Spruch:
Dem als Revisionsrekurs bezeichneten Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Klagszurückweisungsgrund an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien die mit 836,28 EUR (darin 139,38 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beiden Kläger sind zu unterschiedlichen Anteilen Miteigentümer einer Liegenschaft, die beiden Beklagten sind je zur Hälfte Miteigentümer einer angrenzenden Liegenschaft. Über beide Grundstücke verläuft ein Weg. Den Klägern und anderen Anrainern dieses Wegs wurde mit Bescheid vom 22. 1. 2003 ein forstliches Bringungsrecht gemäß § 66a ForstG eingeräumt. Dienstbarkeiten in Bezug auf die beiden Grundstücke sind im Grundbuch nicht einverleibt. Die Kläger haben an der Grenze der beiden Grundstücke, jedoch noch auf ihrem Grundstück, einen Schranken zur Absperrung des Wegs errichtet, der derzeit jedoch infolge eines Besitzstörungsverfahrens entfernt ist.
Die Kläger begehrten von den Beklagten, das Befahren des Wegs auf ihrem Grundstück zu unterlassen (1.) und das Anhalten von Fahrzeugen auf dem Grundstück der Beklagten zum Zweck des Öffnens und Schließens des an der Ostgrenze ihres Grundstücks befindlichen Schrankens zu dulden (2.). Den Wert des Streitgegenstands des Unterlassungs- und Duldungsbegehrens bewerteten sie mit jeweils 6.000 EUR. Die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts sei gegeben, weil sie ihre Ansprüche aus den ihnen mit Bescheid vom 22. 1. 2003 eingeräumten forstlichen Bringungsrecht gemäß § 66a ForstG ableiten.
Die Beklagten erhoben insbesondere die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts, weil aufgrund der Wertzuständigkeit das Bezirksgericht zuständig sei. Eine Zusammenrechnung der Streitwerte habe gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN nicht stattzufinden, stünden doch die Ansprüche nicht im tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang.
Das Erstgericht verwarf mit Beschluss die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit und gab mit Urteil beiden Klagebegehren statt. Zur Unzuständigkeitseinrede vertrat es die Auffassung, dass beide Ansprüche gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen seien. Beide resultierten aus dem Recht der Kläger auf Befahren des Wegs, das durch die Gewährung eines forstlichen Bringungsrechts bestehe. Sowohl das Duldungs- als auch das Unterlassungsbegehren beruhten auf dem gleichen tatsächlichen Sachverhaltssubstrat.
Das von den Beklagten angerufene Berufungsgericht gab der Berufung Folge, änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass es der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts stattgab, und wies die Klage zurück. Die infolgedessen erforderliche ausdrückliche Nichtigerklärung des Verfahrens und Aufhebung des Ersturteils unterblieb. Rechtlich führte es aus, dass die Streitwerte des Unterlassungs- und des Duldungsbegehrens nicht im Sinn des § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammenzurechnen seien. Das Unterlassungsbegehren stütze sich auf das Eigentumsrecht der Kläger an ihrem Grundstück. Der Bescheid betreffend das forstliche Bringungsrecht regle aber nicht die Eigentumsfreiheit der Kläger an ihrem Grundstück. Das Duldungsbegehren werde dagegen auf ein Wegerecht der Kläger am Weg im Bereich des Grundstücks der Beklagten gestützt. Jeder der beiden Ansprüche könne ein verschiedenes, rechtliches und tatsächliches Schicksal haben. Mangels Zusammenrechnung bestehe keine Wertzuständigkeit des Erstgerichts, sodass dieses sachlich unzuständig und die Klage daher zurückzuweisen sei.
Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und erklärte über Antrag der Kläger im Sinn des § 528 Abs 2a iVm § 508 ZPO den „ordentlichen Revisionsrekurs“ nachträglich für zulässig, weil es den Rechtsmittelausschluss des § 45 JN übersehen habe.
Rechtliche Beurteilung
Der als Revisionsrekurs bezeichnete Rekurs der Kläger ist aus dem genannten Grund zulässig und berechtigt.
Gemäß § 45 JN sind nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffene Entscheidungen, mit denen das Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht, unanfechtbar. Der Gesetzgeber der ZVN 1983 ist bei der Neuregelung des § 45 JN vor allem von der Überlegung ausgegangen, Zuständigkeitsstreitigkeiten über die sachliche Zuständigkeit so weit wie möglich zu verhindern und Anfechtungsmöglichkeiten einzuschränken. Der Rechtsmittelausschluss des § 45 JN gilt uneingeschränkt, unabhängig davon, mit welcher Begründung die Entscheidung erfolgte. Ein Rechtsmittel ist selbst dann ausgeschlossen, wenn eine Nichtigkeit oder ein ähnlich schwerwiegender Verfahrensverstoß oder die Verletzung zwingenden Rechts ins Treffen geführt wird (3 Ob 133/03k mwN).
Das Erstgericht hat die von den Beklagten erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verworfen. Hat aber der Gerichtshof erster Instanz seine sachliche Zuständigkeit bejaht, so ist es den Beklagten verwehrt, sich im Berufungsverfahren neuerlich auf die behauptete sachliche Unzuständigkeit des Erstgerichts zu berufen. Die Anfechtungsbeschränkung des § 45 JN schließt auch die amtswegige Wahrnehmung der sachlichen Unzuständigkeit durch das Rechtsmittelgericht aus (1 Ob 231/02f mwN).
Es ist daher der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und ihm die Entscheidung über die Berufung unter Abstandnahme vom gebrauchten Klagszurückweisungsgrund aufzutragen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die Beklagten sind im Zwischenstreit über die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit unterlegen. Sie haben in der Berufung die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts bekämpft.
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