OGH 1Ob331/51

OGH1Ob331/516.6.1951

SZ 24/158

Normen

ABGB §797
ABGB §819
ABGB §879
AußStrG §145
ZPO §6
ABGB §797
ABGB §819
ABGB §879
AußStrG §145
ZPO §6

 

Spruch:

Unzulässigkeit der Einrede der mangelnden Aktivlegitimation, wenn der tatsächlich Berechtigte der Prozeßführung zugestimmt hat; desgleichen, wenn der Alleinerbe im eigenen Namen klagt, obwohl der Anspruch nicht ihm, sondern der noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft zusteht.

Entscheidung vom 6. Juni 1951, 1 Ob 331/51.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Beklagte wurde wegen Diebstahl eines Ringes aus dem Besitz des Ehepaares P. zur Strafe des Kerkers in der Dauer von zwei Jahren verurteilt. Kläger begehrt 33.000 S aus dem Titel des Schadenersatzes. Die Beklagte hat mangelnde Aktivlegitimation eingewendet, weil der Ring nicht Eigentum des Klägers, sondern seiner Gattin gewesen sei. Im Laufe des Prozesses ist Kläger gestorben. Die Gattin des Klägers gab als Zeugin vernommen an, daß sie die Erbserklärung als Universalerbin zum Nachlaß ihres Gatten abgegeben habe. Bisher sei eine Einantwortung nicht erfolgt.

Das Erstgericht wies die Klage ab, weil es auf Grund des Beweisverfahrens feststellte, daß der gestohlene Ring der Gattin des Klägers und nicht dem klägerischen Nachlaß gehöre. In den Urteilsgrunden stellt der Erstrichter ausdrücklich fest, daß Frau P. nach ihrer ersten Vernehmung als Zeugin dem Klageanwalt Vorwürfe gemacht habe, daß er die Klage nicht im Namen beider Ehegatten erhoben habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstrichterliche Urteil aus den gleichen Erwägungen.

Der Oberste Gerichtshof hob auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Revision ist begrundet. Die Einrede der mangelnden Aktivlegitimation soll den Beklagten dagegen schützen, daß derselbe Anspruch gegen ihn noch einmal mit dem Vorbringen geltend gemacht wird, dem ersten Kläger habe die Aktivlegitimation gefehlt. Daher ist diese Einrede dann nicht zuzulassen, wenn der wirklich Berechtigte der Klagsführung zugestimmt hat, weil ihm im Falle neuerlicher Klagserhebung im eigenen Namen die exceptio doli entgegengehalten werden könnte, daß er durch seine Zustimmung zur Klage das ihm zustehende Klagsrecht verloren hat.

Nun hat die Gattin des Klägers im vorliegenden Prozeß vor dem Erstrichter dem Klagsanwalt Vorwürfe gemacht, daß er die Klage nicht auch in ihrem Namen eingebracht habe und damit deutlich zu erkennen gegeben, daß sie auf die Frage, ob der Ring ihr oder ihrem Mann gehört habe, keinen Wert lege, sondern die Sache praktisch so erledigt wissen will, daß formaljuristische Rechtsfragen dieser Art vermieden werden. Damit hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, daß sie der Prozeßführung durch ihren Mann zustimme.

Sollte - was die Unterinstanzen nicht festgestellt haben - tatsächlich Frau P. Alleinerbin ihres Mannes sein, so war erst recht auf die Einwendung der mangelnden Aktivlegitimation kein Bedacht zu nehmen, weil in diesem Fall, auch wenn die Einantwortung noch nicht erfolgt ist, der Beklagten jedes rechtsschutzfähige Interesse an der Lösung der Frage der Klagslegitimation fehlt, da die Interessen der Beklagten in keiner Weise durch die Tatsache berührt werden, ob Frau P. im eigenen Namen den Schadenersatz begehrt oder als erbserklärte Alleinerbin ihres Mannes. Die Aufrechterhaltung der Einrede der Aktivlegitimation nach Abgabe der Erbserklärung der angeblich Aktivlegitimierten als Alleinerbin ist ein Rechtsmißbrauch, der eine weitere Überprüfung der Legitimation durch die Gerichte ausschließt.

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