OGH 1Ob253/06x

OGH1Ob253/06x27.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solè und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Adoptionssache des mj Joachim W*****, vormals J*****, geboren am 7. Juli 1993, *****, wegen Bewilligung der Annahme an Kindesstatt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des beabsichtigten Wahlvaters Simon Thaddäus W*****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. September 2006, GZ 45 R 18/06i-79, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. Oktober 2005, GZ 4 P 240/02b-59, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Die Kostenersatzanträge des beabsichtigten Wahlvaters und des leiblichen Vaters werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Simon Thaddäus W***** (in der Folge: Wahlvater) beantragte am 6. 11. 2002 unter Vorlage eines schriftlichen Adoptionsvertrags vom 25. 9. 2002 die Bewilligung der Annahme des mj Joachim W*****, vormals J*****, an Kindesstatt. Unter einem beantragte er, die Zustimmung des leiblichen Vaters zur Adoption durch das Gericht zu ersetzen. Der am 7. 7. 1993 geborene mj Joachim W*****, vormals J*****, ist das eheliche Kind der Adele ***** und des Carlo J*****. Er wurde in Südafrika geboren und besitzt die südafrikanische und nunmehr auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Von September 1994 bis März 1995 hielt sich der leibliche Vater zu Ausbildungszwecken in England auf. Nach seiner Rückkehr führten die Eltern getrennte Haushalte; Joachim wohnte bei seiner Mutter. 1995 leitete die Mutter das Scheidungsverfahren ein. Zu ihrem Schutz bzw zum Schutz des Minderjährigen wurde ein „Family Violence Interdict" erlassen, dass dem Vater verbot, sich diesen zu nähern. Überdies wurde ihm der Reisepass abgenommen. Der Vater hatte sich der Mutter gegenüber wiederholt aggressiv verhalten und wurden von ihr Befürchtungen geltend gemacht, er wolle seinen Sohn entführen. In der Folge fanden sporadische Besuchskontakte statt. Mit Urteil vom September 1997 wurde die Ehe der Eltern geschieden. Die Obsorge für das Kind kam der Mutter zu, der Vater erhielt ein Besuchsrecht eingeräumt. Der letzte Kontakt zwischen dem Minderjährigen und seinem Vater fand im September 1997 statt. Danach verließ die Mutter aus Angst vor dem Vater bzw vor einem Entführungsversuch durch diesen mit dem Kind das Land, ohne den Vater über ihren Verbleib zu informieren. 1995 war gerichtlich ein für den Minderjährigen zu leistender monatlicher Unterhalt von 350 Rand festgesetzt worden. Der Vater leistete hierauf Zahlungen lediglich von November 1995 bis inklusive Juli 1996; weitere einzelne Leistungen erfolgten für November und Dezember 1997 sowie Jänner 1998. Ab diesem Zeitpunkt stellte er die Zahlungen endgültig ein. Die Zahlstelle in Südafrika besteht aber weiterhin. 1999 lernte die Mutter den Wahlvater kennen und lebte mit diesem ab Herbst 2000 in Deutschland zusammen. Die beiden heirateten am 10. 9. 2002 und übersiedelten im November 2002 in die Schweiz. Dieser Ehe entstammt ein am 21. 7. 2004 geborenes Kind. Der Wahlvater kümmert sich um den mj. Joachim, zu dem eine Vater-Sohn-Beziehung besteht, seit dessen siebenten Lebensjahr.

Der leibliche Vater des Minderjährigen lebt seit 2001 ebenfalls in der Schweiz und ist dort verheiratet. Er unternahm Versuche, seinen Sohn zu finden, indem er eine Anwältin mit der Suche beauftragte, verfolgte die Suche aber nicht ernstlich. Ende 2003 erhielt er durch eine Bekannte Kenntnis davon, dass sich Joachim mit seiner Mutter in der Schweiz aufhält. Im Jänner 2004 brachte er den genauen Aufenthaltsort seines Sohnes in Erfahrung. Er wandte sich nicht an dessen Mutter, sondern suchte den Klassenlehrer auf. Entgegen dessen Anraten wiederholte er einen Besuch in der Schule, um mit Joachim dort in Kontakt zu treten. Der vom leiblichen Vater in der Folge kontaktierte Wahlvater schaltete zwecks professioneller Hilfe bei einer Besuchsrechtsanbahnung das örtliche Jugendamt ein. Der leibliche Vater brachte einen Antrag für eine gerichtliche Besuchsrechtsregelung ein. Im Dezember 2004 erschien er neuerlich anlässlich eines Festes in Joachims Schule. Die zuständige Sozialarbeiterin regte nunmehr Kinderschutzmaßnahmen an, weil nach ihren Erhebungen Joachim seinen leiblichen Vater nicht sehen wolle und ihn jeglicher Kontakt sehr aufrege. Die Vormundschafts- und Sozialhilfekommission erließ am 14. 7. 2005 ein Kontaktverbot, bis die Frage nach der Umsetzung eines Besuchsrechts durch ein Gutachten abschließend geklärt sei. Der Minderjährige ist durch die Geschehnisse sehr verstört und beeinträchtigt. Er sieht den Wahlvater als Vater an und will, „dass alles bleibt, wie es war". Das Kind wünscht die Adoption, denn es „möchte zur Familie gehören". An seinen leiblichen Vater hat es so gut wie keine Erinnerungen. Eine emotionale Bindung zum leiblichen Vater besteht nicht. Der Wahlvater ist österreichischer Staatsbürger. Er hat zwei weitere Kinder (geboren am 13. 10. 1983 und am 21. 10. 1986), die nur wenig Kontakt zu ihm haben. Diese erklärten sich mit einer Adoption des mj Joachim durch ihren Vater einverstanden.

Da der leibliche Vater zum Zeitpunkt der Einleitung des Adoptionsbewilligungsverfahrens unbekannten Aufenthalts war, wurde für ihn ein Abwesenheitskurator bestellt. Die Adoption wurde (erstmals) mit Beschluss vom 19. 2. 2003 bewilligt und die Zustimmung des leiblichen Vaters vom Gericht ersetzt. Mit Schreiben vom 8. 6. 2004 gab der leibliche Vater bekannt, dass er Kenntnis von der Adoption erlangt habe. Er erhob Rekurs gegen die Adoptionsbewilligung, dem das Rekursgericht mit der Begründung Folge gab, dass keine ausreichenden Grundlagen für die Bestellung eines Abwesenheitskurators bestanden hätten. Im fortgesetzten Verfahren brachte der leibliche Vater vor, die Mutter habe bereits vor der Scheidung versucht, den Kontakt zu seinem Sohn zu unterbinden. Anlässlich der Scheidung sei ihm gerichtlich ein umfassendes Besuchsrecht eingeräumt worden. Dieses habe er nicht ausüben können, weil die Mutter mit dem Kind wenig später „untergetaucht" sei. Tätliche oder verbale Auseinandersetzungen, die ein solches Verhalten gerechtfertigt hätten, habe es nicht gegeben. Trotz intensiver Nachforschungen habe er den Aufenthaltsort der Mutter und seines Sohnes nicht eruieren können. Als sich die Mutter bei der für die Unterhaltszahlungen eingerichteten Zahlstelle nicht mehr gemeldet habe, habe er seine Leistungen eingestellt; eine andere Zahlstelle sei ihm nicht bekannt gewesen. Er sei zwar einverstanden, dass das Kind weiterhin bei der Mutter bzw deren Familie wohne, strebe aber ein Besuchsrecht an. Die Adoption diene nur dem Zweck, sein Besuchsrecht zu vereiteln.

Der Wahlvater und die Mutter hielten dem entgegen, die Adoption solle den tatsächlichen Umständen, nämlich der bereits existierenden Vater-Kind-Beziehung einen rechtlichen Rahmen geben. Im Dezember 1995 habe der leibliche Vater versucht, das Kind bei einem Besuchskontakt zu entführen. Es sei regelmäßig in Gegenwart von Joachim zu Gewalttätigkeiten und Psychoterror gegenüber der Mutter und zum Teil auch deren Familie gekommen. Da sich der Vater nicht „an gerichtliche oder sonstige Vereinbarungen gehalten" habe, habe die Mutter eine richterliche Gewaltschutzverfügung erwirkt; es sei auch sein Reisepass eingezogen worden, um Entführungsversuche zu verhindern. Diese Situation habe das Kind sehr belastet.

Das Erstgericht bewilligte die Annahme des Minderjährigen an Kindesstatt durch den Wahlvater. Die inländische Gerichtsbarkeit sei infolge der österreichischen Staatsbürgerschaft des Wahlvaters gegeben. „Im Verhältnis mit der Republik Südafrika" gelte das Adoptionsübereinkommen BGBl 1978/581 nicht, weil die Republik Südafrika nicht Mitglied dieses Übereinkommens sei. Gemäß § 26 Abs 1 IPRG seien die Voraussetzungen der Adoption nicht nur nach österreichischem, sondern - im Hinblick auf die erforderliche Zustimmung des leiblichen Vaters - auch nach südafrikanischem Recht zu beurteilen. Nach südafrikanischem Recht sei die Frage, welche materiellen Rechtsvorschriften anzuwenden seien, an den Wohnsitz der Parteien geknüpft. Adoptionen unterlägen daher dem Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes. Da der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes und auch der des Wahlvaters in der Schweiz liege, sei Schweizer Adoptionsrecht anzuwenden. Dieses kenne bei der Adoption keine Weiter- oder Rückverweisung auf ausländisches Recht. Sowohl nach österreichischem als auch nach Schweizer Recht bestehe eine ausreichende Nahebeziehung zwischen dem Wahlvater und dem Wahlkind. Die Adoption diene dem Wohl des Kindes. Auch nach der Kontaktaufnahme durch seinen leiblichen Vater sei der Minderjährige bei dem Wunsch geblieben, von seinem Stiefvater adoptiert zu werden. Damit lägen sowohl nach österreichischem als auch nach Schweizer Recht grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Annahme an Kindesstatt vor. Nach beiden Rechtsordnungen sei eine Adoption aber nicht möglich, wenn der leibliche Vater seine Zustimmung gerechtfertigt verweigere. Nach Schweizer Recht sei „von einer Zustimmung abzusehen", wenn der diese verweigernde Elternteil sich „nicht ernstlich um das Kind gekümmert" habe. Von diesem Umstand sei auszugehen. Richtig sei zwar, dass die Mutter mit dem Kind Südafrika verlassen habe, doch habe es Aggressionen des Vaters ihr und dem Kind gegenüber gegeben, die sogar zu einem Kontaktverbot geführt hätten. Der Vater habe nicht ausreichend darlegen können, dass er danach ernstlich nach dem Verbleib seines Sohnes geforscht und sich auf diese Weise um ihn „gekümmert" habe. Nach der österreichischen Rechtslage sei die Zustimmung des leiblichen Elternteils dann zu ersetzen, wenn kein gerechtfertigter Grund für eine Weigerung vorliege. Die von der Rechtsprechung als schutzwürdig angenommene menschliche Verbundenheit sei im vorliegenden Fall nicht ausreichend gegeben. Auch das Argument des Vaters, er strebe lediglich ein Besuchsrecht an, rechtfertige die Verweigerung der Zustimmung zur Adoption nicht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des leiblichen Vaters Folge und wies den Antrag, dessen Zustimmung zur Adoption zu ersetzen und die Adoption zu bewilligen, ab. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen habe der leibliche Vater gerechtfertigt, seine Zustimmung zur Adoption verweigert. Es sei zu berücksichtigen, dass eine Familiengemeinschaft nur sehr kurz bestanden habe. Da es dem leiblichen Vater im Zuge des Scheidungsverfahrens und wegen der massiven Spannungen zwischen den Eltern niemals möglich gewesen sei, eine Vater-Kind-Beziehung aufzubauen, sei die Verweigerung seiner Zustimmung gerechtfertigt. Es müsse dem Vater die Möglichkeit eingeräumt werden, eine menschliche Verbundenheit zu seinem Sohn herzustellen. Dies diene dem Wohl des Kindes, selbst wenn ein adoptionsbereiter Stiefvater vorhanden sei. Dass die Verweigerung der Zustimmung zur Adoption sittlich nicht gerechtfertigt wäre, habe das Verfahren nicht ergeben. Da die Voraussetzungen für die Bewilligung der Adoption schon nach österreichischem Recht nicht gegeben seien, erübrige sich eine Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen nach anderen Rechtsordnungen.

Der Revisionsrekurs des Wahlvaters ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 26 Abs 1 IPRG sind die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Ist das Kind - wie hier - nicht eigenberechtigt, so ist sein Personalstatut nur hinsichtlich der Zustimmung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, maßgebend. Für die sachlichen Adoptionsvoraussetzungen ist somit das Personalstatut jedes Annehmenden maßgeblich; zusätzlich müssen im Zeitpunkt der Adoption noch die Zustimmungen des Kindes und mit ihm familienrechtlich verbundener Dritter - hier des leiblichen Vaters - vorliegen (Verschraegen in Rummel ABGB3 § 26 IPRG Rz 12). Da das minderjährige Kind südafrikanischer und - nunmehr - auch österreichischer Staatsbürger ist, müssen die Voraussetzungen für die Ersetzung einer Zustimmung des leiblichen Vaters kumulativ nach südafrikanischem und österreichischem Recht gegeben sein.

Adoptionen in Südafrika unterliegen dem Recht der lex fori des Gerichts am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Südafrika, 33). Infolge des derzeitigen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes in der Schweiz ist somit Schweizer Adoptionsrecht anzuwenden. Bei der Adoption kennt das Schweizer internationale Privatrecht grundsätzlich keine Rück- oder Weiterverweisung auf ausländisches Recht (Art 77 Schweizer IPRG).

Nach Art 265c des Schweizer Zivilgesetzbuches (ZGB) kann von der Zustimmung eines Elternteils zur Adoption abgesehen werden, wenn er unbekannt ist, mit unbekanntem Aufenthalt länger abwesend oder dauernd urteilsunfähig ist (Z 1), oder wenn er sich um das Kind nicht ernstlich gekümmert hat (Z 2). Im Falle des § 265c Z 2 ZGB geht das Kindeswohl dem Elternrecht vor (Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch12, 384). Während in der früheren Schweizer Rechtsprechung das Resultat des elterlichen Kümmerns oder Nichtkümmerns (die lebendige Beziehung zwischen Kind und Elternteil) allein entscheidend war, hat das Schweizer Bundesgericht später vermehrt auf das Verhalten der Eltern abgestellt. Bleibt ein unablässiges Bemühen eines Elternteils um das Kind infolge einer Verkettung unglücklicher äußerer - und somit durch den Willen des betroffenen Elternteils nicht beeinflussbarer - Umstände erfolglos, ist die Zustimmung - insbesondere bei urteilsunfähigen Kindern - nicht zu erteilen. Hingegen wird bei urteilsfähigen Kindern dem Schutz ihrer Persönlichkeit grundsätzlich Vorrang vor dem Schutz der Persönlichkeit des die Zustimmung ablehnenden Elternteils gewährt. Daher kann bei klar geäußertem Adoptionswunsch des urteilsfähigen Kindes und schlechter Beziehung zum zustimmungsberechtigten Elternteil sogar trotz dessen Bemühens von der Zustimmung abgesehen werden (Tuor/Schnyder/Schmid/Rumo-Jungo, aaO mwN).

Da der 1993 geborene und damit in Bezug auf seine Familiensituation wohl als „urteilsfähig" anzusehende (siehe hiezu Breitschmid in Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht2, Zivilgesetzbuch I, Rz 6 f zu Art 265) Joachim klar seinen Adoptionswunsch geäußert hat und seit 1997 keinerlei persönliche Beziehung zum leiblichen Vater bestand, wobei sich der Vater nicht ernstlich um eine Kontaktaufnahme bemühte und eine emotionale Bindung fehlt, ist nach Schweizer Rechtslage von der Zustimmung des Vaters abzusehen. Nach österreichischen Recht kann die von einem Elternteil verweigerte Zustimmung vom Gericht ersetzt werden, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen (§ 179a Abs 2 und § 181 Abs 3 ABGB). Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Frage, was unter dem Begriff „gerechtfertigte Gründe" zu verstehen ist, soll sichergestellt sein, dass keine Kindesannahme gegen die wohlbegründete Meinung eines Elternteils zustande kommt, der durch die Adoption in seinen Rechten tiefgreifend betroffen wird. Davon ausgehend hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass angesichts der einschneidenden Wirkungen einer Adoption bei der Frage der Ersetzung der Zustimmung das Wohl des nicht eigenberechtigten Kindes gegenüber den berechtigten Interessen der Zustimmungsberechtigten nicht zum ausschließlichen oder auch nur überwiegenden Maßstab gemacht werden darf. Nach österreichischem Recht rechtfertigt der Umstand allein, dass die Adoption für das Kindeswohl schlicht günstiger wäre, die Zustimmungsersetzung in keinem Fall. Die Ersetzung der verweigerten Zustimmung ist daher grundsätzlich nur zulässig, wenn die Weigerungsgründe sittlich nicht gerechtfertigt sind. Beruft sich ein Zustimmungsberechtigter auf die natürliche Bindung zum Kind, verweigert er die Zustimmung - in der Regel - nicht grundlos (1 Ob 513/90; 1 Ob 628/86 mwN; Schwimann in Schwimann ABGB3 § 181 Rz 7 f).

Im vorliegenden Fall ist aber insbesondere auch zu berücksichtigen, dass schon die südafrikanischen Behörden infolge wiederholten aggressiven Verhaltens des Vaters jedenfalls zum Schutz der Mutter (allenfalls auch des Kindes) ein „Family Violence Interdict" erließen. Das diesem Behördenakt zugrunde liegende Verhalten des leiblichen Vaters ist als in höchstem Maß familienwidrig anzusehen, wenngleich es im Zusammenhang mit dem damals anhängigen Scheidungsverfahren und allfälligen Differenzen zwischen den Eltern gestanden sein mag. Hinzu kommt, dass die zuständige Schweizer Vormundschafts- und Sozialhilfekommission gegen den Vater infolge dessen das Kind störenden und beeinträchtigenden Verhaltens als behördliche Kinderschutzmaßnahme ein Kontaktverbot erlassen musste, bis die Frage nach der Umsetzung eines Besuchsrechts abschließend geklärt werden könne. Zudem ist bedeutsam, dass seit September 1997 jegliche persönliche Beziehung zwischen dem leiblichen Vater und dem Kind fehlte, wenn auch die Mutter aus Angst vor dem Vater bzw vor einem Entführungsversuch durch diesen mit dem Kind das Land verließ, ohne den Vater über den Verbleib des Kindes zu informieren. Nach den Feststellungen waren die Bemühungen des Vaters, den Aufenthaltsort seines Kindes auszuforschen, nicht „ernstlich". Zuletzt ist nicht außer Acht zu lassen, dass der leibliche Vater schon von August 1996 bis Oktober 1997 - also großteils noch während aufrechter Ehe und bei bestehendem Kontakt zum Kind - und überhaupt seit Februar 1998 seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen ist. Dies wurde - entgegen der Ansicht des leiblichen Vaters - ausdrücklich festgestellt. Bei den in der Revisionsrekursbeantwortung angeführten Gründen für die Nichterbringung der Unterhaltsleistungen handelt es sich einerseits um unbeachtliche Neuerungen, die andererseits aber auch widersprüchlich zum bisherigen Vorbringen des leiblichen Vaters sind. Diese Gesamtsituation verbietet es, die vom leiblichen Vater angegebenen Weigerungsgründe - nämlich, dass er ein Besuchsrecht erlangen und durchsetzen möchte - als gerechtfertigt anzusehen. Im Hinblick auf das eklatant familienwidrige Verhalten des Vaters hat nach Ansicht des erkennenden Senats das Interesse des leiblichen Vaters an der Aufrechterhaltung familienrechtlicher Beziehungen hinter der dem Wohl des Kindes dienenden Adoption zurückzutreten. Der allfällige Verlust der Möglichkeit, in Hinkunft ein Besuchsrecht zu erlangen und dieses allenfalls auch durchsetzen zu können, muss infolge der Umstände des vorliegenden Falls zu seinen Lasten gehen; dieser Nachteil allein vermag kein schutzwürdiges Interesse daran zu begründen, die Zustimmung zur Adoption zu verweigern. Zusammenfassend übersteigen im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls die Adoptionsinteressen das Interesse des leiblichen Vaters an dem von ihm angestrebten Besuchsrecht dermaßen, dass die Adoption gerechtfertigt ist (vgl JBl 1993, 453 uva; Schwimann aaO mwN). Somit ist die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenersatzanträge beider Parteien sind zurückzuweisen, da die Sache nicht nach dem 31. 12. 2004 anhängig wurde (§ 203 Abs 9 AußStrG nF). Auf das vor diesem Datum anhängig gewordene gegenständliche Verfahren gelangen noch die Vorschriften des AußStrG aF zur Anwendung, dem ein Kostenersatz jedenfalls fremd ist.

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