OGH 1Ob269/05y

OGH1Ob269/05y7.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Grubeck und Mag. Christoph Danner, Rechtsanwälte in Schärding, gegen die beklagte Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 857.992,46 s.A., über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2005, GZ 3 R 131/05p-51, mit dem das Zwischenurteil des Landesgerichts Steyr vom 29. Juni 2005, GZ 4 Cg 69/03k-46, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vermeint die Revisionswerberin darin zu erblicken, dass das Berufungsgericht eine Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei als sittenwidrig qualifizierte, obwohl die klagende Partei im gesamten Verfahren den Einwand der Sittenwidrigkeit nicht erhoben habe. Es sei damit von der ständigen Judikatur des OGH abgewichen, wonach die Sittenwidrigkeit nur über entsprechenden Einwand zu prüfen sei.

Die klagende Partei hat in der mündlichen Streitverhandlung vom 1. 3. 2004 vorgebracht, dass die „ungewöhnlichen, die klagende Partei einseitig benachteiligenden" AGB-Klauseln nicht zum Vertragsinhalt geworden seien. Der Frage, wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist, kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (5 Ob 21/97t; RIS-Justiz RS0042828). Die Auffassung des Berufungsgerichts, das dieses Vorbringen als Sittenwidrigkeitseinwand zu verstehen sei, ist nicht nur vertretbar, sondern wurde es offensichtlich auch von der beklagten Partei, die ausdrücklich replizierte (S 15 in ON 18), dass ein Haftungsausschluss erst bei krass grober Fahrlässigkeit sittenwidrig wäre, in diesem Sinn verstanden.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin stellt auch der Umstand, dass hier der Haftungsausschluss (bei krass grober Fahrlässigkeit) für Mangelfolgeschäden industriell gefertigter Teile zu beurteilen ist, keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO dar. Welche anderen als die von der Judikatur für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Haftungsausschlüssen in allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgestellten Kriterien im Fall „industrieller Fertigung" heranzuziehen wären, zeigt die außerordentliche Revision nicht auf.

Ein extrem hoher Anteil der von der beklagten Partei gelieferten Hydraulikzylinder, die in die von der klagenden Partei für den Ernteeinsatz produzierten Schneidewerkzeuge eingebaut wurden, wies mangelhaft entgratete Bohrungen auf, obwohl vorhandene Grate zwangsläufig zu einer Beschädigung der Dichtungen führen, die Bedeutung eines Grates als Ursache für Dichtungsschäden bei einer Zylinderdichtung einem mit der Herstellung des Zylinders befassten Arbeiter bekannt sein muss, ein Ausfertigen der Zylinder ohne Anbringung einer Entgratung durch Ausschlagen der Bohrung nicht dem Stand der Technik entspricht, und eine mangelnde Entgratung nur während der Produktion des Zylinders - sonst erst nach längerem Gebrauch - festgestellt werden kann. In der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass infolge der Häufung der Unterlassung des zur Entgratung der Bohrung ausdrücklich angeordneten Bearbeitungsschrittes „Anschlagen", der mangelnden Zielgenauigkeit der Schleifarbeiten und des Umstands, dass wahrheitswidrig bei allen Zylindern die Arbeitsschritte „Anschlagen" und „Ausfertigen" abgezeichnet und damit die ordnungsgemäße Durchführung dieser Arbeitsschritte bestätigt worden war, das Verhalten der beklagten Partei als krass grob fahrlässig zu qualifizieren sei, kann eine (erhebliche) Verkennung der Rechtslage nicht erblickt werden. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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