OGH 1Ob3/96

OGH1Ob3/964.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei Land Niederösterreich, vertreten durch Dr.Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 15,681.907,70 sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 1,000.000,- -), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20.Oktober 1995, GZ 14 R 176/95-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20.März 1995, GZ 31 Cg 34/93-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 71.813,57 (darin S 11.968,93 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 30.7.1973 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich die wasserrechtliche Bewilligung zum Betrieb einer Mülldeponie für häuslichen, gewerblichen und industriellen Müll. Mit Bescheid vom 5.12.1986 widerrief der Landeshauptmann diese Bewilligung. In den Jahren 1988 und 1989 wendete die Klägerin insgesamt S 4,367.611,70 zur Durchführung von notstandspolizeilichen Maßnahmen im Sinne des § 31 WRG auf. In den Jahren 1992 bis 1993 trat die Klägerin für Sanierungskosten im Zuge der Ersatzvornahme in der Höhe von S 11,314.296,-- in Vorlage. Die aufgewendeten Beträge wurden mit noch nicht rechtskräftigen Bescheiden dem Betreiber der Deponie zum Ersatz vorgeschrieben.

Mit ihrer am 22.9.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin vom beklagten Land den Ersatz der von ihr getragenen Sanierungskosten sowie die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden. Organe des beklagten Landes hätten die Bewilligungsbescheide für die Deponie unter Mißachtung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes und des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes erlassen. Das beharrliche Übergehen zahlreicher Hinweise auf grobe Rechtsverletzungen beruhe auf einem dem Land zuzurechnenden Organisationsverschulden. Zwar sei das Wasserrechtsgesetz in mittelbarer Bundesverwaltung von Beamten des Landes zu vollziehen und das Organhandeln grundsätzlich dem Bund zuzurechnen, es gebe aber auch im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung Verwaltungshandeln von Landesorganen im Rahmen einer eigenen Vollzugskompetenz, das dem Land zuzuordnen sei. Eine mangelhafte Organisation und ein bestimmungswidriger Dienstbetrieb in den Dienststellen des Landes stelle daher im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung eine vom Land zu verantwortende Rechtswidrigkeit dar. Hätten der Landeshauptmann und der Landesamtsdirektor ihre Leitungs- und Kontrollfunktion, insbesondere auch ihre Kompetenzen als Dienstvorgesetzte wahrgenommen, hätte keiner der Bewilligungsbescheide erlassen werden können. Die Klägerin habe einen Rechtsanspruch auf ordnungsgemäßen Vollzug der den Ländern übertragenen Agenden der mittelbaren Bundesverwaltung. Der Verstoß gegen die aus diesem Rechtsanspruch erfließende Verpflichtung durch Organe des beklagten Landes stelle ein schuldhaftes und gegen landesgesetzliche Bestimmungen verstoßendes, daher rechtswidriges Organhandeln dar und verwirkliche den Tatbestand des § 1 AHG. Die Beklagte hafte daher aus dem Titel der Amtshaftung.

Das beklagte Land bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Die mit der Klage geltend gemachten Kosten seien solche Aufwendungen, die aus Anlaß und im Zuge der Vollziehung des Wasserrechtsgesetzes entstanden seien. Es handle sich dabei nicht um Folgen des Gesetzesvollzugs, sondern um selbständige Teilakte eines als Einheit zu betrachtenden Gesamtkomplexes von Maßnahmen, nämlich der Behandlung einer Deponie in wasserrechtlicher Sicht. Die Kosten beträfen Tätigkeiten im Rahmen des öffentlichen Rechts und stellten keine Grundlage für einen zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch, der Voraussetzung für ein Amtshaftungsverfahren sei, dar. Für eine eigenverantwortliche Einflußnahme der Länder sei in der mittelbaren Bundesverwaltung kein Raum. Die darin eingebundenen Organe der Länder seien funktionell dem Bund zuzurechnen. Auch die Verpflichtung des Landeshauptmanns oder des Landesamtsdirektors, die Landesbediensteten bei Erfüllung ihrer Aufgaben zu überwachen, falle bei Vollziehung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung funktionell in den Verantwortungsbereich des Bundes. Das Amtshaftungsgesetz habe einzig und allein den Zweck, Parteien eines hoheitsrechtlichen Verfahrens oder Personen, die von einem hoheitlichen Verfahren betroffen seien, nicht aber auch Rechtsträgern untereinander für Fehler bei oder während der Vollziehung der Gesetze, Schadenersatz für die Folgen hoheitlichen Handelns zu gewähren. Daß § 1 Abs 2 AHG nur den durch ein Verhalten in Vollziehung der Gesetze geschädigten Dritten schützen wolle, ergebe sich unmißverständlich aus den Materialien zum Amtshaftungsgesetz. Anläßlich der Schaffung des Art.23 B-VG und des Amtshaftungsgesetzes habe kein Bedürfnis bestanden, Rechtsträger, die in Vollziehung der Gesetze tätig seien, untereinander zu schützen, weil ihnen in ausreichendem Maß andere Hilfsmittel zur Verfügung stünden. Im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung seien dies insbesondere das Weisungsrecht sowie die Möglichkeit zur Erhebung einer Anklage nach Art 142 B-VG. Selbst wenn man aus Art 103 B-VG eine selbständige Verpflichtung des Landes gegenüber dem Bund ableiten wollte, so hätten die Organe des Landes diese Verpflichtung nicht schuldhaft verletzt. Die Untätigkeit der Organe der Klägerin, die die behaupteten Mängel hätten feststellen können, lasse nämlich ein allfälliges Verschulden von Organen des beklagten Landes zurücktreten. Es werde daher das Alleinverschulden der Klägerin eingewendet, der als Träger der letztinstanzlichen Behörde die Folgen von Verletzungen deren Aufsichts- und Entscheidungspflicht zur Last falle. Weder Landeshauptmann noch Landesamtsdirektor hätten von den Vorkommnissen Kenntnis gehabt, weil sich der gesamte Schriftverkehr zwischen dem Bundesministerium und der zuständigen Wasserrechtsabteilung des beklagten Landes abgespielt habe. Schließlich stehe dem Anspruch auch entgegen, daß die Klägerin ihrer Rettungspflicht im Sinne des § 2 Abs 2 AHG nicht nachgekommen sei. Die Klägerin hätte schon sehr früh die Möglichkeit gehabt, selbst Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens zu treffen. Es sei schon im Jahre 1975 ein Gutachten bekannt geworden, wonach die Grube für Müllablagerungen völlig ungeeignet gewesen sein solle. Die Unterlassung von Weisungen sei als Verstoß gegen § 2 Abs 2 AHG zu werten. Außerdem werde gegen den Schadenersatzanspruch Verjährung eingewendet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs - zusammengefaßt - wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, dem Begehren auf Ersatz der in den Jahren 1988 und 1989 aufgewendeten Sanierungskosten stehe die Verjährung im Sinne des § 6 AHG entgegen. Zu den nicht verjährten Teilen des Klagebegehrens sei darauf zu verweisen, daß nach einhelliger Ansicht der Landeshauptmann, der in Vollziehung mittelbarer Bundesverwaltung tätig werde, nicht als Organ des Landes, sondern als solches des Bundes anzusehen sei. Die Auffassung der Klägerin stehe im Gegensatz zur strengen funktionellen Organtheorie, nach der grundsätzlich nur ein einziger haftender Rechtsträger in Frage komme und die Haftung mehrerer Rechtsträger nur in speziellen Ausnahmefällen bejaht werde. Da für ein funktionelles Organhandeln des beklagten Landes im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung kein Raum sei, sei das Klagebegehren abzuweisen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und erklärte die ordentliche Revision als zulässig. Unbestritten sei, daß der rechtswidrige Bescheid vom Landeshauptmann als Wasserrechtsbehörde und damit in Ausübung der mittelbaren Bundesverwaltung erlassen worden sei. Für gesetzwidrige Handlungen der Landesorgane im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung hafte ausschließlich der Bund. Für die von der Klägerin behauptete Aufsplitterung in eine Haftung des Bundes für die engere Tätigkeit der Landesbeamten im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung und eine Haftung des Landes für die Organisation dieser Tätigkeit biete das Gesetz keinen verläßlichen Anhaltspunkt. § 1 Abs 3 AHG habe dem Geschädigten die Geltendmachung des Amtshaftungsanspruches unter anderem gegenüber dem Land gestattet, dessen Organe im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung tätig geworden seien. Dem anderenfalls überhaupt nicht haftenden Land habe diese Bestimmung einen Anspruch auf Rückersatz gegenüber dem Bund eingeräumt. Hier liege aber der gegenteilige Fall vor, weshalb der Klägerin weder ein direkter Amtshaftungs- noch ein Rückersatzanspruch zustehe.

Die dagegen erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs 1 AHG haften die dort genannten Rechtsträger „für die als ihre Organe handelnden Personen“, was nach allgemein herrschender, auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes abzuleitender Auffassung bedeutet, daß es bei der Klärung der Frage, welcher Rechtsträger nach dem Amtshaftungsgesetz (AHG) in Anspruch genommen werden kann, nicht darauf ankommt, wessen Organ (organisatorisch) der angeblich Schuldtragende war, sondern darauf, in wessen Namen und für wen (funktionell) er im Zeitpunkt der angeblich schuldhaften Handlung tätig war. Entscheidend ist somit der Vollzugsbereich, innerhalb dessen das betreffende Organ im Zeitpunkt der schuldhaften Rechtsverletzung tätig war (JBl 1993, 320 uva; Schragel AHG2 Rz 51; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7 Rz 1285). Der Oberste Gerichtshof hat daher in konsequenter Befolgung dieser Rechtsansicht auch bereits ausgesprochen, daß der „Bund“ als funktioneller Dienstgeber nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) gegenüber einem Vertragsbediensteten anzusehen ist, der formell als Bediensteter eines Bundeslandes im Rahmen der Auftragsverwaltung gemäß Art 104 Abs 2 B-VG dem Bund einen Schaden zufügt (DRdA 1978, 133). Nichts anderes hat in der mittelbaren Bundesverwaltung für den Hoheitsbereich (Art 102, 103, 105 B-VG) zu gelten. Auch dort wird der Landesbedienstete funktionell für den Bund tätig. Wird jemand in den Landesdienst aufgenommen, so hat er bei seiner Dienststelle anfallende Arbeiten zu verrichten, auch wenn Bundesangelegenheiten zu erledigen sind. Durch das Zusammenspiel der Normen der Bundesverfassung und des an sich mit dem Anstellungsverhältnis übertragenen Pflichtenkreises erhält jedes Landesbedienstetenverhältnis auch eine rechtliche Richtung gegen den Bund. Neben dem Dienstverhältnis zum Land besteht auch eines zugunsten (und zu Lasten) des Bundes. Nicht nur im Rahmen des DHG, sondern auch des Organhaftpflichtgesetzes ist daher primär das funktionell-organisatorische Verhältnis maßgebend (Reischauer, Probleme der Dienstnehmerhaftung, DRdA 1978, 193, 195).

Die dargestellte „Funktionstheorie“ läßt sich auch zwanglos aus der Entstehungsgeschichte des die Grundlage des AHG bildenden Art 23 B-VG ableiten. Anders als in der Stammfassung des B-VG BGBl 1/1920, wonach gemäß Art 23 Abs 1 B-VG der Bund, die Länder oder die Gemeinden „für die Rechtsverletzungen der von ihnen bestellten Personen“ hafteten, trifft die Haftung für das Verhalten der „als ihre Organe handelnden Personen“ im Sinne des Art 23 Abs 1 B-VG in der geltenden Fassung den Rechtsträger, dem jenes Verhalten kraft funktioneller Zuständigkeit von Rechts wegen zuzuordnen ist, sodaß für die Haftung maßgeblich ist, in wessen Vollzugsbereich jene Organe fungierten, nicht aber, welchem Rechtsträger sie organisationsrechtlich zugehören (VfGHSlg 13.476/1993). Die dargestellte Änderung wurde durch die Bundes-Verfassungsnovelle BGBl 268/1925 bewußt vorgenommen, um die Haftpflicht von der Autorität, die die handelnde Person bestellt hat, auf die Autorität übergehen zu lassen, als deren Organ die Person gehandelt hat. Die Änderung erschien deshalb notwendig, „weil andernfalls beispielsweise ein Land auch für die Amtshandlungen eines Landeshauptmannes in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung haftpflichtig wäre, obwohl dieser allenfalls im konkreten Fall auf Weisung des vorgesetzten Bundesministers vorgegangen ist“ (327 BlgNR 2.GP, 8).

Mit Art XXII Z 1 WGN 1989 wurde § 1 AHG ein dritter Absatz angefügt, nach dem neben dem Rechtsträger, für den das angeblich schuldtragende Organ handelte, zur ungeteilten Hand auch „derjenige“ haftet, als dessen Organ die handelnde Person gewählt, ernannt oder sonstwie bestellt worden ist. Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesstelle hegte der Oberste Gerichtshof Bedenken (JBl 1993, 320), die jedoch vom Verfassungsgerichtshof nicht geteilt wurden (VfSlg 13.476/1993): Lediglich eine Regelung, die die Amtshaftung eines Rechtsträgers für die in seinem Vollzugsbereich von welchem Organ auch immer gesetzten rechtswidrig schuldhaften Verhaltensweisen ausschlösse, wäre als im Widerspruch zu Art 23 Abs 1 B-VG stehend verfassungswidrig. Die Begründung einer zusätzlichen, zur Haftung des funktionell zuständigen Rechtsträgers hinzutretenden solidarischen Haftung des Rechtsträgers, dem das den Amtshaftungsanspruch auslösende Organ organisationsrechtlich zugehört, verbessere nur die Rechtsstellung des Gläubigers, also des Geschädigten im Amtshaftungsverfahren. Der Gesetzgeber habe mit dieser Haftung zur ungeteilten Hand ausschließlich dem Interesse des Geschädigten Rechnung tragen wollen, für den es schwierig gewesen sein möge, den funktionell zuständigen Rechtsträger zu erkennen. Die Regelung des § 1 Abs 3 zweiter Satz AHG, die einen Rückersatzanspruch des für die Organbestellung verantwortlichen Rechtsträgers gegenüber dem funktionell zuständigen Rechtsträger normiere, wenn er aufgrund seiner Solidarhaftung Zahlung geleistet habe, berücksichtige das im Verhältnis der Gebietskörperschaften für die Wahrung ihrer Zuständigkeiten sowie der daraus fließenden Kostentragungspflichten bedeutsame verfassungsrechtliche Gebot des Art 23 Abs 1 B-VG hinlänglich. Gemäß Art 23 Abs 1 B-VG habe nämlich letztlich der Rechtsträger den Schaden zu tragen, zu dessen Vollzugsbereich das Verhalten eines Organs von Rechts wegen zählt, also der Rechtsträger, der jenes Verhalten im Wege der Weisung zu beeinflussen vermag und der deshalb auch dafür und den daraus entstandenen Schaden einzustehen hat (VfGHSlg 13.476/1993; vgl zur Besserstellung des Geschädigten auch: 991 BlgNR 17.GP, 15).

Zu den wesentlichen Elementen der Realisierung des bundesstaatlichen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung zählt das System der mittelbaren Bundesverwaltung. Diese vermittelt den Ländern eine weitreichende Trägerschaft und damit bedeutende Einflußmöglichkeiten im Bereich der Vollziehung von Bundesaufgaben. Die relative Stärke der Länder auf diesem Gebiet ist Ausdruck des im Bundes-Verfassungsgesetz verwirklichten verfassungspolitischen Konzepts (VfGHSlg 11.403/1987 mwH). Zentrales Organ und „Drehscheibe“ der mittelbaren Bundesverwaltung auf Landesebene ist der Landeshauptmann. Er ist in diesem Bereich weisungsbefugtes Organ und Oberbehörde. Gemäß Art 103 Abs 1 B-VG ist der Landeshauptmann in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung an die Weisungen der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesminister gebunden. Der Landeshauptmann ist damit das Organ, an das sich die Bundesorgane in der mittelbaren Bundesverwaltung ausschließlich zu richten haben. Er allein ist Adressat der Weisungen der Bundesregierung bzw der zuständigen Bundesminister (Walter/Mayer aaO Rz 838; Adamovich/Funk, Verfassungsrecht3, 277). Gemäß Art 105 Abs 1 B-VG vertritt der Landeshauptmann das Land. Er trägt in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung die Verantwortung gegenüber der Bundesregierung gemäß Art 142. Es muß hier nicht abschließend untersucht werden, ob der erste Satz des Art 105 Abs 1 B-VG zum Ausdruck bringt, daß der Landeshauptmann das Land im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung repräsentiert (vgl Mayer, B-VG, 253; Walter, Bundesverfassungsrecht [1972], 596), oder ob diese Norm den Landeshauptmann zum gesetzlichen Vertreter des Landes als juristischer Person berufen will (Koja, Die Vertretungsbefugnis des Landeshauptmannes nach Art 105 Abs 1 B-VG, ÖVA 1979, 74; derselbe, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2, 354, 357; Rill, Gliedstaatsverträge, 171). Allerdings ist im Lichte der bereits dargestellten „Funktionstheorie“ den zuletzt genannten Autoren darin beizupflichten, daß bei Führung der mittelbaren Bundesverwaltung eine formelle Vertretung des Landes gegenüber dem Bund gar nicht in Betracht kommt, weil alle Akte der mittelbaren Bundesverwaltung dem Bund zuzurechnen sind und niemals dem Land (Rill aaO mwN). Keine derartigen Unklarheiten bietet die Auslegung des zweiten Satzes des Art 105 Abs 1 B-VG über die den Landeshauptmann gegenüber der Bundesregierung treffende Verantwortung in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung. Hier kommt zum Ausdruck, daß es der Landeshauptmann ist, der gewissermaßen anstelle des ganzen Landes für die Führung der mittelbaren Bundesverwaltung zur Verantwortung gezogen wird (Walter aaO). Daß sich die gemäß Art 142 Abs 1 vor dem Verfassungsgerichtshof zu erhebende Anklage gegen einen Landeshauptmann (Art 142 Abs 2 lit d B-VG) nicht nur in den in Abs 4 dieser Verfassungsstelle normierten Folgen erschöpft, ergibt sich aus § 79 VfGG, der zu Art 142 und 143 B-VG anordnet, daß der Verfassungsgerichtshof bei Verurteilung des Angeklagten in der Regel auch über geltend gemachte Ersatzansprüche zu erkennen hat, das Urteil aber auch darauf beschränken kann, die Verpflichtung zur Ersatzleistung auszusprechen und die Feststellung des Betrags dem ordentlichen Rechtsweg vorzubehalten. Da sich die hier zur Entscheidung vorliegende Klage nicht gegen den Landeshauptmann richtet, muß das Spannungsverhältnis zwischen § 79 VfGG und den Bestimmungen der §§ 9 AHG und § 8 OrgHG über die ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit nicht weiter untersucht werden (vgl hiezu Atzwanger, Die Ministeranklage gemäß Art 142 und 143 B-VG, ÖJZ 1983, 37, 44). Die Regelung des Art 105 Abs 1 B-VG legt den Schluß nahe, daß der Verfassungsgesetzgeber die Haftung in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung gerade nicht dem Land, sondern den obersten Landesorganen unter den im einzelnen genannten Bedingungen aufbürden wollte.

Die zitierte Verfassungsbestimmung wäre unverständlich, wollte man im Sinne der Klägerin eine vom Land selbst zu vertretende Pflicht zu entsprechender Organisation und Beaufsichtigung der Tätigkeit annehmen. Auch die Verwaltung des Landes ist eine hierarchische Organisation, die nicht neben, sondern unter der Leitung des Landeshauptmanns (Art 20 Abs 1 B-VG) agiert. Zur Leitung des inneren Dienstes des Amtes der Landesregierung ist der Landesamtsdirektor berufen. Er ist aber gerade in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung Hilfsorgan des Landeshauptmanns (Art 106 B-VG). Zwar ist die „Organisation der Verwaltung in den Ländern“ seit der B-VG-Novelle 1974 zufolge Neufassung der Art 12 Abs 1 und 15 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache, es fällt jedoch nicht unter das Organisationsrecht, wenn einer Behörde eine Verpflichtung auferlegt und dabei angeordnet wird, sie habe sich bei deren Erfüllung einer bestimmten qualifizierten Person oder einer geeigneten Einrichtung zu bedienen, ohne daß für deren Organisationsstruktur und Eingliederung in die Behörde Näheres vorgeschrieben wird (VfSlg 4609/1963; 8466/1972). Die Art der Durchführung bestimmter Aufgaben innerhalb bestehender Organisationseinheiten kann von der Tätigkeit selbst nicht getrennt werden, sondern steht damit in einem so engen Zusammenhang, daß sie deren Kompetenzzuweisung teilt. Es sind daher auch Fragen der Organisation der Vollziehung der mittelbaren Bundesverwaltung als solche der mittelbaren Bundesverwaltung zu betrachten. Das hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner die Straßenhalterhaftung des Bundes gemäß § 1319 a ABGB betreffenden Entscheidung SZ 51/129 zum Ausdruck gebracht, indem er die Ansicht ablehnte das Land hafte neben dem Halter Bund deshalb für Auswahlverschulden, weil der Landeshauptmann die Verwaltung der Bundesstraßen untüchtigen Landesbeamten übertragen habe.

Auf den Bereich des Amtshaftungsrechts übertragen heißt das, daß auch die mangelhafte oder unterbliebene Dienstaufsicht oder die unzureichende personelle Ausstattung im Organisationsbereich des Landes in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung dem Bund zuzurechnen ist. Gegenüber einem geschädigten Dritten könnte sich die Klägerin nicht darauf berufen, daß nicht sie, sondern das Land für die fehlerhafte Organisation zuständig sei. Umsoweniger kann sie dies tun, wenn sie selbst durch eine ihr nachgeordnete Verwaltungseinheit (vgl Koja, Die Vertretungsbefugnis des Landeshauptmannes nach Art 105 Abs 1 B-VG, ÖVA 1979, 77) geschädigt wurde.

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs 1 AHG sind daher nicht gegeben. Auch aus § 1 Abs 3 zweiter Satz AHG kann die Klägerin schon deshalb zur Stützung ihres Standpunkts nichts ableiten, weil sie unbestrittenermaßen keinen Rückersatz für die einem Dritten geleistete Zahlung begehrt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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