Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende R*** Ö*** ist Eigentümerin des Wörtherseebettes, zu dem das Grundstück 1112/3 KG Reifnitz gehört.
Die Beklagten sind je zur Hälfte Miteigentümer der daran angrenzenden Liegenschaft EZ 344 KG Reifnitz.
Die klagende Partei begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, die im Bett des Wörthersees auf dem Grundstück 1112/3 KG Reifnitz angebrachte Boje zu entfernen. Sie brachte vor, die Beklagten hätten ohne Einverständnis mit der klagenden Partei im Wörtherseebett eine Betonverankerung angebracht und eine damit verbundene Schwimmboje im See gesetzt.
Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Sie traten der Behauptung der klagenden Partei über die Anbringung der Boje nicht entgegen, machten jedoch geltend, daß die Anbringung solcher Bojen durch die Besitzer von Segel-, Ruder- oder Motorbooten durch den Gemeingebrauch gemäß § 8 WRG gedeckt sei, zumal für die Anbringung solcher Bojen vom Eigentümer des öffentlichen Gewässers wahrscheinlich seit mehr als 100 Jahren kein Entgelt eingehoben worden sei.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Die von den Beklagten vorgenommene Nutzung des Seebettes und des öffentlichen Gewässers sei durch die Bestimmung des § 8 WRG nicht gedeckt. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.
Die Revisionswerber machen geltend, das Berufungsgericht hätte zu prüfen gehabt, ob die Beklagten das Recht zur Anbringung der Boje ersessen haben. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Beklagten im Verfahren vor dem Erstgericht nur geltend machten, daß das Recht zur Anbringung der Boje durch den Gemeingebrauch gemäß § 8 WRG gedeckt sei. Es wurde nicht behauptet, daß die Voraussetzungen für die Ersitzung des Rechtes zur Verankerung von Bojen im Bett des Wörthersees gegeben seien. Es ist daher auch die Prüfung der Frage entbehrlich, ob, wie die Beklagten meinen, sämtliche Seeanrainer "in ihrer Gesamtheit" das Recht auf dem See Bojen anzubringen, ersessen haben können. Die Beklagten räumen in der Revision auch ein, nicht behaupten zu können, daß schon die Voreigentümer des Grundstückes EZ 344 KG Reifnitz im Wasserbett eine Boje verankert hätten. Nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 besteht der Gemeingebrauch in der Befugnis, öffentliche (und im eingeschränkten Umfang auch private) Gewässer auf die im § 8 WRG 1959 angegebene Weise unentgeltlich und ohne jede behördliche Bewilligung zu nutzen. Diese Befugnis steht jedermann zu; dem Gemeingebrauch ist jedoch insoweit eine natürliche Schranke gesetzt, als die Nutzung des einen die gleiche Nutzung anderer nicht ausschließen darf (SZ 47/131;
vgl. SZ 52/62). Aus § 5 WRG 1959 ergibt sich, daß vom Gemeingebrauch im Sinne des § 8 WRG 1959 auch das Wasserbett umfaßt ist (SZ 53/38;
Krzizek, Komm. z. Wasserrechtsgesetz 49, 52; Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht 2 45 Anm. 5 zu § 5 WRG). Umstritten ist, ob die Aufzählung der als Gemeingebrauch anzusehenden Arten der Wassernutzung in § 8 WRG 1959 eine erschöpfende oder nur eine beispielsweise ist. Krzizek a.a.O. 52 erachtet die Aufzählung als erschöpfend, weil der Gemeingebrauch an öffentlichen Gewässern seit unvordenklichen Zeiten bestehe und uralt sei und es daher nicht Aufgabe des Gesetzgebers gewesen sein könne, diesen Begriff zu definieren. Es sei aber notwendig gewesen, den Gemeingebrauch den öffentlichen Rücksichten entsprechend einzuschränken. Auch der Wortlaut des Gesetzes lasse nach Krzizek jeden Hinweis vermissen, daß die Aufzählung nur eine beispielsweise sei. Hartig-Grabmayr, Das österreichische Wasserrecht 58, vertreten hingegen die Auffassung, die Aufzählung sei keine erschöpfende. Sie zählen daher a.a.O. 57 auch das Recht zum Befahren eines öffentlichen Gewässers mit Ruderbooten, das in § 8 WRG 1959 nicht ausdrücklich genannt ist, zum Gemeingebrauch. Grabmayr-Rossmann a.a.O. 50 bezeichnen die Frage als umstritten, jedoch kaum von Bedeutung, weil die Ausnutzung der Tragkraft des Wassers unter § 6 oder § 7 WRG 1959 falle; andere Arten des Gemeingebrauchs werden von den Autoren offenbar nicht ins Auge gefaßt. Der Verwaltungsgerichtshof erblickte in der Flößerei eine Form des Gemeingebrauchs (VwSlg. 15.949). Das Gesetz läßt aber klar erkennen, daß vom Gemeingebrauch nur eine Nutzung des Gewässers umfaßt ist, die die gleiche Benutzung durch andere nicht ausschließt; eine "Ausschließung" anderer ist nur nicht schon darin gelegen, daß an derselben Stelle der Gemeingebrauch nicht gleichzeitig von mehreren ausgeübt werden kann. Es darf nur die Inanspruchnahme den Gebrauch durch andere nicht unangemessen lang hindern (Grabmayr-Rossmann a.a.O. 50 Anm. 4). Es ist unbestritten, daß die von den Beklagten gesetzte Boje an einer im Seegrund angebrachten Betonverankerung befestigt ist. Dies schließt die Nutzung des öffentlichen Gewässers zu gleichen Zwecken durch andere dauernd aus, so daß diese Art der Nutzung vom Gemeingebrauch nicht umfaßt sein kann.
Demzufolge ist das Klagebegehren gerechtfertigt, so daß der Revision der Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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