OGH 1Ob29/93

OGH1Ob29/9319.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg R*****, vertreten durch Dr.Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Reinhard R*****, vertreten durch Dr.Otto Holter ua, Rechtsanwälte in Grieskirchen, wegen Feststellung (Streitwert S 300.000,--), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 24.März 1993, GZ 3 R 41/93-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 20. November 1992, GZ 2 Cg 104/92-22, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Alleinerbin nach dem am 7.2.1988 verstorbenen Gustav R*****. Dieser war Eigentümer der Liegenschaft EZ 99 KG H***** samt gondirenden Fischrecht". Mit Notariatsakt vom 14.1.1983 hat Gustav R***** unter anderem diese Liegenschaft "im derzeitigen Zustand samt allen Bestandteilen sowie dem rechtlichen und dem tatsächlichen Zugehör, mit allen Rechten und Vorteilen, wie dieses die Übergeberseite bisher besaß und benützte oder wie sie dieses doch zu besitzen oder zu benützen berechtigt war", an seinen Sohn, den Beklagten, übergeben. Im Jahre 1988 wurde das Eigentumsrecht des Beklagten an der EZ 99 KG H***** verbüchert. Übereinstimmung besteht zwischen den Streitteilen dahin, daß dem verstorbenen Gustav R***** das streitgegenständliche Fischereirecht auf der A*****, Parzelle ***** und ***** in der KG H***** von der Gemeindegrenze O*****- R***** bis zur Grenze der KG A*****, d.i. etwa 10 m flußabwärts von der die A***** querenden Starkstromleitung in der Länge von ca. 3000 m, eingetragen im Fischereibuch der Bezirkshauptmannschaft R***** zu ON 10, zustand. Unstrittig ist auch, daß der Beklagte im Fischereibuch hinsichtlich des streitgegenständlichen Fischereirechtes als Fischereiberechtigter aufgrund des Notariatsaktes vom 14.1.1983 eingetragen ist.

Die Klägerin behauptet, Gustav R***** habe dem Beklagten die Liegenschaft EZ 99 KG H***** zwar übertragen, sich das streitgegenständliche Fischereirecht aber vorbehalten. Ihr Begehren geht dahin, daß ihr aufgrund der Alleinerbenschaft nach Gustav R***** das Fischereirecht zustehe. Hiezu wendete der Beklagte vor allem ein, das strittige Fischereirecht sei ein mit der Liegenschaft verbundenes Recht, das niemals vom Liegenschaftseigentum getrennt worden sei.

Das Erstgericht ging davon aus, daß eine Übertragung der EZ 99 KG H***** an den Beklagten stattgefunden habe, das "mit der EZ 99 verbundene Fischereirecht" nach dem Willen des Gustav R***** und mit Wissen beider Vertragsparteien aber nicht ins Eigentum des Beklagten übertragen worden sei (S.12 des Ersturteils). Die ursprünglich bestandene Grunddienstbarkeit sei mit Zustimmung des Landeshauptmanns von Oberösterreich (erteilt im Jahre 1992) als Verwalter des mit der Dienstbarkeit belasteten öffentlichen Wassergutes in eine unregelmäßige Personaldienstbarkeit umgewandelt worden. Diese Personaldienstbarkeit sei nach den Bestimmungen des oö. Fischereigesetzes vom 2.5.1895 frei veräußerlich und vererblich, sodaß die nicht mit der Liegenschaft EZ 99 KG H***** übertragene Personaldienstbarkeit des Fischereirechtes der Klägerin zustünde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten aus rechtlichen Erwägungen Folge. Es sei nicht strittig, daß das von der Klägerin in Anspruch genommene Fischereirecht eine Grunddienstbarkeit sei. Zur Begründung einer Servitut sei bei verbücherten Liegenschaften die Einverleibung der Rechte am dienenden Grundstück und bei nicht verbücherten Liegenschaften die Urkundenhinterlegung erforderlich. Die Klägerin habe gar nicht behauptet, daß das strittige Fischereirecht auf eine solche Weise von der nunmehr dem Beklagten gehörenden Liegenschaft EZ 99 KG H***** abgesondert und in eine Personaldienstbarkeit zugunsten ihres verstorbenen Mannes umgewandelt worden wäre. Das Recht sei daher weiterhin mit der Liegenschaft verbunden, sodaß der Klägerin, die nicht Eigentümerin der Liegenschaft sei, das Fischereirecht nicht zustehen könne (S.4 f des Berufungsurteils = AS 317 f).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Die vom Berufungsgericht angenommene Prämisse, das streitgegenständliche Fischereirecht stelle unbestrittenermaßen eine Grunddienstbarkeit dar (AS 317), entspricht nicht dem Akteninhalt. Ein diesbezügliches Zugeständnis der Klägerin liegt nicht vor und wäre im übrigen auch unbeachtlich, weil eine behauptete Servitut in rechtlicher Hinsicht von Amts wegen dahin zu überprüfen ist, ob eine Grund- oder eine Personalservitut vorliegt.

Das derzeitige oö. Fischereigesetz (LGBl. 1983/60) trat mit 1.1.1984 in Kraft, sodaß insbesondere dessen § 1 Abs.3 auf den vorliegenden Fall nicht Anwendung zu finden hat, weil die EZ 99 KG H***** bereits im Jahre 1983 übertragen wurde. Anzuwenden ist vielmehr das oö. Fischereigesetz vom 2.5.1895 (LGBl. 1896/32), welches im § 2 ausführt, daß der Besitz und der Erwerb des Fischereirechtes den allgemeinen Vorschriften über den Besitz und den Erwerb von Privatrechten unterliegen.

Fischereirechte auf fremdem Grund können Grunddienstbarkeiten oder unregelmäßige persönliche Dienstbarkeiten sein (Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 477; Gimpel-Hinteregger in ÖJZ 1992, 563 f; Kindler in JBl. 1960, 332). Eine Grunddienstbarkeit liegt gemäß § 473 ABGB vor, wenn das Recht der Dienstbarkeit (hier: Fischereirecht) mit dem Besitz eines Grundstückes (hier: EZ 99 KG H*****) zu dessen vorteilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft wird. Vom Eigentum abgesonderte Fischereirechte stellen unregelmäßige, persönliche Dienstbarkeiten dar, die - auch in Oberösterreich - frei veräußerlich und vererblich sind (SZ 36/82; Petrasch in Rummel, aaO, Rz 1 zu § 479; Rz 1 zu § 529; SZ 51/160; Kindler, aaO). Aufgrund der vom Beklagten zugestandenen Alleinerbenschaft der Klägerin nach dem am 7.2.1988 verstorbenen Gustav R***** (AS 2,7) ist mit Rechtskraft der Einantwortung die Univeralsukzession der Klägerin nach dem Erblasser eingetreten. Die Einantwortung bewirkt den Rechtsübergang eo ipso, sodaß es keiner Übertragungsakte bedarf, auch das bücherliche Eintragungsprinzip ist durchbrochen (Welser in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu §§ 797 f mwN). Stellte das gegenständliche Fischereirecht zum Zeitpunkt des Ablebens des Gustav R***** eine diesem zustehende Personalservitut dar, dann ist sie im Sinne dieser Ausführungen auf die Klägerin übergegangen.

Der Beklagte geht offensichtlich - ohne dies ausdrücklich zu behaupten - davon aus, daß zugunsten des verstorbenen Gustav R***** die Grunddienstbarkeit des Fischereirechtes für die EZ 99 KG H***** einverleibt gewesen sei (dafür ist Beilage L ein Anhaltspunkt, siehe dessen letzten Absatz). War dies im Zeitpunkt der Errichtung des Notariatsaktes vom 14.1.1983 tatsächlich der Fall, dann wäre mit der Übertragung der EZ 99 KG H***** an den Beklagten grundsätzlich auch die Grunddienstbarkeit des Fischereirechtes übertragen worden. Es kann aber auch eine Grunddienstbarkeit auf eine physische Person übertragen, also in eine unregelmäßige Personalservitut umgewandelt werden, und zwar dann, wenn sämtliche Beteiligte einverstanden sind, sofern die Umwandlung nach dem Inhalt der Servitut möglich ist (SZ 43/55). Nun hat das Erstgericht festgestellt, das mit der Liegenschaft EZ 99 verbundene Fischereirecht sei nach dem Willen des Gustav R***** mit Wissen beider Vertragsparteien nicht in das Eigentum des Beklagten übertragen worden, es sei vielmehr im Eigentum des Gustav R***** verblieben (S.12 des Ersturteils = AS 243). Dies würde bedeuten, daß die Umwandlung einer allenfalls bestandenen Grunddienstbarkeit in eine dem Gustav R***** zustehende Personalservitut stattfand, sofern der Landeshauptmann von Oberösterreich als Verwalter des öffentlichen Wassergutes das Einverständnis zur Umwandlung in eine unregelmäßige Personaldienstbarkeit erklärt hätte. War der Wille der Vertragsparteien tatsächlich darauf gerichtet, die Dienstbarkeit des Fischereirechtes sollte dem Gustav R***** verbleiben, ist dies im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (Koziol-Welser I9 92) so zu verstehen, daß die Vertragsparteien Willensübereinstimmung hinsichtlich der Umwandlung der Grunddienstbarkeit in eine dem Gustav R***** zustehende Personalservitut hatten, wobei die tatsächliche Umwandlung davon abhängig sein sollte, daß seitens des Eigentümers des dienenden Grundstückes das Einverständnis zur Umwandlung erklärt werden werde. Diese stillschweigend vereinbarte Bedingung wäre eingetreten, denn der Landeshauptmann von Oberösterreich hat am 10.4.1992 sein Einverständnis zur Umwandlung in eine unregelmäßige Personaldienstbarkeit erklärt (Beilage L).

Der Beklagte hat in seiner Berufung gegen das Ersturteil dessen Feststellung, das Fischereirecht sei im Eigentum des Gustav R***** verblieben, bekämpft (AS 268 ff), auf die diesbezüglichen Ausführungen ist das Berufungsgericht nicht eingegangen, weil es aus rechtlichen Erwägungen der Berufung stattgeben zu können glaubte. Wie schon zuvor ausgeführt, ist aber die vom Berufungsgericht angenommene Prämisse, das streitgegenständliche Fischereirecht stelle unbestrittenermaßen eine Grunddienstbarkeit dar, nicht gegeben, vielmehr läge nach den - vom Beklagten bekämpften - Feststellungen des Erstgerichtes eine unregelmäßige Personalservitut vor. Für diesen Fall sind auch die Voraussetzungen zur Stellung eines Feststellungsbegehrens gegeben. Ein Eingehen des Berufungsgerichtes auf die vom Beklagten erhobene Mängel- und Beweisrüge ist demnach unumgänglich.

Der Revision ist Folge zu geben; das Urteil des Berufungsgerichtes ist aufzuheben und diesem die neue Entscheidung unter Eingehen auf die Mängel- und Beweisrüge des Beklagten sowie unter Bedachtnahme auf obige Ausführungen aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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