Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 10. Dezember 1998 eine Liegenschaft, die ihm am Tag vorher übergeben worden war. Vertragspunkt III. enthält u.a. folgende Bestimmung:
"Dem Käufer ist der Kaufgegenstand aus eigener Anschauung bekannt; er übernimmt ihn wie er liegt und steht, mit sämtlichen Rechten und Vorteilen, mit denen die Verkäufer den Kaufgegenstand bisher besessen und benützt haben oder doch zu besitzen und benützen berechtigt waren, jedoch frei von jeglichen bücherlichen oder außerbücherlichen Lasten, Servituten, Reallasten oder sonstigen Besitz- oder Nutzungsrechten Dritter, welcher Art immer, ausgenommen die in Punkt II. dieses Vertrages ausdrücklich angeführten Mietrechte der ebenfalls dort angeführten Mieter inklusive der ebenfalls dort angeführten besonderen Gegebenheiten betreffend einzelne Mietverhältnisse."
Nach Punkt IV. gingen Gefahr und Zufall mit der Übergabe des Kaufgegenstands auf den Käufer über.
Punkt V. ("Gewährleistung") bestimmt, dass die Verkäufer nicht für eine bestimmte Beschaffenheit, Eigenschaft, Benutzbarkeit oder ein bestimmtes Erträgnis des Kaufgegenstands haften. Im Zusammenhang mit den von der beklagten Partei auf dieser Liegenschaft durchgeführten Arbeiten wird festgehalten: Der Käufer nimmt zur Kenntnis, dass für den im Auftrag der Verkäufer von der beklagten Partei im Jahre 1989 errichteten Kanal eine behördliche Benützungsbewilligung noch aussteht; die Verkäufer verpflichten sich, dem Käufer alle Kosten und Nachteile zu ersetzen, die diesem im Zusammenhang mit der Erteilung dieser Benützungsbewilligung und gegebenenfalls der Herstellung der Voraussetzung für deren Erteilung erwachsen.
Die beklagte Partei hatte über Auftrag der damaligen Liegenschaftseigentümer eine Abwasserpumpanlage errichtet, die im Juli 1998 erstmals in Betrieb genommen wurde. Auf Grund einer fehlerhaften Ausführung und Einstellung der Anlage kam es am 29. 12. 1998 zu einem "Störfall", der vorerst von einem dritten Unternehmen provisorisch behoben wurde. Später wurden die an der Anlage entstandenen Schäden repariert. Dem Kläger wurden EUR 3.697,16 (Störungsbehebung) sowie EUR 3.177,84 (Schadensbehebung) in Rechnung gestellt.
Der Kläger begehrte von der beklagten Partei den Ersatz der ihm insgesamt erwachsenen Schadensbehebungskosten und brachte dazu im Wesentlichen vor, der Schaden sei - im Sinne einer Schadensverlagerung - in seinem Vermögen eingetreten, weil er zum Zeitpunkt des Schadensfalls bereits die Gefahr getragen habe. Darüber hinaus seien ihm mit dem Liegenschaftskaufvertrag auch allfällige Ansprüche der Voreigentümer gegen die beklagte Partei abgetreten worden.
Die beklagte Partei bestritt ihre Verantwortlichkeit für den eingetretenen Schaden, die Höhe des begehrten Schadenersatzes sowie die Aktivlegitimation des Klägers. Aus dem Kaufvertrag ergebe sich eine Abtretung von Ansprüchen der Verkäufer nicht. Es liege auch kein Fall einer Schadensverlagerung vor.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und führte im Rahmen der Tatsachenfeststellungen aus, alle zur Schadensbehebung durchgeführten Arbeiten seien notwendig und zweckmäßig gewesen; die Rechnungsbeträge seien im Hinblick auf die vorgenommenen Arbeiten als angemessen zu erachten. Im Übrigen führte es in rechtlicher Hinsicht aus, Dem Kläger seien durch den Kaufvertrag alle mit der Liegenschaft in Verbindung stehenden Rechte der Voreigentümer übertragen worden. Die beklagte Partei habe das Werk mangelhaft erbracht, weshalb es zu dem späteren Störfall gekommen sei. Damit habe sie eine Vertragspflicht verletzt, weshalb sie zum Schadenersatz verpflichtet sei. Sie habe auch für das Verhalten ihrer Subunternehmer einzustehen. Gemäß § 933a Abs 1 und 2 ABGB habe die beklagte Partei auch für Mangelfolgeschäden zu haften.
Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung über Berufung der beklagten Partei sowie der ersten Nebenintervenientin auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Eine Abtretung von Schadenersatzansprüchen und sonstigen vertraglichen Ansprüchen der Verkäufer gegen die beklagte Partei an den Kläger sei aus Punkt III. des Kaufvertrags nicht ableitbar. Mit der Wendung, der Käufer übernehme die Liegenschaft mit allen Vorteilen und Rechten, mit denen die Verkäufer sie bisher besessen und benützt haben oder zu besitzen und benützen berechtigt waren, werde augenscheinlich auf die Rechtsstellung der Verkäufer als Eigentümer der Liegenschaft Bezug genommen, nicht aber auf ihre Rechtsstellung als allfällige Käufer von beweglichen Sachen oder als Auftraggeber von Werkleistungen. Ansprüche aus Werkverträgen seien nämlich nicht mit dem Eigentum an der Liegenschaft verbunden, sondern stünden dem jeweiligen Werkbesteller zu, der keineswegs stets mit dem Eigentümer der Liegenschaft identisch sein müsse. Wollte man die vorliegende Klausel als Abtretungsvereinbarung ansehen, wäre der Kreis der abgetretenen Forderungen auch völlig unbestimmt. Weder sei der Klausel entnehmbar, dass sie sich auf Forderungen gegen die beklagte Partei beziehen solle, noch seien die abgetretenen Forderungen nach Art und Umfang in irgendeiner Weise individualisiert, zumal Ansprüche aus Werkverträgen dort nicht genannt seien.
Im Hinblick auf die eingetretenen Mangelfolgeschäden habe sich der Kläger zu Recht auf den Gedanken der Schadensverlagerung berufen. Zum Zeitpunkt des Pumpendefekts sei er zwar noch nicht Eigentümer der Liegenschaft gewesen, habe die Liegenschaft aber schon übernommen und gemäß der vertraglichen Vereinbarung bereits Gefahr und Zufall, also das Risiko des Eintritts von Schäden, zu tragen gehabt. Er sei daher zur Geltendmachung von Schäden, die nach Übergabe der Liegenschaft eingetreten sind, grundsätzlich berechtigt. Hingegen sei er zur Geltendmachung des aus der eigentlichen Mängelbehebung resultierenden Schadens aktiv nicht legitimiert. Dieser sei nämlich unzweifelhaft bereits im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs vorhanden gewesen, habe damit noch die Verkäufer der Liegenschaft getroffen und hätte von diesen geltend gemacht werden können. Es sei daher zwischen dem (unmittelbaren) Nachteil infolge der von vornherein bestehende Mangelhaftigkeit der Anlage und jenen Schäden zu unterscheiden, die an anderen Teilen der Anlage als Folge der ursprünglichen Mangelhaftigkeit nachträglich entstanden sind. Diese Mangelfolgeschäden hätten sich angesichts des Gefahrenübergangs unmittelbar im Vermögen des Klägers ereignet. Der Ansicht der Berufungswerber, es handle sich bei der Pumpenanlage um eine Einheit, sodass auch ein aus der Fehlfunktion der Steuerungseinheit resultierender Schaden an der Pumpe als Mangelschaden zu qualifizieren sei, könne nicht zugestimmt werden. Die Verbindung sei keineswegs so eng, dass die verschiedenen Teile zu untrennbaren Bestandteilen geworden wären. Weder den Klagebehauptungen noch den vorgelegten Rechnungen oder den getroffenen Feststellungen sei aber zu entnehmen, welche Teile der geltend gemachten Forderungen sich auf die Behebung von Mangelfolge- und Mangelbegleitschäden beziehen und welche Beträge bei der Sanierung der bereits ursprünglich vorhandenen Mängel aufgelaufen sind, sodass nicht abschließend geklärt werden könne, für welchen Teil des Klagebegehrens die aktive Klagelegitimation gegeben sei. Das Erstgericht werde daher zu klären haben, welcher Teil des geltend gemachten Betrags sich auf die Behebung der bereits bei Ablieferung des Werks vorhandenen Mängel und welcher sich auf die Behebung von erst nach Risikoübergang eingetretenen Mangelfolgeschäden beziehe. Auch zum Umfang des ersatzfähigen Schadens fehlten konkrete Feststellungen. Die Formulierung des Erstgerichts, alle zur Schadensbehebung durchgeführten Arbeiten seien notwendig und zweckmäßig gewesen, nehme bereits die rechtliche Beurteilung - allerdings ohne entsprechendes Tatsachensubstrat - vorweg. Offenbar sei nur eine Pumpe beschädigt worden, in den Rechnungen seien aber nicht nur die Reparatur einer weiteren Pumpe, sondern auch der Kaufpreis für eine dritte Pumpe enthalten. Konkrete Tatsachenfeststellungen, aus denen sich zur Frage der Berechtigung des vom Kläger geltend gemachten Schadensumfangs Ableitungen treffen ließen, seien somit bisher nicht getroffen worden. Der Rekurs sei wegen uneinheitlicher bzw inkonsequenter Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage, wann ein Fall reiner Schadensverlagerung vorliege, zulässig.
Die Rekurse sind zulässig, jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Auf die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen dem Mangelschaden auf der einen und dem Mangelfolgeschaden auf der anderen Seite kommt es im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an, weil aus den (ihrem Wortlaut nach unstrittigen) Formulierungen im Kaufvertrag durchaus eine Abtretung allfälliger Ansprüche der Verkäufer - u.a. auch gegen die beklagte Partei - abgeleitet werden kann.
Das Berufungsgericht hat sich nämlich allein mit der Bestimmung in Punkt III. Abs 3 des Kaufvertrags auseinandergesetzt, ohne aber auch den Gewährleistungsausschluss in Punkt V., auf den sogar die beklagte Partei in ihrem Schriftsatz ON 103 ausdrücklich hingewiesen hat, zu berücksichtigen, obwohl es zutreffen mag, dass eine Vereinbarung, nach der der Käufer den Kaufgegenstand mit sämtlichen Rechten und Vorteilen erwirbt, mit denen die Verkäufer den Kaufgegenstand besessen haben oder zu besitzen berechtigt waren, für sich nicht mit letzter Sicherheit den Schluss zulässt, damit müssten auch allfällige Ansprüche aus der Verletzung eines mit der Liegenschaft im Zusammenhang stehenden Werkvertrags erfasst sein, weil derartige Ansprüche nicht an der Liegenschaft "kleben", liegt es nahe, eine typische Interessenlage von Parteien eines Liegenschaftskaufvertrags insoweit anzunehmen, als der Verkäufer mit dem Erhalt des Kaufpreises endgültig abgefunden sein will und alle Ansprüche gegen Dritte, die sich aus deren Einwirkung auf die Liegenschaft ergeben, auch wenn sie im Einzelnen nicht bekannt oder voraussehbar sind, auf den Käufer übergehen sollen. Eine solche - allenfalls ergänzende - Vertragsauslegung ist vor allem dort angezeigt, wo an (konkrete) Beeinträchtigungen der Liegenschaft gar nicht gedacht ist und diese daher auch bei der Kaufpreisbildung nicht berücksichtigt werden. Rechtlichen und vernünftigen Vertragsparteien kann daher im Regelfall unterstellt werden, sie hätten eine Abtretung allfälliger Ersatzansprüche gegen Dritte, die aus einer Beeinträchtigung der Liegenschaft, die zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs bereits (zumindest latent) vorhanden, jedoch noch nicht bekannt war, resultieren - bei sonst unveränderten Vertragsbedingungen - ausdrücklich vereinbart, wenn sie die Möglichkeit einer derartigen Situation bedacht hätten. Maßstab für eine ergänzende Vertragsauslegung ist stets der vermutete Wille "redlicher und vernünftiger" Vertragsparteien, die sich in der Lage der konkreten Vertragspartner befinden. Solche Parteien hätten aber derartige Ansprüche, die auf einem zum Zeitpunkt der Übergabe verborgenen Mangel beruhen, beim Verkäufer nur dann belassen, wenn und soweit dem Käufer die gesetzlichen Gewährleistungsrechte verblieben wären. Wurde - wie im vorliegenden Fall - die Gewährleistung für die den Umständen nach zu erwartende Beschaffenheit der Liegenschaft hingegen vertraglich abbedungen, so führt die Berücksichtigung der typischen Interessenlage der Vertragspartner zwanglos dazu, dass zumindest im Wege ergänzender Vertragsauslegung - wenn nicht ohnehin bereits durch Auslegung des Vertragspunkts III. - eine Abtretung sämtlicher denkbarer Ansprüche gegen Dritte, die aus einer letztlich die Käufer treffenden Einwirkung auf die Liegenschaft resultieren, auf die Käufer erfolgen soll. (Dies wurde im Übrigen auch nachträglich durch die "Bestätigungsvereinbarung" ./E zum Ausdruck gebracht.) Eine solche Abtretungsvereinbarung ist auch nicht deshalb als unbestimmt unwirksam, weil die in Betracht kommenden Schuldner und die denkbaren Forderungen nicht ausreichend individualisiert wären. Versteht man die Abtretungsvereinbarung vernünftigerweise so, dass damit alle den Verkäufern erwachsenen Ansprüche, soweit sie aus einer Beeinträchtigung der Substanz der Liegenschaft herrühren, zediert sein sollen, so ist nicht erkennbar, warum der Wirksamkeit einer solchen Zession der Umstand entgegenstehen sollte, dass die einzelnen Schuldner erst nach Erkennbarkeit eines Schadens bzw Mangels zu ermitteln sind, genügt doch auch sonst bei der Globalzession die Individualisierung des Rechtsgrunds (SZ 57/87 uva).
Angesichts der dargelegten Vertragsauslegung ist es entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht erforderlich, zu prüfen, inwieweit sich der begehrte Schadenersatz auf einen bereits bei Übergabe der Liegenschaft vorhanden Mangelschaden oder aber einen Mangelfolgeschaden der erst später eingetreten ist bzw einen schon angelegten Schaden vergrößert hat, bezieht. Auf Grund der so zu deutenden Abtretung kann der Kläger auch den Ersatz der bereits im Vermögen der Verkäufer eingetretenen Schäden begehren. Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, es seien noch konkretere Tatsachenfeststellungen darüber zu treffen, welche Kosten zur Behebung der von der beklagten Partei zu verantwortenden Schäden tatsächlich erforderlich waren, kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten. Da nicht festgestellt wurde, dass der Kläger die ihm gelegten Reparaturrechnungen bereits beglichen hat, kann sein Schaden nur in jener Verbindlichkeit bestehen, die dem von ihm beauftragten Werkunternehmer gegenüber aus dessen Reparaturleistungen wirklich entstanden ist. Ob die Reparaturrechnungen im Sinne der Hinweise des Berufungsgerichts allenfalls überhöht sind, wird im fortzusetzenden Verfahren zu klären sein.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO. Die Rekurse sind zwar nicht erfolgreich, tragen aber doch zur Klärung der Rechtslage bei, sodass die Schriftsätze zweckmäßige Prozesshandlungen sind.
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