Spruch:
Zur körperlichen Übergabe nach § 451 ABGB. genügt, daß der Gläubiger die verpfändete bewegliche Sache mit Wissen und Willen des Pfandgebers in Verwahrung nimmt.
Durch vorübergehende Überlassung des Pfandgegenstandes an den Pfandgeber unter der von letzterem übernommenen Verpflichtung zur Rückstellung auf Verlangen des Gläubigers, jedenfalls bei Nichtzahlung der Schuld am Fälligkeitstag, geht das Pfandrecht nicht verloren.
Entscheidung vom 9. April 1952, 1 Ob 305/52.
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der auf Rückstellung von drei Bocchara Teppichen gerichteten Klage hat das Erstgericht mit Urteil vom 23. April 1951 stattgegeben und seine Entscheidung damit begrundet, Kläger habe dem Beklagten ein Darlehen in der Höhe von 20.000 S, u. zw. von 18.000 S am 9. August 1949 und von 2000 S am 29. September 1949 gewährt; Beklagter habe ihm drei Bocchara Teppiche verpfändet, die sich zur Zeit der Auszahlung der 18.000 S im Antiquitätengeschäft auf Wunsch des Klägers zur Schätzung befunden hätten und daraufhin in die Gewahrsame des Klägers übergeben worden seien. Am 29. September 1949, als der Kläger das Darlehen von 2000 S gewährt habe, sei eine Quittung über das nunmehr insgesamt aushaftende Darlehen von 20.000 S ausgestellt worden und vom Kläger die frühere über die 18.000 S ausgestellte Quittung vernichtet worden. Bei dieser Gelegenheit habe der Beklagte den Kläger ersucht, ihm die verpfändeten Teppiche für kurze Zeit zu überlassen, weil er den Besuch seiner Gattin erwarte und familiäre Zwistigkeiten befürchte, wenn diese die Teppiche in der Gmundner Wohnung nicht mehr vorfinde. Der Kläger habe dann die Teppiche tatsächlich dem Beklagten unter der ausdrücklichen Bedingung ausgefolgt, daß er sie als dem Kläger zugesicherte und ihm gebührende Pfandstücke vorübergehend für den Kläger verwahre. Es seien dann aber weder die Teppiche zurückgestellt, noch die aushaftende und spätestens im Jänner 1950 fällig gewordene Darlehensschuld von 20.000 S zurückbezahlt worden.
Das Berufungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die erstrichterliche Entscheidung bestätigt, das Vorliegen des angeblich dem erstgerichtlichen Verfahren anhaftenden Mangels des Unterbleibens der Vernehmung der Zeugen Wilhelm L. verneint, sowie die erstrichterliche Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung gebilligt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Im Rahmen des Revisionsgrundes nach § 503 Z. 4 ZPO. wendet sich der Beklagte dagegen, daß eine Pfandrechtsbegründung schon dann vorliege, wenn der Gläubiger auf irgend welche Weise in die Gewahrsame von Gegenständen gelangt sei, die verpfändet worden seien. Die Untergerichte haben die Meinung vertreten, es genüge, daß die Teppiche als Pfand in die Gewahrsame des Klägers mit Wissen und Willen des Beklagten gelangt sind. Diese Ansicht ist zutreffend; denn zur körperlichen Übergabe ist nicht unbedingt erforderlich, daß die Gegenstände vom Pfandgeber selbst oder von einem von ihm hiezu Bevollmächtigten übergeben werden. Das Fahrnispfandrecht kann überdies durch Anweisung eines Dritten, in dessen Hände sich der Pfandgegenstand befindet, oder durch Besitzauflassung (traditio brevi manu) begrundet werden (vgl. Ehrenzweig, Sachenrecht 1923, S. 444 f). Zur körperlichen Übergabe genügt nach § 451 ABGB., daß der Gläubiger die verpfändete bewegliche Sache in Verwahrung nimmt, wozu allerdings noch kommen muß, daß dies mit Wissen und Willen des Pfandgebers geschieht. Dies hat jedoch das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht als erwiesen angenommen. Ob die körperliche Übergabe durchgeführt wurde, indem der Beklagte selbst die Teppiche vom Antiquitätengeschäft zum Kläger brachte, oder durch eine andere Person, etwa N., bringen ließ, oder ob sie der Kläger selbst mit Wissen und Willen des Beklagten abholte oder abholen ließ, ist bedeutungslos. Denn im letzteren Falle war eben der Kläger vom Beklagten ermächtigt, die Pfandgegenstände von P. zwecks Begründung des Pfandrechtes abzuholen. Daher bedurfte es keiner genaueren Feststellung, welcher Weg gewählt wurde. Daß der Beklagte die Übernahme in die Gewahrsame durch den Kläger gebilligt hat, ergibt sich aber aus seiner Erklärung, Beilage B. Demnach hat der Kläger gemäß § 451 ABGB. ein Pfandrecht an den drei Teppichen erworben und hat dieses im Sinne des § 467 ABGB. durch die vorübergehende Überlassung der Teppiche an den Beklagten unter der von diesem übernommenen Verpflichtung zur Rückstellung auf Verlangen des Klägers, jedenfalls bei Nichtzahlung der Schuld am Fälligkeitstage, nicht verloren. Übrigens wäre das Klagebegehren schon auf Grund der Vereinbarung, worin sich der Beklagte zur Übergabe der Teppiche als Pfand verpflichtete, begrundet (vgl. Ehrenzweig, Sachenrecht 1923, S. 446).
Im Hinblick auf die Feststellungen, womit der Kläger dem Beklagten Darlehen von 20.000 S gewährt hat, und die gesamte Darlehensschuld bis Ende Jänner 1950 fällig geworden ist, erübrigen sich weitere Ausführungen über die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 20.000 S.
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