OGH 1Ob259/01x

OGH1Ob259/01x27.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sportanglerbund V*****, vertreten durch Dr. August Rogler, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Manfred H*****, vertreten durch Dr. Berndt Sedlazeck und Dr. Katharina Sedlazeck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterfertigung einer Erklärung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 11. Juni 2001, GZ 22 R 180/01d-53, womit das Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 9. Februar 2001, GZ 2 C 2862/98x-47, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 5.500,80 (darin S 916,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

33 Vertragspartner bilden das Konsortium Z***** (in der Folge nur Konsortium). Die klagende Partei ist Miteigentümerin von acht Anteilen am gemeinschaftlichen Grundstück, die übrigen 32 Mitglieder hatten gemäß dem aus dem Jahre 1959 stammenden Konsortialvertrag je einen Anteil erworben. Der Beklagte ist bücherlicher Eigentümer von 78/19760-Anteilen und von 4/80-Anteilen an dem im Miteigentum der Konsorten stehenden Grundstück und auch Vertragspartei des Konsortialvertrags vom 12. 12. 1959.

In dessen § 3a ist festgelegt, dass die jeweiligen Miteigentümer der Liegenschaft Mitglieder des Konsortiums sind. Das Ausscheiden aus diesem ist nur "durch Ableben" oder "durch Veräußerung des Miteigentumsanteils" möglich. Im Fall des Todes eines Mitglieds werden dessen Erben oder Vermächtnisnehmer, denen der Miteigentumsanteil zufällt, Mitglieder des Konsortiums. Diese Bestimmung gilt auch bei Abtretung unter Lebenden. Nach dieser Vertragsbestimmung steht im Fall der Veräußerung eines Miteigentumsanteils den übrigen Mitgliedern das Vorkaufsrecht im Sinne der §§ 1072 bis 1079 ABGB zu. Die den Vertrag Unterzeichnenden stimmten ausdrücklich zu, dass auf Grund des Vertragspunktes 3a auf die ihnen zuzuschreibenden Anteile der Liegenschaft das Vorkaufsrecht für alle übrigen in diesem Vertrag genannten Miteigentümer wechselseitig grundbücherlich einverleibt werde. Der Miteigentumsanteil kann nur dann frei veräußert werden, wenn keines der Konsortiumsmitglieder vom Vorkaufsrecht Gebrauch macht und auch keine Aufteilung des Anteils erfolgt. Zweck des Vertrags ist die Aufrechterhaltung eines begrenzten Kreises von Miteigentümern und Konsorten. Deshalb verpflichteten sich die Vertragsparteien gemäß Punkt 3b des Konsortialvertrags für sich und ihre Rechtsnachfolger im (Mit-)Besitz der Liegenschaft, stets dem Konsortium anzugehören und sich dessen Satzung in der jeweils gültigen Fassung zu unterwerfen. Sie erteilten ihre ausdrückliche Zustimmung zur grundbücherlichen Einverleibung dieser Verpflichtung als Reallast. Der Beklagte war von 1985 bis 1997 Obmann des Konsortiums. Er leitete in dieser Zeit alles in die Wege, damit die im Zuge der Grundbuchsumstellung nicht übernommene Reallast wieder ins Grundbuch aufgenommen wurde. Im Zuge einer Mitgliederversammlung im Jahre 1995 stellte sich heraus, dass alle Konsorten der Meinung waren, man sollte das Vorkaufsrecht keinesfalls verlieren.

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten die Unterfertigung folgender Erklärung:

"Manfred H***** ... ist auf Grund des Kaufvertrags vom 19. 8. 1991 bzw des Kaufvertrags vom 10. 12. 1992 bücherlicher Eigentümer von 78/19760-Anteilen ... sowie weiters auf Grund des Kaufvertrags vom 31. 10. 1977 bzw des Kaufvertrags vom 10. 3. 1983 bücherlicher Eigentümer von 4/80-Anteilen ... je der Liegenschaft ...

Herr Manfred H***** räumt hiermit dem Sportanglerbund V***** ... an dem oben beschriebenen Anteil das Vorkaufsrecht im Sinne der §§ 1072 ff ABGB nach Inhalt und Umfang des § 3 des Konsortialvertrags vom 12. 12. 1959 in der Fassung vom 14. 1. 1995 ein und nimmt der Sportanglerbund V***** ... dieses Versprechen hiemit vertraglich an. In Verdinglichung dieser Erklärung erteilt Herr Manfred H*****, ... seine ausdrückliche Einwilligung, dass ob dem 78/19760-Anteil ... und ob dem 4/80-Anteil ..., je der EZ ... das Vorkaufsrecht nach Inhalt und Umfang dieser Erklärung für den Sportanglerbund V***** ... einverleibt werde".

Sie brachte vor, der Beklagte habe trotz seiner sich aus dem Konsortialvertrag ergebenden Verpflichtung die Unterfertigung der ihm vorgelegten Erklärung verweigert. Es bestehe ein rechtliches Interesse an der grundbücherlichen Sicherstellung des vereinbarten Vorkaufsrechts. Die gültige Fassung des aus dem Jahre 1959 stammenden Konsortialvertrags datiere vom 14. 1. 1995. Die vertragliche Vereinbarung sehe vor, dass das Vorkaufsrecht auch für die über den ersten Vorkaufsfall hinausgehenden Vorkaufsfälle wirken solle. Dies entspreche auch jahrzehntelanger Übung. Nicht nur die Gründungskonsorten, sondern alle neu eintretenden Konsorten müssten bereits eingetragene Vorkaufsrechte akzeptieren und den anderen Konsorten solche einräumen. Dies sei dem Beklagten bekannt gewesen.

Der Beklagte wendete ein, die von der klagenden Partei behauptete Neufassung des Vertrags im Jahre 1995 sei bisher von keinem der Konsorten unterfertigt worden. Beide Streitteile seien Parteien des Konsortialvertrags vom 12. 12. 1959. Dieser Vertrag enthalte keine Verpflichtung dahin, dass ein neu eintretender Konsorte den übrigen Konsorten für seinen Anteil (neuerlich) das Vorkaufsrecht einräumen müsste. Ein solches sei vielmehr lediglich von den Parteien, die den Konsortialvertrag im Jahre 1959 unterfertigt hätten, eingeräumt worden, und zwar für die ihnen damals zuzuschreibenden Anteile, und auch nur insoweit sei eine Aufsandungserklärung zur bücherlichen Einverleibung der Vorkaufsrechte abgegeben worden. Das Vorkaufsrecht wirke nur auf den ersten Veräußerungsfall, weshalb die klagende Partei keinen Anspruch auf Neubegründung eines solchen Rechts habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte fest, bei der Mitgliederversammlung am 14. 1. 1995 sei darüber gesprochen worden, dass das wechselseitige Vorkaufsrecht nicht nur die seinerzeitigen vertragschließenden Konsorten, sondern auch sämtliche Neubeitretende betroffen habe. In dieser Generalversammlung sei über den Vertrag in der neuen Fassung in Anwesenheit des Beklagten abgestimmt und der Konsortialvertrag einstimmig beschlossen worden. Es sei dem Beklagten bekannt gewesen, dass das Vorkaufsrecht für sämtliche auch in Zukunft auftretende Vorkaufsfälle Geltung haben sollte.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, ein Vorkaufsrecht könne auch mit dem Inhalt einer wiederholten Anbietungspflicht vereinbart werden. Die Miteigentümer der Liegenschaft hätten sich entsprechend Punkt 3a des Konsortialvertrags zur wechselweisen Anbietung ihrer Miteigentumsanteile im Veräußerungsfall verpflichtet. Die Verpflichtung, dem Konsortium anzugehören und sich dessen Satzung in der jeweils gültigen Fassung zu unterwerfen, sei als Reallast einverleibt und gehe daher auf den jeweiligen Grundeigentümer über. Dem Vertragszweck entsprechend seien die jeweiligen Miteigentümer für den Fall der Veräußerung ihrer Liegenschaftsanteile zur Anbietung im Wege des Vorkaufsrechts verpflichtet. Als Mitglied des Konsortiums treffe den Beklagten daher die Pflicht, der Einverleibung des Vorkaufsrechts zu Gunsten der anderen Miteigentümer zuzustimmen.

Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es das Begehren auf Abgabe der von der klagenden Partei geforderten Erklärung in Bezug auf die mit Kaufvertrag vom 31. 10. 1977/10. 3. 1983 vom Beklagten erworbenen 4/80-Anteile an der Liegenschaft - unangefochten - abwies; im Übrigen, also in Ansehung der 78/19760-Anteile, bestätigte es die Entscheidung des Erstgerichts. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands (jeweils) S 52.000 übersteige und dass die ordentliche Revision gegen den bestätigenden Teil des Berufungsurteils zulässig sei. Die klagende Partei sei als Vertragspartnerin des Konsortialvertrags vom 12. 12. 1959 und als Miteigentümerin der Liegenschaft vorkaufsberechtigt. Die Konsorten hätten eine Erstreckung des Vorkaufsrechts auf mehrere Vorkaufsfälle vereinbart. Dies ergebe sich aus der verbücherten Verpflichtung der Miteigentümer, sich der Satzung des Konsortiums zu unterwerfen, und aus der im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft getroffenen Vereinbarung eines Vorkaufsrechts für die anderen (einzelnen) Gesellschafter im Falle der Veräußerung eines Miteigentumsanteils. Es sei bezweckt gewesen, eine freie Veräußerbarkeit von Liegenschaftsanteilen hintanzuhalten. Der jeweilige (neu eintretende) Konsorte sei verpflichtet, den (bereits bisher) zugriffsberechtigten Konsorten wieder die gleichen Rechte einzuräumen. Als Mitglied des Konsortiums habe er sich dessen Satzung unterworfen und damit die Verpflichtung zur Einräumung bzw Aufrechterhaltung des Vorkaufsrechts der klagenden Partei übernommen. Auf die Neufassung des Konsortialvertrags vom 14. 1. 1995 käme es nicht an, weil die maßgeblichen vertraglichen Bestimmungen (§ 3) unverändert geblieben seien. Die Einräumung eines Vorkaufsrechts stelle keine Schenkung dar, weshalb der Einwand der Formbedürftigkeit (§ 1 Notariatszwangsgesetz) nicht berechtigt sei. Es sei von einer wiederholten Anbietungspflicht auszugehen, die dem Beklagten gemäß § 1405 ABGB überbunden worden sei.

Die Revision des Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gewiss ist die Anordnung des § 1074 ABGB, wonach das Vorkaufsrecht weder abtretbar noch vererblich, also auf der Aktivseite überhaupt nicht übertragbar ist, zwingendes Recht. Diese gesetzlichen Beschränkungen haben den offensichtlichen Zweck, der im Vorkaufsrecht enthaltenen Beschränkung des freien Verkehrs eine zeitliche Grenze zu setzen. Vereinbarungen, die das Vorkaufsrecht vererblich oder abtretbar machen wollen, sind daher unwirksam; ein Vorkaufsrecht kann auch nicht zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers einer Liegenschaft begründet werden (5 Ob 151/01v; WoBl 1997, 94; HS 26631; 6 Ob 739/87; SZ 59/159; Bydlinski in Klang IV/22 836 f; Aicher in Rummel ABGB3 Rz 2 zu § 1073 und Rz 1 zu § 1074; Binder in Schwimann ABGB2 Rz 1 und 5 zu § 1074). Nun hat die klagende Partei ihr im Konsortialvertrag festgelegtes Vorkaufsrecht aber weder abgetreten noch vererbt, weshalb die Ausübung dieses Rechts § 1074 ABGB nicht widerspricht.

Ein Vorkaufsberechtigter kann daran interessiert sein, dass ihm das Vorkaufsrecht für mehrere Vorkaufsfälle eingeräumt werde. Dieses Interesse dokumentiert sich im vorliegenden Fall - so die Feststellungen der Vorinstanzen - im Zweck des Konsortialvertrags, einen begrenzten Kreis von Miteigentümern und Konsorten aufrecht zu erhalten (S 12 des Ersturteils). Die Erstreckung des Vorkaufsrechts auf mehrere Vorkaufsfälle kann wirksam vereinbart werden, weil § 1075 ABGB dispositiver Natur ist: Die in Entsprechung der Schuldübernahme (§§ 1404 ff ABGB) übernommene Vorkaufsverpflichtung durch einen Dritten ist zulässig und möglich. Es wäre auch nicht einzusehen, dass in der Erklärung des Verpflichteten, die Vorkaufsrechtsbelastung auf den Rechtsnachfolger zu überbinden, eine unzulässige Verlängerung des Vorkaufsrechts liegen sollte (Bydlinski aaO 852; Aicher aaO Rz 2 zu § 1073; Binder aaO Rz 7 f zu § 1074).

Nach den Feststellungen haben die Mitglieder des Konsortiums eine Erstreckung der Verpflichtung auf die jeweiligen Erwerber der Liegenschaftsanteile vereinbart und sich verpflichtet, den übrigen Miteigentümern auch beim Erwerb zusätzlicher Anteile das Vorkaufsrecht in grundbuchsfähiger Form einzuräumen. Diese vom Beklagten eingegangene Verpflichtung bedeutet keine unzulässige Perpetuierung des Vorkaufsrechts der klagenden Partei, weshalb der erkennende Senat die insoweit gegenteilige, indes nicht näher begründete Entscheidung MietSlg 32.146 ablehnt und sich den schon zitierten Stimmen aus der Lehre anschließt: Es findet sich in der Tat kein zureichender Grund, dass die Überbindung der Vorkaufsrechtsbelastung auf den Rechtsnachfolger unwirksam sei (dazu insbesondere Binder aaO Rz 8 zu § 1074; vgl auch KG Leoben in NZ 1971, 62).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die klagende Partei - so die Feststellungen der Vorinstanzen - ein Verein nach dem Vereinsgesetz oder ob sie als Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts - so die ebenfalls die klagende Partei betreffende Entscheidung JBl 1976, 428 - anzusehen ist, denn in beiden Fällen leitet sich die Abgabe der von der klagenden Partei geforderten Erklärung aus der vom Beklagten persönlich eingegangenen Verpflichtung zur Einräumung des Vorkaufsrechts im Sinne einer wiederholten Anbietungspflicht ab. Dass der Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, dass der Verpflichtete die Vorkaufsrechtsbelastung auf den Rechtsnachfolger zu überbinden habe, wurde bereits von den Vorinstanzen überzeugend dargelegt. Dieser Auslegung ist nichts hinzuzufügen.

Der Revision des Beklagten ist ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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