Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit 3.198,23 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 247,11 S USt und 480 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstkläger Gottfried E***** ist Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde T*****, der Zweitkläger Friedrich S***** ist Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde T*****. Die Beklagten sind Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde T***** mit dem Grundstück *****. Mit dem Dienstbarkeitsvertrag vom 18. Jänner 1940, abgeschlossen zwischen Maria L***** (einer Voreigentümerin der Beklagten) als Eigentümer des Grundstück ***** und den Ehegatten Fritz und Therese E***** (Voreigentümern und Eltern des Erstklägers), sowie Matthias und Ernestine S***** (Voreigentümern und Eltern des Zweitklägers) wurde letzteren und ihren Nachfolgern im Besitz der Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je Katastralgemeinde T***** ein Wasserbezugsrecht eingeräumt, das auch verbüchert wurde. Die wesentlichen Bestimmungen des Dienstbarkeitsbestellungsvertrags lauten:
II.
Frau Maria L***** räumt für sich und ihre Besitznachfolger im Besitze vorbezeichneter Flurstücke Herrn Fritz und Frau Therese E***** und Herrn Matthias und Frau Ernestine S***** für sie und ihre Besitznachfolger im Besitze der Liegenschaften EZ ***** und ***** Katastralgemeinde T***** für immerwährende Zeiten das Recht ein, die auf dem Flurstück Nr. ***** der Katastralgemeinde T***** bestehende Quelle, die bisher das Reservoir der Frau Maria L***** für Stromerzeugung gespeist hat, zu fassen, ein allenfalls notwendiges Reservoir herzustellen, die Quellenfassung und das Reservoir dauernd zu erhalten, das Wasser aus der Quellenfassung oder dem Reservoir mittels einer gemeinsamen Leitung über die Flurstücke Nr. ***** der Katastralgemeinde T***** zu beziehen, die Wasserleitung auf diesen Flurstücken und dem Flurstück Nr. ***** der Katastralgemeinde T***** herzustellen und zu enthalten und zu diesem Zwecke alle angegebenen Flurstücke zu begehen und zu befahren.
....
IV.
Frau Maria L***** verfügt zur Deckung des für ihren Besitz notwendigen Bedarfes über eine unterhalb der obigen Quelle bestehende Quelle. Da die Möglichkeit besteht, dass durch die Fassung der oberen Quelle und durch den Wasserbezug der Ehegatten Herrn Fritz und Frau Therese E***** und Herrn Matthias und Frau Ernestine S***** das Wasser ihrer Quelle ganz oder teilweise versiegt und für ihren Bedarf nicht hinreicht, ist sie berechtigt, das für ihren Mörtbauerbesitz in T***** notwendige Wasser unentgeltlich aus der Quelle oder dem Reservoir der Ehegatten Herrn Fritz und Frau Therese E***** und Herrn Matthias und Frau Ernestine S***** und deren Besitznachfolger in einer von ihr herzustellenden Leitung dauernd zu beziehen. Die Eltern der Kläger begannen in den Jahren 1940/1941 mit der Fassung der Quelle auf dem Grundstück 313 (im Folgenden: „obere Quelle"), der Herstellung eines Reservoirs und der Verlegung einer Wasserleitung zu ihren Gehöften. Maria L***** verfügte zur Zeit des Abschlusses des Dienstbarkeitsvertrags zur Deckung ihres eigenen Wasserbedarfs über eine unterhalb der oberen Quelle liegenden weitere Quelle (im Folgenden: „untere Quelle"), von der eine Wasserleitung zu ihrem Anwesen führte. Die Eltern der Kläger zeigten am 5. Mai 1946 der Bezirkshauptmannschaft J***** die Errichtung der Wasserleitung gemäß Punkt II des Dienstbarkeitsvertrags an. In der Folge wurde von den Voreigentümern der Beklagten eine Stichleitung in der Länge 30 bis 40 m zum Wohnhaus der Voreigentümer hergestellt. Die Kläger haben am 24. März 1978 die Stichleitung im Bereich des Anschlusses an ihre Dienstbarkeitswasserleitung abgeschnitten und so die Wasserzufuhr zum Anwesen der Beklagten unterbrochen. Zufolge von Schäden an der Stichleitung war es zum Ausfließen des gesamten Wassers aus dem Reservoir gekommen, sodass die Wasserversorgung der Gehöfte der Kläger nicht mehr gewährleistet war.
Die Kläger stellen das Begehren, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, den Anschluss ihrer Liegenschaft an die Wasserleitung, die von der auf dem Grundstück ***** (Möschbauerliegenschaft) befindlichen Quelle bzw dem dort errichteten Reservoir zu den Liegenschaften der Kläger EZ ***** und EZ ***** je Katastralgemeinde T***** führt, zu unterlassen, insbesondere zu unterlassen, aus dieser Wasserleitung Wasser zu entnehmen. Ihre Rechtsvorgänger hätten den Rechtsvorgängern der Beklagten im Jahr 1953 zur Überbrückung eines zeitlich begrenzten Notstands in der Wasserversorgung gegen jederzeitigen Widerruf gestattet, eine Stichleitung zu ihrer aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags vom 18. Jänner 1940 errichteten Wasserleitung zu legen.
Bei Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags vom 18. Jänner 1940 sei vereinbart worden, dass Maria L***** bei einem Anschluss an die obere Quelle nur das Überwasser in Anspruch nehmen dürfe. Im Jahr 1978 sei es zufolge zahlreicher Leitungsschäden in der Stichwasserleitung dazu gekommen, dass ihre Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet gewesen sei, weshalb sie den bloß prekaristischen Zustand beendet und den Anschluss der Beklagten an ihre Wasserleitung unterbrochen hätten. Sie befürchteten, dass die Beklagten versuchen könnten, diesen Anschluss wiederherzustellen, wie sie dies bereits einmal getan hätten.
Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Einige Jahre nach Abschluss des Dienstbarkeitsvertrags sei die untere Quelle versiegt. Die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten sich deshalb an die Wasserleitung der Kläger angeschlossen und stünden seither im ruhige Besitz des Wasserbezugsrechts. Die Kläger hätten einen Wasserrohrbruch im Jahr 1978 zum Anlass genommen, um die ungestörte Wasserentnahme der Beklagten zu unterbinden und die Behauptung aufgestellt, dass den Beklagten die Wasserentnahme lediglich prekaristisch gestattet worden sei, was unzutreffend sei. Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Er stellte fest, die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten Anfang der fünfziger Jahre die Rechtsvorgänger der Kläger ersucht, einen Anschluss an die Wasserleitung herzustellen zu dürfen, bis die untere Quelle neu gefasst sei. Die Rechtsvorgänger der Kläger hätten die Rechtsvorgänger der Beklagten wiederholt gedrängt, die Neufassung der Quelle vorzunehmen und damit ihre Wasserversorgung zu sichern. Als die Wasserversorgung der Kläger im Jahre 1978 gefährdet gewesen sei, hätten sie die seinerzeit eingeräumte Gestattung widerrufen. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, den Rechtsvorgängern der Beklagten sei nur prekaristisch gestattet worden, eine Stichwasserleitung an die von den Rechtsvorgängern der Kläger errichtete Wasserleitung anzuschließen. Die Kläger seien dann aber berechtigt gewesen, diese Gestattung zu widerrufen, sodass das Unterlassungsbegehren gerechtfertigt sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt. Die Revision wurde für zulässig erklärt. Das Berufungsgericht stellte nach Beweiswiederholung fest:
Zu irgendeinem Zeitpunkt nach der Errichtung der Dienstbarkeitswasserleitung, möglicherweise erst anfangs der fünfziger Jahre, sei zwischen den Voreigentümern der Kläger und den Voreigentümern der Beklagten (Maria L***** oder deren Tochter Maria bzw dem Schwiegersohn Johann K*****) die Errichtung der streitgegenständlichen Stichwasserleitung besprochen worden. Es habe damals Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung des Anwesens aus der unteren Quelle gegeben. Nicht erwiesen sei, dass dabei an die Voreigentümer der Kläger nur das Ersuchen gerichtet worden sei, sich nur vorübergehend bis zur erfolgten Reparatur der von der unteren Quelle verlegten Wasserleitung mittels einer Stichleitung an die Servitutswasserleitung anschließen zu dürfen. Jedenfalls hätten die Voreigentümer der Beklagten eine solche Stichleitung in der Länge von 30 bis 40 m zu ihrem Wohnaus hergestellt. Seither werde das Anwesen der Beklagten mittels dieser Stichleitung aus der Servitutswasserleitung mit dem Wasser aus der oberen Quelle versorgt. Nicht erwiesen sei auch, dass die Voreigentümer der Kläger die Voreigentümer der Beklagten gedrängt hätten, die untere Quelle neu zu fassen und diese für ihre eigene Wasserversorgung heranzuziehen. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die Voreigentümerin Maria L***** habe sich in Punkt IV des Dienstbarkeitsvertrags vom 18. Jänner 1940 das Recht auf Bezug des für ihr Anwesen notwendigen Wassers aus der Dienstbarkeitsquelle oder dem Reservoir schon im Hinblick auf die bloße Möglichkeit, dass durch die Fassung der oberen Quelle und den Wasserbezug der Dienstbarkeitsberechtigten das Wasser der unteren Quelle ganz oder teilweise versiegen und für ihren Bedarf nicht hinreichen könnte, vorbehalten. Der abgeschlossene Dienstbarkeitsvertrag sei nicht dahin zu verstehen, dass nur im Falle der unzureichenden Bedarfsdeckung der unteren Quelle ein Recht auf Wasserversorgung aus der oberen Quelle bestehen sollte. Aus dem schriftlichen Vertrag lasse sich ein Anspruch auf Beseitigung der Stichleitung nicht ableiten. Eine bloß prekaristische Gestattung sei nicht erwiesen. Gegen ein Prekarium spreche der Wortlaut des Dienstvertrags, wonach sogar ein direkter Anschluss an die obere Quelle und das Reservoir zulässig wäre. Wenn Servitutsberechtigte dem Eigentümer der dienstbaren Liegenschaft einen Anschluss an die Dienstbarkeitswasserleitung für Zwecke seiner Liegenschaft gestatten und dieser Zustand durch weit mehr als 20 Jahre bestehe, könne ohne ausreichenden Beweis nicht gesagt werden, dass dieses Recht nur bittweise und jederzeit widerruflich eingeräumt worden sei. Für das Vorliegen eines prekaristischen Anschlusses seien die Kläger beweispflichtig; ein solcher Beweis sei nicht erbracht worden.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhobenen Revision kommt Berechtigung nicht zu.
Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügen die Kläger, dass das Berufungsgericht von den Feststellungen des Erstrichters nach einer Beweiswiederholung, die lediglich in der Verlesung der Protokolle über die Beweisaufnahmen des Erstrichters und der Verlesung von Urkunden bestanden habe, abgegangen sei. Das Berufungsgericht hätte sich im vorliegenden Fall aber nicht mit der bloßen Verlesung begnügen dürfen, sondern eine unmittelbare Beweisaufnahme durchführen müssen.
Gemäß der durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingefügten Bestimmung des § 281a ZPO kann dann, wenn über streitige Tatsachen bereits in einem gerichtlichen Verfahren, an dem die Parteien beteiligt waren, ein Beweis aufgenommen wurde, das Protokoll hierüber verlesen und von einer neuen Beweisaufnahme Abstand genommen werden, wenn nicht eine der Parteien ausdrücklich das Gegenteil beantragt. Kraft der Verweisung in § 463 Abs 1 ZPO gilt diese Bestimmung auch im Berufungsverfahren für einen im Verfahren erster Instanz aufgenommenen Beweis. Im vorliegenden Fall haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht nur keinen Antrag auf unmittelbare Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht gestellt, sondern sich nach dem Akteninhalt (S 218) sogar mit der Verlesung der im Verfahren vor dem Erstgericht aufgenommenen Protokolle ausdrücklich einverstanden erklärt. Fasching, Lehr- und Handbuch, Rdz 1807, hält die Verlesung überall dort für unzulässig, wo sich die Beweiswürdigungsrüge des Berufungswerbers auf solche Umstände stützt, die nur durch den persönlichen, unmittelbaren Eindruck des Berufungssenats vom Beweismittel ermittelt werden können. Das Ermessen gemäß § 281a ZPO sei ein gesetzlich gebundenes Ermessen, dessen Umfang durch den Zweck der Beweisaufnahme sowie den Inhalt und die objektiven Grenzen der Beweiswürdigung beschränkt sei. Die Frage, ob eine Beweiswiederholung notwendig ist, ist im Revisionsverfahren nicht überprüfbar (JBl 1954, 395; Fasching, Lehr- und Handbuch, Rdz 1910; Fasching, Komm IV 310). Aber auch die Beurteilung der Frage, ob eine verlässliche Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstrichters nur aufgrund des unmittelbaren Eindrucks der Zeugen und Parteien, somit aufgrund einer unmittelbaren Beweisaufnahme oder aber aufgrund einer Beweisaufnahme gemäß § 281a ZPO möglich ist, gehört dem Bereich der Beweiswürdigung an. Ein Mangel des Berufungsverfahrens läge nur dann vor, wenn das Berufungsgericht entgegen einem von einer Partei gestellten ausdrücklichen Antrag von einer neuen unmittelbaren Beweisaufnahme Abstand nahm und sich mit der bloßen Verlesung des Akteninhalts begnügte; ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Es sei im Übrigen darauf verwiesen, dass schon nach der alten Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Zivilverfahrens-Novelle 1983 die Rechtsprechung anerkannte, dass die Parteien auf die Beachtung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ausdrücklich verzichtet können (RZ 1981/56 ua). Die weiteren Ausführungen zum Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens stellen nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts dar; dies gilt auch insoweit, als die vom Berufungsgericht aufgrund eines mangelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen bekämpft werden.
Die Rechtsrüge wird dahin ausgeführt, dass die Kläger eine bloße Bittleihe der Beklagten nicht behauptet hätten. Diese Revisionsausführung ist aktenwidrig; die Kläger haben ihr Unterlassungsbegehren schon in der Klage darauf gegründet, dass Maria L***** die Verlegung der Stichleitung nur „gegen jederzeitigen Wiederruf" gestattet worden sei (S 3 dA). Eine derartige, jederzeit widerrufliche Gebrauchsgestattung wurde vom Berufungsgericht nicht als erwiesen erachtet. Die Revisionswerber entfernen sich von den Feststellungen des Berufungsgerichts, wenn sie der Rechtsrüge zugrundelegen, Maria L***** sei zwar kein jederzeit widerrufliches, aber doch zeitlich beschränktes Benutzungsrecht eingeräumt worden. Eine Vereinbarung dieses Inhalts ist ebenfalls nicht erwiesen. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass Punkt IV des Dienstbarkeitsvertrags vom 18. Jänner 1940 die Belassung der Stichleitung rechtfertigt, treten die Revisionswerber nicht entgegen; insbesondere wird nicht geltend gemacht, dass die Stichwasserleitung aufgrund einer gesonderten Vereinbarung, nicht aufgrund des Vorbehalts in der vorgenannten Vertragsbestimmung errichtet worden wäre. Die genannte Bestimmung des Dienstbarkeitsvertrags kann aber nicht dahin verstanden werden, dass sich Maria L***** nur ein zeitlich beschränktes Recht auf Wasserbezug vorbehalten hätte. Zweck des Vorbehalts in Punkt IV des Dienstbarkeitsvertrags vom 18. Jänner 1940 war es offenbar, die Wasserversorgung des Anwesens der Maria L***** (und ihrer Rechtsnachfolger) auf jeden Fall sicherzustellen; sie sollte durch die eingeräumte Dienstbarkeit des Wasserbezugs auf keinen Fall gefährdet werden. Es wurde daher auch Maria L***** das Recht eingeräumt, das für den Mörtbauerbesitz notwendige Wasser dauernd zu beziehen. Dieser klar ausgedrückten Parteiabsicht würde aber eine Auslegung des Punkts IV des Dienstbarkeitsvertrags dahin, dass Maria L***** und damit auch ihren Rechtsnachfolgern nur ein zeitlich beschränktes Recht auf Wasserbezug aus der oberen Quelle zugestanden wurde, widersprechen. Demzufolge ist aber das erhobene Klagebegehren nicht gerechtfertigt, sodass der Revision der Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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