OGH 1Ob307/75 (1Ob308/75)

OGH1Ob307/75 (1Ob308/75)3.12.1975

SZ 48/131

Normen

ABGB §364
ABGB §364a
ABGB §364
ABGB §364a

 

Spruch:

Elektrische Wellen, aber auch von in Betrieb stehenden elektrischen Anlagen und elektrischen Verbrauchseinrichtungen ausgehende elektrische und magnetische Felder sowie Strahlen sind Immissionen im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB

Da die Errichtung von Sendeanlagen zur gesetzlich vorgesehenen Tätigkeit des ORF gehört, ist es dem ORF zumutbar, zu erheben, welche Gefahren aus einer auf einem hohen Berg errichteten Sendeanlage entstehen könnten und welchen Gefahren daher vorzubeugen ist

Die Zuleitung von durch Blitzschlag hervorgerufener elektrischer Energie durch Blitzschutzanlagen oder sonstige Maßnahmen auf Nachbargrund ist unter allen Umständen, auch bei behördlich genehmigten Anlagen, unzulässig

OGH 3. Dezember 1975, 1 Ob 307, 308/75 (OLG Graz 5 R 78/75; LG Klagenfurt 17 Cg 4/74)

Text

In den Jahren 1967 bis 1970 errichtete die beklagte Partei Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m. b. H. (nunmehr Österreichischer Rundfunk) auf dem 2166 m hohen Dobratsch (der Villacher Alpe) eine UKW- und Fernsehsendeanlage mit einem etwa 160 m hohen Sendeturm. Zur Sendeanlage führt eine ebenfalls um diese Zeit errichtete, auch zur Personenbeförderung verwendete Materialseilbahn von der Talstation im Bereich des 892 m hoch gelegenen Dorfes Bleiberg; die Bergstation ist baulich mit der Sendeanlage auf dem Dobratsch verbunden. Die beklagte Partei ist Eigentümerin der EZ 664 KG Bleiberg, auf der sich die Talstation befindet. Die zweitklagende Partei, die Bleiberger Bergwerksunion Aktiengesellschaft, die in Bleiberg-Kreuth Bergwerke zur Gewinnung von Blei betreibt und Eigentümerin der dazugehörigen Betriebsanlagen, Werks- und Wohngebäude ist, räumte der beklagten Partei darüber hinaus die erforderlichen Dienstbarkeiten für die Führung der Seilbahn über deren Liegenschaften ein. Die Sendeanlage wird auf Pachtgrund der Villacher Alpengemeinschaft betrieben. Die Sendeanlage besitzt eine Blitzschutzanlage, an die sämtliche größeren Materialteile im Bereich des Berges angeschlossen sind. Die Erdung bestand bis Juli 1970 aus 576 m Erdungsband; später wurden weitere 546 m Erdungsband verlegt. Der Erdungswiderstand der Sendeanlage betrug zunächst zirka 40 Ohm, nach Verlegung der weiteren 546 m Erdungsband zirka 20 Ohm, der der Talstation zirka 16 Ohm und ab 1971, als im Wiesenboden unterhalb der Talstation sechs Tiefenerder eingebaut wurden, zirka 8 Ohm. Die Erdung der Anlage der Berg- und Talstation entsprach den Leitsätzen für die Errichtung und Überprüfung von Schutzanlagen (ÖVE-E 49/1960 und ÖVE-E 49 a/1963), aber auch den sonstigen nationalen und internationalen Vorschriften; durch Verlegung oder Erweiterung der Erder kann keine nennenswerte Verbesserung der Erdungsqualität mehr erzielt werden. Die Talstation der Seilbahn ist über die Tragseile und bei Blitzeinschlägen auch über das Zugseil mit der Erdung der Sendeanlage auf dem Dobratsch verbunden. Die Sendeanlage wurde Anfang 1970 in Betrieb genommen. In ihr hat die erstklagende Partei, die Republik Österreich (Post- und Telegraphenverwaltung), auf Grund einer Vereinbarung mit der beklagten Partei im Jahre 1968 Container für eine Richtfunkstrecke und dafür auch eine Blitzschutzanlage errichtet. Die erstklagende Partei ist auch berechtigt, gegen Entgelt die Seilbahn zum Transport von Material und zur Beförderung von Betriebsangehörigen zu benützen. Die Seilbahntalstation wurde im August 1968 an das Telefonnetz der erstklagenden Partei angeschlossen.

Auf dem Dobratschgipfel herrschen anormale Verhältnisse des luftelektrischen Schönwetterfeldes, die die Einschlagswahrscheinlichkeit für Blitze vergrößern. Das Kalkgestein des Berges ist ein schlechter elektrischer Leiter mit sehr hohem spezifischem Widerstand. Auf dem Dobratsch ist jährlich mit etwa 5 positiven Abwärtsblitzen zu rechnen, davon 2 bis 3 mit mindestens 30 kA, 1 bis 2 mit mindestens 60 kA und 1 mit 100 kA. Durchschnittlich jedes zweite Jahr ist mit einem Abwärtsblitz mit 200 kA, jedes vierte Jahr mit einem solchen von 300 kA zu rechnen; die seltenen Blitze mit mehr als 200 kA werden Gigantenblitze genannt. Das Telefonnetz der erstklagenden Partei in Bleiberg beträgt 16.87 km; das Verhältnis der jährlichen Blitzeinschläge in dieses beträgt im Vergleich zu den Einschlägen in den Sender auf dem Dobratsch etwa 0.7%; Anomalien im Bereich des Telegraphennetzes der erstklagenden Partei sind nicht feststellbar.

Bei Gewittern am 15. Juli 1970 und vom 16. auf den 17. September 1970 kam es durch Blitzeinschläge in die Sendeanlage am Dobratsch oder in die Seilbahn zu Stromstößen, die über die Seilbahn zur Talstation geführt wurden. Die dabei entstandenen Überspannungen, die bei einer 16-Ohm-Erdung bereits bei einem 30-kA-Blitz entstehen, mit der verbesserten Sicherung (8 Ohm) bei einem 60-kA-Blitz, beschädigten das Fernmeldekabelnetz der erstklagenden Partei sowie betriebliche Telefoneinrichtungen und elektrische Einrichtungen und Anlagen der Wohn- und Geschäftsgebäude der zweitklagenden Partei.

Die erstklagende Partei behauptet, daß bei den Gewittern im Juli und September 1970 Blitzentladungen auf dem Dobratsch über die Materialseilbahn der beklagten Partei in das Fernmeldekabelnetz Bleiberg abgeleitet worden seien, wodurch umfangreiche Schäden entstanden seien, deren Behebung bisher 1.244.374 S erfordert habe. Es seien auch in Zukunft Blitzschäden nicht ausgeschlossen, aber auch die bisherigen Beschädigungen könnten Folgeschäden mit sich bringen. Die Haftung der beklagten Partei sei gegeben, weil die Erdungsanlage in ordnungswidriger Weise mit den Seilen der Materialseilbahn zusammengeschaltet gewesen sei, die Talstation eine völlig unzureichende Erdung aufgewiesen habe und wegen der ungünstigen Verhältnisse auf dem Dobratsch besondere Blitzschutzmaßnahmen getroffen hätten werden müssen. Die erstklagende Partei beantragte nach Durchführung eines Aufforderungsverfahrens nach § 8 AHG und Ablehnung des Anspruches durch die beklagte Partei, diese zur Bezahlung von 1.244.374 S samt Anhang zu verurteilen und festzustellen, sie sei verpflichtet, der erstklagenden Partei alle jene Schäden zu ersetzen, die letzterer aus dem am 15. Juli 1970 und in der Zeit vom 14. bis 18. September 1970 aufgetretenen Blitzeinwirkungen dadurch erwachsen werden, daß erhebliche Blitzentladungen über den 160 m hohen Sendeturm der beklagten Partei auf dem Dobratsch auf dem Weg über die Bergstation und die Talstation bzw. über deren Einbauten (Stromkabel, Wasserleitung, Anschlußkabel usw.) und das Erdreich in das Fernmeldekabelnetz von Bleiberg und Umgebung abgeleitet wurden, desgleichen auch alle aus den klagsgegenständlichen Schadensfällen erwachsenden Schäden, die in Zukunft zutage treten werden. Die beklagte Partei sei als Körperschaft des öffentlichen Rechtes im Sinne des § 1 AHG anzusehen, so daß sie nach dem Amtshaftungsgesetz und nach den Bestimmungen der §§ 1293 ff., 1313 a und 1315 ABGB hafte; außerdem hafte sie für einen gefährlichen Betrieb nach dem Reichshaftpflichtgesetz, als Seilbahnunternehmer nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz sowie aus nachbarrechtlichen Bestimmungen im Sinne der §§ 364, 364 a ABGB, aus analog anzuwendenden ähnlichen Haftungsgrunden oder aus sonst in Betracht kommenden Rechtsgrunden. Die zweitklagende Partei beziffert ihre Schäden mit 64.534.77 S und begehrt den Zuspruch dieser Summe samt Anhang unter Heranziehung derselben Rechtsgrunde, jedoch nicht unter Berufung auf das Amtshaftungsgesetz. Das Erstgericht verband die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und schränkte mit Beschluß vom 26. März 1974 das Verfahren auf den Grund des Anspruches ein, nachdem die beklagte Partei für jede klagende Partei einen Schadensbetrag für je 1000 S der Höhe nach anerkannt hatte, um damit die Voraussetzungen für die allfällige Erlassung eines Zwischenurteiles zum Grund des Anspruches zu schaffen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte im wesentlichen fest: Die Blitzschutz- und Erdungsanlagen seien von der beklagten Partei sach- und fachgerecht ausgeführt worden und entsprächen dem Stande der Technik. Nach den geltenden Blitzschutzleitsätzen, die von einem Scheitelwert der Stromstärke der Blitze von 60 kA ausgingen, wäre für die Bergstation ein Ausbreitungswiderstand von 200 Ohm zulässig gewesen, jedoch nur ein solcher von 40 Ohm gemessen worden, der dann im Jahre 1971 auf 20 Ohm herabgesetzt worden sei. Unter den Bedingungen bei der Talstation wäre ein Ausbreitungswiderstand von 27 Ohm zulässig gewesen, jedoch habe die Erdung nur einen solchen von 16 Ohm und nach der Erweiterung sogar nur mehr einen solchen von 8 Ohm aufgewiesen. Dadurch sei den Verhältnissen auf dem Dobratsch so weit als voraussehbar Rechnung getragen worden. Von 20 Abwärtsblitzen jährlich führten auch nur 5% mindestens 100 kA und 1% mindestens 200 kA. Ein 100%iger Blitzschutz auch in der Form, daß jegliche Einwirkungen auf die Umgebung durch die Erdungsanlagen abgeleiteter Blitze vermieden würden, könne auch schon bei Blitzen mit 60 kA nicht eingeplant werden. Es sei Aufgabe der erstklagenden Partei gewesen, das Zuführungskabel (das Telefonstichkabel) zur Talstation gegen Blitzschutz abzusichern. Sie habe Überspannungsableiter bei dem Telefonanschluß der Seilbahntalstation angebracht und habe das Kabel mit der Erdung der Talstation verbunden, um der erhöhten Blitzstromgefahr zu begegnen. Weitere Maßnahmen habe die erstklagende Partei nicht für erforderlich gehalten; der Blitzschutzfachmann der erstklagenden Partei habe auch gegen die Blitzschutzeinrichtungen der beklagten Partei auf dem Dobratsch keine Bedenken gehabt; er habe vor dem Schadensfall im Juli 1970 die Sendeanlage auf dem Dobratsch in bezug auf Blitzschutzanlagen nicht als extrem beurteilt. Die erstklagende Partei habe auch den Bleimantel des Telefonkabels, das zur Seilbahnstation geführt habe, nicht in die Erdung einbezogen. Da das Kabel auf große Strecken mit der Erde in Verbindung stehe und somit Spannung Null behalte, reiche es wie eine Sonde in den Erdungstrichter der Talstation. Zwischen Telefonkabel und Erdung komme annähernd die volle Erdungsspannung zum Vorschein. Sie habe bei der 16-Ohm-Erdung bereits bei einem 30- kA-Blitz zum Überschlag geführt. Seitens der erstklagenden Partei sei die Verbindung des eisernen Telefonanschlußkastens bei der Haustür der Talstation an die Erdung der Talstation unterlassen worden; dies habe in erhöhtem Maße zum Blitzstromüberschlag auf das Telefonkabel und in weiterer Folge auf das Ortsnetz Bleiberg und auch in die entsprechenden Anlagen der zweitklagenden Partei geführt; dies zeige sich auch darin, daß nach völliger Abtragung des Telefonanschlußkabels der erstklagenden Partei zur Talstation im September 1970 keine wesentlichen Schadensereignisse mehr eingetreten seien. Auch die Schäden an den Anlagen der zweitklagenden Partei seien eine Folge der aus der Talstation der Seilbahn in das Ortsnetz übergetretenen Überspannungen gewesen; die Schäden seien durch das sehr überspannungsempfindliche Schutzsystem des Ortsnetzes (fehlender Potentialausgleich, Hilfserdung für Fehlerschutz) begünstigt worden. Es sei praktisch ausgeschlossen, Erdungsverbesserungen so weit zu treiben, daß im Tiefland übliche Telefonkabel ohne zusätzliche Maßnahmen den atmosphärischen Beanspruchungen der Bergstation und Seilbahn standhalten.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus: Nach dem Amtshaftungsgesetz hafte die beklagte Partei schon deswegen nicht, weil die Aufgaben des Rundfunks, aber auch der Sendeanlage nicht hoheitsrechtliche seien. Ein Verschulden treffe die beklagte Partei nicht, da die Anlage nicht nur bei der behördlichen Überprüfung in Ordnung befunden worden sei, sondern auch den österreichischen Blitzschutzleitsätzen, den internationalen Vorschriften und auch den bei Errichtung der Anlage zu erwartenden Verhältnissen entsprochen habe. Die beklagte Partei habe alle ihr zumutbaren Maßnahmen getroffen, um die unvermeidlichen Blitzströme unschädlich zu machen. Die beklagte Partei sei auch nicht ein gefährlicher Betrieb im Sinne des Reichshaftpflichtgesetzes, da die Blitzschutzanlage nicht Elektrizität erzeuge, aber auch nicht die Energie des Blitzes nutzbar machen solle, sondern durch höhere Gewalt erzeugte Elektrizität möglichst unschädlich ableiten solle. Die Anwendung des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes scheide aus, weil der Schaden nicht beim Betrieb der Seilbahn entstanden sei. Ein Anspruch nach § 364a ABGB, der kein Verschulden voraussetze, komme grundsätzlich in Betracht, da die erstklagende Partei Dienstbarkeitsberechtigte nach § 1 des Telegraphenwegegesetzes, die zweitklagende Partei Eigentümerin von Liegenschaften sei. Für einen Ausgleichsanspruch müsse jedoch ein notwendiger Zusammenhang zwischen dem Eingriff und dem Betrieb der Anlage bestehen. Bei Blitzeinschlägen handle es sich um Ereignisse, die auf höherer Gewalt beruhen. Der Eigentümer einer Anlage hafte über die Verschuldenshaftung hinaus auch für die Betriebsgefahr, die mit dem Besitz dieser Anlage notwendig verbunden sei, also auch für Immissionen im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB. Von Betriebsgefahr könne aber nicht mehr gesprochen werden, wenn das Schadensereignis außerhalb des Betriebskreises entsprungen sei. Blitzeinschläge seien von außen wirkende Ereignisse, die mit der Betriebsgefahr der der beklagten Partei gehörigen Anlage in keinem Zusammenhang stunden; der durch die Blitzschutzanlage in die Erde abgeleitete Blitzstrom sei daher nicht als Immission im Sinne des § 364 ABGB anzusehen, so daß den klagenden Parteien auch kein Ausgleichsanspruch zustehe. Auch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen oder deren analoger Anwendung könne ein Schadenersatzanspruch der klagenden Parteien nicht abgeleitet werden.

Den Berufungen der klagenden Parteien gab das Berufungsgericht mit Teilurteil Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es die beklagte Partei zur Bezahlung von je 1000 S samt Anhang an die beiden klagenden Parteien verurteilte; außerdem stellte es fest, die beklagte Partei sei verpflichtet, der erstklagenden Partei alle jene kausalen Schäden zu ersetzen, die ihr aus den am 15. Juli 1970 und in der Zeit vom 14. bis 18. September 1970 aufgetretenen Blitzeinwirkungen noch dadurch erwachsen werden, daß erhebliche Blitzentladungen über den 160 m hohen Sendeturm der beklagten Partei auf dem Dobratsch auf dem Weg über die Bergstation, die Seile der Materialseilbahn und die Talstation bzw. über deren Einbauten (Stromkabel, Wasserleitung, Anschlußkabel usw.) und das Erdreich in das Fernmeldekabelnetz von Bleiberg und Umgebung abgeleitet wurden. Das Berufungsgericht hielt das erstgerichtliche Verfahren nicht für mangelhaft und übernahm die Feststellungen des erstgerichtlichen Urteiles als unbedenklich. Es teilte auch dessen Rechtsauffassung, daß die beklagte Partei kein Verschulden treffe, aber auch keine Haftungsansprüche aus dem Reichshaftpflichtgesetz oder dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz ableiten könne, ebenso nicht aus dem Elektrizitätsgesetz oder dem Elektrotechnikgesetz. Wenn die Berufungswerber ein Verschulden der beklagten Partei behaupten, berücksichtigten sie nicht genügend, daß die Anlage den österreichischen Blitzschutzgesetzen, den internationalen Vorschriften, den bei der Errichtung dieser Anlage zu erwartenden Verhältnissen in bezug auf Blitzgefahren und Blitzstromableitungen entsprochen habe und einschließlich aller Nebenanlagen behördlich genehmigt worden sei. Wenn auch die Beobachtung bestehender Vorschriften oder die behördliche Genehmigung des Betriebes die Verpflichtung zu weitergehender Vorsicht und Aufmerksamkeit nicht ausschließe, bilde doch die baubehördliche Genehmigung einer Anlage in der Regel eine ausreichende Grundlage für die Verneinung eines Verschuldens, sofern der Bauwerber sich genau an die behördlichen Vorschriften bei der Errichtung der Anlage halte. Die klagenden Parteien hätten auch gar nicht vorgebracht, die Bauausführung sei mangelhaft gewesen. Daß nach den Schadensfällen die beklagte Partei Verbesserungen der Sicherungsmaßnahmen zur Hintanhaltung weiterer Schadensfälle vorgenommen habe, vermöge eine Verschuldenshaftung nicht zu begrunden, da es bei der Prüfung eines Verschuldens immer nur darauf ankomme, ob die betreffende Anlage nach den jeweils anerkannten Regeln der Technik errichtet worden sei; dies sei durch die behördliche Genehmigung der Anlage augenscheinlich untermauert. Die Haftung der beklagten Partei sei jedoch nach § 364a ABGB zu bejahen. Die Schäden der klagenden Parteien seien durch eine behördlich genehmigte Anlage entstanden, wofür das Gesetz Ausgleichsansprüche gewähre. Anspruchsberechtigt sei nicht nur der unmittelbar angrenzende Gründeigentümer, sondern jeder, für den die Einwirkung fühlbar sei. Die erstklagende Partei sei zwar nicht Eigentümerin angrenzender Grundstücke, aber Dienstbarkeitsberechtigte nach § 1 des Telegraphenwegegesetzes. Dem Erstgericht sei zwar darin beizupflichten, daß es sich bei Blitzeinschlägen in der Regel um auf höherer Gewalt beruhende von außen einwirkende Ereignisse handle, die mit der Betriebsgefahr der der beklagten Partei gehörigen Anlage selbst in keinem unmittelbaren Zusammenhang stunden, sondern außerhalb des Betriebskreises entsprungen seien. Die beklagte Partei habe aber die durch Blitz entstandenen Stromstöße und Überspannungen von der Bergstation zur Talstation über die Seile der Materialseilbahn abgeleitet und damit in die Nähe der Anlagen der erstklagenden Partei bzw. des Eigentums der zweitklagenden Partei gebracht und auf dieses schädigend eingewirkt. Zu den Einwirkungen, für die nach § 364 Abs. 2 ABGB gehaftet werde, gehörten auch elektrische Wellen, demnach auch der elektrische Strom in all seinen Erscheinungsformen. Immissionen müßten nicht auf dem Nachbargrund erzeugt werden, es genüge, daß sie nach der örtlichen Situation vom Nachbargrund aus durch Anlagen irgendwelcher Art veranlaßt werden, auf das andere Grundstück überzugreifen. Als Immission sei nicht der Blitzeinschlag zu beurteilen, sondern die auf das Nachbargrundstück abgeleitete Energie. Eine Immission müsse nicht einer typischen Betriebsgefahr entsprungen sein, um eine Ausgleichspflicht zur Folge zu haben. Wäre man anderer Auffassung, müßte der Nachbar eine ungerechtfertigte Einschränkung seines Rechtes in Kauf nehmen. Werde ein Blitz in eine bestimmte Richtung geleitet, liege nicht mehr höhere Gewalt vor. Der Ausgleichsanspruch der klagenden Partei sei zu bejahen und mit je 1000 S der Höhe nach anerkannt worden, so daß die beklagte Partei mit Teilurteil zur Leistung eines Betrages von je 1000 S samt Anhang an die klagenden Parteien zu verurteilen sei; auch dem Feststellungsbegehren der erstklagenden Partei sei stattzugeben, da das rechtliche Interesse bejaht werden müsse; das Feststellungsbegehren sei lediglich im Sinne einer Klarstellung neu zu fassen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten soweit Folge, als sie zur Bezahlung von 1000 S samt 4% Zinsen seit 1. Jänner 1971 an die erstklagende Partei verurteilt und deren Feststellungsbegehren stattgegeben wurde, hob das angefochtene Teilurteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Auszugehen ist davon, daß die beklagte Partei Eigentümerin der Liegenschaft ist, auf der die Talstation der Materialseilbahn auf dem Dobratsch errichtet wurde. Grundsätzlich hat jeder Eigentümer das Recht, mit der Substanz eines Gründeigentums nach Willkür zu schalten (§ 354 ABGB). Die gesetzlichen Grenzen dieser Willkür ergeben sich aus den Bestimmungen der §§ 364 ff. ABGB. Nach § 364 Abs. 1 ABGB darf die Ausübung des Eigentumsrechtes insbesondere nur insofern stattfinden, als dadurch in die Rechte Dritter nicht eingegriffen wird. Nach § 364 Abs. 2 ABGB hat der Eigentümer eines Grundstückes dafür Sorge zu tragen, daß den Nachbarn die von seinem Grundstück ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche nicht wesentlich beeinträchtigen; unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß zu den sogenannten Immissionen, deren Wirkungen auf den Nachbargrund grundsätzlich nicht übergreifen dürfen, auch elektrische Wellen gehören (Klang in seinem Kommentar[2], 170; Gschnitzer, Sachenrecht, 60; Ehrenzweig[2] I/2, 132).

Auch im Betrieb stehende elektrische Anlagen und elektrische Verbrauchseinrichtungen sind gegenüber ihrer Umwelt nicht völlig isoliert; sobald sie vom elektrischen Strom durchflossen sind, gehen von ihnen elektrische und magnetische Felder aus und werden von ihnen verschiedene Strahlen ausgesandt, die auf elektrisch betriebene Anlagen und Verbrauchseinrichtungen ihrer Umgebung einwirken; von besonderer Bedeutung sind hiebei Störungen in den Telegraphenanlagen, insbesondere in den Rundfunkempfangsanlagen (Gaigg, Elektrotechnikgesetz, 41). Auch die elektrischen und magnetischen Felder sowie Strahlen sind Immissionen im Sinne des § 364 Abs. 2 ABGB. In der Regel wird elektrischer Strom (Elektrizität) allerdings nicht wie Immissionen durch die Luft oder Erde verbreitet, sondern nur über Leitungen fortbewegt werden. Blitze sind gewiß Naturereignisse, die als solche im allgemeinen nicht bekämpft werden können; es wird sich unter Umständen auch nicht verhindern lassen, daß Folgen solcher Naturereignisse von einer Liegenschaft auf einem Nachbargrund fortwirken, ohne daß der Liegenschaftseigentümer, soweit er nicht konkrete Maßnahmen, die dies fördern, unternommen hat, dafür verantwortlich wäre. So hat etwa der OGH auch ausgesprochen, daß kein Grundstückseigentümer verpflichtet ist, natürlichen Wasserablauf zu verändern, damit das Wasser nicht auf ein (hangabwärts gelegenes) Grundstück gelangt (SZ 41/74). Ebensowenig wird es ohne gesetzliche Vorschrift erforderlich sein, Liegenschaften mit besonderen Blitzschutzeinrichtungen zu versehen, um Einwirkungen auf Nachbargrund zu verhindern. Dem Berufungsgericht ist aber grundsätzlich darin beizupflichten, daß ein Gründeigentümer oder sonst Berechtigter nicht befugt ist, die durch Blitzeinschläge auf seine Liegenschaft gebrachte elektrische Energie durch Blitzschutzanlagen auf den Nachbargrund abzuleiten und hiedurch Schaden zu verursachen, da zwar der Blitzschlag in ein Gebäude oder in eine Blitzschutzanlage als höhere Gewalt anzusehen ist, die Ableitung der dadurch entstandenen elektrischen Energie durch eine Blitzschutzanlage oder auf andere Weise auf den Nachbargrund aber als unzulässige Zuleitung zu beurteilen ist. Das muß insbesondere für einen Fall gelten, in dem eine Blitze anziehende Anlage auf einem besonders blitzgefährdeten Berg errichtet und sodann durch technische Anlagen versucht wurde, die durch Blitz in die Anlage gebrachte elektrische Energie vom Berg über eine Seilbahn in an sich weniger gefährdete Tallagen abzuleiten, in denen sich zahlreiche zivilisatorische Einrichtungen befinden. Die Zuleitung von durch Blitzschlag hervorgerufener elektrischer Energie auf Nachbargrund ist vielmehr als unmittelbare Zuleitung ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig und macht, auch wenn die Beeinträchtigung von einer behördlich genehmigten Anlage verursacht wurde, nicht nur schadenersatzpflichtig, sondern kann sogar untersagt werden. Selbst die Regel des § 364a ABGB bezieht sich nämlich nur auf mittelbare Einwirkungen. Unmittelbare Zuleitung ist hingegen nach der allgemeinen Vorschrift des § 364 Abs. 2 ABGB ohne besonderen Titel auch bei behördlich genehmigten Anlagen unzulässig (Klang, 177; Gschnitzer, 61; vgl. auch Ehrenzweig, 133: "mittelbare Einwirkungen"). Beim Schadenersatzanspruch nach § 364a ABGB handelt es sich um einen am ehesten einem Entschädigungsanspruch aus Anlaß der Enteignung gleichzusetzenden Ausgleichsanspruch, der kein Verschulden voraussetzt (MietSlg. 26.032/14; SZ 45/7; SZ 44/22 und 140 und die dort zitierte Literatur und weitere Judikatur; außerdem Koziol - Welser[3] II, 34). Der Schaden muß entgegen der Auffassung der Revision auch nicht durch den Betrieb der Anlage - hier der Sendeanlage oder der Seilbahn der beklagten Partei - entstanden sein; es genügt, daß ein Zusammenhang zwischen Eingriff und Betrieb der Anlage besteht. Es kann im vorliegenden Fall aber kein Zweifel bestehen, daß der Schaden durch eine Anlage entstanden ist, deren Vorhandensein für eine behördliche Zulassung des Betriebes der Anlage Voraussetzung war (vgl. Klang, 176). Aus der von der Revision zitierten Entscheidung JBl, 1975, 484 ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Auffassung.

Wenn damit auch die Darlegungen der Revision gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes nicht zielführend sein können, muß ihr doch aus anderen rechtlichen Gründen Berechtigung zugebilligt werden. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes liegen im vorliegenden Fall nämlich die Voraussetzungen des § 364 Abs. 2 ABGB und damit auch die des § 364a ABGB überhaupt nicht vor. Der Schaden im Fernmeldekabelnetz der erstklagenden Partei ist nämlich keineswegs dadurch entstanden, daß die beklagte Partei die durch Blitzeinschläge in die Sendeanlage oder in die Seilbahn entstandene große elektrische Energie über ihre Liegenschaft (die Talstation) hinaus ableitete oder wenigstens Handlungen setzte, die mittelbar über ihre Liegenschaft hinauswirkten. Daß die elektrische Energie der in die Talstation abgeleiteten Blitze in das Fernmeldekabelnetz der erstklagenden Partei gelangte, ist vielmehr allein darauf zurückzuführen, daß die abgeleitete Energie im Bereich der Talstation selbst, da jene durch die vorhandenen Erdungsanlagen nicht vollständig vernichtet werden konnte, auf die dort von der erstklagenden Partei im Jahre 1968 eingeleitete Fernsprechteilnehmeranlage übersprang und erst über diese in das öffentliche Fernsprechkabelnetz der erstklagenden Partei gelangte. Die Untergerichte stellten ausdrücklich fest, daß der Schaden der erstklagenden Partei dadurch entstand, daß der Blitzstrom auf das in die Talstation eingeleitete Telefonkabel übergeschlagen und erst in weiterer Folge in das Ortsnetz Bleiberg der klagenden Partei geführt worden sei. Der Schaden, den die erstklagende Partei erlitt, konnte also überhaupt nur dadurch entstehen, daß die Seilbahnstation der beklagten Partei im August 1968 durch eigene Maßnahmen der erstklagenden Partei an deren Telefonnetz angeschlossen worden war. Da die nicht durch die vorhandene Erdung vernichtete elektrische Energie über das eigene Telefonnetz der erstklagenden Partei aus dem Eigentumsbereich der beklagten Partei abgeleitet wurde, konnte es gar nicht zu einer allfälligen unmittelbaren Einwirkung durch Zuleitung oder einer mittelbaren Einwirkung durch Immissionen seitens der beklagten Partei kommen, auf die die §§ 364 Abs. 2, 364 a ABGB Bedacht nehmen. Der Schaden der erstklagenden Partei entstand nämlich nicht dadurch, daß die beklagte Partei durch Maßnahmen auf der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft, auf der die Talstation errichtet ist, über deren Grenzen hinaus auf dingliche Rechte der erstklagenden Partei einwirkte, sondern dadurch, daß die erstklagende Partei durch Anschluß der Talstation der beklagten Partei an ihr Telefonnetz selbst die durch Blitzeinschlag auf die Liegenschaft zugeleitete große elektrische Energie mangels völliger Vernichtung durch die vorhandenen Erdungsanlagen aus der Liegenschaft der beklagten Partei in das Ortsnetz Bleiberg (ungewollt) herausleitete. Von einer unmittelbaren Zuleitung durch die beklagte Partei kann schon deswegen keine Rede sein, weil sie die Blitzschutzanlage keineswegs an das Telefonnetz der erstklagenden Partei angeschlossen hatte; es war nach den Feststellungen der Untergerichte vielmehr Aufgabe der erstklagenden Partei, das Telefonstichkabel zur Talstation gegen Blitzschutz abzusichern, sie selbst hat ihr Kabel mit der Erdung der Talstation verbunden. Die beklagte Partei hatte diese nur, allenfalls schuldhaft, so errichtet, daß die Blitzenergie nicht voll vernichtet wurde, so daß die elektrische Energie wegen der entstandenen Überspannungen im Bereich der Liegenschaft der beklagten Partei auf die Anlagen der erstklagenden Partei übersprang. Es scheiden damit entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche der erstklagenden Partei gegen die beklagte Partei aus. Darauf, daß auch eine Haftung nach dem Reichshaftpflichtgesetz oder dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz nicht in Betracht kommt, ist, da sie auch die Revisionsbeantwortung nicht näher begrundet, im einzelnen nicht mehr einzugehen, sondern auf die zutreffenden Ausführungen der Untergerichte zu verweisen. Es sei nur kurz erwähnt, daß als "gefährlicher Betrieb" im Sinne des § 1a RHG tatsächlich nur ein solcher zu verstehen ist, bei dem nicht bloß infolge zufälliger konkreter Umstände, sondern infolge seiner allgemeinen Beschaffenheit die Interessen Dritter schon dadurch in einer das normale Maß der im modernen Leben stets bestehenden Gefährdung wesentlich übersteigenden Art gefährdet werden, daß der Betrieb zur Erreichung seines Zweckes überhaupt in Gang ist; die besondere Haftung des Betriebsinhabers tritt also nicht schon dann ein, wenn ein an sich ungefährlicher Betrieb im Einzelfall unter gewissen Umständen zu einem gefährlichen wird; sie ist vielmehr nur zu bejahen, wenn eine solche Gefahr nach der Art des Betriebes regelmäßig und allgemein vorhanden ist (JBl. 1974, 199). Das kann vom Betrieb einer Sendeanlage nicht gesagt werden; sie wird auch nicht allein dadurch zum gefährlichen Betrieb, daß sie durch eine Blitzschutzanlage, durch die die elektrische Energie des Blitzes fortgeleitet und vernichtet werden soll, gesichert werden muß; es wäre dann auch jedes Gebäude, das eine Blitzschutzanlage besitzen muß, zumindest aber solche Gebäude, die nach der Art ihrer Anlage besonders blitzgefährdet sind, ein gefährlicher Betrieb, was gewiß nicht den Intentionen des Reichshaftpflichtgesetzes entspricht. Der Schaden der erstklagenden Partei ist aber auch nicht beim Betrieb der Materialseilbahn entstanden, so daß schon aus diesem Gründe die Anwendung des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes ausscheidet.

Nach Auffassung des erkennenden Senates reichen die bisherigen Ergebnisse aber nicht zur abschließenden Beurteilung der Frage aus, ob die beklagte Partei nicht doch eine Verschuldenshaftung trifft.

Der OGH pflichtet der erstklagenden Partei bei, daß die beklagte Partei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes zumindest nach den bisherigen Verfahrensergebnissen bei der von ihr zu verlangenden Aufmerksamkeit mit der Entstehung von Fernmeldekabelschäden rechnen mußte. Wenn die beklagte Partei auf einem 2166 m hohen Kalksteinberg eine 160 m hohe Sendeanlage errichtete, mußte sie mit erhöhter Blitzschlagsgefahr rechnen. Genauere Erhebungen darüber, welche Gefahren entstehen könnten und welchen Gefahren daher vorzubeugen war, waren ihr, zumal die Errichtung von Sendeanlagen zu ihrer gesetzlich vorgesehenen Tätigkeit gehört (§ 1 Abs. 1 Rundfunkgesetz 1966, BGBl. 195/1966, bzw. nunmehr § 2 Abs. 1 Rundfunkgesetz 1974, BGBl. 397/1974) und daher einschlägiges Fachwissen vorausgesetzt werden kann, durchaus zumutbar. Alle die Umstände, die nunmehr auf Grund des gerichtlichen Verfahrens bekannt wurden, hätte die beklagte Partei bei gehöriger Obsorge wohl auch zuvor in Erfahrung bringen können, insbesondere auch die Tatsache, daß in nicht zu seltenen Abständen mit positiven Abwärtsblitzen mit elektrischer Energieentwicklung von weit mehr als 60 kA und durchschnittlich jedes zweite Jahr sogar mit einem Blitz von mindestens 200 kA zu rechnen war und demnach gewöhnliche Blitzschutzanlagen nicht genügen können. Waren die Anlagen in der Talstation, in die ja nicht unbedingt abgeleitet werden mußte, aber nicht geeignet, die über die Materialseilbahn zugeleiteten Blitzenergien und als Folge auftretende Überspannungen zu vernichten, war damit eine Anlage vorhanden, die die Telefonteilnehmereinrichtung und darüber hinaus das Fernmeldekabelnetz der erstklagenden Partei beschädigen konnte. Mußten diese besonderen Umstände aber bekannt sein, genügte es keineswegs, daß den Leitsätzen für die Errichtung und Überprüfung von Blitzschutzanlagen, ÖVE-E 49/1960 und ÖVE-E 49 a/1963, die mit der zweiten Durchführungsverordnung zum Elektrotechnikgesetz, BGBl. 135/1967, als allgemein verbindlich erklärt worden waren, entsprochen und sogar darüber hinausgehende, aber doch nicht zur völligen Vernichtung der herangeleiteten elektrischen Blitzenergie ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden waren. Es wäre nämlich zu beachten gewesen, daß die Leitsätze (Kommentar in Beilage D, S. 43) nur Mindestforderungen für die Sicherheit und den Schutz für Menschen und Sachwerten beinhalten und nur die untere Grenze für die erforderlichen Schutzmaßnahmen bezeichnen. Daß aber auch Blitzschutzanlagen elektrische Betriebsmittel im Sinne des Elektrotechnikgesetzes, BGBl. 57/1965, sind, ergibt sich schon aus dessen § 1 Abs. 1, wonach es sich um Gegenstände handeln muß, die als Ganzes oder in einzelnen Teilen zur Gewinnung, Fortleitung oder zum Gebrauch elektrischer Energie bestimmt sind. Daß Blitzschutzanlagen elektrische Energie fortleiten sollen, kann nicht bezweifelt werden. Es handelt sich bei ihnen um Betriebsmittel, die der Abwendung von Störungen anderer Betriebsmittel dienen (Überspannungsableiter), die schon nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Elektrotechnikgesetzes (abgedruckt bei Gaigg, Elektrotechnikgesetz, 31) unter das Gesetz fallen. Blitzschutzanlagen sind daher so herzustellen, daß in ihrem Gefährdungs- und Störungsbereich der sichere und ungestörte Betrieb anderer elektrischer Anlagen und Betriebsmittel sowie sonstiger Anlagen gewährleistet ist (§ 3 Abs. 1 ElTG). Hiezu gehören insbesondere auch Anlagen der Post- und Telegraphenverwaltung (vgl. Gaigg, 41). Wenn die beklagte Partei also schon nicht in der Lage war, Blitzschutzanlagen zu errichten, die 100%igen Schutz bewirkten, durfte sie sie dann aber doch nicht so herstellen lassen, daß sie die durch Blitze entfaltete elektrische Energie gerade in die gefährliche Nähe anderer Anlagen und im vorliegenden Fall über die Materialseilbahn in die Talstation in die gefährdende Nähe der zuvor hergestellten Teilnehmereinrichtung der erstklagenden Partei fortleitete.

Die beklagte Partei war darüber hinaus durch den Anschluß an das Fernsprechnetz der erstklagenden Partei Fernsprechteilnehmer im Sinne des § 35 Fernsprechordnung, BGBl. 276/1966, die durch BGBl. 267/1972 als Bundesgesetz gilt. Nach § 38 Abs. 1 FSprO hat der Fernsprechteilnehmer für die Unterbringung der Teilnehmereinrichtungen Räume bereitzustellen, die so beschaffen sein müssen, daß die Teilnehmereinrichtungen vor schädlichen Einflüssen bewahrt bleiben. Hiezu gehören auch Hauptanschlußleitungen (§ 17 Abs. 1 FSprO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 FSprO - "Leitungen" - und der Überschrift des Abschnittes IV). Der Fernsprechteilnehmer hat auch dafür zu sorgen, daß keine Gefährdung oder Störung der Teilnehmereinrichtungen durch andere Anlagen der seiner Verfügungsgewalt unterstehenden Räume entsteht (§ 40 Abs. 1 FSprO). Die Bestimmung des § 22 Abs. 3 Fernmeldegesetz, BGBl. 170/1949 in der geltenden Fassung, ordnet zudem ganz allgemein an, daß der Teilnehmer am Fernmeldeverkehr der Post- und Telegraphenverwaltung den Schaden zu ersetzen hat, den sie durch Verlust oder Beschädigung ihrer Fernmeldeanlagen in Gebäuden oder Räumen erleidet, die der Aufsicht des Teilnehmers unterstehen; die Ersatzpflicht fällt nur weg, wenn der Teilnehmer jede nach den Umständen des Falles gebotene Vorsicht beobachtet hat. Das Gesetz verlangt eine über die gewöhnliche Sorgfaltspflicht (§ 1297 ABGB) hinausgehende Aufmerksamkeit und Umsicht, auch wenn in der Regel nicht verlangt wird, daß sich der Teilnehmer im Hinblick auf die Begründung des Teilnehmerverhältnisses ein besonders qualifiziertes Fachwissen verschafft. Es ist jedoch Sache des Teilnehmers zu beweisen, daß er die ihm obliegende Sorgfalt beobachtet hat (Schaginger - Vavra, Das österreichische Fernmelderecht, 77). Es kann aber keine Frage sein, daß die Ableitung von zu erwartenden starken Blitzströmen vom Dobratsch in die Talstation der beklagten Partei die Errichtung einer Anlage im Sinne des § 40 Abs. 1 FSprO war, die Teilnehmereinrichtungen gefährden konnte. Die Verbindlichkeiten nach dem Elektrotechnikgesetz, dem Fernmeldegesetz und der Fernsprechordnung müssen als Vorschriften, die zufälligen Beschädigungen vorzubeugen suchen, verstanden werden und damit als Schutznormen im Sinne des § 1311 ABGB. Die Übertretung einer Schutznorm macht allerdings nur insofern für den durch die Übertretung verursachten Schaden haftbar, als durch die Schutznorm gerade dieser Schaden verhindert werden sollte (ZVR 1974/5; ZVR 1970/103 und 105 u. a.), Es kann keine Frage bestehen, daß die erwähnten Vorschriften, auch wenn sie nur Pflichten der beklagten Partei auf ihrer eigenen Liegenschaft betrafen, auch Schäden vorbeugen wollten, die schon wegen der besonderen Eigenschaften von Kabeln auch darüber hinaus eintreten können. Wurde eine Schutzvorschrift übertreten, kann sich der Verletzer dieser Vorschrift nur dann von einer Haftung für die Schadensfolgen befreien, wenn er beweist, daß dies unverschuldet geschah (SZ 44/187; EvBl. 1970/310 u. a.) oder daß der Schaden auch ohne die Verletzung der Vorschrift eingetreten wäre; gelingt ihm dieser Beweis nicht, muß er für die Folgen eintreten, auch wenn er sie im Einzelfall nicht vorausgesehen hat (ZVR 1970/69; vgl. SZ 38/204; SZ 26/59 u. v. a.). Er hat wegen der Übertretung der Schutznorm auch einen durch das Hinzutreten einer weiteren, mit ihr in einem inneren sachlichen und nicht bloß in einem zufälligen (adäquaten Kausal-)Zusammenhang stehenden Ursache herbeigeführten Schaden zu verantworten (ZVR 1970/69 u. a.; vgl. Gschnitzer, Schuldrecht Besonderer Teil und Schadenersatz, 172; Bydlinski, Probleme der Schadensverursachung nach österreichischem und deutschem Recht, 59 f.; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I, 273).

Die Anforderungen an die beklagte Partei dürfen allerdings nicht überspannt werden. Wenn eine zuständige Behörde die Blitzschutzanlage der beklagten Partei auch in ihren konkreten Einzelheiten tatsächlich genehmigt hätte oder, falls dies nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. § 8 Abs. 2 ElTG), sonst jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt, etwa durch rechtzeitige Beiziehung von Blitzschutzsachverständigen, die die Gefahrlosigkeit der Anlage bestätigt hätten, beobachtet hätte, wäre sie allenfalls von einer Haftung zu befreien. Es wurde nun zwar festgestellt, daß die Sendeanlage der beklagten Partei behördlich genehmigt wurde, nicht aber, in welcher Weise dies geschehen ist. Handelt es sich nur um die von der erstklagenden Partei in ihrer Behördeneigenschaft selbst (§ 10 FMG) vorzunehmende fernmeldebehördliche Genehmigung der Herstellung der Fernsehsendeeinrichtung (§ 4 Abs. 2 FMG), würde dies zur Rechtfertigung der beklagten Partei nicht genügen, da von den Fernmeldebehörden im Zuge des Bewilligungsverfahrens nur die Einhaltung der in fernmeldetechnischer Hinsicht zu erfüllenden Voraussetzungen geprüft werden müssen; die Prüfung der übrigen technischen Voraussetzungen (z. B. elektrizitätsrechtlicher und baupolizeilicher Art) ist hingegen mangels Zuständigkeit nicht von den Fernmeldebehörden durchzuführen; es ist vielmehr Sache des Antragstellers bzw. Inhabers der Anlage, die erforderlichen Überprüfungen vornehmen zu lassen oder die notwendigen Bewilligungen einzuholen; die Organe der Fernmeldebehörden haben nur, wenn sie anläßlich der fernmeldetechnischen Überprüfung Mängel feststellen, den Antragsteller bzw. Inhaber der Anlage darauf aufmerksam zu machen und erforderlichenfalls die Anzeige bei der zuständigen Behörde zu veranlassen (Schaginger - Vavra, 379 zu § 3 Privatfernmeldeanlagenverordnung). Auch eine baubehördliche Genehmigung allein genügt nicht (vgl. JBl. 1975, 485). Es wird daher von der beweispflichtigen beklagten Partei zu behaupten und zu beweisen sein, welche konkreten behördlichen Überprüfungen durchgeführt wurden bzw. welche Maßnahmen sie sonst unternommen hat, um ihren Verpflichtungen zu entsprechen. Hiezu bedarf es eines fortgesetzten Verfahrens in erster Instanz, in dem, entsprechend konkretisierte Behauptungen der beklagten Partei vorausgesetzt, allenfalls auch die vertraglichen und sonstigen Beziehungen zwischen den Streitteilen zu klären sein werden und ein eventuelles Eigen- bzw. Mitverschulden der erstklagenden Partei zu beurteilen sein wird. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, das Verfahren zur Verschuldensfrage zu ergänzen, ist ein näheres Eingehen auf die Aktenwidrigkeits- und Mängelrügen der erstklagenden Partei in der Revisionsbeantwortung, die nur die offen gebliebenen Fragen betreffen, vorerst nicht erforderlich.

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