Spruch:
Eine einstweilige Verfügung, die in die Rechtssphäre eines Dritten eingreift, ist auch im Falle des § 382 Z. 7 EO. unzulässig.
Entscheidung vom 30. Mai 1951, 1 Ob 344/51.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die gefährdete Partei hat zunächst zur Sicherung ihres Anspruches auf Übergabe der Liegenschaft, Grundbuch L., EZ. 1851, auf Grund des Kaufvertrages vom 15. Juli 1950 die Erlassung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes mit einstweiliger Verfügung beantragt. Diesem Antrag wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 13. Feber 1951 stattgegeben. Hierauf hat die gefährdete Partei zur Sicherung desselben Anspruches im Hinblick darauf, daß mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 26. Jänner 1951 die Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung der Liegenschaft bewilligt wurde und diese Anmerkung der Anmerkung des mit einstweiliger Verfügung erlassenen Veräußerungs- und Belastungsverbotes vorangeht, beantragt, mit weiterer einstweiliger Verfügung dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Grundbuchsgericht zu untersagen, auf Grund des Rangordnungsbescheides vom 26. Jänner 1951 grundbücherliche Einverleibungen bzw. Eintragungen aller Art bei der Liegenschaft zu bewilligen und durchzuführen.
Diesen Antrag hat das Erstgericht mit Beschluß vom 20. März 1951 mit der Begründung abgewiesen, der Anspruch der gefährdeten Partei sei zwar bescheinigt, jedoch könnten einstweilige Verfügungen im Sinne des § 382 EO. nur gegen die gefährdete Partei oder einen Drittschuldner gerichtet sein, das Grundbuchsgericht sei aber keines von beiden, überdies sei die gefährdete Partei durch das Veräußerungsverbot genügend gesichert, da hiedurch der Eigentumserwerb auf Grund eines nachher abgeschlossenen Kaufvertrages ausgeschlossen sei.
Das Rekursgericht bewilligte dagegen mit dem angefochtenen Beschluß die begehrte einstweilige Verfügung mit der Begründung, die zulässigen Sicherungsmittel seien im § 382 EO. nur beispielsweise angeführt, es sei auch schon von der Rechtsprechung (SZ. VI/32) ein Verbot zur Vornahme von Eintragungen an das Handelsgericht erlassen worden, es sei auch möglich, daß ein weiterer Kaufvertrag schon vor dem Einlangen des die Erlassung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes betreffenden einstweiligen Verfügung beim Grundbuchsgericht abgeschlossen worden sei, ein solcher könne auch noch immer vorgelegt und ungeachtet des Veräußerungsverbotes im Range der Rangordnungsanmerkung bücherlich eingetragen werden, so daß, zumal Anspruch und Gefahr bescheinigt seien, kein Anlaß bestehe, den Antrag der gefährdeten Partei abzuweisen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Gegner der gefährdeten Partei Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Den Rechtsmittelwerbern ist darin beizupflichten, daß die begehrte einstweilige Verfügung unzulässig ist. Im Vorliegenden will die gefährdete Partei die Gegner an einer Veräußerung der Liegenschaft,
u. zw. an dem Abschluß eines weiteren Kaufvertrages und an der Ausnützung der angemerkten Rangordnung für die Veräußerung zugunsten des anderen Käufers hindern. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 2 Ob 787/50 ausgeführt hat, ist allerdings der Eigentümer einer Liegenschaft in seiner Verfügung über dieselbe im Rahmen einer älteren Anmerkung der Rangordnung durch die spätere Anmerkung eines Veräußerungsverbotes nicht gehindert. Das mit der früheren einstweiligen Verfügung erlassene Veräußerungs- und Belastungsverbot vermag also die gefährdete Partei gegen eine Verfügung im Range der etwa vorausgehenden Anmerkung der Rangordnung für die Veräußerung nicht unbedingt zu schützen, daher stunde die frühere einstweilige Verfügung allerdings dem Begehren um Erlassung der weiteren Verfügung nicht im Wege. Jedoch müßte es sich um eine zulässige Verfügung handeln. Nach dem Begehren der gefährdeten Partei soll nun nicht etwa zur Sicherung ihres Anspruches ein Gebot oder Verbot an ihre Gegner gerichtet, sondern dem Grundbuchsgericht untersagt werden, auf Grund der Bewilligung der Rangordnung für die Veräußerung grundbücherliche Einverleibungen, bzw. Eintragungen aller Art bei der Liegenschaft zu bewilligen und durchzuführen. Demnach soll bloß ein an das Grundbuchsgericht gerichtetes Verbot erlassen werden, dieses Verbot soll sich demnach nicht gegen die Gegner, sondern gegen einen Dritten, nämlich gegen das Grundbuchsgericht richten. Nicht nur aus den Bestimmungen der Exekutionsordnung über Zwangsvollstreckungen, sondern auch aus jenen über einstweilige Verfügungen selbst ergibt sich, daß durch einstweilige Verfügungen grundsätzlich unmittelbar nur in die Rechtssphäre des Gegners, nicht aber eines Dritten eingegriffen werden darf. Nur dem Gegner dürfen Handlungen gemäß § 382 Z. 5 EO. verboten werden und auch mit dem Drittverbot nach § 382 Z. 7 EO. können einem Dritten nur Handlungen über den dem Gegner der gefährdeten Partei gegen ihn zustehenden Anspruch verboten werden, die den dem Gegner gegen den Drittschuldner zustehenden Anspruch als künftiges Exekutionsobjekt beeinträchtigen würden. Im vorliegenden Fall soll aber das Grundbuchsgericht, gegen das dem Gegner ein Anspruch, der Gegenstand einer Exekution sein könnte, nicht zusteht, die Vornahme von ihm obliegenden Amtshandlungen und damit zugleich ein etwaiger weiterer Käufer der Liegenschaft an Handlungen zum Zwecke seines Eigentumserwerbes verhindert, also in die Rechtssphäre von Dritten, an den rechtlichen Beziehungen zwischen der gefährdeten Partei und ihren Gegnern Unbeteiligten eingegriffen werden. Dies ist im Sinne der Exekutionsordnung unzulässig (vgl. auch 2 Ob 787/50). Die vom Rekursgericht bezogene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. VI/32, kann abgesehen von den von Neumann - Lichtblau (Komm. zur EO. II, S. 1199) dagegen geäußerten Bedenken, hier schon deshalb nicht herangezogen werden da sich das in der Entscheidung gebilligte Verbot an das Handelsgericht auf die stattgebende Erledigung eines Antrages des damaligen Gegners der gefährdeten Partei bezog, während im vorliegenden Falle wohl nur ein Einverleibungsgesuch des weiteren Käufers in Frage käme. Gegen die Gefahr der Umgehung des Veräußerungsverbotes kann demnach nur durch andere einstweilige Verfügungen, die sich gegen die Gegner richten, Abhilfe gesucht werden, so durch Abnahme der einzigen Ausfertigung der Bewilligung der Rangordnungsanmerkung, u. zw. auch bei jedem dritten Verwahrer, sofern dieser allerdings zur Herausgabe bereit ist, oder vielleicht auch durch ein Drittverbot nach § 382 Z. 7 EO. bezüglich des Anspruches der Gegner auf Herausgabe dieser Beschlußausfertigung (vgl. 2 Ob 787/50).
Da somit die begehrte einstweilige Verfügung unzulässig ist, mußte dem Revisionsrekurs schon deshalb Folge gegeben und der erstgerichtliche abweisliche Beschluß wiederhergestellt werden.
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