschaft mbH & Co KG (in der Folge kurz Nebenintervenientin) betrieben wurde. Der Buchung lagen die „Allgemeinen Reisebedingungen (ARB 1992)“, die dem Kläger zur Verfügung standen, zugrunde. Am 9.Februar 1994 nahm er an einem von der Nebenintervenientin angekündigten und veranstalteten Snow-Rafting-Rennen teil; das Entgelt für die Teilnahme war bereits in dem vom Kläger entrichteten Entgelt für den Cluburlaub enthalten. Im Zuge dieser Veranstaltung erlitt der Kläger schwere Verletzungen. Bereits in den Jahren 1992 und 1993 hatte der Kläger an solchen Veranstaltungen teilgenommen. Der Unfall, der zu den Verletzungen des Klägers führte, ereignete sich bei dessen dritter Abfahrt am Unfalltag.
Der Kläger begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz seines zuletzt mit S 226.317,70 s.A. bezifferten Schadens, und zwar zur Zahlung eines Schmerzengelds im Betrag von S 190.000 und zum Ersatz verschiedener Aufwendungen im Gesamtbetrag von S 36.317,70, sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle künftigen Schäden, die ihm aus Anlaß des Snow-Rafting-Unfalls vom 9.Februar 1994 entstehen werden. Er führte dazu im wesentlichen aus, die Veranstaltung sei auf einer völlig ungesicherten und damit ungeeigneten Piste durchgeführt worden. Der Raftingreifen sei über eine am rechten Pistenrand im Pistenauslauf befindliche Geländekuppe katapultiert und der Kläger dadurch abgeworfen und verletzt worden. Die mit der Teilnahme am Snow-Rafting-Rennen verbundenen Risken seien für den Kläger nicht erkennbar gewesen; auf sie sei er auch nicht hingewiesen worden.
Die beklagte Partei und der Nebenintervenient wendeten im wesentlichen ein, Snow-Rafting sei kein Sport im eigentlichen Sinn, sondern eine Belustigung mit aufgeblasenen LKW-Reifen für die Gäste; diese Reifen seien dabei kaum oder gar nicht steuerbar. Auf diesen Umstand seien die Teilnehmer ausdrücklich aufmerksam gemacht worden. Sie seien dahin aufgeklärt worden, daß sie bei Auftreten einer Gefahr sofort „abspringen“ müßten. Der Kläger, der bereits zwei Abfahrten ohne Zwischenfall hinter sich gebracht habe, habe den Reifen vor Ansteuerung des rechten Pistenrands nicht verlassen. Jeder Teilnehmer an einer Snow-Rafting-Veranstaltung setze sich bewußt einer nicht unerheblichen Gefahr aus; die Gefährlichkeit des Snow-Rafting wegen der Unsteuerbarkeit der verwendeten LKW-Reifen sei allgemein bekannt. Der Kläger habe somit auf eigene Gefahr gehandelt. Er sei ausdrücklich darüber aufgeklärt worden, daß er beim Start nicht allzu sehr beschleunigen dürfe, um nicht von der vorgesehenen Fahrlinie abzukommen. Zur Sicherung der (Renn-)Strecke seien ausreichende Vorkehrungen getroffen worden. Der Kläger habe eigenmächtig einen höheren Startpunkt als den von den als Starter fungierenden Animateuren angegebenen gewählt und überdies einige Schritte Anlauf genommen, so daß der Reifen eine höhere Geschwindigkeit erreicht habe als die Reifen der übrigen Teilnehmer. Das (erhöhte) Risiko habe er durch sein Verhalten somit selbst herbeigeführt. Nach den der Buchung zugrundegelegten „Allgemeinen Reisebedingungen“ sei eine Haftung der beklagten Partei für leicht fahrlässiges Fehlverhalten der Animateure ausgeschlossen.
Der Kläger erwiderte darauf, der Haftungsausschluß sei sittenwidrig. Die beklagte Partei habe in Ansehung der Nebenintervenientin bzw der bei dieser beschäftigten Personen ein Auswahlverschulden zu vertreten, weil letztere nicht die entsprechenden Qualifikationen aufgewiesen hätten, um ein Snow-Rafting gefahrlos durchzuführen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.
Es stellte fest, die beklagte Partei habe dem Kläger mittels Prospekts einen Cluburlaub in einem „Robinson-Club“ als Reiseveranstalter angeboten und dabei auch die Veranstaltung von Spielen, Wettbewerben, „Sport- und Pistengaudi“, insbesondere auch das Fahren mehrerer Personen auf einem aufgeblasenen schwarzen Gummireifen, angepriesen. Der Kläger habe diesem Angebot zufolge die Buchung unter Einbeziehung der „Allgemeinen Reisebedingungen“ der beklagten Partei vorgenommen. Das Snow-Rafting-Rennen am 9.2.1994 habe zur Nachtzeit stattgefunden und sei von den im Club tätigen Animateuren der Nebenintervenientin auf einer seitlich ungesicherten Piste abgewickelt worden. Im talwärts gesehen rechten Auslaufbereich dieser Piste habe sich ein etwa 2 m hoher und 15 bis 20 m langer Humushügel befunden. Die Abfahrten mit aufgeblasenen LKW-Reifen hätten jeweils in Gruppen zu drei Personen stattgefunden; Ziel sei es gewesen, eine möglichst weite Wegstrecke zurückzulegen. Zwei Animateure der Nebenintervenientin seien am Startplatz gewesen, hätten die Startlinie vorgegeben und mit den Füßen den Reifen vor der Abfahrt jeweils blockiert. Im Zielbereich habe einer der Animateure die jeweils von den Rennteilnehmern zurückgelegte Wegstrecke ausgepflockt. Der Kläger sei gemeinsam mit zwei anderen Teilnehmern von der ihm von den Animateuren zugewiesenen Stelle abgefahren; dabei seien der Kläger und ein anderer Mann parallel nebeneinander brustseitig auf dem Reifen gelegen, während sich der dritte Teilnehmer auf die beiden anderen gelegt und sie links und rechts mit den Händen zusammengehalten habe. Die Abfahrtsstrecke sei links und rechts gegen das Abdriften der Reifen nicht gesichert gewesen. Vom Start weg sei die Strecke in einem leichten Linksbogen verlaufen und der Reifen habe nach 163 m den im Pistenbereich befindlichen Erdwall, der aufgeschüttet worden sei, erreicht. Der Reifen sei über den Erdwall wie über eine Schanze „hinausgeschossen“, und alle drei Rennteilnehmer seien durch die Luft geschleudert worden. Beim Aufprall sei der Kläger verletzt worden. Er sei 23 m nach dem Böschungsfuß zum Stillstand gekommen. Im Bereich des Erdwalls sei die Piste etwa 26 m breit gewesen. Der aufgeblasene LKW-Schlauch sei weder der Steuerung noch der Bremsung zugänglich. Zum Unfallszeitpunkt sei die Piste nur schwach ausgeleuchtet gewesen. Die Animateure hätten die Veranstaltungsteilnehmer lediglich darauf hingewiesen, daß der Reifen nicht steuerbar sei, daß sie bei Gefahr abspringen müßten und die Verwendung von Schischuhen nicht erlaubt sei. Der Kläger habe eine höher gelegene Abfahrtsposition als die ihm von den Animateuren zugewiesene nicht gewählt. Der Reifen sei bei der Unfallfahrt auch „nicht besonders“ angetrieben worden.
In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, die Animateure hätten als Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei die dieser obliegende Verkehrssicherungspflicht grob fahrlässig verletzt. Der im Bereich des Auslaufs der Piste befindliche, künstlich geschaffene Erdwall sei nicht abgesichert und die Erkennbarkeit der konkreten Gefahr durch die Blendwirkung des dem Reifen bei der Abfahrt folgenden Scheinwerferlichts stark beeinträchtigt gewesen. Im Gegensatz zum Wildwasser-Rafting sei die Gefährlichkeit von Snow-Rafting nicht allgemein bekannt. „Bei den gegebenen Umständen“ sei ein Mitverschulden des Klägers nicht in Betracht zu ziehen.
Das Gericht zweiter Instanz gab den von der beklagten Partei und dem Masseverwalter als Nebenintervenienten erhobenen Berufungen lediglich insoweit Folge, als es einzelne Aufwendungen im Gesamtbetrag von S 10.369 als nicht ersatzfähig beurteilte und daher das Mehrbegehren des Klägers in diesem Umfang abwies; es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Von den Feststellungen des Erstgerichts übernahm es nur jene nicht, daß die Animateure den Reifen des Klägers vor der Abfahrt mit den Füßen blockiert hätten, daß der Kläger mit seinen beiden Mitstartern von der ihnen von den Animateuren zugewiesenen Stelle aus gestartet sei und keine höhere Abfahrtsposition als die zugewiesene eingehalten habe sowie daß der Reifen auch nicht besonders angetrieben worden sei. Die Beschränkung der Haftung des Reiseveranstalters auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei bei Eintritt des Schadens zulässig gewesen, sodaß geprüft werden müsse, ob der beklagten Partei bzw der Nebenintervenientin grobe Fahrlässigkeit anzulasten sei. Der beklagten Partei sei als Nebenpflicht aus dem Reiseveranstaltungsvertrag eine Sicherungspflicht als Pistenhalter oblegen, der sie nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Der im Pistenauslauf befindliche 2 m hohe Hügel sei insbesondere zur Nachtzeit und bei unzulänglicher künstlicher Bahnausleuchtung als atypische Gefahr anzusehen, der die beklagte Partei nicht entsprechend begegnet sei. Der Kläger sei auf die Gefährlichkeit des Unterfangens auch nicht aufmerksam gemacht worden; eine wirksamere Absicherung der Piste sei der beklagten Partei zumutbar gewesen. Es sei schon in der menschlichen Natur begründet, daß jeder Teilnehmer an einem Snow-Rafting danach trachte, eine höher gelegene als die vorgegebene Startposition einzunehmen und den Reifen zusätzlich zu beschleunigen, so daß es Sache der beklagten Partei gewesen wäre, die eigenmächtige Verlegung des Startpunkts und das übermäßige Beschleunigen hintanzuhalten. Die Unterlassung solcher notwendiger und durchaus zumutbarer Absicherungsmaßnahmen sowohl im Bereich des Starts (Absperrung) wie auch des Erdwalls im Zielbereich erweise sich als derart sorgfaltswidrig, daß der beklagten Partei grobe Fahrlässigkeit zur Last falle. Dem Kläger könne nicht vorgeworfen werden, er habe durch die Wahl eines höhergelegenen Startpunkts versucht, die Gleitbahn des Reifens zu beeinflussen. Dessen allfälliges Mitverschulden träte gegenüber dem schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß der „Leute des Pistenhalters“ dermaßen in den Hintergrund, daß es zu vernachlässigen wäre. Es wäre dem Kläger nach den Feststellungen über die Körperlage auf dem Reifen auch gar nicht möglich gewesen, diesen beim Start durch Anschieben entsprechend zu beschleunigen. Die Wahl der Abfahrtsposition (gemeint: Startposition) sei für den Streitausgang nicht wesentlich, so daß in der vom Erstgericht unterlassenen Einvernahme eines Zeugen und der unterbliebenen Vernehmung eines Sachverständigen eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht erblickt werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Die von der beklagten Partei und dem Nebenintervenienten dagegen erhobenen Rechtsmittel sind zulässig und berechtigt.
Die beklagte Partei haftet - was schon im Berufungsverfahren unbestritten blieb - dem Kläger als Reiseveranstalterin, die sich ein Verschulden der Nebenintervenientin bzw der von dieser eingesetzten Animateure als ihrer Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen muß.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage nach der Haftung des Pistenhalters sind zwar zutreffend, können aber auf den vorliegenden Fall - zumindest unmittelbar - nicht angewendet werden: Der Kläger hat eine Haftung der Nebenintervenientin als Pistenhalterin gar nicht geltend gemacht. Weder nach dem Vorbringen der Parteien noch aufgrund der vorinstanzlichen Feststellungen käme sie auch in Betracht. Die beklagte Partei haftet dem Kläger vielmehr aufgrund ihrer im Vertrag übernommenen Schutzpflichten; insoweit war die dabei als ihre Erfüllungsgehilfin tätige Nebenintervenientin verpflichtet, die Beschaffenheit der Piste zu überprüfen und einen für die Veranstaltung geeigneten Pistenabschnitt auszuwählen. Lediglich insoweit bietet die Judikatur zur „Pistensicherungspflicht“ für die Beurteilung des Verhaltens der von der Nebenintervenientin eingesetzten Personen einen Anhaltspunkt (vgl etwa ZVR 1993/97).
Die Nebenintervenientin veranstaltete als Erfüllungsgehilfin der beklagten Partei mit dem Snow-Rafting einen sportlichen Wettkampf bzw einen Bewerb, mit dessen Durchführung besondere Gefahren verbunden waren, fanden dabei doch unsteuerbare LKW-Reifen auf einer (glatten) Schneepiste Verwendung und befand sich ein Hindernis in der Gestalt eines großen künstlich aufgeschütteten Erdhügels im Pistenbereich. Die Veranstalterin des Snow-Raftings mußte deshalb alle zum Schutz der Teilnehmer erforderlichen Vorkehrungen ergreifen. Welche Maßnahmen dabei notwendig und zumutbar sind, ist stets nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RdW 1997, 73 uva; Reischauer in Rummel, ABGB2, § 1297 Rz 9a; Weichselbaumer/Kossak in ZVR 1990, 257 ff [260]).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts muß nicht geprüft werden, ob der beklagten Partei (bzw deren Nebenintervenientin) grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt:
Die Haftungsfreizeichnung für Schäden an der Person in den „Allgemeinen Reisebedingungen“ ist schon ganz allgemein als Verstoß gegen die guten Sitten zu beurteilen und deshalb unwirksam. § 31 f Abs 1 KSchG, der solche Haftungsausschlüsse in Reiseveranstaltungsverträgen selbst dann ausschließt, wenn sie dem I.Hauptstück des Konsumentenschutzgesetzes nicht unterliegen, ist zwar erst nach dem Abschluß des Vertrags zwischen den Streitteilen, ja selbst erst nach Eintritt des vom Kläger geltend gemachten Schadens in Kraft getreten (§ 41 a KSchG idF BGBl 1993/247), doch war - jedenfalls - der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegte Ausschluß der Haftung für leicht fahrlässig herbeigeführte Personenschäden entgegen ZVR 1997/34 auch schon vor dem Inkrafttreten des § 31 f KSchG sittenwidrig und damit unwirksam. Dieser Schluß erscheint aus den im Schrifttum schon seit langem verfochtenen, von der Rechtsprechung indes zuwenig beachteten Argumenten gerechtfertigt:
Koziol lehrt (zuletzt wieder in Haftpflichtrecht I3 Rz 18/14), daß die wohl wichtigsten Persönlichkeitsgüter - das Leben und die Gesundheit - besonders intensiven Schutz genießen, was auch im Schadenersatzrecht - durch den Schutz der immateriellen Seite - in vielfältiger Weise zum Ausdruck gelange; dem einzelnen sei denn auch die Disposition über diese Güter nicht unbeschränkt möglich. Das müsse dann aber auch bei der Lösung der Frage, inwieweit der Ausschluß der Haftung für die Beeinträchtigung dieser Güter zulässig ist, berücksichtigt werden, bedeute doch ein solcher Haftungsausschluß eine teilweise Disposition über deren Schutz. Daher sei der Ausschluß der Haftung für leicht fahrlässige Personsverletzungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen der „verdünnten Privatautonomie“ auch schon bisher (also schon vor dem Inkrafttreten des § 31 f KSchG) keinesfalls wirksam gewesen.
Ernstliche Zweifel an der Wirksamkeit einer Haftungsfreizeichnung äußerte auch F.Bydlinski (Zur Haftung der Dienstleistungsberufe, in JBl 1992, 341 [351]), soweit es um die Verletzung fundamentaler Persönlichkeitsgüter gehe. Der besondere Schutz dieser Rechtsgüter sei, wie zahlreiche einschlägige Vorschriften in ganz unterschiedlichen Rechtsgebieten belegten, mit gutem Grund ein zentrales Anliegen der Rechtsordnung. Dazu passe es wenig, daß die Freizeichnung von Schadenshaftung in diesem Zusammenhang ebenso weitgehend zulässig sein solle wie bei bloßen Vermögensinteressen. Das „relative Vorrangverhältnis“ dieser Persönlichkeitsgüter sei eindeutig, weil Leben und Gesundheit reale Voraussetzung für (jedenfalls für umfassende planmäßige) Betätigung von Vermögensinteressen seien. Auch das Schadenersatzrecht sollte dem dadurch Rechnung tragen, daß die vertragliche Freizeichnung von der Haftung für die Schädigung von Leben und Gesundheit ausgeschlossen werde, und zwar selbstverständlich nicht nur für „Verbraucher“. Jedenfalls in bezug auf die fundamentalen Persönlichkeitsgüter sollte der - gewiß nicht zu überschätzende - Präventiveffekt der Schadenshaftung, auf den in der aktuellen Diskussion die „ökonomische Analyse des Rechts“ besonderes Gewicht lege, nicht vertraglich durchkreuzt werden dürfen. Dieser Gesichtspunkt sei im wesentlichen unabhängig von der bestehenden „Gemengelage“ zwischen Schadenersatzrecht und Versicherungs- sowie Versorgungssystemen.
Ähnlich äußerte sich auch Kathrein (in einer Glosse zu ZVR 1997,34 in ZVR 1997/88): Wohl sei es gerechtfertigt, bei Beurteilung der Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung einen strengen Maßstab anzulegen bzw bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Freizeichnung in AGB auf die Vorhersehbarkeit der Gefährdung abzustellen, doch müsse jede Interessenabwägung zugunsten des fundamentalen Rechtsguts der körperlichen Unversehrtheit ausschlagen. Bei Bedachtnahme auf die europarechtliche Entwicklung könne man nicht umhin, die in § 31 f Abs 1 KSchG festgelegten Rechtsfolgen schon anhand der allgemeinen Regel des § 879 Abs 1 ABGB zu judizieren. Die Wertentscheidung des Gesetzgebers bilde einen allgemeinen Maßstab bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit einer Freizeichnung.
Auch in der Regierungsvorlage (809 BlgNR, 18.GP, 10) wird zu § 3 f KSchG ausgeführt, daß § 879 Abs 3 ABGB zumindest in Fällen grober Unsachlichkeit (der Freizeichnung in AGB) die Möglichkeit bietet, die hier vorgesehene Regelung als verallgemeinerungsfähigen Grundsatz im Rahmen der Generalklausel zu berücksichtigen.
Auch das Recht der Europäischen Union (Punkt 1 a des Anhangs zu Art 3 Abs 3 der Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen [93/13/EWG] und Art 5 Abs 2 der Pauschalreise-Richtlinie [90/314/EWG]) schließt die Freizeichnung von der Haftung für Personenschäden in Verbraucherrecht zur Gänze aus.
Zu erwähnen ist, daß der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung EvBl 1986/111 - unter Berufung auf Koziol (Haftpflichtrecht I2 353) - anklingen ließ, daß in Fällen von Personenverletzungen Freizeichnung, insbesondere in entgeltlichen Verträgen, als unwirksam erachtet werde.
Auch für den Bereich des deutschen AGB-Rechts haben zweitinstanzliche Gerichte bereits mehrfach ausgesprochen, daß Sorgfaltspflichten, deren Verletzung in typischer Weise eine Gefahr für Leben und Gesundheit herbeiführt, grundsätzlich nicht freizeichnungsfähig seien (vgl die Nachweise bei Basedow in MünchK2 § 11 AGBG Rz 107 und FN 266); dafür stritten auch verschiedene Haftungsvorschriften, die vor allem Ersatz bei Personenschäden garantierten (Basedow aaO) Auch Hensen (in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz8 § 11 Nr 7 Rz 43) hält angesichts der europarechtlichen Entwicklung jedwede Haftungsbegrenzung für den Fall verschuldeter Körperschäden für unwirksam.
Bei neuerlicher Prüfung der hier anstehenden Frage schließt sich der erkennende Senat den im Schrifttum verfochtenen Argumenten an:
Wenngleich bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit (einer Freizeichnungsklausel) gewiß ein strenger Maßstab anzulegen ist und die Prüfung der Zulässigkeit des Haftungsausschlusses an der Vorhersehbarkeit der Gefährdung auszurichten ist, darf nicht übersehen werden, daß sich gerade das Ausmaß der Gefährdung und deren Einwirkung auf Leben und Gesundheit des Menschen nicht von vornherein auch nur einigermaßen abschätzen lassen: Jede Nachlässigkeit bei der Überwachung von Sicherheitsvorkehrungen kann zu unabsehbaren, in Wahrheit irreversiblen Beeinträchtigungen der Gesundheit oder gar zum Tod eines Menschen führen. Hätte der Vertragspartner, der die Freizeichnung durch Vertragsunterfertigung akzeptierte, diese möglichen Folgen bei Abschluß des Vertrags ernsthaft vor Augen gehabt und wäre er sich dabei auch bewußt gewesen, welcher Ansprüche er sich mit der Unterzeichnung des Vertrags, in den die ihm mitunter kaum verständlichen AGB einbezogen sind, begibt, so würde er sich bei verständiger Würdigung deren Tragweite doch wohl kaum damit abfinden.
Das trifft gerade auf den hier zu beurteilenden Reiseveranstaltungsvertrag im besonderen Maß zu, wird dabei doch die Abschlußbereitschaft des Reisenden vor allem durch die Sehnsucht nach Urlaubserlebnissen, die damit verbundene Erwartungshaltung und den regelmäßig vorhandenen Optimismus bestimmt; deshalb wird die Tatsache, daß sich der Reisende mit der Teilnahme an der Reiseveranstaltung auch vermehrter Gefährdung aussetzt, weitgehend, vielfach geradezu verdrängt, so daß eine einigermaßen kritische Beurteilung des „Kleingedruckten“ regelmäßig unterblieb. Wird weiters in Rechnung gestellt, daß sich der Reiselustige den von den Reiseveranstaltern durch den Einsatz entsprechender Formulare üblicherweise ins Spiel gebrachten AGB, die jeweils einen solchen Haftungsausschluß enthalten, kaum entziehen kann, will er die gewünschte Reiseveranstaltung buchen, so ist daraus zu schließen, daß der Reisende durch einen derartigen Haftungsausschluß im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligt wird: Seine insoweit durch die Rechtsordnung - wie schon erwähnt - in besonderer Weise geschützten Interessen (im Bereich seiner körperlichen Unversehrtheit) werden dadurch gröblich verletzt. Da diese Wertungen in gleicher oder ähnlicher Weise das Vertragswesen, soweit es um die Gefährdung der körperlichen Sicherheit geht, ganz allgemein beherrschen, folgt daraus:
Die Freizeichnung von der Haftung für Personenschäden in AGB ist als gröbliche Benachteiligung des anderen Teils auch insoweit unwirksam, als sie sich auf die leichte Fahrlässigkeit bezieht.
Im übrigen wäre die Wirksamkeit der hier zu beurteilenden Haftungsfreizeichnung auch aus anderen Erwägungen zu verneinen: Da Sportlern - denen Teilnehmer an sportähnlichen Bewerben wie den Snow-Raftung zwanglos gleichgestellt werden können - von vornherein nur die mit der sportlichen Betätigung typischerweise verbundenen Gefahren geläufig sind, kann ihnen wohl auch nur der Wille zu Erklärungen, die sich auf diese typischen Risken beziehen, zugesonnen werden. Nach Rechtsprechung (SZ 66/40 ua) und Lehre (Börner, Sportstätten-Haftungsrecht, 406 f; Pichler/Holzer, HB des österreichischen Schirechts, 261) kann sich der Veranstalter daher auch durch die Freizeichnung von der Haftung für leicht fahrlässig herbeigeführte Verletzungen dann nicht befreien, wenn diese auf unterbliebene oder mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen zurückzuführen sind. Die Annahme, Sportler wären mit dem Ausschluß der Haftung für mangelhaft geschützten Zielraum einverstanden, wäre demnach auch eine „willensunabhängige Fiktion“ (so Börner aaO). Gerade das träfe im vorliegenden Fall auf den ohne Sicherheitsvorkehrungen belassenen Erdhügel im Zielraum der Snow-Rafting-Piste zu.
Die Frage, ob der beklagten Partei jedoch überhaupt - also zumindest leichte - Fahrlässigkeit anzulasten ist, läßt sich anhand der vom Gericht zweiter Instanz übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen noch nicht verläßlich beurteilen. Die Beantwortung dieser Frage hängt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zuletzt auch davon ab, ob sich der Kläger und die beiden anderen Teilnehmer, die mit ihm die „Besatzung“ des Reifens bildeten, über die Festlegung der Startposition durch die Leute der Nebenintervenientin trotz deren Überwachung einfach hinwegsetzten und entgegen deren allfälligen ausdrücklichen Anweisung den Reifen übermäßig beschleunigten, obwohl sie vorher auf die damit verbundenen besonderen Gefahren ausdrücklich aufmerksam gemacht worden waren. Sollte das Beweisverfahren ergeben, daß das „Überfliegen“ des Erdwalls allein durch anweisungswidriges Verhalten der „Reifenbesatzung“ ausgelöst wurde und es dann jedenfalls dazu gar nicht hätte kommen können, wären die Anweisungen der Animateure beachtet und deren Einhaltung in zumutbarer Weise überwacht worden, so müßte der beklagten Partei zurechenbares schuldhaft rechtswidriges Verhalten deren Erfüllungsgehilfen verneint werden; allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht außer acht gelassen werden, daß nach den vorinstanzlichen Feststellungen jene „Reifenbesatzung“ als Sieger aus dem Bewerb hervorgehen sollte, die die weiteste Strecke zurücklegte. Weitergehende Sicherheitsvorkehrungen waren der Nebenintervenientin nicht mehr zumutbar, zumal der Veranstalter von jedem über die besonderen Gefahren der konkreten Veranstaltung aufgeklärten Teilnehmer erwarten darf, daß er die ihm selbst zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen eigenverantwortlich trifft.
Das Gericht zweiter Instanz hat gerade die insoweit entscheidungswesentlichen erstinstanzlichen Feststellungen über die gewählte Startposition, die Anweisungen durch die Animateure und die besondere Beschleunigung des Reifens beim Start nicht übernommen, weil es der unzutreffenden Ansicht war, auf diese Umstände käme es „nicht wesentlich“ an. Es hat nur deshalb auch die bei ihm gerügte Unterlassung der Vernehmung eines Zeugen und eines Sachverständigen nicht als Verfahrensmangel beurteilt. Das Verfahren zweiter Instanz ist deshalb ergänzungsbedürftig, weil das Berufungsgericht die Erledigung der Beweisrüge, soweit sie sich auf die von ihm nicht übernommenen Feststellungen bezog, mit dem - wie erwähnt - unzutreffenden Argument ablehnte, diese Feststellungen seien für den Streitausgang unerheblich, und auch die Mängelrüge aus dieser Erwägung als nicht berechtigt ansah.
Die Frage, ob dem Kläger ein Mitverschulden anzulasten ist, kann naturgemäß erst dann beantwortet werden, wenn sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen sollte, daß der beklagten Partei ein Verschulden zur Last fällt. Dabei wird zu beachten sein, daß dem Verletzten insbesondere dann ein Mitverschulden anzulasten ist, wenn er bei Anlegung des gebotenen Sorgfaltsmaßstabs (§ 1297 ABGB) die Gefahrenstelle hätte rechtzeitig erkennen und sich darauf einstellen können (EvBl 1984/8; JBl 1991, 586 ua). Nach den vorinstanzlichen Feststellungen hat der Kläger am Unfalltag bereits zwei Abfahrten unternommen, so daß ihm die Strecke bei der Unfallfahrt trotz der mangelhaften Ausleuchtung zumindest einigermaßen geläufig gewesen sein muß. Ferner wird zu berücksichtigen sein, daß er das mit dem Snow-Rafting an sich verbundene Risiko, soweit er es kannte oder wenigstens kennen mußte, auf sich genommen und in diesem Umfang auf eigene Gefahr gehandelt hat. Soweit er für die ihm aufgegebene Selbstsicherung nicht entsprechend Sorge trug, trifft ihn jedenfalls ein Mitverschulden. Da der Kläger bereits vorher mehrere Abfahrten unternommen hatte, so daß er mit dem Wesen des Snow-Rafting enigermaßen vertraut sein mußte, wußte er oder hätte er jedenfalls wissen müssen, daß er sich durch die Teilnahme an diesem Bewerb einer erhöhten Gefährdung seiner körperlichen Sicherheit aussetzte. Insoweit traf die beklagte Partei bzw deren Nebenintervenientin keine besondere Warn- oder Belehrungspflicht (JBl 1989, 653 ua; Weixelbaumer/Kossak aaO 265). Für die Frage des Mitverschuldens wird es naturgemäß bedeutsam sein, ob der Kläger trotz gegenteiliger Anweisung durch die Animateure eine das Unfallgeschehen fördernde höhere Startposition wählte (vgl ZVR 1984/139).
In diesem Sinn wird das Gericht zweiter Instanz das Berufungsverfahren zu ergänzen und neuerlich zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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